Deutschland schafft sich ab
metrosex2020
04. August 2011, 13:47
Ich habe hier nur spaßeshalber mal unter einem albernen Lifestylepseudonym als Experiment eine künstlich-konstruierte "Urban-Single"-Haltung vertreten, was ich wirklich denke, ist wohl noch differenzierter. Ich hätte mir aber noch mehr empörten Widerspruch erwartet.
Noch ein paar Punkte: Wenn ich mir lokale Wirtschaft in Großstädten, Arbeit und Freizeitindustrie, oder aktuelle Märkte für internationale Lifestyleprodukte so ansehe: Wenn da die ganzen "Richtigen" (also zw. 20 und 35, gut ausgebildet, erfolgreich im Job, usw.) nun plötzlich alle Kinder kriegen und ihr Leben entspr. umstellen würden, wäre vielleicht die Demografie und das Rentensystem und somit "Deutschland" "gerettet". Das Geld würde dann aber anderswo wieder empfindlich fehlen, und dort neue Arbeitslosigkeit oder einen Abschwung produzieren. Es gäbe noch mehr priv. Kitas, Kindermode, Freizeitparks und Familienhotels, Windeln und Kinderwägen. Aber wird dann weniger in elektr. Lifestyle-Produkte, teure Autos, Bars, Premium-Gastronomie, -Mobiliar, -Kultur und Städtereisen investiert. Junge Eltern haben dafür weniger Geld, und, vor allem, kaum noch Zeit oder Interesse (erst später dann wieder). In den Suburbs der 80er, und den schicken (nun) familienfreundlichen und teuren Innenstadtvierteln der 2000er blüht alles mögliche, nur nicht die Kultur, Bildung und Verfeinerung, von den paar Boheme-Relikten mal abgesehen, die dort angesichts von Preisniveau und sozialer Umstrukturierung aber auch schon seufzend wegziehen.
Mein pers. Eindruck ist übrigens, dass entweder wirklich eher arme, oder aber sehr gut abgesicherte, wohlsituierte Bürgerkinder die Kinder kriegen. Dazwischen hakts, teure Wohnungen, schlecht bezahlte Jobs, mangelnde Planungssicherheit, erzwungene Flexibilität. Kaum eine Zeit hat wohl so viele und widersprüchliche Forderungen an junge Leute herangetragen wie die unsrige, parallel zu paradoxen Versprechen wie "werde, was du willst, entdecke deine Talente", "bilde dich", "du bist alleiniger Schmied deines Glücks", "nie gab es so viele Möglichkeiten", "nie ging es uns so gut", "verkauf dich gut", "sei kein Loser". Man müsste wohl etwas differenzierter hinschauen, wem es dabei wie gut geht. Der kindermangel ist wohl ein Indiz.
Ein anderer Punkt, der hier angesichts der selbstverursachten Sachzwänge und daraus folgenden Wünsche etwas außer Acht gerät: Im dichtbesiedelten Europa ist Deutschland einer der dichtgedrängtsten, zersiedelten Flächenstaaten. Die Reste von Natur sind an den Wochenenden überlaufen, auf den Autobahnen staut sich der Verkehr, Jets brausen im Minutentakt über die Vororte, man kann nirgendwo mal 5 oder 10 Kilometer wandern, ohne nicht auf ein Industriegebiet, einen Sub-Suburb, ein Neubaugebiet zu stoßen. In den (meisten) Großstädten drängen sich die Leute und balgen sich um überteuerte Immobilien. Kaum noch eine Freifläche, die nicht schon von Projektentwicklern beplant wird. Jeder Quadratzentimeter muss sich rechnen. Hier leben nicht zuwenig Menschen, sondern eher zuviele. Was für eine Wohltat, durch entvölkerte Landstriche des Ostens zu reisen, oder durch Skandinavien.
Die Wachstumsreligion frisst ihre Kinder. Das hat man eben davon, wenn die Menschen für das Wirtschaftssystem da sein sollen, seinen Imperativen gehorchen sollen, und nicht umgekehrt. Mit Fug und Recht könnten die jungen Leute auch rebellieren, und einfordern, dass Staat und Wirtschaft auf ihre Bedürfnisse und Wünsche zugeschnitten sein sollten, um ihre Bedürfnisse und Wünsche ans Leben zu erfüllen. Stattdessen tun sie aber alles und konkurrieren darum, die an sie herangetragenen Wünsche und Bedürfnisse Anderer möglichst brav zu erfüllen, den Älteren, die die Jobs vergeben, zu gefallen. Und verschieben alles eigene auf später, später, wenn die Ernte und der Lohn der Mühe eingefahren sind, die biologische Uhr tickt, das Haus mit Garten greifbar wird, die Falten mehr werden, der Bauchansatz nicht mehr weggeht. Oft kommt dieses "später" dann aber nie. Sie mögen zwar eine größere Produktauswahl als je zuvor in den Supermärkten vorfinden. Aber auch eine beschleunigte, stressinduzierende Zeit, die ihnen 24/7 Arbeit im Job oder an sich selbst abverlangt. In dieser Beziehung hatten es wiederum vorherige Generationen weitaus kuscheliger. Noch unter Kohl war das alles noch nicht so ein Thema, da nahm es aber auch schon seinen Anfang. Nun produzieren wir eben zuwenig Kinder und zuviele Autos, Werkzeugmaschinen und Gewerbeimmobilien. Das Leben ist kein Wunschkonzert.
Und schließlich die Beziehungen: Wer sich selbst als Beziehungsangebot bestmöglich vermarktet, für den größtmöglichen Return of Investment auf dem Liebes- und Partnermarkt, wer da viel Zeit und Energie und Ressourcen in die Selbstoptimierung gesteckt hat, der will natürlich keinen "Ladenhüter", sondern er/sie vergleicht die Angebote, und sucht nur das allerbeste. Wie auf anderen Märkten. Mit unscheinbar-altmodischen menschlichen Qualitäten ist es da nicht getan, es geht sogar besser noch ohne sie. Sich durchsetzen, sich gut verkaufen, gewinnen hat wenig mit lieben, fühlen, verzeihen, Solidarität zu tun. Es geht nicht gut zusammen. Menschen sind aber nunmal keine Premiumprodukte. Wieviele sozial niedrig und allein stehende nette junge Männer fanden keine Partnerin, weil es ihnen an Ausbildungsniveau oder Kapitalbesitz, Statussymbolen oder kulturellem Zugang zu Lifestyle-Schischi und Trendgedöns mangelte? Wieviele bestens ausgebildete erfolgreiche Frauen Mitte oder Ende Dreißig können sich ihre Partnerschafts- und Kinderwünsche nicht erfüllen, weil die Wunschpartner in der Midlifecrisis selbst eher finden, zum "jungen" Sportwagen und Oberhemd passe doch eher eine Gespielin zwischen 20 und 30, der der Sinn eher nach Glamour steht als nach Spielplatz? Wie prosaisch ist die Realität der Partnervermittlungs- und Kontaktanzeigen-"Angebote", wenn man sich an den Idealen der TV-Serien, Lifestyle-Illustrierten, Hollywood-Filme und Werbung orientiert? Wie groß die Enttäuschung, wenn der Lack abblättert, das Produkt sein Versprechen nicht einhält, mehr Verpackung war als Inhalt? Wie beklemmend die Erfahrung der ersten Trennungen und Scheidungsdramen im Bekanntenkreis? Wie groß der Unmut und bisweilen Hass unter Alimente-zahlenden Männern? Und was bedeutet es für Kinder, zum gehätschelten Statussymbol zu werden, und dann aber zugleich in dieser aktuellen Welt bestehen zu müssen? Was können diese sich nicht mehr leisten, was wir noch konnten? Träumen, herumstreunen, Streiche und Erfahrungen? Nostalgische Kindheits- und Jugendrückblicke an eine langsamere Zeit ohne Handies und Fahrradhelme haben derzeit jedenfalls Hochkonjunktur.
"Deutschland schafft sich ab", jammern nun die, die als Elite, Babyboomer-, oder Generation Golf zuvor eifrig an der Ökonomisierung und Rationalisierung des Alltags Aller mitgewirkt haben. Wie kommen sie darauf, sie hätten überhaupt irgend einen Anspruch auf irgend ein von früher vertrautes "Deutschland"? Sie ernten nun doch nur, was sie selbst gesäht haben, die Ernte ist eben eine andere, als sie dachten. Der Welt ist es aber egal, sie dreht sich weiter.
Damit ist eigentlich alles gesagt!
DS
Deutschland schafft sich ab
Das mit den zuviel produzierten Autos wie Gewerbeimmobilien wird sich recht bald von Selbst erledigen. Spätestens dann, wenn es die Währungen zerlegen wird...dann wird es auch dieses System und Raubtierkapitalismus zerlegen. Lange wirds nicht mehr dauern...und das ist Gut so.
Deutschland schafft sich ab
Lange wirds nicht mehr dauern...und das ist Gut so.
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http://anonym.to/?http://de.indymedia.org/2011/08/313935.shtml
![[image]](http://www.theblaze.com/wp-content/uploads/2011/04/slut-walk-dallas-4.jpg)
versteh ich nicht....
atze 14.08.2011 - 00:36
habt ihr euch die ischen auf der demo mal angeguckt? keine einzige auch nur halbwegs hübsche frau dabei. diese demo-lesben können sich noch so aufreizend anziehen: ficken will die garantiert eh kein mann. also wofür demonstrieren die eigentlich?
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Liebe Grüße
Oliver
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