Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

Archiv 2 - 21.05.2006 - 25.10.2012

233.682 Postings in 30.704 Threads

[Homepage] - [Archiv 1] - [Archiv 2] - [Forum]

Komplexität und Totalitarismus

DvB, Monday, 01.08.2011, 23:13 (vor 5262 Tagen)

Da der Faden schon gesperrt ist...

http://www.wgvdl.com/forum/index.php?id=193947

In Anbetracht dessen, was für Probleme Du uns hier als "komplex"
präsentierst, und das war mein Begriff, nicht "kompliziert", hätte ich
gerade gute Lust, polemisch zu werden. Ich verkneif's mir mal.
Komplexität entsteht durch Offenheit und Wechselwirkungen
mit anderen Systemen.

Das ist schon eine ideologische Aussage. Mit mindestens gleichem Recht ließe sich z.B. sagen, die Komplexität besteht wechens der Wechselwirkungen. Und Du willst bloß, daß sie "entsteht".

Die Welt ist eben, wie sie ist (daß sie auch ständig neu "wird", also ein dynamisches, nicht statisches Ding ist, schadet da nichts, es ist trotzdem ein Sein, das alles sein Verhalten eben beinhaltet). Die Differenzierung, die darin steckt, dabei schon von einem Werden statt von einem Sein zu sprechen, ist nur ein Synonym für den grundlegenden Verkomplizierungswillen.

Abstraktion ist Vereinfachung (diese kann "zulässig" sein oder nicht - ob sie es war oder nicht, kann man das an der Fehlverwendung betrachten). Und diese Vereinfachung ist nötig, weil die Welt ein einziges Problem darstellt, das ein begrenztes Wesen natürlich so nicht lösen kann. Wir können nur einfache Probleme lösen. Dazu betrachten wir die Welt auch vereinfacht. Und greifen nur einen Teilbereich heraus (den wir überhaupt als Problem ansehen) und untergliedern diesen Teilbereich noch mal in möglichst einfach lösbare Teilprobleme, für die wir eben erprobte Lösungen haben und sie darum lösen können. Dabei finden auch Fehlverwendungen statt, weil unsere Lösungskonzepte oft nur ungefähr auf das Problem passen. Statt der Fehlverwendungen könnten wir natürlich sagen, naja, das Problem können wir nicht lösen. Aber in der Praxis probiert man eben einfach aus, obs klappt. So gibt es wenigstens eine Lösung, wenn sie womöglich auch verbesserungsfähig ist.

Der Knackpunkt ist: leg bessere Lösungen vor, meinetwegen mit Deiner dollen 'komplexen Weltbetrachtung' oder weiß der Geier, statt die Konstrukteure der verbesserungsbedürftigen Lösung zu bekritteln. Denn es kommt auf Lösungen an, nicht auf potentiell bessere Lösungen (die man halt nie zu sehen kriegt)...

Es ist auch aus anderen Gründen eine ideologische Aussage. Denn das Herausgreifen der Problematik aus dem Gesamtproblem 'Welt' ist rein willkürlich. Eben bestimmt dadurch, was Du als Problem ansiehst oder ansehen willst. Die Komplexität besteht eben durch das Zusammenspiel der Weltelemente insgesamt, was Du niemals verhindern kannst. Was Du machen kannst (und in diesem Fall auch tust), ist, ein paar Elemente, die vielleicht irgendwelche besonders starken Wechselwirkungen untereinander zu haben scheinen, insgesamt herauszugreifen, als 'das Problem' zu definieren und Dich mit dieser Methode dem überlegen zu dünken, der jeweils nur Einzelelemente herausgreift und als 'das Problem' definiert.

In Einzelfällen mag diese Methode durchaus sogar zweckmäßiger sein - müßte man an einem Beispiel betrachten. Allgemein und tendentiell aber nicht. Weil Lösungen mit zunehmendem Komplexitätsgrad immer instabiler werden. Daher ist eine geniale Lösung immer eine möglichst einfach Lösung.

Als Beispiel vergleiche ich mal einen Videorecorder mit einem DVD-Brenner. Der Videorecorder ist wesentlich komplexer aufgebaut, hat viele Wechselspiele zu bewältigen und zu adaptieren, benötigt viele Bauteile, die ausfallen können. Der DVD-Brenner ist vergleichsweise sehr primitiv aufgebaut, am Ende löst er das Problem bedeutend besser und es ist eine bedeutend längere Haltbarkeit zu erwarten.

Robustheit ist ein sehr wichtiger Aspekt bei Lösungen. Was hat es für einen Zweck, wenn ein Problem für ne Schrecksekunde perfekt gelöst ist? Dann taugt eine Lösung, die vielleicht nicht so perfekt ist, aber 1000 Jahre lang nicht ausfällt, in den allermeisten Fällen eben erheblich besser.

nur gibt es wohl keine Partei, deren Wähler dabei nicht auch etwas zu
verlieren hätten. Und da liegt der Hase im Pfeffer: Einfache Lösungen,
die gleichzeitig noch alle Wähler zufrieden stellen, die sind Mangelware.
Solltest Du eine haben, dann melde Dich bitte dringend in Berlin, Bern oder
Wien.

Allen Leuten recht getan, ist eine Kunst, die keiner kann. Mal ganz abgesehen davon, daß es nicht das Ziel sein kann, es jedem Spinner recht zu machen, der über seinen Hirnfurz keine 5 Sekunden nachzudenken auch nur versucht hat.

Das Geschnuller um die Probleme, die sich aus der parteidemokratischen Dyslösung selber erst ergeben, ist vollkommen überflüssig, sofern man nicht aus ideologischen Gründen an so einer Idiotie hängt.

Wenn man von einfachen Dingen ausgeht, muß man feststellen, daß alle Menschen eigentlich gleiche Interessen haben (müßten). In Ruhe und Frieden zu leben und einfach an ausreichende Ressourcen zu kommen oder so. Oder daß alle Menschen gegensätzliche Interessen haben. Weil jeder das meiste will und/oder weil er sich weniger für seine tatsächlichen Interessen als für irgendwelche Hirnfürze interessiert. Für beide Betrachtungsweisen liegen die Lösungen ja auf der Hand. Im einen Fall wird eben eine Maschinerie gebastelt, die genau diesen Zwecken dient und jeden Saboteur z.B. per Todesstrafe entsorgt - fertig. Oder im anderen Fall jeden ne Kanone oder Keule in die Hand drückt und abwartet, wer am Ende alleine übrigbleibt. Daneben gibts natürlich noch diverse Zwischenlösungen, die letztlich alle mehr oder weniger darauf hinauslaufen, daß einige das Erste behaupten und das Zweite tun.

Als einzelner Mensch kann ich bloß sagen, daß ich das Erstere will. Und feststellen, das die meisten anderen Menschen ganz offensichtlich das Zweite wollen. Ob aus Dummheit, Indoktrination oder warum auch immer, mal dahingestellt. Wenn ne Kugel geflogen kommt, nützt es mir nämlich nix, zu wissen, wie es dazu kam. Irgendwo hört alles Verständnis eben mal auf, weils nimmer lustig ist, Komplexität hin oder her. Jedenfalls liegt auf der Hand, daß der, der nie soweit gedacht hat, gar nicht soweit denken will und/oder trotzdem er soweit gedacht hat, das meiste will, Hurz und Furz und Schißle will, und mit dessen Matsch in der Birne man sich auch noch befassen soll, weil er wohl glaubt, daß die Welt eigens für ihn geschaffen wurde, für mich der Inbegiff des Wertlosen ist. Weil in Ruhe und Frieden zu leben und einfach an ausreichende Ressourcen zu kommen oder so für mich eben das Vernünftige ist und Maßlosigkeit, Egoismus, Mord und Totschlag eben nicht. Ich bin kein Christ und halte nicht die andere Wange hin. Wem diese Variante so schmeckt, kann den Mord und Totschlag gerne von mir haben. Mit den anderen mag ich gerne teilen und in Ruhe und Frieden zusammenleben.

Einfaches Problem -> einfach Lösung.
Aber sieh es meinetwegen "komplex". Wozu auch immer. Kannst ja gerne versuchen, mir diese Komplexität auseinanderzusetzen und zu erklären, warum sie besser ist, warum das jedem ebensogut einleuchten könnte und warum ich glauben soll, daß es dabei nicht bloß wieder darum geht, A zu behaupten und B zu tun. Da seh ich allerdings schwarz, und Du wirst Dir wahrscheinlich einen anderen Deppen suchen müssen, dem Du das weismachen kannst.

Ich dagegen habe den Verdacht, daß Ideologien, die einfache Lösungen
versprechen, schon automatisch den Hang zum Totalitären und zur
Gewalt in sich tragen.

Das mag schon sein. Ich sehe allerdings auch kein Problem darin, totalitär in Ruhe und Frieden leben zu wollen und verrückten Saboteuren den Schädel einzuschlagen. Schließlich bin ich nicht bereit, Verbrechertum wertfrei als "anderen Lebensentwurf" zu akzeptieren.

Und so ziemlich jede Ideologie, die mißbraucht wurde, muß(te) sich
kritisieren und hinterfragen lassen.

Man kann alles "mißbrauchen". Darum ist der Mißbrauch immer vollständig irrelevant dafür, ob etwas zu kritisieren oder zu hinterfragen ist. Das ist es entweder prinzipiell oder gar nicht. Und "müssen" muß eine Ideologie überhaupt einen großen Scheißdreck. Schon gar nicht, wenn das so einem angemaßten Pflichtenverteiler mal so einfällt.

http://www.wgvdl.com/forum/index.php?id=194077

Bei manchen "Analysten" könnte man allerdings eher den Eindruck gewinnen,
sie wären dabei, unser Schiff zu versenken, ohne ein Rettungsboot dabei zu
haben. Oder vielleicht wollen sie ja auch nur die befürchtete Kritik daran
im voraus vermeiden und uns erst hinterher ihr Rettungsboot zu ihren
Konditionen aufzwingen?

Großmäuler, die nichts Besseres vorhaben, als das Rettungsboot zu benoten, läßt man auch besser ersaufen, als ihnen so ein häßliches Rettungsboot aufzuzwingen. Man muß ja niemanden unnötig seelisch mißhandeln.

Und ja, wir haben Wasser im Schiff, und es ist derzeit auch nicht
besonders schön anzusehen. Und ich kann noch nicht mal garantieren, daß
es nicht früher oder später von selbst untergeht. Aber bevor ich es
aufgebe, würde ich ganz gerne einen Blick auf die Alternative werfen.

Was gehn Dich denn fremder Leuts Alternativen an? Du wirst exakt die Variante akzeptieren, die Dir oktroyiert wird oder ersaufen. Weil Du zu doof bist, selber was auf die Reihe zu bringen und mit Deiner aufgeblasenen Konsumenteneinstellung niemandem nütze bist (außer halt im Moment als kleiner Sklave, dem man Honig ums Maul geschmiert hat, damit er besser funktioniert), wird man auf Deine unqualifizierte Meinung voraussichtlich lieber verzichten.

--
[image]

Komplexität und Totalitarismus

Thorsten, Tuesday, 02.08.2011, 00:16 (vor 5262 Tagen) @ DvB

Was Du da schreibst, ist ein bisschen totalitärer als mir lieb ist, aber als das Gegenextrem zur völligen Lähmung durch Komplexität so verkehrt dann auch wieder nicht. Wohlgemerkt als Gegenextrem, die Lösung findet sich eher irgendwo in der Mitte.

Je mehr Leute man allerdings durch komplexe Lösungen mit einbinden kann, das heißt je weniger man unterdrücken und ausgrenzen muß, desto weniger Putsche, Aufstände und (Bürger-)kriege werden die Ruhe und den Frieden stören, den ja auch Du im Totalitarismus zu finden hoffst.

Nachtrag

Thorsten, Tuesday, 02.08.2011, 02:36 (vor 5262 Tagen) @ Thorsten

Je mehr Leute man allerdings durch komplexe Lösungen mit einbinden kann...

Das war mißverständlich. Die Lösungen sollen natürlich nicht komplex sein als Selbstzweck, sondern jeweils so einfach wie möglich. Komplex werden sie mit zunehmender Zahl von Interessen von ganz alleine.

Mischmasch

DvB, Tuesday, 02.08.2011, 04:40 (vor 5261 Tagen) @ Thorsten

Was Du da schreibst, ist ein bisschen totalitärer als mir lieb ist, aber
als das Gegenextrem zur völligen Lähmung durch Komplexität so verkehrt
dann auch wieder nicht. Wohlgemerkt als Gegenextrem, die Lösung findet
sich eher irgendwo in der Mitte.

"In der Mitte" finden sich die verlogenen Lösungen. Das kann ich am wenigsten akzeptieren.

Je mehr Leute man [...] mit einbinden kann,
das heißt je weniger man unterdrücken und ausgrenzen muß, desto weniger
Putsche, Aufstände und (Bürger-)kriege werden die Ruhe und den Frieden
stören, den ja auch Du im Totalitarismus zu finden hoffst.

Nee, so funktioniert das nicht. Sobald man Konzessionen macht, die über das vernünftige Maß hinausgehen, muß man immer mehr Konzessionen machen und die Vernunft der Sache wird dabei unkenntlich. Darum gibt es nichts anderes: Der Betreffende will entweder das Vernünftige, oder er ist der Feind. Und der Feinde sind soviele, wie halt sind. Bei ner Eierei hat man nur Feinde.

--
[image]

Viel Glück!

Thorsten, Tuesday, 02.08.2011, 04:51 (vor 5261 Tagen) @ DvB

Der Betreffende will entweder das Vernünftige, oder er ist der Feind. Und der Feinde sind soviele, wie halt sind.

Na dann viel Glück bei Deiner Suche nach Ruhe und Frieden! ;-)

Frontlinie

DvB, Tuesday, 02.08.2011, 15:32 (vor 5261 Tagen) @ Thorsten

Na dann viel Glück bei Deiner Suche nach Ruhe und Frieden! ;-)

Den Hohn kannst Du Dir sparen. Ich bin kein Narr, daß ich glaubte, daß diese Grundproblematik auf absehbare Zeit oder überhaupt lösbar wäre. Ich habe nur die Frontlinie aufgemalt.

--
[image]

Frontlinie

Thorsten, Tuesday, 02.08.2011, 15:41 (vor 5261 Tagen) @ DvB

Ich bin kein Narr, daß ich glaubte, daß diese Grundproblematik auf absehbare Zeit oder überhaupt lösbar wäre. Ich habe nur die Frontlinie aufgemalt.

Nur nicht so pessimistisch! Gerade an den Frontlinien findet sich sehr viel Ruhe und Frieden.
[image]

powered by my little forum