Berliner Zeitung
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Auf der einen Seite der großen Tafel saßen die deutschen Politiker und auf der anderen Seite saßen "wir". Es ging zu wie beim Besuch einer ausländischen Delegation. Aber darüber kann ich lächeln. Das Problem ist, dass an diesem Tisch so- genannte fromme Männer und sogenannte, in der medialen Inszenierung als Islamkritikerinnen gehypte Frauen zusammenkamen, säkulare Musliminnen, die sich bei diesem ersten Treffen der Islamkonferenz über die Neo-Musliminnen der zweiten und dritten Generation ausließen. Aber diese Neo-Musliminnen, um die es da ging, die fehlten, sie konnten sich nicht wehren und nicht selbst Stellung beziehen.
Und warum fehlten die?
Ich habe auch angefangen mich zu fragen: Warum blendet man sie aus? Der Schluss liegt nahe, dass man sie nicht dabei haben möchte, weil sie nicht ins Bild passen. Diese Zusammensetzung - auf der einen Seite die orthodoxen Männer und auf der anderen die säkularisierten Frauen - das ergibt zusammen genommen ein sehr primitives Bild vom Islam. Es ist genau das richtige für diejenigen, die die Welt gern in gut und böse einteilen.
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Aber wenn dem so sein soll, verstehe ich nicht, warum man immerhin ein paar tausend junge selbstbewusste Frauen, die keinesfalls entmündigt oder Vollzugsorgane von männlichen Anordnungen sind, vorführt und diffamiert und ihnen jegliche Beteiligung versagt. Als Privatmeinung bleibt es jedem unbenommen, den islamischen Mann für alle Übel dieser Welt zur Verantwortung zu ziehen. Aber die Entgleisungen und Diffamierungen der so genannten Islamkritikerinnen halte ich für bedenklich. Sie greifen diese jungen gläubigen Frauen ständig, unermüdlich an.
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Das größte Bollwerk gegen den Fundamentalismus sind die Volksfrommen in den Moscheeverbänden. Wenn man diese Menschen wegen ihrer Frömmigkeit und ihres Glaubens angreift, und wenn man sich nicht entblödet, sie immer und immer wieder aufzurufen, sich zu den Reformkräften zu schlagen, dann will man gar nicht sachlich argumentieren; man will Krawall schlagen. Es ist ja so, dass sich Feminismus und eine rechte Gesinnung nicht ausschließen, und es kann doch nicht sein, dass sich gewendete 68er, konservative Rechtspopulisten und rechte Feministinnen Hand in Hand zu Verteidigern, zu Fußsoldaten der abendländischen Zivilisation stilisieren. Man stellt die Legitimation der konservativen Verbände in Frage, weil sie für zu wenige Leute sprechen würden. Aber wieso kommt in der Presse keiner auf die Idee, sich diese Frage mal bei den so genannten Aufklärern zu stellen? Wen oder was repräsentieren die denn? Es wird ungerecht und unsauber argumentiert, es fehlt in der Auseinandersetzung an Sachlichkeit.
Haben Sie Vorschläge, welche Frauen man in die Islam-Konferenz berufen sollte?
Nein. Es geht nicht um mich oder um meinen Willen, es geht darum, dass die Islam-Konferenz, wenn sie ein demokratisches Forum sein will, nicht jene jungen gläubigen Frauen ausblenden kann, die sich selbstbewusst für das Schamtuch entschieden haben und sich explizit als deutsche Musliminnen begreifen. In dieser Szene gärt und brodelt es, man stößt da im Zusammenhang mit der Islam-Konferenz und den Auslassungen der so genannten Islamkritikerinnen auf großen Zorn.
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Aber sie passen nicht ins Bild, weil sie sich - vielleicht ja völlig zu recht - dagegen sperren, sich ins Feld irgendeines europäischen Feminismus zu begeben. Sie brauchen diesen Altfeminismus nicht, über den debattiert man ja auch im deutschen Feuilleton, gegen den wenden sich doch jüngere Frauen schon lange. Aber bei den jungen Neo-Musliminnen, die sich zu weit entfernen und sich mit enormem Selbstbewusstsein noch einmal ganz anders positionieren, tut man lieber so, als wären sie gar nicht existent. Oder man denunziert sie, wie die Islamkritikerinnen es tun, als blöde Frauen, die nur dem Manne gehorchen. Tatsächlich aber handelt es sich um eine breite, selbstbewusste Strömung, und diese Neo-Musliminnen säßen mit sehr viel mehr Berechtigung in der Islam-Konferenz als ich es tue.
http://www.berlinonline.de/berliner-zeitung/print/feuilleton/648225.html
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