Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

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Äußerst aufschlussreich: Kachelmann-Interview

Dekadenzverweigerer, Tuesday, 14.06.2011, 09:53 (vor 5312 Tagen)

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ZEIT: Sie haben bis zum Schluss an Ihre Verurteilung geglaubt?

Kachelmann: Nein, nicht unbedingt. Es gab mir nahestehende Menschen, auch Rechtsanwälte, die mir Mut gemacht haben. Aber ich hatte im Gerichtssaal so viel Irrationalität kennengelernt, vor allem auch von Mannheimer Staatsanwälten, dass ich bis zum Schluss mit der menschlichen Irrationalität rechnen musste. Noch im Sommer letzten Jahres – Monate nach meiner Verhaftung – hatte ich in einem Interview sinngemäß gesagt: Ich glaube an die deutsche Justiz. Diesen Glauben habe ich seitdem komplett verloren, was den Großraum Mannheim angeht. Deswegen habe ich auch nicht unbedingt an einen Freispruch geglaubt.

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ZEIT: Sie wollten es mit Fassung tragen?

Kachelmann: Vom ersten Prozesstag an bis zum letzten habe ich versucht, die Fassung zu wahren. Ich wollte mit immer demselben Gesicht in die Tiefgarage des Landgerichts fahren – und mit demselben Gesicht wieder raus. Was geht es die sabbernden Fotografen an, wie’s mir geht?

ZEIT: Seit Langem hört man jetzt auch wieder Ihre Stimme. Sie haben im Gerichtssaal nie geredet, Ihre Verteidiger haben für Sie gesprochen. Wieso haben Sie geschwiegen?

Kachelmann: Na ja, meine Stimme hört man jede Woche auf Radio Primavera und Radio Basel. Und vor Gericht hatte mir mein Verteidiger Johann Schwenn geraten zu schweigen. Was sollte ich auch mehr sagen als die kurze Wahrheit: >Ich war es nicht!« und: >Ich habe keinem Menschen Gewalt angetan!« Wieso hätte ich mich beteiligen sollen an diesem Schwachsinn, der über mich erzählt wurde? In dem, was ich vor Gericht über mich gehört habe, erkenne ich mich nicht wieder. Ich hätte an jedem Prozesstag hundertmal aufstehen und sagen müssen: >Das ist gelogen!« Was soll ich über lügende Zeuginnen sagen, auf die erwachsen scheinende Menschen wie diese Staatsanwälte und teilweise auch Richter hereinfallen? Was soll ich denken außer: >Wow, das gibt es also! Das ist Realität. Darin bin ich jetzt gefangen.« Deshalb hat mein Verteidiger gesprochen, nicht ich.

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ZEIT: Sie wollen doch nicht im Ernst behaupten, dass sich Ihr Verteidiger, der systematisch Zeuginnen, Staatsanwälte und Gutachter frontal angegriffen hat, normal verhalten hat?

Kachelmann: Doch. In den Zeitungen stand viel Unsinn. Bild schrieb zum Beispiel: Kachelmanns Verteidiger schlug auf den Richtertisch. Das ist nicht wahr. Er schlug nicht. Er brüllte auch nicht. Die Geschichte vom brüllenden Verteidiger ist eine Erfindung durchgeknallter Medien. Die sagten sich wohl: Hui, der wird ja freigesprochen, jetzt fällt der Spannungsbogen unserer Geschichte aber ab, jetzt nehmen wir den Anwalt und bauschen ihn zum Krawallmacher auf! Und niemand korrigiert das dann, niemand berichtigt die Bild-Zeitung, obwohl alle anderen drinsitzen und auch sehen, dass er weder gebrüllt noch auf den Tisch geklopft hat, sondern jeder Journalist hält diese Falschmeldungen für einen passenden Beleg. Mein Anwalt war nicht laut, er war manchmal für süddeutsche Verhältnisse etwas deutlich, das schon, aber er war leise.

Quelle: Guckst Du hier

Wenn Du das komplette Interview liest, wird Dir bewußt, was Kachelmann durchgemacht hat. Und was es heißt, in einer vom Wahnsinn gesteuerten Republik zu leben...


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