Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

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BMJ: Eckpunkte zur gerichtlichen Klärung der Abstammung

Christine ⌂, Wednesday, 28.03.2007, 14:18 (vor 6840 Tagen)

Eckpunkte zur gerichtlichen Klärung der Abstammung
Berlin, 27. März 2007
Nach geltendem Recht kann die Frage der Abstammung problemlos in einem privaten Gutachten geklärt werden, wenn alle Betroffenen einverstanden sind. Sperrt sich allerdings einer der Betroffenen, bleibt nur die Möglichkeit einer Anfechtungsklage (§§ 1600 ff. BGB). Im Rahmen eines solchen Verfahrens kann die Abstammung zwar geklärt werden - stellt sich allerdings heraus, dass der rechtliche nicht der biologische Vater ist, wird damit zwangsläufig das rechtliche Band zwischen Vater und Kind zerrissen. Es besteht also bislang keine Möglichkeit, in einem Gerichtsverfahren die Abstammung zu klären, ohne juristische Konsequenzen für die rechtliche Beziehung zwischen Vater und Kind fürchten zu müssen. Mit dem Gesetzentwurf soll das Verfahren für alle Beteiligten - also Vater, Mutter und Kind - erleichtert werden. "Bei allem Interesse daran, die Abstammung zu klären, das Kindeswohl muss stets berücksichtigt werden. Häufig wird ein Kind zutiefst verunsichert sein, wenn es erfährt, dass sein (rechtlicher) Vater nicht der "echte" Vater ist. Das Kind muss daher stabil genug sein, um eine solche Information verkraften zu können. Für Fälle, in denen das nicht gewährleistet ist, sieht unser Gesetzentwurf Härteklauseln vor", sagte Bundesjustizministerin Brigitte Zypries.

Der Gesetzentwurf wird jetzt zur Stellungnahme an die Ressorts der Bundesregierung sowie an Länder und Verbände versandt. Mit einer Kabinettsbefassung ist im ersten Halbjahr dieses Jahres zu rechnen. Das Bundesverfassungsgericht hat den Gesetzgeber in seiner Entscheidung vom 13. Februar 2007 aufgefordert, bis zum 31. März 2008 ein vereinfachtes Verfahren zur Klärung der Abstammung zu schaffen.

Künftig wird es zwei Verfahren geben:
I. Verfahren auf Klärung der Abstammung
II. Anfechtung der Vaterschaft

I. Anspruch auf Klärung der Abstammung (§ 1598a BGB n. F.)
Die neue Regelung sieht vor, dass Vater, Mutter und Kind jeweils gegenüber den anderen beiden Familienangehörigen einen Anspruch auf Klärung der Abstammung haben. Das heißt, die Betroffenen müssen in die genetische Abstammungsuntersuchung einwilligen und die Entnahme der erforderlichen Proben dulden.
Der Anspruch ist im Hinblick auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts an keine weiteren Voraussetzungen geknüpft. Auch Fristen sind nicht vorgesehen.
Wird die Einwilligung versagt, kann sie vom Familiengericht ersetzt werden. Um dem Kindeswohl in außergewöhnlichen Fällen (besondere Lebenslagen und Entwicklungsphasen) Rechnung zu tragen, kann das Verfahren ausgesetzt werden. Damit soll sichergestellt werden, dass der Anspruch nicht ohne Rücksicht auf das Kind zu einem ungünstigen Zeitpunkt durchgesetzt werden kann.

Beispiel: Das Kind ist durch eine Magersucht in der Pubertät so belastet, dass das Ergebnis eines Abstammungsgutachtens seinen krankheitsbedingten Zustand gravierend verschlechtern könnte (z.B. akute Suizidgefahr). Geht es dem Kind wieder besser, kann der Betroffene einen Antrag stelle, das Verfahren fortzusetzen.

II. Verfahren zur Anfechtung der Vaterschaft (§§ 1600 ff. BGB n.F.)

1)
Das Anfechtungsverfahren ist unabhängig von dem Verfahren zur Durchsetzung des Klärungsanspruchs. Das zweifelnde Familienmitglied hat die Wahl, ob es eines oder beide Verfahren, d.h. zunächst Klärungsverfahren und dann Anfechtungsverfahren, in Anspruch nehmen will.

2 a)
Für die Anfechtung der Vaterschaft gilt auch in Zukunft eine Frist von zwei Jahren (§1600b BGB). Das heißt, erfährt der Betroffene von Umständen, die ihn ernsthaft an seiner Vaterschaft zweifeln lassen, muss er seine Vaterschaft innerhalb von zwei Jahren anfechten. Diese Frist ist gehemmt, wenn der Vater zuvor ein Verfahren zur Klärung der Abstammung durchführt.

Beispiel: Das Kind wird im Juni 1998 geboren. Der Ehemann (also der rechtliche Vater) erfährt im Juni 2008, dass seine Ehefrau im Herbst 1997 eine außereheliche Affäre hatte. Gemäß § 1600b BGB hat der Ehemann zwei Jahre Zeit, um seine Vaterschaft anzufechten. Die Frist läuft ab Kenntnis der Umstände, die ihn an seiner Vaterschaft zweifeln lassen - also ab Juni 2008. Lässt der Ehemann die Abstammung zunächst gerichtlich klären, wird die Anfechtungsfrist angehalten. Sie läuft erst sechs Monate, nachdem eine rechtskräftige Entscheidung im Klärungsverfahren ergangen ist, weiter. Ergeht also im Dezember 2008 eine rechtskräftige Entscheidung, läuft die Frist ab Juni 2009 wieder bis Juni 2011.

2 b)
Abgesehen davon kann es Fälle geben, in denen der Vater diese zweijährige Anfechtungsfrist versäumt - etwa, weil er trotz seiner Zweifel versucht, die soziale Familie zusammenzuhalten. In einer solchen Konstellation soll der Mann nicht dafür bestraft werden, dass er versucht, die Beziehung zu dem Kind aufrechtzuerhalten. Daher soll ihm die Anfechtung trotz Fristablauf möglich sein. Sobald aber in einem gerichtlichen Klärungsverfahren (siehe unter I.) rechtskräftig festgestellt wird, dass er nicht der Vater ist, gilt wiederum die zweijährige Frist. Voraussetzung ist auch hier, dass die Anfechtung das Kindeswohl nicht erheblich beeinträchtigt.

Beispiele:
a)
Der Mann hat bereits seit mehreren Jahren konkrete Zweifel, biologischer Vater des Kindes zu sein. Um dem Kind ein Aufwachsen in der vertrauten Familie zu ermöglichen und die Beziehung zu seiner Frau nicht zu gefährden, lässt er die Zweifel auf sich beruhen. Die Anfechtungsfrist verstreicht. Die Ehe zerbricht trotzdem, der Kontakt zu dem Kind geht weitgehend verloren. Durch einen Vaterschaftstest im Rahmen eines Klärungsverfahrens gewinnt der Mann Sicherheit, dass er tatsächlich nicht der biologische Vater ist. In einem solchen Fall soll der Vater trotz Fristablauf anfechten können. Nach dem rechtskräftigen Urteil im Klärungsverfahren bleibt ihm dafür eine Frist von zwei Jahren.

b)
Die Partnerschaft zerbricht nach Ablauf der Anfechtungsfrist. Zwischen dem Mann und dem Kind besteht aber weiterhin eine enge Beziehung. Als die Frau einen neuen Partner findet, fühlt sich der Mann verletzt und will sich rächen. Zudem möchte er das Geld für den Unterhalt sparen. Er ficht sein Vaterschaft an, ohne sich darum zu kümmern, dass das Kind psychisch labil ist. In einem solchen Fall könnte eine erhebliche Beeinträchtigung des Kindeswohls vorliegen, die eine Anfechtung nach Fristablauf ausschließt.

3) Härteklausel zugunsten des Kindes

Das Bundesverfassungsgericht hat den Gesetzgeber aufgefordert, im Anfechtungsverfahren das Kindeswohl zu wahren. Es ist darauf zu achten, dass das Kind die Anfechtung in der jeweiligen Lebenssituation verkraften kann. In besonderen Härtefällen kann die Anfechtungsmöglichkeit daher zeitweise eingeschränkt werden. Wird die Anfechtungsklage wegen der Härteklausel abgewiesen, ist eine erneute Klage möglich. Die Anfechtungsfrist beginnt in diesem Fall erneut zu laufen. Beispiel: Das Kind ist sehr krank. Der Verlust des rechtlichen Vaters wäre zusätzlich eine große Belastung. In einem solchen Fall kann die Anfechtungsklage aufgrund der Härteklausel abgewiesen werden. Nach Rechtskraft des Urteils kann der Vater innerhalb von zwei Jahren (§ 1600b BGB) erneut Anfechtungsklage erheben.

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Es ist kein Merkmal von Gesundheit, wohlangepasstes Mitglied einer zutiefst kranken Gesellschaft zu sein


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