Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

Archiv 2 - 21.05.2006 - 25.10.2012

233.682 Postings in 30.704 Threads

[Homepage] - [Archiv 1] - [Archiv 2] - [Forum]

Experten bemängeln Nachteile für Frauen bei Rente mit 67

Christine ⌂, Tuesday, 27.02.2007, 13:40 (vor 6865 Tagen)

heute im Bundestag Nr. 046 - Pressedienst des Deutschen Bundestages
Mo, 26. Februar 2007 Redaktionsschluss: 15:00 Uhr

1. Experten bemängeln Nachteile für Frauen bei Rente mit 67

Ausschuss für Arbeit und Soziales (Anhörung)

Berlin: (hib/SKE) Rentenkürzung oder Rentenrettung - die Chancen der Rente mit 67 haben die Sachverständigen der öffentlichen Anhörung des Ausschuss für Arbeit und Soziales am Montagvormittag unterschiedlich bewertet. Ein Großteil der Diskussion drehte sich um den besonderen Schutz für Schwerbehinderte und die Benachteiligung von Frauen durch die 45-Jahres-Regelung.

"Die Verlängerung des Renteneintrittsalters ist aus meiner Sicht ein Muss und keine Kürzung der Bezüge", sagte Eckart Bomsdorf. Eine fünfprozentige Steigerung der Renten sah Professor Bert Rürup voraus. "Für die Masse wird sich sicherlich nichts ändern", war sich Rürup sicher. Michael Sommer, Vorsitzender des Deutschen Gewerkschaftsbundes, bemängelte die schlechte Ausgangslage für ältere Arbeitnehmer. "Die Pläne der Regierung für die über 50-Jährigen reichen nicht ansatzweise aus, um Beschäftigung zu fördern", so Sommer. Außerdem hörten die meisten Menschen heute schon vor ihrem 65. Lebensjahr auf zu arbeiten. Eine konsequente Gesundheitsvorsorge in den Betrieben und Weiterbildung auch für Ältere seien notwendig, um das zu bekämpfen. "Die aktuelle Rentenpolitik scheint noch nicht mal in der Lage zu sein, für die nächsten Monate zu planen", sagte Axel Gerntke von der IG Metall. Die Vorhersagen, die die Regierung für 2050 oder 2060 treffe, erschienen ihm daher sehr unsicher. Marlene Schubert vom Zentralverband des Deutschen Handwerks unterstützte prinzipiell das Vorhaben der Bundesregierung. Die Regelung, dass Arbeitnehmer nach 45 Jahren Erwerbstätigkeit auch weiterhin mit 65 Jahren in Rente gehen können, sei für Handwerker aber nur selten umzusetzen. "Ein Dachdecker geht wegen der Körperbelastung im Schnitt mit 58 Jahren in Rente, dazu kommen immer wieder Phasen der Arbeitslosigkeit", so Schubert.

Ob Schwerbehinderte gesonderte Regelungen brauchen, um ihre Situation angemessen zu berücksichtigen, war ebenfalls umstritten. Schwerbehinderte unterlägen einem besonderen Schutz, deswegen müsse der Gesetzgeber auch bei der Rente auf sie eingehen, urteilte Bomsdorf. Rürup dagegen hielt es für möglich, entsprechende Regelungen mit einer Übergangsfrist auslaufen zu lassen. Axel Reimann, Direktor der Deutschen Rentenversicherung Bund, wies darauf hin, dass eine schwere Behinderung nicht unbedingt bedeute, eingeschränkt arbeitsfähig zu sein.

Die Regelung, Arbeitnehmern, die 45 Jahre in die Rentenversicherung eingezahlt hätten, weiterhin die Rente mit 65 Jahren zu genehmigen, biete Vorteile nur für Männer, bemängelten viele der Sachverständigen. Nach einer Stichprobenauswertung der Deutschen Rentenversicherung Bund für den Rentenzugang 2004 seien rund 85 Prozent derjenigen, die von der Regel hätten profitieren können, Männer gewesen, hieß es in der Stellungnahme der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände. Professor Helge Sodan hielt das Vorhaben für verfassungsrechtlich bedenklich. Zwar unterstelle er der Bundesregierung keine gewollte Benachteiligung von Frauen, doch sei davon auszugehen, dass diese tatsächlich Nachteile haben würden.

--
Es ist kein Merkmal von Gesundheit, wohlangepasstes Mitglied einer zutiefst kranken Gesellschaft zu sein

Experten bemängeln Nachteile für Frauen bei Rente mit 67

Garfield, Tuesday, 27.02.2007, 14:05 (vor 6865 Tagen) @ Christine

Hallo Christine!

"Für die Masse wird sich sicherlich nichts ändern"

Ja, denn die Masse der Menschen im mittleren und jüngeren Alter wird wohl so oder so keine Rente mehr bekommen, die zum Leben reicht. Ich gehe jedenfalls davon aus, daß ich mich niemals ganz zur Ruhe setzen kann, sondern auch im hohen Alter immer noch zumindest auf Teilzeit arbeiten muß. Wenn das dann überhauüt noch möglich ist...

Auch für Männer wird es immer schwerer werden, auf 45 Beitragsjahre zu kommen, denn laut Statistik sind vor allem jüngere Männer stärker von Arbeitslosigkeit betroffen als Frauen.

Es geht natürlich nicht darum, Rente erst mit 67 zu zahlen. Den Politikern ist sehr wohl bewußt, daß mit über 60 kaum noch jemand irgendwo einen Job findet. Fatal ist auch, daß viele Arbeitsverträge jetzt bis Eintritt des 65. Lebensjahres befristet sind. Selbstverständlich wird man wieder "vergessen", gesetzlich festzulegen, daß sich in solchen Fällen der Vertrag automatisch bis zum jeweils aktuellen Renteneinstiegsalter verlängert. Selbst wenn dann jemand mit 65 seinen Job immer noch hat, fliegt er spätestens dann raus, kriegt noch 1 Jahr ALG I, und dann kommt Hartz IV.

Es geht tatsächlich natürlich nur um Rentenkürzungen. In Verbindung mit Hartz IV wird die Heraufsetzung des Rentenalters bei gleichzeitiger Abschaffung von Vorruhestands-Regelungen fatale Folgen haben. Ältere Menschen werden so in den letzten Jahren vor dem Rentenalter gründlich um ihre Ersparnisse und oft auch um ihre private Altersvorsorge gebracht werden. Wenn sie dann mit 67 endlich die Mindestrente bekommen, sind sie vollkommen mittellos und dürfen den Rest ihrer Lebenszeit auf Sozialhilfeniveau verbringen. Da aber natürlich auch die medizinische Versorgung für Kassenpatienten immer schlechter werden wird, wird die Lebenserwartung wohl ohnehin sinken. Für die Rentenkasse ist das dann natürlich eine Super-Lösung, und unsere Politiker können sich beruhigt zurück lehnen und ihre Mißwirtschaft weiter betreiben.

Ich sehe da eher große Nachteile für Männer, denn es sind überwiegend Männer, die in körperlich sehr anstrengenden Berufen tätig sind und so für spätere Lebensjahre mit starkem körperlichen Verschleiß und überhaupt mit einer kürzeren Lebenserwartung rechnen müssen. Frauen haben diese Probleme mehrheitlich nicht, und sie haben auch häufiger die Möglichkeit, von Witwenrente oder ähnlichem zu profitieren.

Freundliche Grüße
von Garfield

powered by my little forum