Frauen unkritischer bei Missbrauchsvorwürfen
Männer bezweifeln Kindesmissbrauch häufiger als Frauen [Psychologie / Soziologie]
Eugene (USA)/Syracuse (USA) - Menschen, die als Kind von einem Erwachsenen sexuell missbraucht wurden, leiden daran ein Leben lang. Manchen kann durch Therapien etwas geholfen werden, doch dazu müssten sich die Betroffenen jemandem anvertrauen. Wenn sie Pech haben, stoßen sie schon bei dem ersten Zuhörer -- einem Polizisten, einem Pfarrer, einem Lehrer -- auf Unglauben und Zweifel. Zwei amerikanische Forscherinnen sind jetzt der Frage nachgegangen, welche Menschen am ehesten einen Fall von Kindesmissbrauch glauben und welche dies am stärksten in Zweifel ziehen. Wie sie in der Fachzeitschrift "Psychology of Women Quarterly" darlegen, glauben Frauen Berichten über Kindesmissbrauch sehr viel eher als Männer. Bei den Männern gehören die Zweifler zwei Gruppen an: Männer, die selbst nie eine Form von Missbrauch erlebt haben, und sexistische Männer.
Jennifer Freyd von der University of Oregon und Lisa DeMarni Cromer von der SUNY Upstate Medical University haben 318 Studenten und Studentinnen kurze Berichte von Missbrauch im Alter von neun Jahren anhören lassen. Es handelte sich dabei immer um verschiedene Sprecher. Einige gaben an, die Vorfälle nie vergessen zu haben. Andere sagten, die Erinnerung daran sei erst später im Leben wiedergekommen. Die Studenten wurden in zwei Gruppen eingeteilt. Jene, die selbst Missbrauch erlebt hatten, bildeten die eine Gruppe. Die andere Gruppe waren diejenigen, die keinen Missbrauch kannten und / oder sexistische Einstellungen hatten.
Es zeigte sich, dass fast alle Frauen, ob sie nun selbst Missbrauch erlebt hatten oder nicht, den Berichten über den Missbrauch Glauben schenkten. Bei den Männern waren dies nur diejenigen, die selbst in der Kindheit Missbrauchsopfer waren. Die Quote des Glaubens sank dann dramatisch ab bei Männern, die nie Missbrauch erlebt hatten. "Ich war überrascht, dass dies so viel ausmacht, und dass es einen so großen Unterschied zwischen Männern und Frauen gibt", erklärt Jennifer Freyd.
Das Nicht-Glauben oder das Anzweifeln des Missbrauchsfalls kommt in zwei Varianten vor, wie die Forscherinnen herausgefunden haben. In der einen Variante leugnen Männer die Existenz von sexuellem Missbrauch von Kindern. In der anderen Variante räumen die Männer ein, dass es wohl sexuelle Kontakte zwischen Erwachsenen und Kindern gebe, dass dies aber nicht schlimm sei. Schließlich, so argumentieren diese Männer, spielten Kinder untereinander ja auch "Doktor-Spiele".
"Man kann ja gern darüber diskutieren, wie man sexuellen Missbrauch definieren will", sagt Freyd, "aber in dieser Studie ging es um Opfer im Alter von neun Jahren, und es ist für mich sehr schwer zu glauben, dass ein sexueller Kontakt zwischen einem Erwachsenen und einem neunjährigen Kind kein Missbrauch sein und nicht schlimm sein soll." (wsa070214dm1)
Autor: Doris Marszk
Quelle: University of Oregon
++++++++++
Anmerkung: Was die "verdrängte" Erinnerung angeht, also dass die traumatische Erfahrung komplett vergessen wird und dann wieder "hochkommt", das ist Humbug.
Vermutlich ist das als "Leugnen" bei den Männern interpretiert worden.
Grüße
Mirko.
![[image]](http://www.femdisk.com/content/images/RTEmagicC_Flyer_V5_tn.jpg.jpg)
