Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

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Die Zeit: Ein interessanter Bericht über unser Schulsystem

Christine ⌂, Monday, 12.02.2007, 14:21 (vor 6877 Tagen)

© DIE ZEIT, 08.02.2007 Nr. 07
Ende einer Dienstzeit

Eine Lehrerin stirbt. Zerbrach sie unter dem Druck der Reformen? Der notwendige Wandel an den Schulen untergräbt das Selbstbewusstsein vieler erfahrener Pädagogen.Von Martin Spiewak

Diese Geschichte einer Lehrerin ist nicht alltäglich. Sie steckt voller Widersprüche. Und sie kennt mindestens zwei Wahrheiten, die niemals zur Deckung kommen werden. Aber vielleicht sagt sie gerade deshalb besonders viel aus über den deutschen Schulalltag. Über den enormen Reformdruck, unter dem viele Schulen ächzen. Über die Angst vieler Pädagogen, angesichts des Tempos nicht mithalten zu können. Über die Frage, was ein guter Lehrer ist.

Kommen Sie, hier entlang!« Der Essener Schulrat Peter Schneiderhan* eilt voran. >Das ist das neue Ganztagsgebäude.« Wir betreten helle, freundliche Gänge und buntgestaltete Räume. Im Bewegungsraum steht eine Kletterwand, in der Bibliothek laden Kissen und Matratzen zum Lesen ein. Es riecht nach frischem Holz. Schneiderhan führt gern durch die Mariannen-Schule*, er ist stolz auf sie. Einen >Superprozess« habe sie hinter sich, sagt er und nickt anerkennend der Rektorin zu.

In der Tat ist beachtlich, was Kollegium und Schulleitung auf den Weg gebracht haben. Ob bei der Teamarbeit der Lehrer, im Schulprogramm oder im Elterncafé: Viele Stichworte der Reformdebatte scheint die Essener Mariannen-Schule in Realität verwandelt zu haben. Die Lehrer arbeiten bei der Sprachförderung mit der Universität zusammen und im Musikunterricht mit der Philharmonie. Im Büro der Rektorin, einer energischen Frau, ziehen sich die in Ordnern dokumentierten Projekte (>Förderkonzept I«, >Förderkonzept II«, >Qualitätszirkel«,...) einen Meter über das Regal. Früher sei hier manches anders gewesen, sagt der Schulrat. Nun würden junge, starke Lehrer den Ton angeben. >Die Schule ist jetzt gut aufgestellt.«

Der Schulrat ist bei seinem Rundgang am Eingang angekommen. Hier mündet das neue Schulgebäude ins alte - und die Gegenwart in die Vergangenheit. Hier beginnt die andere Wahrheit.

Du wahrst die beste Lehrerin der Wält«

Auf einem kleinen Tisch am Eingang steht ein Foto. Es zeigt eine blonde Frau, dezent geschminkt, mit randloser Brille. Daneben liegen Bilder, gemalt von den Kindern ihrer letzten Klasse. >Du wahrst die beste Lehrerin der Wält«, >für Frau Sperfeld«, >Wir hatten Muzik bei ihr«. Petra Sperfeld*, 24 Jahre lang Lehrerin an der Essener Mariannen-Schule, ist tot. Gestorben am 27. Oktober 2006. Sie wurde 51 Jahre alt.

Als Freunde und Kollegen die Nachricht hörten, dachten sie an Selbstmord. Der Gerichtsmediziner stellte einen natürlichen Tod fest. Lungenembolie, vermuteten die Ärzte, oder Herzinfarkt. Doch noch bei der Beerdigung ging vielen durch den Kopf: Die vergangenen zwei Jahre haben Petra Sperfeld den Boden entzogen. Die Schulinspektion, die Kritik an ihrer Arbeit, die Veränderungen im Kollegium und in der Schule, die am Ende nicht mehr die ihre war.

Wer war Petra Sperfeld? Warum wird eine Lehrerin, die vielen als gute Pädagogin gilt, plötzlich als >Minderleisterin« gebrandmarkt? Wie kann ein Unterrichtsbesuch von 45 Minuten ein Berufsleben zerstören? Eine Spurensuche im Jahre sechs nach dem Pisa-Schock.

An die Sache damals mit dem Tipi können sich viele erinnern: >Indianer« hieß das Unterrichtsthema, und Petra Sperfeld bastelte ein Zelt und Kostüme, für jeden Schüler eines. >Petra mochte Kinder über alles«, sagt eine gute Freundin. Kam das Gespräch auf Schule, sprudelte Petra Sperfeld stets los, erzählte von Cem, Ceyda, Kevin. Die dankbar sind, wenn ihnen jemand fünf Minuten zuhört, weil es zu Hause niemand tut. Und gern zur Schule kommen, weil das der einzige Ort ist, wo es etwas anderes gibt als Playstation oder Fernsehen.

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Es ist kein Merkmal von Gesundheit, wohlangepasstes Mitglied einer zutiefst kranken Gesellschaft zu sein

Die Zeit: Ein interessanter Bericht über unser Schulsystem

so, Monday, 12.02.2007, 17:10 (vor 6877 Tagen) @ Christine

habs gelesen, eher traurig.

noch trauriger, dass dieser beitrag unkommentiert bleibt, während cleohasis provozierend hingerotzer scheiß antworten wie fliegen nach sich zieht

Die Zeit: Ein interessanter Bericht über unser Schulsystem

Garfield, Monday, 12.02.2007, 17:43 (vor 6877 Tagen) @ so

Hallo So!

noch trauriger, dass dieser beitrag unkommentiert bleibt, während cleohasis provozierend hingerotzer scheiß antworten wie fliegen nach sich zieht

Das interpretiere ich nicht so negativ. Eher im Gegenteil: Der Hasi hat schließlich keine Zustimmung bekommen. Zu diesem Artikel kam dagegen bislang keine gegensätzliche Meinung.

Freundliche Grüße
von Garfield

Die Zeit: Ein interessanter Bericht über unser Schulsystem

Gästin, Monday, 12.02.2007, 22:43 (vor 6877 Tagen) @ Garfield

Hallo So!

noch trauriger, dass dieser beitrag unkommentiert bleibt, während
cleohasis provozierend hingerotzer scheiß antworten wie fliegen nach sich
zieht

Das interpretiere ich nicht so negativ. Eher im Gegenteil: Der Hasi hat
schließlich keine Zustimmung bekommen. Zu diesem Artikel kam dagegen
bislang keine gegensätzliche Meinung.

Freundliche Grüße
von Garfield

Doch, aber die wurde "natürlich" gelöscht!

Die Zeit: Ein interessanter Bericht über unser Schulsystem

Nikios, Sunday, 18.02.2007, 21:59 (vor 6871 Tagen) @ Gästin


Doch, aber die wurde "natürlich" gelöscht!<<

Halte nicht zu viele Forenfenster gleichzeitig auf! Du verwechselst sonst noch, wo was passiert! Geloescht wird gaaaaanz woanders.

Nikos

Die Zeit: Ein interessanter Bericht über unser Schulsystem

Maesi @, Monday, 12.02.2007, 23:23 (vor 6877 Tagen) @ so

Hallo so

habs gelesen, eher traurig.

Ja, in der Tat ziemlich traurig. Trotzdem ist die Bewertung der paedagogischen Fertigkeiten der Lehrer notwendig. Der Artikel legt es nahe: zu lange wurden Lehrer sich selbst ueberlassen, zu lange wurde der Ghettoisierung ganzer Stadtteile zugeschaut, zu lange wurde Eltern suggeriert, nicht sie sondern der Staat sei fuer die Erziehung ihrer Kinder verantwortlich, zu lange wurde den Lehrern immer mehr Erziehungsaufgaben aufgebuerdet, die eigentlich in die Kompetenz der Eltern fallen. Jetzt versucht man durch blinden Aktionismus die jahrzehntelangen Versaeumnisse zu kompensieren, was ebenso schlecht ist. Die Probleme manifestieren sich zwar besonders stark in Schulen (insbesondere mit hohem Auslaenderanteil), deren Wurzeln reichen jedoch viel tiefer. Die Schule bzw. die Lehrer allein werden die Probleme nicht in den Griff bekommen koennen. Es bringt deshalb wenig, nur sie als Suendenbock hinzustellen.

Sie war anscheinend sehr engagiert, die Frau Sperfeld. Vielleicht erschoepfte sich ihr Engagement aber auch zu sehr nur in blindem Aktionismus (ebenso wie bei den Schulbehoerden). Der Artikel ist sehr empathisch gegenueber Frau Sperfeld. Sie hat es sich sehr zu Herzen genommen, keine eigene Klasse mehr zu bekommen. Vielleicht wurde diese Entscheidung tatsaechlich vorschnell gefaellt. Aber ist das wirklich die gesamte Wahrheit, die uns da aufgetischt wird? Vielleicht hatte die verstorbene Lehrerin ein Handicap fehlender Autoritaet gegenueber ihren Schuelern? Vielleicht ging gerade deshalb der von den Schulraeten besuchte Unterricht voll in die Hose, weil sie von ihren Schuelern nie wirklich als Lehrerin akzeptiert worden war und sie sich auch selbst zu sehr als Freundin der Schueler und nicht als deren Lehrerin betrachtete? Wir wissen es nicht, und der Bericht schneidet das Thema gar nicht an. Lehrer zu sein ist immer eine Gratwanderung zwischen emotionaler Zuwendung zu den Schuelern und der Notwendigkeit, die Schuldisziplin aufrecht zu erhalten und den Schuelern den Lehrstoff zu vermitteln; fuer Frauen vielleicht noch mehr als fuer Maenner. Manchen sind die dafuer notwendigen Faehigkeiten gegeben und manchen nicht. Insgesamt bleiben bei mir ausser einem Gefuehl des Bedauerns fuer Frau Sperfeld und einem gewissen Unverstaendnis, wie mit ihr umgesprungen wurde, auch jede Menge Fragen uebrig - und die sind, fuerchte ich, nicht alle schmeichelhaft fuer die verstorbene Lehrerin.

noch trauriger, dass dieser beitrag unkommentiert bleibt, während
cleohasis provozierend hingerotzer scheiß antworten wie fliegen nach sich
zieht

Zustimmung. Die typischen Reaktionen auf Trolle halt, wobei das cleohasi (wer auch immer hinter dem Nick stecken mag) als Troll nicht einmal besonderen Unterhaltungswert besitzt; auf meiner TED-Skala kommt es gerade mal auf eine 3,8. Da war das Hannibal seinerzeit ein ganz anderes Kaliber...


Gruss

Maesi

Die Zeit: Ein interessanter Bericht über unser Schulsystem

Nikios, Sunday, 18.02.2007, 21:57 (vor 6871 Tagen) @ Christine

Bei aller Traurigkeit, was soll bitte DAS sein?

"Du wahrst die beste Lehrerin der Wält"

Hm. Ist das nun kein Widerspruch? Ist die Lehrerin eine Ersatzmutter, die lediglich lieb zu sein braucht, um gut zu sein? Oder muss sie den Kindern auch noch etwas beibringen?

Es fehlt nur noch eine Fahrschule die Menschen beibringt das Auto schon zu bemalen, aber nicht wann sie aufs Gas und wann auf die Bremse tretten sollen.

Nikos

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