Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

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Reform des Scheidungsrechts wackelt

Christine ⌂, Sunday, 04.02.2007, 15:17 (vor 6884 Tagen)

Reform des Scheidungsrechts wackelt
Samstag 3. Februar 2007, 14:31 Uhr

Berlin (AP) Die von Bundesjustizministerin Brigitte Zypries angeschobene Reform des Unterhaltsrechts steht möglicherweise auf der Kippe. Insbesondere in der Union mehren sich Vorbehalte gegen die Pläne der SPD-Politikerin, Unterhaltsansprüche von Kindern zu stärken und Ex-Ehepartner mehr in die Pflicht zu nehmen, berichteten die Nachrichtenmagazine «Focus> und «Spiegel> am Samstag vorab.

«Es gibt die Befürchtung, dass das ursprüngliche Bild der Ehe und die Sonderstellung der Ehefrau durch das Gesetz abgeschwächt wird>, erklärte der CSU-Politiker Norbert Geis im «Spiegel>. Zusammen mit den Kirchen wehre sich der konservative Flügel der Union dagegen, dass Geschiedene Einbußen beim Unterhalt hinnehmen sollen, schreibt das Magazin weiter. «Gut möglich, dass die ganze Reform kippt>, wird ein Unions-Experte zitiert. Der «Focus> berichtete, vor allem weibliche Abgeordnete der Unionsfraktion seien gegen die Reform.

[...]
Im übrigen, der Link, der unter diesem Artikel steht, enthält jede Menge weitere nützliche Informationen.

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Es ist kein Merkmal von Gesundheit, wohlangepasstes Mitglied einer zutiefst kranken Gesellschaft zu sein

Reform des Scheidungsrechts wackelt

Telefonmann, Sunday, 04.02.2007, 17:53 (vor 6884 Tagen) @ Christine

«Es gibt die Befürchtung, dass das ursprüngliche Bild der Ehe und die
Sonderstellung der Ehefrau
durch das Gesetz abgeschwächt wird>, erklärte
der CSU-Politiker Norbert Geis im «Spiegel>.

Die Sonderstellung der Ehefrau - sehr aufschlußreich. Damit sagt er eigentlich nichts anderes, als daß Frauen in der Ehe das vom Gesetz bevorzugte Geschlecht sind. Kennt er Art.3 Abs.2 GG denn nicht? ... Achso, verstehe - Gleichberechtigung gilt ja nur für Frauen. Ja nee, is klar.

Reform des Scheidungsrechts wackelt

Telefonmann, Sunday, 04.02.2007, 18:05 (vor 6884 Tagen) @ Christine

In dem Artikel vom MDR heißt es ganz unverblühmt nicht Geschiedene, sondern geschiedene Ehefrauen.

Reform des Scheidungsrechts wackelt

carlos, Sunday, 04.02.2007, 23:31 (vor 6884 Tagen) @ Christine

Servus!
Die ganze Schmonzette offenbart zweierlei: Weiter unten noch hatte ich vor ein paar Tagen bekräftigt, wie wenig meine wertkonservative Gesinnung mit irgendwelchen abgefurzten Parteien was zu tun hat, die konservatives Gedankengut lediglich in ihren personifizierten Goschen spazieren tragen. Zweitens: Es entbehrt schon nicht einer gewissen Ironie, wenn man sich nun die abgespuckten Töne ausgerechnet der bayrischen CSU ins geplättet staunende Öhrchen schraubt... Als die liberalsozialistische Koalition im Jahre 1977 die große Familienrechtsverunformung verbrochen hatte - so viel auch zur FDP, die damals da mitgemischt hatte und jetzt und heute mit Frauengedöns und dergleichen Tralalamurks ja angeblich überhaupt gar nix am "liberalen" Hütchen habe - , da gehörten die Christsozialen zu den schärfsten Kritikern... Und heute hingegen... es ist schlicht nicht zu fassen...

carlos

kompetente Analyse, bitte. (nt)

truhe, Monday, 05.02.2007, 05:35 (vor 6883 Tagen) @ Christine

nt

Immerhin den Versuch

gast42, Monday, 05.02.2007, 22:52 (vor 6883 Tagen) @ truhe

Immerhin den Versuch einer kompetenten Analyse gibts hier:

http://www.manndat.de/index.php?id=351

Und hier:

http://www.manndat.de/index.php?id=360

Kurze Zusammenfassung: Es geht darum, dass Maenner bitte mehr Unterhalt zahlen sollen. Das laesst sich erreichen, indem Unterhaltsforderungen von Ex(Ehe)Frau auf Kinder verschoben werden.

Denn: Trotz gegenteiligem Gejammer in den Medien der Marke "9 von 10 Vaetern zahlen keinen Unterhalt" wissen Leute wie Frau Zypries (Volljusristin, Richterin, Politikern, Justizministerin) natuerlich um die rechtliche Realitaet. Und die sieht so aus:

1. Der Unterhaltsanspruch ist glasklar
2. Daraus ergibt sich auch ein glasklarer pfaendbarer Titel
3. Diesen Titel trotzdem nicht bedienen koennen nur Maenner, die
- Bereit sind sich ins nicht-EU-Ausland abzusetzen
- Selber zuwenig Geld haben (Extremfall Hartz-4-Empfaenger)
- Bereit sind, in der Kriminalitaet zu leben (Schwarzarbeit, Selbstaendige mit der Bereitschaft fuer die Vermeidung von Unterhaltszahlungen auch strafrechtliche Konsequenzen in Kauf zu nehmen)


Frau Zypries weiss aber natuerlich auch um die Details. Und die sehen eben so aus, dass die Durchsetzung von Unterhaltsanspruechen der Kinder vs. Unterhaltsanspruechen der Frauen in der Praxis *noch* einfacher ist.

Halt der Unterschied zwischen "wird vom Jugendamt von Amts wegen durchgesetzt, notfalls mit Erzwingungshaft" gegenueber "muss Zivilrechtlich eingeklagt werden" - auch wenn mit dem problemlos zu erhaltenen Titel in letzterem Fall dann auf alle Moeglichkeiten zur Forderungsdurchsetzung (Pfaendung, Kontopfaendung) zurueckgegriffen werden kann.

Nun hat die letzte Aenderung am Unterhaltsrecht schon dafuer gesorgt, dass unter bestimmten Umstaenden (gummiartig definiert) auch uneheliche Muttis bis zu 7 Jahre Betreuungsunterhalt bekommen koennen. Dazu mal ein Zitat aus einem der obigen Links:

Die Frage, wann Betreuungsunterhalt über die Dreijahresgrenze hinaus gewährt werden kann, ist eine Frage der Billigkeit. Mit der Neufassung wird der Maßstab deutlich abgesenkt; es ist nun nicht mehr erforderlich, dass die Versagung von Betreuungsunterhalt dem Gerechtigkeitsempfinden in unerträglicher Weise widersprechen würde. Wann die Versagung weiteren Betreuungsunterhalts unbillig ist, kann nur von den Gerichten aufgrund einer umfassenden Abwägung unter Berücksichtigung aller Umstände des konkreten Einzelfalles bestimmt werden. In erster Linie sind dabei kindbezogene Belange zu berücksichtigen. Durch das Wort ?insbesondere? in der Gesetzesformulierung ist es aber möglich, auch elternbezogene Belange oder sonstige Umstände, die geeignet sind, eine Durchbrechung der Dreijahresgrenze zu rechtfertigen, bei der Abwägung zu berücksichtigen. Damit erhalten die Gerichte genügend Raum, um eine dem Einzelfall gerecht werdende Lösung zu finden; dies auch im Hinblick auf eine mögliche Begrenzung des Unterhaltsanspruchs der Höhe nach oder in zeitlicher Hinsicht, wenn Unterhalt über die Dreijahresgrenze hinaus zu leisten ist.«

Bleibt ein klitzekleines Problem: Nicht wenige Maenner verdienen gar nicht genug, um 7 Jahre Betreuungsunterhalt in gewuenschter Hoehe zu leisten.

Darum ists ja so attraktiv, Unterhaltsansprueche in Richtung Kinder zu verschieben und zu glaetten: Statt nur 3 Jahre recht hohen Unterhalt fuer Mutti + recht niedrigen fuer das Kind nun also lieber hoehern Unterhalt fuer das Kind von Geburt an, den gibts dafuer auch ca. 25 Jahre, ist unabhaengig davon ob *Mutti* ueberhaupt beduerftig ist (zum Beispiel selbst Gutverdienerin, oder gar reiche Erbin), landet letzlich bei derselben Person zur freien Verwendung und er ist eh besser durchsetzbar.

Ums perfekt zu machen laesst sich das ganze dann noch als Staerkung der Vaeterrechte verkaufen: Arme ex-Ehemaenner/Zahlesel bekommen jetzt eine ganz dolle zweite Chance auf eine neue Familie. Natuerlich nur insofern, als von ihrer Unterhaltspflicht nun ein groesserer Teil an andere Leute geht.

Nicht etwa, dass sich an der Unterhaltspflicht an sich was geaendert haette. Ach doch, die wird weiter ausgebaut. Natuerlich ganz geschlechtsneutral, grundsaetzlich koennten ja auch Vaeter fuer ihre betreuten Kinder Unterhalt verlangen. Wenn Sie denn das ABR bekaemen, hahaha.

@Nikios:
"Die Hunde zerfetzen sich!"

Freut Dich das? Wieso denn - sie streiten sich doch nur darum, ob nun mehr Unterhalt an Ex-Eheweibchen direkt geht oder an Ex-Weibchen indirekt per Kindesunterhalt.

Nochmals für alle, die Kindesunterhalt verteidigen:

Guildo, Tuesday, 06.02.2007, 00:14 (vor 6883 Tagen) @ gast42

Darum ists ja so attraktiv, Unterhaltsansprueche in Richtung Kinder zu
verschieben und zu glaetten: Statt nur 3 Jahre recht hohen Unterhalt fuer
Mutti + recht niedrigen fuer das Kind nun also lieber hoehern Unterhalt
fuer das Kind von Geburt an, den gibts dafuer auch ca. 25 Jahre, ist
unabhaengig davon ob *Mutti* ueberhaupt beduerftig ist (zum Beispiel
selbst Gutverdienerin, oder gar reiche Erbin), landet letzlich bei
derselben Person zur freien Verwendung und er ist eh besser durchsetzbar.

u n d

Freut Dich das? Wieso denn - sie streiten sich doch nur darum, ob nun mehr
Unterhalt an Ex-Eheweibchen direkt geht oder an Ex-Weibchen indirekt per
Kindesunterhalt.

Kindes- und Ehegattenunterhalt sind letztendlich austauschbar. Sollte es tatsächlich mal der Männerbewegung gelingen, eine Abschaffung des Ehegattenunterhaltes zu erzwingen - dann wird einfach alles auf Kindesunterhalt verschoben und es wandert nicht weniger als vorher zu Mutti...

Es soll ja noch immer Naivlinge geben, die glauben, dass das Geld nur fürs Kind verwendet wird...

Deshalb: Unterhalt jeglicher Form nur nach Klärung der Schuldfrage!!!

Gruß - Guildo

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Most places where we all come from we can have a date, pay over $100 and not even get a goodnight kiss from some broad-ass feminazi who thinks her shit doesn't stink.
(unbekannter Fan von Angeles City)

Konservative und Frauen in der Union blockieren das neue...

Christine ⌂, Monday, 05.02.2007, 12:45 (vor 6883 Tagen) @ Christine

Ehe, Scheidung und Moral
Konservative und Frauen in der Union blockieren das neue Unterhaltsrecht, dass Kinder bevorzugt

Sigrid Averesch

Hausfrauenehe ist beileibe kein schönes Wort, aber zumindest ein treffendes. Beschreibt es doch eine Gemeinschaft, in der die Rollen klar verteilt sind. Der Mann geht arbeiten und ernährt die Familie, während sich die Frau um den Haushalt kümmert und die Kinder großzieht.

Von diesen Vorstellungen geht auch heute noch das westdeutsch geprägte Unterhaltsrecht aus. Deshalb genießen nach einer Scheidung nicht berufstätige Frauen und Mütter finanzielle Vorteile. Ihnen wird nur selten zugemutet, nach der Scheidung für ihren Unterhalt selbst aufzukommen. Sie sollen auf den Lebensstandard, den sie in der Ehe hatten, nicht verzichten müssen. Ein Anspruch, der nicht nur die Männer durch hohe Unterhaltszahlungen trifft und manche zum Verzicht auf eben diesen Lebensstandard nötigte. Das Unterhaltsrecht, das 1977 noch als Fortschritt gefeiert wurde, geht vor allem zu Lasten der Kinder, sowohl derjenigen aus der ersten Ehe wie auch der, die aus einer neuen Partnerschaft stammen. Ihre Belange haben hinter denen der geschiedenen Ehefrau zurückzustehen. Auch dies ist ein Grund, warum über eine Million Minderjährige Sozialhilfe beziehen.

[...]
Konservative aus der Union, aber auch weibliche Abgeordnete blockieren derzeit die Reform aus grundsätzlichen Bedenken heraus. Sie beklagen, das ursprüngliche Bild der Ehe und die Sonderstellung der Ehefrau werde abgeschwächt. Ein Dorn im Auge ist ihnen vor allem, dass Ex-Frau und Nachfolgerin künftig den gleichen Anspruch haben sollen. Sie möchten statt dessen moralische Vorgaben in Recht gegossen sehen.

Hier zu finden

--
7. Familienbericht http://dip.bundestag.de/btd/16/013/1601360.pdf
Seite 234, Familienarbeit: - Väter 70 Std. - Mütter 46 Std.
Siehe auch: http://www.wgvdl.com/forum/index.php?id=12360

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Es ist kein Merkmal von Gesundheit, wohlangepasstes Mitglied einer zutiefst kranken Gesellschaft zu sein

Reform des Scheidungsrechts wackelt

Nikios, Monday, 05.02.2007, 19:41 (vor 6883 Tagen) @ Christine

Die Hunde zerfetzen sich!

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Gut so

Nikos

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