Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

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Inquisitoren des guten Willens

Moni ⌂, NRW, Sunday, 28.01.2007, 14:38 (vor 6889 Tagen)

DIE ZEIT, 11.01.2007 Nr. 03

Inquisitoren des guten Willens
Wegen eines erfundenen Missbrauchs mussten zwei Männer ins Gefängnis. Die
Justizirrtümer enthüllen die Ideologie eines fehlgelaufenen Feminismus.


Von Sabine Rückert

Illustration: Rinah Lang für DIE ZEIT

Die Tragödie um Amelie (siehe Die Geschichte eines Irrtums) hat viele
Ursachen, und sie besteht auch darin, dass das Mädchen von einem kranken
System ins nächste wechselt. Misshandelt und isoliert in der Familie,
flüchtet sie sich in den professionell wirkenden Schutz der Psychiatrie.
Doch wo man ihr Hilfe verheißt, ist keine zu erwarten. Stattdessen führen
die vermeintlichen Retter Amelie noch weiter in die Irre. So wird das
Schicksal dieses Mädchens zum Spiegel der dunklen Seite des Feminismus.

Bedeutungsschwangere Namen wie Wildwasser und Allerleirauh

Feministische Beratungsstellen für sexuell missbrauchte Kinder und Frauen
schießen Anfang der neunziger Jahre aus dem Boden. Sie tragen
bedeutungsschwangere Namen: Zartbitter, Wildwasser, Allerleirauh, Hautnah,
Zerrspiegel, Schattenriss, Alraune, Belladonna, Kobra oder Trotz allem.
Psychologinnen arbeiten mit fragwürdigen >anatomisch korrekten Puppen«, an
deren ausgeprägten Geschlechtsteilen Kinder das Unaussprechliche bedeuten
sollen. Mitarbeiterinnen aus Jugendämtern, aus Psychiatrie- und
Sozialstationen bilden sich bei so genannten Aufdeckerinnen fort, um den
Familien ihr vermutetes Geheimnis zu entreißen, wenn nötig mit Hilfe der
Justiz. Als Amelie ihre Beschuldigungen erhebt, herrscht eine Art
Inquisition des guten Willens im ganzen Land. Auch in Osnabrück.

Und die Medien machen mit. Über Jahre sind Zeitungen und Fernsehprogramme
voll vom Thema Kindesmissbrauch, der zum Teil in allen Einzelheiten
ausgebreitet wird. In langen Serien schildern Boulevardzeitungen grausige
Mädchenschicksale in farbigen Details, in illustrierten Frauenmagazinen
berichten verbitterte Mittvierzigerinnen, wie sie dem Unglück ihrer Existenz
durch Reinkarnationstherapien auf die Spur kamen und plötzlich begriffen:
Aha, auch ich bin ein Missbrauchsopfer! Und das Fernsehen schüttet
schlüpfrige Vergewaltigungsstorys über alle Kanäle aufs Volk. Die Grenze
zwischen Puritanismus und Pornografie verschwimmt. Und Amelie saugt alles
auf. Ihre Verwandten erzählten mir, dass das Mädchen von dieser Art der
Berichterstattung fasziniert und hingerissen gewesen sei. Kaum eine
Missbrauchssendung im Fernsehen, die sie ausließ, und habe sie trotzdem
manchmal eine versäumen müssen, habe sie die Familie gebeten, den Beitrag
mit dem Videorekorder für sie aufzuzeichnen.


Nur wenige Journalisten stemmen sich dem kollektiven Wahn um den sexuellen
Missbrauch entgegen. Die meisten schwimmen ? uninformiert und erschüttert
vom angeblichen Ausmaß der Katastrophe ? im Strom der Empörung mit. Bald
gehört es auch zum guten Ton der politisch korrekten Berichterstattung,
keine Kritik an Ermittlungs- oder Vernehmungsmethoden zu äußern. Wer den
Aufdeckungsrausch hinterfragt, macht sich schon verdächtig.

Quelle und mehr:
http://www.zeit.de/2007/03/Rueckert-Buch-03

Gruß
Moni

--
http://www.weltweite-tierschutz.org/


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