Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

Archiv 2 - 21.05.2006 - 25.10.2012

233.682 Postings in 30.704 Threads

[Homepage] - [Archiv 1] - [Archiv 2] - [Forum]

Von der Leyen will gesellschaftliche Realitäten erzwingen

Christine ⌂, Tuesday, 16.01.2007, 20:51 (vor 6900 Tagen)

Familienrecht.
Wie stark darf der Staat die Lebensentwürfe der Bürger steuern? Eine Streitschrift zur ökonomischen Theorie der Familie und zur Politik der Regierung.

Nach der Reform ist vor der Reform - die gute Nachricht ist, dass sie das im Familienministerium genauso sehen. Das Elterngeld, das seit wenigen Tagen Gesetz ist, die Absetzbarkeit von Betreuungskosten, die sanfte Ermunterung an die Väter, sich an der Erziehungsarbeit zu beteiligen, das alles ist für Ursula von der Leyen (CDU) nur der Einstieg in eine "neue Familienpolitik". Die Ministerin hat die Evaluierung aller familienpolitischen Leistungen angekündigt, die sich laut Bundesfinanzministerium auf 98,8 Milliarden Euro jährlich belaufen. Mutterschafts-, Erziehungs- und Kindergeld, die kostenlose Mitversicherung für Kinder, Unterhaltsvorschuss, Rentenzuschlag und Kinderbetreuung, alles soll auf den Prüfstand.

Die schlechte Nachricht ist, dass das Ergebnis dieser Prüfung schon feststeht, denn von der Leyen richtet ihre Familienpolitik nicht an den Familien, sondern an ihrem persönlichen Bild von Familie aus, genauer: am Ideal der akademisch ausgebildeten, berufstätigen Mutter, die Erwerbs- und Erziehungsarbeit gefälligst unter einen Hut zu bringen hat. Danach sollen Frauen erstens so ungestört wie möglich berufstätig sein können, um der Wirtschaft ihre Arbeitskraft zuzuführen, zweitens gleichzeitig Kinder gebären zur Entlastung der Sozialsysteme und zur Aufzucht dringend benötigten Humankapitals. Das nächste Ergebnis dieser Politik, das ist nicht schwer vorherzusehen, wird die Abschaffung der kostenlosen Mitversicherung von nichterwerbstätigen Familienmitgliedern in der gesetzlichen Krankenkasse sein.

Der Skandal dieser Politik liegt nicht darin, dass es sie nicht geben dürfte, im Gegenteil: Als Angebot ist die simultane Vereinbarkeit von Familie und Beruf längst überfällig, vor allem für Alleinerziehende, schon deshalb, weil viele Familien ihren Lebensunterhalt mit einem Einkommen nicht (mehr) verdienen können, natürlich auch als bare Möglichkeit für Frauen, die sich dafür entscheiden. Der Skandal liegt vielmehr darin, dass der Staat mit seiner Politik keine Optionen eröffnet, sondern einseitig Fakten schafft. Er setzt sich über die Bedürfnisse aller anderen Lebensformen, einschließlich der traditionellen Familie, hinweg, um eine gesellschaftliche Realität zu erzwingen.

Damit mischt sich der Staat in die denkbar größte Privatsache derer ein, die ihn bilden, betreibt familienpolitische Planwirtschaft. Er verabsolutiert (s)ein Familienbild - und weitet den Sozialstaat mit der Prämierung von beruflichem Erfolg auch noch auf diejenigen aus, die es am wenigsten nötig haben: die Wohlhabenden. Und die Wissenschaft leistet fröhlich Beihilfe. Zur Erleichterung des elterlichen Gewissens hat sie das mütterliche Liebeskonzentrat erfunden: "Qualitätszeit" für das "selbstständige Baby", dem Beziehungen wichtiger sind als Bezugspersonen. Unter dem Deckmantel der "empirischen Evidenz" von vergleichenden Bevölkerungspyramiden, Fertilitätsquoten und Geburtenraten erteilen Studien dem Staat die Lizenz zum social engineering; mit immer neuen Hochrechnungen normieren sie das politisch Geforderte.

"Wenn nur die akademisch ausgebildeten Mütter, deren jüngstes Kind noch keine ganztägige Betreuungseinrichtung besucht - circa 245.000 Frauen -, eine Arbeit aufnehmen würden", so das Stoßgebet einer Studie von Roland Berger im Auftrag der Robert-Bosch-Stiftung, würden "die öffentlichen Haushalte Steuermehreinnahmen von 2,2 Milliarden Euro verbuchen und die Sozialversicherungsträger 2,7 Milliarden Euro". 245.000 Frauen und ihre Produktivkraft - das ist das Maß der "neuen Familienpolitik". 245.000 Frauen - 0,3 Prozent der Bevölkerung.

Hier gehts weiter

--
Es ist kein Merkmal von Gesundheit, wohlangepasstes Mitglied einer zutiefst kranken Gesellschaft zu sein

Freiheit statt Feminismus!

hquer, Tuesday, 16.01.2007, 21:51 (vor 6900 Tagen) @ Christine

Familienrecht.
Wie stark darf der Staat die Lebensentwürfe der Bürger steuern? Eine
Streitschrift zur ökonomischen Theorie der Familie und zur Politik der
Regierung.

Nach der Reform ist vor der Reform - die gute Nachricht ist, dass sie das
im Familienministerium genauso sehen. Das Elterngeld, das seit wenigen
Tagen Gesetz ist, die Absetzbarkeit von Betreuungskosten, die sanfte
Ermunterung an die Väter, sich an der Erziehungsarbeit zu beteiligen, das
alles ist für Ursula von der Leyen (CDU) nur der Einstieg in eine "neue
Familienpolitik". Die Ministerin hat die Evaluierung aller
familienpolitischen Leistungen angekündigt, die sich laut
Bundesfinanzministerium auf 98,8 Milliarden Euro jährlich belaufen.
Mutterschafts-, Erziehungs- und Kindergeld, die kostenlose Mitversicherung
für Kinder, Unterhaltsvorschuss, Rentenzuschlag und Kinderbetreuung, alles
soll auf den Prüfstand.

Die schlechte Nachricht ist, dass das Ergebnis dieser Prüfung schon
feststeht, denn von der Leyen richtet ihre Familienpolitik nicht an den
Familien, sondern an ihrem persönlichen Bild von Familie aus, genauer: am
Ideal der akademisch ausgebildeten, berufstätigen Mutter, die Erwerbs- und
Erziehungsarbeit gefälligst unter einen Hut zu bringen hat. Danach sollen
Frauen erstens so ungestört wie möglich berufstätig sein können, um der
Wirtschaft ihre Arbeitskraft zuzuführen, zweitens gleichzeitig Kinder
gebären zur Entlastung der Sozialsysteme und zur Aufzucht dringend
benötigten Humankapitals. Das nächste Ergebnis dieser Politik, das ist
nicht schwer vorherzusehen, wird die Abschaffung der kostenlosen
Mitversicherung von nichterwerbstätigen Familienmitgliedern in der
gesetzlichen Krankenkasse sein.

Der Skandal dieser Politik liegt nicht darin, dass es sie nicht geben
dürfte, im Gegenteil: Als Angebot ist die simultane Vereinbarkeit von
Familie und Beruf längst überfällig, vor allem für Alleinerziehende, schon
deshalb, weil viele Familien ihren Lebensunterhalt mit einem Einkommen
nicht (mehr) verdienen können, natürlich auch als bare Möglichkeit für
Frauen, die sich dafür entscheiden. Der Skandal liegt vielmehr darin, dass
der Staat mit seiner Politik keine Optionen eröffnet, sondern einseitig
Fakten schafft. Er setzt sich über die Bedürfnisse aller anderen
Lebensformen, einschließlich der traditionellen Familie, hinweg, um eine
gesellschaftliche Realität zu erzwingen.

Damit mischt sich der Staat in die denkbar größte Privatsache derer ein,
die ihn bilden, betreibt familienpolitische Planwirtschaft. Er
verabsolutiert (s)ein Familienbild - und weitet den Sozialstaat mit der
Prämierung von beruflichem Erfolg auch noch auf diejenigen aus, die es am
wenigsten nötig haben: die Wohlhabenden. Und die Wissenschaft leistet
fröhlich Beihilfe. Zur Erleichterung des elterlichen Gewissens hat sie das
mütterliche Liebeskonzentrat erfunden: "Qualitätszeit" für das
"selbstständige Baby", dem Beziehungen wichtiger sind als Bezugspersonen.
Unter dem Deckmantel der "empirischen Evidenz" von vergleichenden
Bevölkerungspyramiden, Fertilitätsquoten und Geburtenraten erteilen
Studien dem Staat die Lizenz zum social engineering; mit immer neuen
Hochrechnungen normieren sie das politisch Geforderte.

"Wenn nur die akademisch ausgebildeten Mütter, deren jüngstes Kind noch
keine ganztägige Betreuungseinrichtung besucht - circa 245.000 Frauen -,
eine Arbeit aufnehmen würden", so das Stoßgebet einer Studie von Roland
Berger im Auftrag der Robert-Bosch-Stiftung, würden "die öffentlichen
Haushalte Steuermehreinnahmen von 2,2 Milliarden Euro verbuchen und die
Sozialversicherungsträger 2,7 Milliarden Euro". 245.000 Frauen und ihre
Produktivkraft - das ist das Maß der "neuen Familienpolitik". 245.000
Frauen - 0,3 Prozent der Bevölkerung.

Hier
gehts weiter

Dieser Gesetzesentwurf ist ein Beispiel dafuer, dass sich zunehmend auch bürgerliche Parteien mit feministisch gefärbten Gesetzesvorschlägen profilieren wollen; offenbar um weibliche Stimmen zu fangen. Es ist kein Zufall, dass solch ein Vorschlag kaum politische Gegner findet.

In den meisten Ehen herrscht heutzutage noch immer eine gewisse Arbeitsteilung, d.h. der Mann (Vater) ist fuer den Hauptteil des Einkommens zuständig, während die Frau (Mutter) sich wesentlich stärker im Haushalt und gegebenenfalls die Kindererziehung engagiert; allenfalls nimmt sie noch einen Teilzeitjob wahr. Man mag diesen Zustand ablehnen, befürworten oder ihm allenfalls neutral gegenüberstehen; er ist in jedem Fall auf die Entscheidung von zwei erwachsenen und urteilsfaehigen Menschen zurueckzuführen, die beschlossen haben, auf diese Weise einen Lebensabschnitt miteinander zu verbringen.
Auch solche Aufgabenteilungen werden wohl auf den Prüfstand kommen. Schliesslich geht es um ein Idealbild.

Im übrigen halte ich die immer weitergehende Einmischung des Staates in die Angelegenheiten der Ehen für Bevormundung. Was geht es den Staat an, wer wie zum Gedeihen der Partnerschaft beiträgt? Antwort: Solange keine Ausbeutungssituation vorliegt, geht es den Staat gar nichts an. Wer die Hausfrauenehe nicht will, soll sich in der Ehe entweder entsprechend organisieren oder allenfalls ganz auf eine Ehe verzichten; wer die Hausfrauenehe will, der muss sich halt auf ein beiderseitiges Geben und Nehmen von nicht direkt miteinander vergleichbaren Dienstleistungen einrichten.

Der Wahn kennt keine Grenzen.

hquer

Weiberwahn in der Regierung - Herr lass Hirn regnen (nT)

Swen, Tuesday, 16.01.2007, 23:19 (vor 6900 Tagen) @ Christine

Familienrecht.

Freiheit statt Feminismus!

Garfield, Wednesday, 17.01.2007, 13:45 (vor 6900 Tagen) @ hquer

Hallo hquer!

Ich denke, daß irgendwelche feministischen Weltverbesserungs-Wahnvorstellungen hierbei gar nicht die treibende Kraft, sondern nur ein Vorwand sind.

Es geht wohl mehr um die Interessen der Wirtschaft. Auffällig ist ja auch, daß "Frauenförderung" vor allem auf höherqualifizierte Berufe abzielt. Das könnte man damit begründen, daß solche Berufe nun einmal oft mit einem höheren Einkommen verbunden und deshalb für Frauen interessanter sind. Tatsächlich wird aber besonders eifrig dort gefördert, wo sich das Interesse der Frauen (inklusive der Feministinnen) sehr in Grenzen hält, wo aber die Wirtschaft tatsächlich noch Schwierigkeiten hat, Stellen zu besetzen - und deshalb entsprechend hohe Gehälter bieten muß. Z.B. in den Ingenieurswissenschaften.

Man hat nämlich festgestellt, daß solche Stellen nicht so einfach mit billigen Ausländern zu besetzen sind. Anfangs gab es das Problem, daß viele Einwanderer nicht die nötige Qualifikation mitbrachten. Das hat sich mittlerweile zwar geändert, aber auch hochqualifizierte ausländische Fachkräfte lassen sich nicht mit einem Hungerlohn abspeisen. Gerade diese Leute sind sehr flexibel und werden auch anderswo gesucht, und wenn die z.B. in den USA ein besseres Angebot bekommen, dann sind sie sehr schnell wieder weg. Deshalb ist es ja um die einst heiß diskutierte "Greencard" für IT-Fachkräfte auch wieder sehr still geworden.

Man braucht also hochqualifizierte Fachkräfte, die möglichst örtlich gebunden sind und nicht unbedingt Riesen-Gehälter erwarten - z.B. weil sie einen gut verdienenden Partner haben. In Deutschland lebende Akademikerinnen mit Kindern erfüllen diese Kriterien ideal.

Auch Maßnahmen wie das neue Elterngeld scheinen mir mehr auf Akademikerinnen abzuzielen. Natürlich hat man in Wirtschaft und Politik längst bemerkt, daß zwar heutzutage viele Frauen teilweise hohe berufliche Qualifaktionen erreichen, diese aber nur kurz oder gar nicht nutzen. Da will man offensichtlich ansetzen und hochqualifizierte Frauen dazu bewegen, verstärkt auf den Arbeitsmarkt zu drängen, um endlich auch in den Bereichen, wo es noch einen relativen Fachkräftemangel gibt, die Gehälter deutlich zu drücken.

Natürlich lassen sich unsere Möchtegern-Weltverbesserinnen begeistert vor diesen Karren spannen und tun alles, um noch einen drauf zu setzen. Und natürlich wird die Gefahr, daß sich dies letztendlich zunehmend verselbstständigt, immer größer.

Freundliche Grüße
von Garfield

Freiheit statt Feminismus!

Conny, NRW, Wednesday, 17.01.2007, 14:36 (vor 6900 Tagen) @ Garfield

Ich denke, daß irgendwelche feministischen
Weltverbesserungs-Wahnvorstellungen hierbei gar nicht die treibende Kraft,
sondern nur ein Vorwand sind.

Es geht wohl mehr um die Interessen der Wirtschaft.

Hallo Garfield,

der Wirtschaft ist es erst mal egal, wieviel Gewinn sie erwirtschaftet. Es ist allerdings denjenigen nicht egal, die ihr Geld in die Wirtschaft pumpen. Die wollen eben durch das investierte Geld auch eine Rendite bekommen und die Investition am besten selbst noch mit Gewinn verkaufen. Damit der Wirtschaft das gelingt, brauchen sie möglichst billige Arbeitskräfte. Desto mehr Gewinne die Wirtschaft einfährt, desto höher ist die Rendite und auch der Wert der Investition steigt (was heute noch viel wichtiger ist).

Dabei konnten die Unternehmer anfangs die Rendite noch gut über den Verkaufspreis steuern, das wohl lange gemacht wurde. Heute, da die Geldvermögen immer stärker ansteigen, wenn man mal die Geldvernichtung an den Börsen nicht berücksichtigt, müssen die Gewinne der Wirtschaft auch immer größer werden (auch die Schulden der gesamten Volkswirtschaft), denn sonst wandert das Geld ab. Dazu ist vielleicht auch dieser Artikel interessant: http://www.volmetaler.org/Artikel_Courage_01_07.pdf

Freundliche Grüße
Conny

Von der Leyen will gesellschaftliche Realitäten erzwingen

Salvatore Ventura @, Berlin, Wednesday, 17.01.2007, 18:21 (vor 6900 Tagen) @ Christine

"Wie stark darf der Staat die Lebensentwürfe der Bürger steuern?"

Darauf gibt es eine sehr einfache Antwort: Gar nicht!
Der Staat hat dem Bürger zu dienen. Er ist vom Bürger eingesetzt, seine Interessen zu vertreten, so weit der Bürger das selbst nicht kann (z. B. beim Schutz vor Kriminalität). Staaten hatten immer wieder die Neigung, den Bürger zu bevormunden, zu erziehen, geringzuschätzen, manchmal sogar zu töten(z. B. in meinem Herkunfstland Argentinien war das von noch gar nicht langer Zeit gang und gäbe). Der Staat verleiht einzelnen Personen Macht, diese Macht nutzen sie, ihre eigenen Interessen und Vorstellungen durchzusetzen. Menschen mit Macht, die diese Macht zum Wohle der Anderen einsetzen, sind äußerst selten. Deshalb sollte man einer Institution wie dem Staat, der eine enorme Macht hat, grundsätzlich Mißtrauen.

Ciao
Salvatore

BRAVO! (nt)

Max, Fliegentupfing, Wednesday, 24.01.2007, 18:16 (vor 6893 Tagen) @ Salvatore Ventura

....

--
"Wenigstens bin ich Herr der Fliegen", sagte der stinkende Scheißhaufen.
(Baal Zebub/Beelzebub - wird übersetzt mit "Herr der Fliegen")

powered by my little forum