27-Jährige muss sich für jahrelange Quälerei der Tochter
voll verantworten
Rostock (ddp). Die Mutter der jahrelang mit Säure gequälten Lea-Marie aus Teterow ist unterdurchschnittlich intelligent und emotionslos, aber nicht krank. Die 27-Jährige trage die volle Verantwortung für die Misshandlungen ihrer heute fünf Jahre alten Tochter, geht aus einem heute im Prozess vor dem Landgericht Rostock vorgestellten Gutachten hervor. Es gebe keine Anhaltspunkte für eine eingeschränkte Schuldfähigkeit, sagte Gutachter Stefan Orlob. Die Taten seien mit zunehmender Professionalität vorbereitet und durchgeführt worden, um egoistische Bedürfnisse nach Ruhe und in einem Fall auch nach Geld zu befriedigen.
Die Angeklagte hatte bereits gestanden, ihrer Tochter seit 2002 zum Teil mit Gewalt Kalkreiniger und Essig eingeflößt zu haben. Laut einem Gutachten des Rechtsmediziners Klaus-Peter Philipp geschah das zum ersten Mal, als Lea-Marie gerade einmal sechs Monate alt war. Es seien 27 Fälle dokumentiert, bei denen Notärzte blutiges Erbrechen und Entzündungen des Nasen- und Rachenraums bei dem Kleinkind festgestellt hätten, berichtete Philipp am Montag vor Gericht. 26 Mal sei Lea-Marie deshalb im Krankenhaus behandelt worden, in einem Fall habe der alarmierte Notarzt keine Einweisung vorgeschlagen.
Hinzu kommt eine fast zweimonatige stationäre Behandlung, nachdem die Angeklagte ihr damals 15 Monate altes Kind absichtlich mit kochend heißem Wasser überbrüht hatte. Für den angeblichen Unfall kassierte die Mutter 864 Euro Versicherungsgeld, diese Misshandlung gestand sie bereits. Im Krankenhaus seien auch die Verletzungen von Stockschlägen bemerkt worden, sagte Gutachter Philipp weiter. In einigen Pflegeberichten sei zudem von einer offensichtlichen Vernachlässigung der kleinen Patientin die Rede gewesen.
Zum Motiv der Grausamkeiten gegenüber ihrer Tochter hatte sich die Angeklagte weder in der Verhandlung noch in der Befragung durch Psychologen geäußert, wie Orlob sagte. Die arbeitslose Mutter habe lediglich zu Protokoll gegeben, dass sie sich überfordert gefühlt habe. Das Kind sei aber keineswegs so anstrengend oder gar hyperaktiv gewesen, wie die Angeklagte es dargestellt habe, betonte der Gutachter.
Die Folgen der jahrelangen Misshandlung wird die heute Fünfjährige noch ihr Leben lang spüren, sagte der Lea-Marie derzeit behandelnde Kinderarzt der Greifswalder Uniklinik, Sebastian Beck. Durch die Vernarbungen sei die Speiseaufnahme gestört. Als Lea-Marie im Sommer in der Uniklinik vorgestellt wurde, sei die Speiseröhre nur vier bis fünf Millimeter dick gewesen, «16 Millimeter sind normal>, sagte Beck. Alle zwei Wochen müsse die Röhre unter Vollnarkose geweitet werden, das sei sehr schmerzhaft. Die Prozedur müsse Lea-Marie noch Monate, wenn nicht noch Jahre durchstehen. Eine operative Korrektur ist erst im Erwachsenenalter möglich.
Am letzten Tag der Beweisaufnahme einigten sich Anklage und Verteidigung der Mutter auf die Zahlung von 30 000 Euro Schmerzensgeld an Lea-Marie. Der Forderung sei zugestimmt worden, um einen zivilrechtlichen Prozess zur Festlegung einer Summe zu vermeiden, sagte der Verteidiger der Angeklagten.
Die Mutter sitzt seit Aufdeckung der Vorfälle im Sommer 2006 in Untersuchungshaft. Auch ihr Ehemann steht vor Gericht. Der Vater wird beschuldigt, seine Tochter mit einem Teppichklopfer geschlagen zu haben. Er bestreitet die Vorwürfe. Am Mittwoch werden die Plädoyers erwartet, am Freitag das Urteil.
08.01.2007 Sab
Quelle: http://www.e110.de/artikel/detail.cfm?pageid=67&id=79397
Gruß
Moni