Ursula v. d. Leyen meint tatsächlich: Jungen brauchen Väter
Werden Mädchen bevorzugt? Familienministerin Ursula von der Leyen im Gespräch
"Jungen brauchen Väter!"
ABENDBLATT: Frau von der Leyen, sie sind Mutter von fünf Mädchen und zwei Jungen. Wie unterscheiden die sich im Lernverhalten?
URSULA VON DER LEYEN: Der Zugang zu den Themen ist verschieden. Mädchen beispielsweise interessieren sich sehr für Tiere. Ein Röntgengerät, mit dem man Pferdehufe röntgen kann, ist da ein attraktiver Zugang zur Technik. Ein Junge interessiert sich eher dafür, wie ein Automotor funktioniert. Umgekehrt haben Jungen aber auch eine selbstverständliche Begabung für sogenannte "weibliche" Themen: Meine Söhne übernehmen anstandslos Babysitterverantwortung. Sie können gut für kleinere Kinder sorgen, sie spielen aber anders. Die Barbies müssen dann schon mal einen Vulkanausbruch mitmachen. Beide Geschlechter haben also Anlagen für Fürsorge und Technik, aber man muss jeweils die richtigen Schlüssel finden, um ihre Neugierde zu wecken.
ABENDBLATT: Wenn wir uns aber Deutschland insgesamt ansehen, zeichnen die Statistiken ein eher düsteres Bild für Jungen. Was läuft falsch?
VON DER LEYEN: Die junge Generation zeigt insgesamt einen hohen Bildungszuwachs. Nur profitieren Mädchen inzwischen mehr davon als Jungen. Dabei spielt sicher eine Rolle, dass wir in der Vergangenheit Mädchen spezifisch gefördert haben. Zugleich haben wir aber übersehen, dass Jungen in einer sich verändernden Welt neue Vorbilder brauchen. Das kann der Erzieher oder Lehrer sein. Noch wichtiger aber ist ein im Alltag präsenter Vater.
ABENDBLATT: Welche Jungen haben es besonders schwer?
VON DER LEYEN: Laut Shell-Jugendstudie und Pisa empfindet sich ein kleiner Teil der Jugendlichen als abgehängte Generation, als Verlierer. Da sind Jungen überproportional häufig vertreten, und besonders solche mit Migrationshintergrund. Auf ihre Ohnmachtsgefühle reagieren sie mit stark tradierten Verhaltensweisen - machohaftem Verhalten, Geringschätzung der Frau, extreme religiöse Vorstellungen. Solche Verhaltensweisen verschließen aber in unserer modernen Gesellschaft alle Türen.
Aus der Gruppe der sozial schwachen, bildungsfernen Familien mit Migrationshintergrund besucht jedes fünfte Kind nie den Kindergarten. Da muss es nicht wundern, wenn jeder zweite türkische Junge auf der Hauptschule landet und davon wiederum jeder zweite den Berufsanschluss nicht schafft. Es ist eine Kette verpasster Chancen, den Weg in unsere Gesellschaft zu finden. Hier könnte man vieles besser machen.
ABENDBLATT: Wie genau stellen Sie sich das vor?
VON DER LEYEN: Es fängt an mit dem Kindergartenbesuch - die deutsche Sprache und Freundschaften mit anderen Kindern bauen die Brücke zu einem erfolgreichen Schulstart. Wir brauchen zudem mehr Erzieher und Lehrer mit Migrationshintergrund, die als Bindeglied zwischen den beiden Welten agieren. Ausbaufähig ist auch das Modell des Bildungspaten, in dem gut integrierte Menschen mit Migrationshintergrund sich dieser Kinder annehmen. Solche Menschen kennen die Zwiespälte, in denen die Kinder stecken.
Jungen mit Migrationshintergrund haben oft viele negative Lernerfahrungen. Dabei hat jedes Kind Stärken! Sie sind oft nur verdeckt unter einer dicken Schicht aus Versagensängsten, gesellschaftlichen Unzulänglichkeiten, Aggressionen, Vorbehalten und Verschlossenheit - und müssen entdeckt und gefördert werden. Mein Ministerium hat in dieser Richtung mehrere Projekte initiiert. Gleichzeitig müssen sich aber auch die Kindergärten und Schulen stärker öffnen und aktiv die Mitarbeit der Eltern einfordern.
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Interesssant finde ich in diesem Zusammenhang, das hauptsächlich nicht von allen Jungen, sondern von Jungen mit Migrationshintergrund gesprochen wird. Desweiteren erwartet sie, das Lehrer genau wie Lehrerinnen agieren sollen. Ja dann ist es doch egal, ob männliche oder weibliche Lehrer unterrichten. Allerdings gibt es da noch den Zusatz: "dass sie Autorität und Durchsetzungsvermögen haben" - na das habe ich allerdings selten bei Lehrern erlebt.
Zum Schluß fragt man sich, woher überhaupt ihre Erkenntniswende kommt, denn schließlich ist es noch nicht allzulange her, das sie es nicht schlimm fand, wenn Jungen heute benachteiligt werden, gerade habe ich das Interview hier gefunden.
Auszug:
"Wir brauchen eine Väterbewegung"
Ursula von der Leyen (CDU) über Emanzipation und benachteiligte Jungs
29.09.2006
Politik - Seite 07
Regine Zylka
Heute wird der Bundestag das Elterngeld beschließen. Als nächstes großes Thema nimmt sich Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen (CDU) unter anderem die frühkindliche Bildung vor.
Frau von der Leyen, es wird zurzeit viel darüber diskutiert, ob der Feminismus am Ende ist und Frauen sich wieder auf die Mutterrolle beschränken sollten. Was sagen Sie dazu?
Wir haben nicht zu viel Emanzipation, sondern zu wenig. Die gläserne Decke, die Frauen am beruflichen Aufstieg hindert, existiert nach wie vor. Frauen haben zwar viel mehr Chancen als früher, aber die Frage ist jetzt: Wer hat beruflich die Folgen zu tragen, wenn Kinder geboren werden?
Die Antwort dürfte klar sein.
Lassen sie es mich so sagen: Mit der Emanzipation der Männer sind wir noch weit zurück. Deutschland braucht eine Väterbewegung.
Wie meinen Sie das?
Emanzipation heißt doch, dass man seine eigene Rolle entwickelt und erweitert. In Deutschland ist ein Mann nach wie vor nur dann ein echter Mann, wenn er erfolgreich im Beruf ist. Die Rolle als Vater ist noch recht unterentwickelt. In Skandinavien gehört aktive Vaterschaft zum Erfolg in Beruf und Gesellschaft dazu, sie ist ein männliches Statussymbol.
Bei uns wird neuerdings beklagt, dass Jungs von den Mädchen abgehängt werden. Teilen Sie die Sorge?
Ich finde es nicht schlimm, dass Mädchen in Sachen Bildung an den Jungen vorbeiziehen. Wären die Zahlen anders herum, würde kein Hahn danach krähen. Man würde es als Gott gegeben betrachten. Dennoch müssen wir genauer hingucken, was mit den Jungs los ist.
Und was ist mit ihnen los?
In der Gruppe der Jugendlichen ohne Schulabschluss und ohne berufliche Qualifikation sind überwiegend Jungen, viele mit Migrationshintergrund. Sie fühlen sich abgehängt und klammern sich umso stärker an tradierte Rollenmuster. Aus Angst, komplett die Orientierung zu verlieren. Diese Jungs sind in den ersten Lebens- und Schuljahren zu wenig integriert worden, sie haben kaum männliche Vorbilder im Alltag erlebt, die sie für Bildung und Verantwortung für andere als Wert an sich begeistert haben. Das Drama der bildungsarmen Kinder ist doch, dass sie isoliert sind...
...und dass diese Jungen keine Partnerin mehr finden.
Das ist kein deutsches Phänomen, das konnte man bereits vor 15, 20 Jahren etwa in Schweden beobachten. Dort haben sich daraufhin Werte und Ziele für Männer verändert. Ein akzeptierter Mann ist nicht mehr der Boss, sondern der, der Partnerschaft ernst nimmt. Er schätzt die Bildung der Frau und betrachtet sich im Bezug auf Kinder nicht als zweitklassige Mutter, sondern als erstklassiger Vater. Das hat die Gesellschaft enorm verändert und das Gleichgewicht auf dem Ehemarkt wieder hergestellt.
Wie reagieren eigentlich die Herren in Ihrer Partei, wenn Sie so reden?
Bei den über 60-Jährigen hat sich eine gewisse Wachheit entwickelt.
Bezogen worauf?
Bezogen auf ihre erwachsenen Töchter. Die Männer sind stolz auf deren berufliche Erfolge, aber bedauern, dass die Enkelkinder ausbleiben. Und weil sie ihre Töchter lieben, realisieren sie, dass Kinderlosigkeit eben nicht das Ergebnis einer selbstsüchtigen Generation ist.
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Hier noch die Reaktion von MANNdat dazu
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Es ist kein Merkmal von Gesundheit, wohlangepasstes Mitglied einer zutiefst kranken Gesellschaft zu sein
gesamter Thread:
- Ursula v. d. Leyen meint tatsächlich: Jungen brauchen Väter -
Christine,
29.12.2006, 12:26
- Ursula v. d. Leyen meint tatsächlich: Jungen brauchen Väter - Telefonmann, 29.12.2006, 12:57
- Aber wohl nur bestimmte Väter ... - Nurmalebenso, 30.12.2006, 01:13
- Dann soll sie Vater-Geld zahlen - nix is umsonst ... (nT) - Swen, 30.12.2006, 19:54