an Zeitgenosse
Servus, Zeitgenosse!
Du gestattest mir bitte erneut, daß ich, aus Dir bekannten Gründen, an diesem Ort auf Deine Zuschrift eingehe.
"... die Welt nimmt die Medienhysterie um die angeblich drohende Klima-Katastrophe auf die Schippe. Normale Wetterkariolen würden dramatisiert. Gegenläufige Tatsachen totgeschwiegen. So sei beispielsweise die Durchschnittstemperatur der Ozeane in den letzten Jahren um 1,5 Grad Celsius gesunken, statt wie in den Horrorszenarien stets verkündet zu steigen, und niemand nehme davon Notiz:"
Wetterkapriolen hat es immer schon gegeben, und auch ich bin über einen warmen Winter kaum besorgt. Die besagten jeweiligen Messungen dürften vom jeweiligen Ort der Messungen abhängen. Ein Beispiel: Der mexikanische Golfsstrom, der quer über den Atlantik hinweg unser europäisches Klima maßgeblich gestaltet, hat sich tatsächlich abgekühlt. Die selbe Ursache an zwei verschiedenen Orten: Das Abschmelzen des nördlichen Polareises, sowie der Gletscherregionen aller zentralasiatischer Hochgebirgsregionen. Letztere füttern mit ihren Schmelzgewässer die sibirischen Stromsysteme Ob / Irtysch und Jenissei, sowie Lena. Allesamt ergießen sich ja ins nördliche Polameer und führen vermehrt Süßwasser dort hinein. Die vielen kalten Wassermassen, die sich dort versammeln, müssen sich ja irgendwie irgendwohin verteilen. Auf ihrem Weg in Richtung Äquator kühlen und schwächen sie den Golfstrom ab.
"Der Katholik geht in den Beichtstuhl, gesteht dem Pfarrer seine Sünden. Bekommt irgendeine Bußhandlung auferlegt - soundsoviele Vaterunser, Ave Maria usw. usf. Dann, so verkündet ihm sein Geistlicher, seien seine Sünden vergeben.
Nun ist ja vieles über das katholische Bußsakrament hergezogen worden und damit auch Mißbrauch getrieben worden (Ablaßhandel). Aber einen großen Vorteil hat es: Wenn es durchlaufen ist, dann ist für den Büßer die Sache klar. Er ist seine Sünden los. Er lebt fortan in Gewißheit."
Nun ja... Ganz so simpel verhält es sich dann doch nicht. Das Bekennen der Sünden, sowie deren Vergebung, setzen ja Einsicht des Sünders in sein ureigenes Fehlverhalten, sowie Reue und Umkehr voraus. Der Priester kann dem Büßer nur bis vors Gesicht blicken, nicht jedoch dahinter. Ob also jemand nur vordergründig und zwischendurch mal eben sein Gewissen beruhigen will, um hernach ungehindert und synchron weiter zu sündigen, kann der Priester, der ja ohnehin nur Mittlerfunktionen ausübt und inne hat, nicht erkennen: Vergeben kann dem Übeltäter, so er gläubig ist und umkehrt, nur Gott selber... Ob der Sünder seine Sünden nun wirklich "los" sein dürfte oder nicht, das kann hienieden ironischerweise gerade Dein Sünder am allerbesten abschätzen... Und "Gewißheit" gibt's auf Erden nun schon gar keine... für gar nix...!
(...)
Über die vermaledeiten Auswüchse aller möglichen Formen, Schattierungen und Sekten des neuzeitlichen Protestantismus will ich nicht weiter eingehen. Hier herrscht deckungsgleiche Einigkeit zwischen uns. Nur so viel: Martin Luther dürfte schon mehrmals im Grabe rotiert haben...
"Daß die Religion nun aber spätestens seit der französischen Revolution nicht mehr en vogue ist bedeutet mitnichten, daß religiöse Prägungen im gesellschaftlichen wie individuellen Bewußtsein keine Rolle mehr spielten. Vielmehr sind deren Prägungen nach wie vor vorhanden und bestimmend. Da sie sich aber im Religiösen nicht mehr Bahn brechen können treten sie im Zivilen ersatzweise hervor. Der Protestant sucht deshalb in der drohenden Klima-Katastrophe, dem Kampf gegen Rechts und was es an säkulär gewordenen Teufeln sonst noch gibt, seine nie enden könnende Endlos-Schleife an Bußritualen anzuknüpfen."
Das Fatale an der Sache ist das Vermischen von Naturwissenschaften mit (pseudo-)religiösen und ideologischen Versatzstücken. 6 CO2 + 6 H2O + Energie < --- > C6H12O6 + 6 O2. Das Ding nennt man biochemische Redoxgleichung. Sie beschreibt die Wechselwirkung zwischen Photosythese und Reduktion einerseits, sowie Oxydation umd Atmung andererseits. Wir wissen, woher wir unseren atembaren Sauerstoff beziehen: Vor allem die Tropenwälder und die Wälder der borealen Zone fischen über ihr Blattgrün (Chlorophyll) unser ausgeatmetes Kohlendioxyd aus der Luft, vermittels der Energie des Sonnenlichts spalten (i.e. "reduzieren") sie es, bauen zusammen mit Wasser Biomasse (vor allem Kohlenwasserstoffe) auf und geben freien Sauerstoff in die unmittelbare Athmosphäre wieder ab. Wir konsumieren Biomasse, indem wir sie mit Sauerstoff verbrennen; Energie wird frei. Seit Jahrmillionen verläuft dieser Prozeß, dieses Wechselspiel, und zwar völlig unabhängig davon, ob Protest-Tanten oder Güne Tanten die fatalen Eingriffe der Menschheit erkannt, bzw. die Bekämpfung derselben sich auf die politischen Fahnen geschrieben haben oder nicht. Sagt ein Grüner oder ein anderer Idiot zu mir: "1+1=2", dann kann ich ihm ja nicht allein deswegen widersprechen, nur, weil er ein grüner Idiot ist.
Die Geschichte ist im Grunde recht simpel und für jeden einsichtig, der auch nur einen Hauch Ahnung von biochemischen Prozessen hat. Die fossilen Rohstofflagerstätten hat die Biosphäre in vielen, vielen Jahrmillionen aufgebaut und eingelagert. Wir verlutschen sie mal eben innerhalb von kaum 200 Jahren. (Lassen wir bitte mal die Diskussion über den also demonstrierten Egoismus angesichts nach uns folgender Generationen beiseite, und beschränken wir uns nur auf die Fakten.) Daß dies, angesichts der Unmengen an ausgeatmetem Kohlendioxyd nicht gut gehen kann, sollte eigentlich einleuchten. Verdoppeln, oder besser, vervielfachen wir den Effekt der Kohlendioxyd-Anreicherung in der Atmosphäre nun auch noch exponentiell dadurch, indem wir weltweit die Wälder abholzen, braucht man keinerlei prophetische Gabe für gar nix mehr... und irgendeine beschissene Ideologie oder Religion schon gleich dreimal nicht... Nicht einmal beten oder beichten hilft da noch weiter. "Hype"? Nun gut... Machen wir also getrost weiter wie bisher. Und schaumermal, was wohl passieren wird...
"Deshalb die merkwürdige Faszination an prognostizierten Weltuntergängen. Um so besser natürlich, wenn diese sich irgendwie an individuelle Verhaltensweisen (sündige Handlungen) wie dem Energieverbrauch (Auto fahren, Kühlschrank benutzen, etc. pp.) festmachen lassen. Die Klima-Katastrophe spielt die Rolle des jüngsten Gerichts. Greenpeace verkörpert die Heerscharen der Engel. Der US-amerikanische energie-intensive Lebensstil die Verderbnis der Sünder. Die Überflutung von New Orleans als erster Wink mit zukünftigen Höllenqualen ..."
Noch niemals hat die Instrumentalisierung der Naturwissenschaften für irgendeine Religion oder Ideologie was getaugt. Nicht die biochemischen Gesetzmäßigkeiten tragen also die Schuld, wenn Protest-Tanten und Grüne sie zum eigenen Hausgebrauch intrumentalisieren, sondern diejenigen in der politischen Verantwortung, die sie eben nicht in ihr Denken und Handeln mit einbeziehen, und DAS ist das wahrhaft Fatale!
Außerdem lege ich allen Wert darauf, mich von den US-Kaugummi-Katschern zu unterscheiden, und das keinesfalls deswegen, weil ich mich womöglich als besser erachte. Ich bin Marktwirtschaftler und Humanist und alles andere als lustfeindlich gepolt. Aber ich bin kein Narr. Glaub mir. Den ökologischen Gesetzmäßigkeiten ist es herzlichst egal, ob sie nun von einem US-amerikanischen oder einem europäischen Dämlack ignoriert werden oder nicht.
"Man mag nun einwenden, die Abholzung der Regenwälder sei doch real und die Klimaprognosen wissenschaftlich gestützt. Das will ich gar nicht bestreiten. Mir geht es nur um die Hype darum, um diese merkwürdige Zivilreligion, zu der das Ganze aufgebauscht wird, anstatt rational damit umzugehen."
Nur "Hype"? Nur "Zivilreligion"? Hm... Ich wäre Dir sehr verbunden, lieber Zeitgenosse, wenn Du mir diese Deine Form der "Rationalität" ein bißchen genauer erläutern würdest. Bitte bring mir KEINE Argumente, um Grüne oder Protest-Tanten zu widerlegen; da rennst Du bei mir sperrangelweit offene stehende Türen ein.
"Man mag auch einwenden, der Hype sei gar nicht auf das Protestantische beschränkt, sondern auch im Katholischen Milieu fest verankert. Dazu sage ich: Die Luther-Revolution liegt mittlerweile über 400 Jahr zurück. Protestantische Verhaltensmuster haben sich längst tief ins Katholische hinein gearbeitet und sind dort mehr oder weniger bewußt verinnerlicht worden."
Ja, da ist was dran. Aber eben nicht ausschließlich: Die Schöpfung zu bewahren ist schließlich ein zuhöchst biblischer Auftrag, völlig unanhängig davon, ob sich nun ein paar Durchgeknallte daraus zusätzlich eine "Hype", eine "Zivilreligion" oder ähnlich Sinnloses zurechtgeschustert haben mögen.
carlos

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