Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

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Computerspiele machen Jungen zukunftsfähig

Christine ⌂, Saturday, 23.12.2006, 12:26 (vor 6924 Tagen)

Mädchen sind heute die Gewinnerinnen im Bildungswesen. Jungen gelten als unruhig und schwierig, wenden sich von der Schule ab. Dafür sitzen sie häufiger vor dem Rechner und streifen durch virtuelle Welten. Genau darin liegen große Chancen: Das Spiel am Computer trainiert für die reale Welt.

Von Wolfgang Bergmann

Ja, es stimmt, die Jungen sind impulsiver, unruhiger und unkonzentrierter als die Mädchen. Auch ihre Leistungen im Lesen und Schreiben bleiben vergleichsweise zurück. Daraus schließt mancher, dass die modernen Jungen auf der Verliererstraße sind. Ich kann diesen Pessimismus nicht ganz teilen. Auffällig ist ja schon mal dies: Maßstab aller Beurteilungen und Besorgnisse ist der Schulerfolg. Lesen und Schreiben, Arbeitsmoral und soziales Verhalten - alles wird in den Kategorien eines eng normierten Schulalltags bemessen. Aber längst blendet die Schulwirklichkeit Teile des wirtschaftlichen und kulturellen Lebens einfach aus, und zwar immer dann, wenn es um Wirkungen und Funktionen der modernen Informationstechnologie geht.

Die Schule kommt mit den Umwälzungen der digitalen Revolution nicht zurecht. In Stichworten: Das Netz ist ein unabgeschlossenes System, das sich permanent erweitert. Die in ihm dargestellten Objekte, Kontakte, Aktionen haben einen fluiden Charakter, werden mit einer Handbewegung herbeigerufen, mit einer weiteren gelöscht. Dieser fließende Charakter des symbolischen Handelns widerspricht der textuellen Figur der aufgeklärten abendländischen Kultur, in der wir Wissen als beständig, Erfahrung als beschreibbar, Reflexionen als überprüfbar erleben. Diese Textualität weicht auf - was in Pädagogik ausschließlich als Verlust, nicht als Herausforderung verstanden wird.

Die Folge: Viele, vor allem männliche, Kinder und Jugendliche suchen zu Hause über Computer und Internet einen kompetenteren Zugang zu ihrer sozialen und medialen Realität. Sie spielen zwar mit uralten Motiven wie Zauberern, Magiern und Drachen, trainieren aber zugleich ein symbolisches Handeln, in dem hochkomplexe Arten gemeinsamer Planung, zielbildender Kommunikation und spontan-innovativen Reagierens gefordert sind. In angesagten Online-Spielen wird in Gruppierungen ("Gilden") gespielt, wo "alte Werte" wie Treue und Verlässlichkeit, sogar die Aufopferung noch etwas gelten. Im virtuellen Geschehen erscheinen "Wir-Gefühle" als realitätstauglich. Dort halten sich Jugendliche daran.

Weiter: Die neuen Technologien entwerfen Bildwelten, die menschlichen Sinnen nicht zugänglich sind. So entstehen ganz neue Wissensmodelle. In der Hirnforschung etwa, die sich an bildgebenden Verfahren orientiert, gibt es plausible und eindrucksvolle Bilder, die aber keine Abbilder der Realität sind, sondern programmierte Sinndaten, in denen das wissenschaftliche Denken und Spekulieren unmittelbar ins Bild hinein gewandert ist. Dieses ist virtuell und real zugleich. Und immer weiter: Das weltweite Börsengeschehen ist ohne die gewaltigen Finanztransfers über digitale Übertragungsräume nicht denkbar. Auf den Finanzmärkten geht es zeitweise zu wie in einem Computerspiel. Die Komplexität der Datenmengen ist gewaltig, sie wird auch von Analysten nur spekulativ erfasst. All dies prägt unser Alltagsleben. Das ist Gegenwart.

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Es ist kein Merkmal von Gesundheit, wohlangepasstes Mitglied einer zutiefst kranken Gesellschaft zu sein


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