Frauen vor Stuss-Landschaft
30. November 2006
FEMINISMUS-DEBATTE
Frauen vor Stuss-Landschaft
Von Anna Reimann
F-Klasse gegen Eva-Prinzip: Zum ersten Mal hat das deutsche Fernsehen die beiden Gegenspielerinnen in der Feminismusdebatte - die Autorinnen Eva Herman und Thea Dorn - in den Ring gelassen. Die Mitternachtsdiskussion geriet wie erwartet zur Prügelstunde.
Berlin - Man kann dem ZDF nicht vorwerfen, es hätte sich nicht um Fairness und political correctness bemüht: Das Feuer im virtuellen Kamin lodert, auf dem studioeigenen Fernsehschirm blinken abwechselnd die Konterfeis von Familienministerin Ursula von der Leyen und Ur-Feministin Alice Schwarzer auf. Und die Gäste werden, eingeteilt in zwei Parteien, sitztechnisch sorgfältig arrangiert.
Zum ersten Mal streiten Eva Herman ("Das Eva-Prinzip") und ihre schärfste Kritikerin Thea Dorn ("Die neue F-Klasse") im deutschen Fernsehen über Feminismus. Beide Kontrahentinnen haben sich eine Unterstützerin mitgebracht - Eva Herman, die Journalistin und Mitautorin ihre Buches, Christine Eichel, Thea Dorn, die FDP-Politikerin Silvana Koch-Mehrin. Als Puffer ist ein Mann geladen - der Familiensoziologe Günter Burkart, der dafür da ist, ausgleichende Sätze einzustreuen.
ZDF-Nachtstudio, Sendezeit 0.35. Das Thema heißt: "Brauchen wir einen neuen Feminismus?" Was vor einem halben Jahr noch die Titelseiten der Feuilletons gefüllt hat, wird jetzt praktisch unter Ausschluss der Öffentlichkeit, mitten in der Nacht, im Fernsehen diskutiert. Viel Neues erwartete offenbar auch das ZDF nicht.
Selbstverwirklichung contra Biologie
Für den geneigten Zuschauer mag aber schon das Zusammentreffen der beiden verfeindeten Protagonistinnen in der Emanzipationsdebatte mit ihrer jeweiligen Entourage Grund genug gewesen sein, das Spektakel zu verfolgen. Schließlich hatte Thea Dorn am Tag vor der nächtlichen Ausstrahlung, in einem "taz"-Artikel mit der Überschrift "Das Eva-braun-Prinzip", den vermeintlichen Zusammenhang zwischen NS-Ideologie und Eva Hermans Ansichten zur Emanzipation in aller Ausführlichkeit diskutiert.
Und neben der personellen Dramatik - lohnende Diskussionspunkte gibt es ja. Wie zum Beispiel: Hat es unsere Gesellschaft, haben es Frauen und Männer wirklich versäumt, sich um die Zukunft von Familien zu kümmern? Oder: Wo sind die Männer, die den Frauen, die sich durch Beruf und Familie überlastet fühlen, konsequent zur Seite stehen? Was an den Versäumnissen ist speziell deutsch und deshalb "national" verschuldet? Was kann schnell geändert werden, damit Männer und Frauen wieder mehr Lust haben, Kinder zu kriegen?
Auch die selbstkritische Nachfrage, wie die Errungenschaften des Feminismus' optimiert werden könnten ohne dabei die ganze Bewegung in Misskredit zu ziehen, wie Eva Herman es gerne tut, wäre erfrischend gewesen.
Dass über Konkretes im "Nachtstudio" nur am Rande gesprochen wird, liegt schon in der Natur der Auseinandersetzung. Es geht hier um eine Gegenüberstellung zweier Positionen, um ideologische Abgrenzungen zwischen Hermans Emanzipationskritik und Thea Dorns Selbstverwirklichungsansatz (Dorn: "Ich interessiere mich fürs Individuum, Frau Herman für die Biologie").
Während Thea Dorn die dankbare Aufgabe hat, Eva Herman der Rückwärtsgewandtheit zu überführen und sich dabei mehr auf das Werk als auf die Person Herman einschießt, versucht Herman ihre Geschlechtsgenossinnen bei dem zu packen, was zu Recht das größte Gift in der Frauendebatte ist: Das schlechte Gewissen der Mütter, weil sie arbeiten. Oder das schlechte Gewissen der Frauen, weil sie keine Kinder haben.
So bemerkt Thea Dorn zu Recht: "Sie versuchen einen Keil zwischen Mütter und Nicht-Mütter zu treiben." Herman hatte ihr zuvor die Berechtigung abgesprochen, an einer Familiendebatte teilzunehmen, weil sie selbst keine Kinder hat. (O-Ton Herman zu Dorn: "Es sträuben sich mir die Nackenhaare, wenn jemand wie Sie versucht, eine familienpolitische Debatte mitzuführen", "Bei Ihnen ist es gut, wenn Sie keine Kinder haben")
Der Rest ist hier zu finden.
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Es ist kein Merkmal von Gesundheit, wohlangepasstes Mitglied einer zutiefst kranken Gesellschaft zu sein
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