Männer als Opfer - ein Paradox
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Im folgenden sind Auszüge wiedergegeben aus einem Gespräch mit Alfred, 43 Jahre, aufgewachsen in der ehemaligen DDR, lebt seit 1984 in der Bundesrepublik Deutschland und arbeitet als Altenpflegehelfer:
"Wenn ich in der Schule von Klassenkameraden verprügelt worden war und meine Klamotten dementsprechend verdreckt waren und ich weinend nach Hause kam, wischte mir meine Mutter zunächst eine und sagte dann ‘Warte nur, bis der Vater kommt.’ Mein Vater hat mich dann auch immer wirklich geschlagen! Er wollte aus mir einen Mann machen und das bedeutete, daß ich von anderen mich nicht verdreschen ließe; er wollte mich ‘hartmachen’. Für ihn war ich ein Versager. Je mehr ich weinte und schrie, daß ich sterben wolle, um so mehr schlug er auf mich ein. Er führte sich wie ein Stier vor dem roten Tuch auf. (...)
Wenn ich in einem Schulaufsatz eine 1 oder 2 erhielt, fand dies keine Beachtung zu Hause. Während meine Schwestern für gute Noten gelobt wurden. Ich erhielt von meinem Vater oft die Dresche, die eigentlich meinen Schwestern gegolten hatte, obwohl er diese auch schlug. Die Bestrafung durch meinen Vater wurde meist von meiner Mutter angekündigt, verbunden mit einer Backpfeife und der Androhung, daß er mich zusammenschlagen wird, wie einen ‘morschen Korb’.
Ich machte eine Lehre als Elektriker. In der Schulklasse waren wir 25 Jungen. Ich erinnere mich an eine sadistische Szene gegenüber einem Mitschüler. Einige Rädelsführer griffen sich einen schwächlichen Mitschüler auf der Toilette, zogen seine Hose herunter und legten ein Vorhängeschloß um seinen Hodensack, ließen es zuschnappen und schmissen vor dessen Augen den Schlüssel weg. Niemand deckte das Treiben auf. Das Opfer, das doppelt gedemütigt war, schon gar nicht. Ich hatte Angst, auch mal dran zu sein mit Demütigungen durch die Klassenkameraden. Glücklicherweise erwischte es mich nie.
In diesem Gewaltsystem versuchte ich, meine Macht an Schwächeren ebenfalls auszulassen. Während meiner Berufsausbildung zwischen 1966 und 1969 zwang mich meine Mutter immer wieder, meinen kleinen Bruder zu betreuen. Meinen aufgeladenen Haß ließ ich an ihm ab, indem ich ihn heimlich zwickte, schlug und anderweitig quälte. Mit 18 Jahren beendete ich diese Quälereien, da sie mich seelisch belasteten. (...)
Heute spüre ich noch den Haß gegen meine Eltern. Der Haß ist auch in mir und wendet sich immer wieder gegen mich. Die Wirkung auf mich ist eine Lähmung und Depression. Seit Jahrzehnten belastete mich das Gefühl, ein Versager zu sein. Ich habe große Probleme mit meinem Rücken und in der Vergangenheit immer wieder quälende Selbstmordgedanken. (...)
Die Machowelt, also das existierende Patriarchat, schaut so aus: gnadenlos, brutal, intolerant und zielorientiert. Männer, die sich nicht daran halten, werden als Versager, Nicht-Ernstzunehmende, Nullen, Homoschweine, Weichlinge und weibisch abgewertet. Es gibt keine wirklichen Unterschiede zwischen der ehemaligen DDR und der BRD, obwohl oberflächlich betrachtet der Westen ‘freier’ mit Sex umgeht." Lenz 1996a,7 f.)
Der Feind des Mannes ist ....... der Mann! - Leider!
DschinDschin
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Barbarus hic ergo sum, quia non intellegor ulli.
"Der Feind des Mannes ist ....... der Mann!" .... wohl wahr.... ^ ^ (nT)
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Buch: "Meine beste Feindin"
Gewalt und Mobbing unter Gleichgeschlichtlichen ist keine Frage des Geschlechts, sondern der Gesellschaft. Das was hier unter Männern thematisiert wird, gibt es auch unter Frauen (ohne, dass jemand auf die Idee kommen würde, der Feind der Frau sei die Frau...):
Ich habe das Buch gelesen, Auszüge aus Rezensionen:
Annette Mentrup ist sehr beeindruckt von diesem Psychogramm scheinbar netter, in Wirklichkeit aber hinterhältiger und grausamer Mädchen. Die Aggressionshemmung, die zu anderen, viel subtileren Boshaftigkeiten führt, rührt ihrer Meinung nach aus dem Umstand, dass perfekte Mädchen scheinbar perfekte Beziehungen unterhalten müssen. Doch in Wahrheit tobt ein Krieg "um Macht, um Status, um Beliebtheit".
und:
...Schon die Einleitung und die ersten Kapitel bringen Licht ins Dunkle und offenbaren ein funktionierendes Netz aus Repressialien und emotionalen Einschüchterungsmethoden.
Ich rate von Kauf und Lektüre ab, da die Autorin Feministin ist, und die Lektüre entsprechend äh... schwer.
Gewalt und Mobbing ist ein geschlechterübergreifendes Thema, gemischte Gruppen mobben Sündenböcke beider Geschlechter.
Eine Reduzierung auf "der Mann ist dem Mann DER Feind" ist eingeschränktes Denken.
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Wer gegen Monster kämpft, muss achtgeben, nicht selbst zum Monster zu werden - Nietzsche