Wenn das Mannsein zur Qual wird
Zum ersten Teil des Textes: Ich glaube nicht, daß Männer zu Narzißten erzogen werden. Als Jungen sind alle Männer Narzißsten; das muß so sein, weil durch die Identifikation mit der als gut empfundenen männlichen Seite (Stärke, Intelligenz, Erfolg, Überlegenheit etc.) eingeleitet wird. Dies ist eine Entwicklung, die größtenteils von selbst erfolgt.
Problematisch wird es aber, wenn die Mutter diese Ablösung (bewußt oder unbewußt) nicht zuläßt und auch kein Vater da ist, der sie vollziehen kann. Wenn ein Vater vorhanden ist, muß er selbst ausreichend von der Mutter gelöst sein; "Aufsteiger-Väter" haben nur Söhne, die ebenfalls Aufsteiger sind!
Daß die Gesellschaft den starken Mann fordert, ist im Grunde auf eine Verquickung von männlichem Narzißmus mit mütterlichem "Festhalten" zurückzuführen, das heißt: Daß Männer zunächst keine Wahl haben als "so zu sein", machen sich die Mütter zunutze und lassen die Männer quasi für sich arbeiten in einer Art psychischer Sklavenhaltung. Die gegenseitige Abhängigkeit ist die folgende: Die Mutter stillt den Narzißmus des Mannes und der Mann stillt die mütterlichen Bedürfnisse der Mutter. Daher kommt es auch, daß der Mann nie etwas anderes kennenlernt als das mütterliche Weibliche und unbewußt in jeder Frau nur seine Mutter sieht. Das nicht-mütterliche Weibliche bleibt ihm damit versperrt.
Weitergehen kann es nur mit dem Abstieg und der Erkenntnis, daß das Mannsein tatsächlich mehr als beschissen ist, wenn so eine Abhängigkeit möglich ist; und sie ist ja möglich. Damit sich der Mann an so einem Tiefpunkt aber nicht im schlimmsten Fall das Leben nimmt, muß die Tragik der männlichen Existenz gesellschaftlich anerkannt werden. Hier müßte die Mutter in jeder Frau allerdings ebenfalls zurückstecken.
Zum zweiten Teil des Textes: Er beginnt mit dem Satz: Daß eine gesunde Psyche, unabhängig vom Geschlecht, immer männliche und weibliche Aspekte vereinigt, steht sicher außer Frage. Natürlich steht das außer Frage, aber das ist nicht das Problem. Wenn mit der Feststellung, daß Männliches und Weibliches vorhanden sind, schon alles klar wäre, hätten wir gar kein Problem. Das Problem ist die konsistente Verbindung von beidem. Man kann sich das anhand einer chemischen Reaktion veranschaulichen: Zwei verschiedene Stoffe sollen reagieren, aber von allein tun sie das nicht. Man braucht dazu die passenden Umgebungsparameter (Temperatur, Druck usw.) und evtl. noch einen Katalysator. Vielleicht liegen die Stoffe auch nicht im richtigen Aggregatzustand vor, vielleicht müssen sie vorher noch separat verändert werden und so weiter. Männlich und Weiblich sind Pole, d.h. sie liegen genau gegenüber und sind voneinander getrennt. Eine Vereinigung ist möglich, wird aber nicht einfach werden.
Michael Hoffmann betrachtet die Psyche hingegen unter Aspekten wie Gefühle, Gewissen und Persönlichkeitsstörungen, also sehr abstrakt und akademisch. Mit Sicherheit ist seine Lehrmeinung aktuell, aber die aktuelle Psychologie hat erst mit Freud begonnen. Die Probleme von Mann und Frau, Mutter, Vater und Sohn gibt es jedoch seit Menschengedenken und ich glaube, daß man schon wesentlich früher eine Lösung gefunden hat; denn auf so einem "neurotischen" Niveau wie heute hätte die Menschheit nicht lange überleben können.
Gruß,
Freddy
gesamter Thread:
- Wenn das Mannsein zur Qual wird -
Christine,
01.11.2006, 13:58
- Wenn das Mannsein zur Qual wird -
Freddy,
01.11.2006, 19:27
- Wenn das Mannsein zur Qual wird -
DschinDschin,
01.11.2006, 22:01
- Wenn das Mannsein zur Qual wird -
Rainer,
02.11.2006, 00:24
- Wenn das Mannsein zur Qual wird - Nihilator, 02.11.2006, 00:31
- Wenn das Mannsein zur Qual wird -
Rainer,
02.11.2006, 00:24
- Wenn das Mannsein zur Qual wird -
DschinDschin,
01.11.2006, 22:01
- Wenn das Mannsein zur Qual wird -
Freddy,
01.11.2006, 19:27