Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

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feministische Sprachkritik

Peter, Tuesday, 30.04.2002, 03:57 (vor 8624 Tagen)

Karl fand einen ihn erheiternden Beitrag von Beatrix zur Sprachkritik. Ich will noch einige Gedanken dazu aufschreiben.

Beatrix schrieb:

Sprache prägt Bewußtsein und ist nicht neutral, wie viele glauben. In der Sprache spiegeln sich gesellschaftliche Machtverhältnisse und Rollenzuweisungen wider. Sprache ist geprägt von Wertvorstellungen, Klischees und Vorurteilen, die die Ungleichheit von Frauen und Männern und die Dominanz von Männern über die Frauen deutlich machen.

Es sind zwei Aussagen:
- Sprache prägt Bewusstsein.
- Sprache spiegelt die gesellschaftliche Machtverhältnisse.

Der zweiten Aussage stimme ich zu; es ist die erste, die ich anzweifele. Und mit ihr wird die feministische Sprachpolizei gerechtfertigt. Man glaubte, indem man die Putzfrau Raumpflegerin nennt und den Lehrling Auszubildenden, deren sprachliches Ansehen zu erhöhen und damit auch den gesellschaftlichen Status. Nach der zweite Aussage (Sprache spiegelt die Machtverhältnisse) zieht aber die unveränderte Arbeitssituation den neuen Namen dorthin, wo der alte stand. Erst die Achtung ihrer Tätigkeit als Putzfrau wird der Raumpflegerin Respekt verschaffen. Die Sprache folgt, wenn man sie lässt, auf lange Sicht der Wirklichkeit und nicht die Wirklichkeit der Sprache.

Eine demokratische Volksrepublik wurde nicht dadurch demokratischer, dass die roten Diktatoren sie so nannten, die Sonderbehandlung im dritten Reich nicht weniger grausam durch die sprachliche Verhüllung. Beide Systeme versuchten durch die Sprachänderung von oben ihre wirkliche Herrschaft zu stabilisieren, und das gelang - für eine Zeit, denn "man kann zwar alle für eine Weile täuschen und einige für immer, aber nicht alle für immer". Die feministischen Sprachkritiker sollten die Völker fragen, die unterm roten Banner lebten: War es nicht schwierig, die öffentliche Sprache zu durchschauen? Die wahrscheinliche Antwort wird sein: Ach was, die haben doch immer gelogen, das wussten wir doch. Soweit kam es mit deren Herrschaft über die Sprache, so wird es dem Feminismus gehen: Man kann zwar alle Männer für einige Zeit bescheißen und einige für immer, aber nicht alle für immer.

Beatrix schreibt:

Gleichberechtigte Sprache fördert, daß:

1. Frauen das öffentliche Leben mitgestalten und mitbestimmen
2. Leistungen von Frauen gesehen und anerkannt werden
3. Frauen als eigenständige Menschen und als aktiv Handelnde gesehen werden

Alle drei Punkte sind gut, aber brauchen wir dafür eine Sprachpolizei? Die darauf besteht, öffentliche Texten mit Schrägstrichen unleserlich zu machen, wie schon öfters im Forum gezeigt? Wozu soll das gut sein?

Durch eine Sprache, die beiden Geschlechtern gerecht wird, werden Bewußtseinsprozesse angestossen, Blickwinkel erweitert und schließlich gesellschaftliche Strukturen verändert.

Es wurde schon versucht, die Benachteiligung von Männern bei öffentlichen Stellenausschreibungen zu verbrämen mit dem Begriff 'positive Diskriminierung', die wir jetzt wohl alle ganz positiv finden sollen. Eine Sprache, die nach grünem Verständnis beiden Geschlechtern gerecht wird, erschwert den Austausch von Gedanken und Informationen zwischen den normalen Menschen und den herrschenden Grünen, die sich zur Nomenklatura entwickeln und dann, soweit sind wir zumindest Demokratie, abgewählt werden.

Peter


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