Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

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Da glimmt noch Restglut

Ferdi, Tuesday, 16.04.2002, 11:47 (vor 8637 Tagen)

Hallo guten Morgen,

ich habe ausgerechnet im Exen-Treffpunkt ein Posting gelesen, das mich ehrlich gesagt nicht nur beeindruckt hat sondern auch etwas im Inneren gerührt hat. In all dem Kriegsqualm der Geschlechterkämpfe gibt es noch etwas, was bei den meisten Menschen verschwunden zu sein scheint, aber doch immer noch glimmt: Liebe, Zuneigung. Da ich in jenem Forum nicht schreiben kann, möchte ich es hier einbringen. Aber lest zunächst Melanie´s Beitrag.

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Liebe Exen und -eriche,

was ich euch alle schon immer mal fragen wollte, mich aber nie so recht traute, gehört zum Thema der quasi nachehelichen Zuneigung oder wie auch immer man das nennen mag.

Ich traue es mich ja kaum jemandem zu sagen, aber hier, wo wir doch anonym und unter uns sind: manchmal liebe ich meinen Ex noch immer, manchmal träume ich von ihm und manchmal denke ich sehnsüchtig an unsere gemeinsamen Zeiten, an die guten und an die schlechten und trauere darüber, daß wir alles so vermasselt haben. Manchmal stelle ich mir vor, wir würden neu anfangen und machmal frage ich mich, wozu die Trennung eigentlich gut war.

Und das alles immer noch nach 5 Jahren Trennung, nach 3 Gerichtsverhandlungen über Kindesunterhalt und Umgang, nach allen Tiefs und noch Tiefers, die man im Trennungsgeschehen erleben kann, nach Streit und Verletzung, nach Drohungen, Demütigungen und Gemeinheiten aller Art auf beiden Seiten, nach monatelagem eisigen Schweigen. Nach allem, was er dem Kind mit seinem Mega-Egoismus-Freizeit-Vater-Verhalten antut. Nach den vergessenen Geburtstagsgeschenken zum 1. 2. 3. 4. und sicher auch 5. Geburtstag des Kindes.

Und trotzdem denke ich manchmal: ach wären wir doch, könnten wir doch, hätten wir doch und überhaupt eine richtige kleine Familie sein und vielleicht noch Geschwister für unsere Kleine und gemeinsam die Schwierigkeiten des Alltags meistern und gemeinsam Kohle verdienen und das Kind gemeinsam einschulen und sich freuen, wenn ihr etwas besonders gut gelingt und gefällt oder auch nicht und mal wieder so richtig streiten, wie früher und all das.

Bin ich krank ?

Masochistisch ?

Ein Wattebausch ? Unfähig loszulassen und nach vorne zu blicken ?

Oder ist das normal ? Zumindest ein bißchen ?

Gibt es hier noch jemanden außer mir, der manchmal so denkt und fühlt ?

Tief in mir drin, das muß ich ehrlich gestehen, und trotz aller tiefen Verletzungen, bin ich ihm nicht wirklich böse und hab ihn wirklich noch lieb.

Ist es die Erkenntnis, dass eine neue Partnerschaft nicht wirklich besser geworden ist und auch an Reiz verliert und auch ihre Probleme hat und sowieso nicht einfacher ist als die Originalbestzungs im Papa und Kind- Epos ? Ist es die Erkenntnis, dass das Kind jedes Mal sehr traurig ist, trotz allem, wenn er geht, weil am liebsten wäre es ihr schon: Mama und Papa gemeinsam zu haben ? Die Erkenntnis, dass das vielleicht gar nicht so verkehrt ist und die Kinder nicht zu viel verlangen ? Dass es schlechtere Gründe gibt, als Eltern zusammen zu sein und zu bleiben, als den, den Kindern zuliebe zusammen zu bleiben ?

Bin ich vielleicht einfach nur ein wenig erschöpft und das Leben erscheint mir alleine mit Kind gerade zu hart und ein Helfershelfer in Gestalt des Vaters wäre schön und praktisch ? Oder sind es die F r ü h l i n g s g e f ü h l e und alles nur hormonell bedingt, alle Jahre wieder ?Oder WAS ZUM TEUFEL IST DAS ?

Grüblerische, gedankenverlorene, träumerische, unsichere und freundliche Grüße,

Melanie

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Ich gebe ehrlich zu, dass mich dieses Posting sehr tief berührt hat. Ich könnte mir denken, dass solche Gedanken und Gefühle bei sehr vielen Menschen vorhanden sind, die sich im Geschlechterkampf ineinander verkrallt haben, und ich zähle die Scheidungsflut und die damit verbundenen extremen Auseinandersetzungen dazu.

Mir wurde immer wieder gesagt, ich solle nicht gegen etwas kämpfen, sondern für etwas. Sollte man also dafür einstehen, dass die in Melanie´s Posting geäusserten Gefühle wieder die Oberhand gewinnen? Ich meine ja!

Also sollten die Gegner im Geschlechterkampf nicht in den Mitmenschen, in den Frauen allgemein gesehen werden, sondern in den staatlichen Institutionen und ihren Repräsentantinnen, die - aus welchen Gründen auch immer - aus ihren übermächtigen Positionen heraus den Krieg und die Zwietracht unter die Menschen streuen und diese sinnlosen, zersetzenden, wahnsinnigen Schlachten auslösen und schüren.

Die Beseitigung dieser Einflüsse sehe ich als Voraussetzung dafür, dass sich wieder harmonische Beziehungen zwischen den Geschlechtern aufbauen, dass neues Vertrauen entstehen kann. Verlorengegangenes Vertrauen ist nicht für immer verlorengegangen, es kann wiedergewonnen werden. Die Beseitigung dieser Einflüsse ist IMHO am besten zu bewerkstelligen, wenn sich Männer und Frauen dabei verbünden, was auch viele Frauen hier schon gesagt haben.

Melanie´s Posting zeigt mir, dass selbst im härtesten Konflikt noch ein Funken Liebe und Zuneigung in (fast) jedem Menschen glimmt, dieser Funke muss nur frische Luft bekommen, um wieder zu dem Feuer zu werden, was er einmal war.

Mit zugegebenermassen feuchten Augen wünsche ich Euch einen schönen Tag.

Ferdi


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