Danke
Na wenigstens habt ihr mir noch eine gewisse Berechtigung gelassen, am Leben zu sein. Die Freien Frauen würden mich mit Wonne umlegen. Ich verteidige mich nicht und verteile auch keine Schuld, hab nur die Situation geschildert und dabei offenbar einiges, für mich selbstverständliches, vergessen.
Natürlich habe ich Unterhalt gezahlt, solange ich konnte. Sie hatte auch während das letzten Jahres ihr eigenes Geld, die staatliche Unterstützung ist ja nicht schlecht. Ich habe jede Woche einige Kofferräume voller Katalogbestellungen wieder zurückschicken müssen und sämtliche größeren Einkaufe allein getätigt. Sicherlich ist ein Jahr Krach und Zank wenig. Zehn Sekunden auf einer glühenden Herdplatte hört sich auch recht gering an. Hier schrieb wohl jemand, der absolut keine Ahnung hat.
Der Weihnachtsbesuch war der letzte einer langen Reihe von Versuchen, Kontakt zu halten, die sämtlich vom neuen Vater mit Gewalt verhindert wurden. Gewalt, die sich gegen Mutter und Kind richteten. Ich wurde später regelrecht angefleht, Anrufe und Besuche zu unterlassen, damit ER sich nicht aufregt. Ich hatte damals keine Erfahrung mit Gewalt, mir war es unverständlich, wie man einen selbständigen Menschen dazu bringen kann, in seiner eigenen Wohnung nicht lauter als im Flüsterton zu reden, aber soweit war sie dann schon. Bei einem späteren Besuch geriet ich selbst in die Schußlinie und nachdem mir versichert wurde, er wäre gar nicht so schlecht und hätte auch seine guten Seiten, ließ ich schließlich den Dingen ihren Lauf. Wer immer mir hier vorhält, ich hätte meine eigenen Interessen verfolgt und über die des Kindes gestellt, hat nicht ganz unrecht. Oder doch nicht? Ein Einjähriges erkennt keinen Vater, der Mann im Hause ist der Vater, und wenn zwei da sind, gibt es nur Durcheinander und Verwirrung, vor allem, wenn einer Gewalt anwendet. Und wenn ich von Gewalt rede, dann meine ich zerschlagene Möbel, Verbrühungen, Fußtritte und einen Kerl von 1,96m und 120 Kilogramm. Die beiden sind sieben Jahre zusammengeblieben, trotz zahlreicher Hilfsangebote von allen, auch staatlichen Seiten, vor allem in der letzten Zeit. Ein Vorwurf, der mich trifft, ist meine Ahnungslosigkeit. Ich glaubte allen Beteuerungen, vertraute darauf, daß eine Mutter ihr Kind niemals in einer solch schlimmen Umgebung lassen würde. Nach dieser Zeit ist mir wohl das Gefühl für Liebe und vor allem das Vertrauen in jegliche Gemeinsamkeit mit allem, was sich weiblich nennt, abhanden gekommen. Ich spreche Frauen einfach ab, die besseren Elternteile zu sein. Das Kind ist die Leidtragende, richtig, und vielleicht kann ich einiges wieder gutmachen. Aber ich werde den Teufel tun und mich entschuldigen, daß ich nicht den Erdmittelpunkt verschoben und die Sterne ausgelöscht habe, sondern es vorzog, zu resignieren, alleingelassen. Auch Samson geht mal zum Friseur.
Ich habe übrigens noch niemals zu irgendjemandem in diesem Umfang davon gesprochen. Für alles, was mir an Fairness begegnete, danke ich. Das Hassgeschrei ist mir egal.
J.