Weg mit Wehrpflicht!
Daß die Wehrpflicht auf dem Prüfstand ist und ihr vielleicht bald das Ende bevorsteht, lesen wir nicht erst seit gestern in der Zeitung.
Z.B. hier:
Trittin fordert Abschaffung der Wehrpflicht
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München (AP) Bundesumweltminister Jürgen Trittin hat die Wehrpflicht als
unzeitgemäß bezeichnet und ihre Abschaffung gefordert. "Die Wehrpflicht
entspricht nicht mehr den Anforderungen, die heute an das Militär gestellt
werden", sagte der Grünen-Politiker dem Nachrichtenmagazin "Focus"
laut einer am Samstag vorab verbreiteten Mitteilung. Außerdem sei eine
Berufsarmee billiger, wird Trittin zitiert.
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Neues über die Wehrpflicht fand ich in der gestrigen Ausgabe meiner Tageszeitung (Westf. Rundschau). Da stand, daß nach dem anstehenden Urteil des Bundesverfassungsgerichts die Wehrpflicht evtl. verfassungswidrig ist und abgeschafft werden müßte. Finanzminister Eichel lasse schon berechnen, ob die Einrichtung eienr Berufsarmee billiger komme als die geplante Reduktion der Truppe von 338 000 auf 277 000 Soldaten.
Am interessantesten fand ich aber die folgende Information:
Die Wehrpflicht ist nicht nur grundsätzlich diskriminierend für Männer, sondern sie diskriminiert zusätzlich die Zivildienstleistenden. Denn während (jährlich?) 150 000 Zivis ihren Dienst ableisten, die meines Wissens für diese Arbeit nicht so einfach ausgemustert werden können, brauchen von den verbleibenden 250 000 jungen Männern nur 75 000 in die Kasernen einrücken. Der ganze Rest von 175 000 Männern wird einfach ausgemustert und kommt um die Einberufung herum. Wenn das nicht ungerecht ist!
Auf die zukünftigen Soldaten kann man offenbar leichter verzichten als auf die Zivis, die an allen möglichen Orten oft die Drecksarbeit machen und das für wenig Geld.
Die Ausbeutung von Zivis finde ich nicht okay, aber den Zivildienst an sich umso mehr. Schon so mancher junge Mann hat dabei für sein späteres Leben prägende Erfahrungen gemacht und so mancher Berufswunsch hat sich dadurch verändert.
Die jungen Männer, die ich kenne, sind mehrheitlich sehr pazifistisch eingestellt und lehnen jegliche Gewalt ab. Trotz der Diskriminierung ist Zivildienst bei vielen inzwischen beliebter als die Bundeswehr. Natürlich spielt dabei auch eine Rolle, daß wir über 50 Jahre Frieden und Wohlstand hinter uns haben und daß die jungen Männer Krieg und Gewalt nur aus dem Geschichtsbuch und aus den Nachrichten kennen. Mit anderen Worten: ganz weit weg.
In dem Zusammenhang ist sicher auch interessant, daß jetzt, wo erstmals deutsche Soldaten öffentlich im Ausland ihr Leben riskieren, die Stimmen gegen die Bundeswehr lauter werden als sonst. Ist nix mehr mit Heldenmut und selbstlosem Einsatz des eigenen Lebens. Den jungen Männern von heute ist ihr Leben viel zu lieb, die wollen sich nicht abknallen lassen.
Und ich wünsche mir, daß diese allgemeine Stimmung so anhält. Denn leider ist Kriegstreiberei ansteckend und bevor es wirklich los geht und einem die Kugeln um die Ohren fliegen, wird Krieg von vielen als Nervenkitzel und Spiel empfunden. Das hat kürzlich ein Wissenschaftler noch verkündet, in einem Buch, das kurz vor dem 11. September erschien. (Quelle find ich grad nicht wieder.)
Ich hoffe daher, daß die Männer, je länger ein Frieden andauert, umso weniger Lust verspüren, in irgendeinen Krieg zu ziehen. Und ich finde es wichtig, daß nach wie vor regelmäßig über anderswo stattfindende Kriege berichtet wird. Daß läßt einem hoffentlich von dem Gedanken abkommen, Krieg sei ein wirkungsvolles Mittel, um seinen Lebensstandard, seine Freiheit und seine Ideale zu verteidigen. Man braucht sich ja nur den täglichen Wahnsinn im Nahen Osten anschauen.
Zurück zum Zivildienst. Ein vergleichbarer Dienst würde auch jungen Frauen nicht schaden, ganz im Gegenteil. Zwar gibt es das sog. freiwillige soziale Jahr, aber es wird nur von einer Minderheit genutzt. Frauen dürfen also ruhig ihren Egoismus pflegen und tun das ja inzwischen leider auch. Da es immer mehr Einzelkinder und Singlehaushalte gibt und außerdem viele Menschen zwecks Mobilität aus ihrem Heimatort fortziehen, landen immer mehr alte Menschen in Pflegeheimen, lernen immer weniger Frauen häusliche Pflege und brauchen sich nicht mehr so sehr wie früher um andere kümmern. Mal von den allein erziehenden Müttern abgesehen, die wegen Mangel an Betreuungsmöglichkeiten nicht erwerbstätig sind und ihre Kinder rund um die Uhr selber versorgen.
Ich plädiere daher für ein soziales Pflichtjahr für junge Männer und Frauen. einfach weil es eine gute Sache ist, wenn Menschen lernen, sich in andere hineinzuversetzen und sich um andere zu kümmern, die schwächer sind als sie selber. Allerdings sollte man diesen Dienst besser bezahlen als bisher den Zivildienst.
Manche junge Frauen gehen nach dem Abitur für ein Jahr ins Ausland, um dort Erfahrungen zu sammeln und eine Fremdsprache zu üben. Wenn junge Männer das auch wollen, verlieren sie isgs. 2 Jahre, in denen ihre ehemaligen Klassenkameradinnen schon studieren oder eine Ausbildung machen können. Und das, wo wir in D sowieso mit allem so spät dran sind. Anderswo sind junge Mneschen oft schon mit 22 oder 23 Jahren mit einem Studium fertig und können Geld verdienen.
Ein guter Kompromiß ist für junge Männer der Zivildienst im Ausland. Es gibt etliche Organisationen des "Anderen Dienstes im Ausland", die als Alternative zum Zivildienst in D anerkannt sind.
Auch so ein Auslandsjahr ist sicher eine sehr nützliche Erfahrung für junge Menschen, weil sie dort mal von unserem Wohlstandsleben etwas Abstand gewinnen und ihre persönliche Werteskala überprüfen können.
Ich bin ja mal gespannt, wie es mit der Wehrpflicht weitergeht. Mich würde es nicht wundern, wenn weniger die guten Argumente, die es inhaltlich dagegen gibt, für ihre Abschaffung den Ausschlag geben, als vielmehr die Kostenersparnis, die dies mit sich bringen würde. 
ciao
Beatrix