Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

Archiv 1 - 20.06.2001 - 20.05.2006

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Eine Landesregierung schreibt...

point / Thomas , Friday, 18.01.2002, 06:53 (vor 8726 Tagen)

Das Programm zur Durchsetzung der Gleichberechtigung der Landesregierung Sachsen Anhalt habe ich zufällig gefunden (link siehe unten). Recht interessant, auch wenn ich einräume, daß ich es in seiner "Schärfe" nicht einzuordnen weiss. Mir ist die Thematik schlicht zu neu. Falls "sowas" also ein alter Hut sein sollte, bitte ich das zu entschuldigen... ich fand es "interessant" genug.

Auszüge:
...
Das Programm erweitert die bisherige reine Frauenförderpolitik zu einer umfassenderen Politik der Chancengleichheit, die Männer ausdrücklich einbezieht.

Das Programm ist daher von einem neuen strukturellen Ansatz geleitet. Dieser geht davon
aus, dass die überwiegende Zahl politischer Entscheidungen, Maßnahmen und Gesetze in
ihrer Wirkung nicht (geschlechts-)neutral ist, sondern Frauen und Männer unterschiedlich
betrifft. Diese Unterschiede sollen künftig bei allen Entscheidungen in allen Fachpolitiken
aller Fachressorts selbstverständlich und von vornherein berücksichtigt werden.

[Anmerkung in Klammern: Klingt ja noch gut. Besonders, da Männer ausdrücklich in die Chancengleichheit einbezogen werden sollen, nicht?]
...
Die überwiegende Zahl der politischen Entscheidungen, Maßnahmen und Programme ist in
ihrer Wirkung und ihrem Adressatenkreis nicht (geschlechts)-neutral, sondern betrifft Frauen
anders oder stärker als Männer. Auf Grund dessen muss in sämtlichen Fachpolitiken künftig
die Geschlechterperspektive von Beginn an mit verankert werden. Mit der Erweiterung des
fachlichen Blickwinkels um diese Facette wird gewissermaßen auch ein inhaltlicher
Perspektivenwechsel in der Frauenpolitik vorgenommen.

[Hoppla, es geht also doch um reine Frauenpolitik?]
...
Das Ziel der Chancengleichheit und der gleichen Teilhabe von Frauen in allen
gesellschaftlichen Bereichen ist auch nach 150 Jahren Frauenbewegung und trotz
verfassungsrechtlichem Gebot zur aktiven staatlichen Förderung der Gleichberechtigung
noch nicht erreicht.
Dabei können Frauen sich inzwischen auf umfangreiche gesetzliche Grundlagen berufen,
die ihnen formalrechtlich Gleichstellung garantieren.

[Wunderbar, hier haben wir es schriftlich und von einer Landesregierung: Es gibt keine objektive, gesetzliche Benachteiligung mehr von Frauen bei uns.]
...
Nach einer Statistik der Vereinten Nationen wird bei gleichbleibendem Tempo des Prozesses
eine wirkliche Gleichberechtigung der Geschlechter erst im Jahr 2490 erreicht sein.
Diese wenig reizvolle Perspektive sowie die Erkenntnis, dass die tatsächliche Durchsetzung der
Chancengleichheit mit Mitteln des Rechts alleine nicht zu erreichen ist und letztlich die
Erfahrungen mit mehr als 15 Jahren institutionalisierter Frauenpolitik geben Anlass,
frauenpolitische Strategien weiterzuentwickeln.

[Bitte mal ganz genau lesen... "...dass die tatsächliche Durchsetzung der Chancengleicheit mit Mitteln des Rechts alleine nicht zu erreichen ist..." ... Nicht mit Mitteln des Rechts? Mit welchen Mitteln denn? Und das schreibt eine Landesregierung? Soll man hier vielleicht zu der Ansicht gelangen, daß bald ein übergesetzlicher Notstand gegeben sein könnte? Ich finde diese Formulierung schier unglaublich.]
...
Schließlich wurde in der bis dato verfolgten Frauenpolitik einem Aspekt nicht genügend
Beachtung geschenkt: Wer über die Gleichberechtigung von Frauen redet, muss auch über
den Beitrag der Männer reden. Die Änderung ihres Selbstverständnisses und ihres
Verhaltens ist unabdingbar.

[Und schon sind wir wieder beim alten Schuh: Die Frau bekommt Sondervergünstigungen, der Mann soll sich verändern - zugunsten der Frau, versteht sich. Mit anderen Worten: Staatliche Umerziehung - anders kann man das nicht mehr nennen.]

...
Die geschlechterpolitische Perspektive muss demzufolge in allen Ressorts und allen
Politikbereichen verankert werden, wenn diskriminierende Strukturen abgebaut werden
sollen. Gender-Mainstreaming stellt also den strukturell wirksamen Hebel der Frauenpolitik
dar.

[Wo vorher noch von gender-mainstreaming (was für ein grauenhaftes Wort) als geschlechtsneutraler Gleichstellungsmassnahme die Rede war, wird im Schlusssatz klar, wozu es in Wirklichkeit benutzt werden soll. Es wird noch deutlicher im nächsten Absatz]

...
Chancengleichheit soll künftig nicht mehr nur im Wege einer ‘Sonder’-förderung
vorangetrieben, sondern vielmehr sollen sämtliche Fachpolitiken verpflichtet werden, dieses
Ziel in all ihren Handlungsfeldern selbständig und eigenverantwortlich zu verfolgen. Das
bedeutet, dass bereits in der konzeptionellen Phase von Programmen oder Gesetzen die
sog. ‘Gender-perspektive’ /Frauenperspektive mit berücksichtigt werden muss, indem die
etwaigen Auswirkungen auf die Situation der Frauen bzw. der Männer beurteilt werden. Falls
diese geschlechtsspezifische Bewertung ergeben sollte, dass der Grundsatz der
Chancengleichheit verletzt würde, gilt es, in einem weiteren Schritt durch entsprechende
Veränderungen genau diesem Prinzip hinreichend Rechnung zu tragen. Bei Bedarf können
die Ressorts zum Ausgleich besonders defizitärer Situationen spezielle
Frauenförderprogramme entwickeln.

[Man springt fröhlich hin und her: Chancengleichheit (neutral), Gender-perspektive / Frauenperspektive (nanu? Wieso die Doppelnennung? Ich denke, "Gender" ist für beide?) , und letztlich doch wieder nur Frauenförderprogramme... die Absicht ist klar.]

...
Parallel dazu muss der Weg weiterverfolgt werden, Frauen fit zu machen für Führungs- und
Entscheidungspositionen in Politik und Wirtschaft. Das Stichwort für diesen Ansatz heißt
‘Empowerment’. Es bedeutet, Frauen das persönliche und strategische Rüstzeug zu
vermitteln, damit sie auf den Chefsesseln Platz nehmen können. Wenn es gelingt, den
Frauenanteil in diesen Spitzenfunktionen deutlich zu erhöhen, steigen die Chancen, einer
Politik der Frauenperspektive und der Chancengleichheit zum Durchbruch zu verhelfen.

[So, nun kommen wir langsam zum eigentlichen Kern: "...damit sie auf den Chefsesseln platznehmen können..." eine aufschlussreiche Formulierung: So stellt sich die neidische Klein-Erna halt die schöne, bequeme Führungsposition vor... interessant auch die Formulierung im Schlusssatz: man will" ...einer Politik der Frauenperspektive und der Chancengleichheit zum Durchbruch verhelfen."
Wieso "und"? Sollte man nicht annehmen, daß Chancengleichheit, so wie sie auch grundgesetzlich gefordert ist, ausreichen müsste? Nein,
Frau ist mit reiner Chancengleichheit noch nicht zufrieden. Man will mehr. Man will die Frauen-Extraportion "Macht, Geld und Status", wie es an anderer Stelle heisst.]

Damit Männer einen größeren Teil familiärer Arbeitsbereiche übernehmen, bedarf es einer
gezielten Männerbildung, in deren Rahmen das Selbstbild und das Rollenverhalten von
Männern durch die Teilnehmer kritisch reflektiert und hinterfragt werden kann. Mit einer
spezifischen Jungenbildung muss bereits im Kindergarten und in der Schule begonnen
werden.

[Geht es nur mir so, daß das nach staatlichem Umerziehungslager und Kinderindoktrination stinkt? Und zwar gewaltig?]

...
Handlungsperspektiven
Das Motto lautet: ”Erwerbsarbeit ist Frauenrecht. Familienarbeit ein Männerrecht.”

[Wir "dürfen" in Zukunft Familienarbeiten. Das ist krasser "Neusprech" und übelste Sprachmanipulation. Hier wird, natürlich, nicht der individuellen Freiheit des/der Einzelnen das Wort geredet, sondern ganz klar in totalitärem Stil ein festes Rollenbild propagiert, nur eben diesmal umgekehrt: Frau geht zur Arbeit, Mann bleibt zu Hause.]

Dr. Gerlinde Kuppe
Ministerin für Arbeit, Frauen,
Gesundheit und Soziales

Ende der Auszüge.

Ich breche hier ab, weil es sonst zu umfangreich wird. Link zum kompletten pdf-document ist unten. Ich finde die Tatsache, daß so etwas ganz offen von einer Landesregierung veröffentlicht wird, ein deutliches Alarmzeichen. Wer hier immer noch glaubt, es würde schon alles nicht so schlimm und es handle sich nur um ein paar extremistische Emanzen, denen sowieso keiner Gehör schenkt, der sollte jetzt vielleicht nachdenken.

Natürlich nur, wenn er vorher seine Hausarbeit erledigt hat. ;-)

bye
Thomas

http://www.ms.sachsen-anhalt.de/frauen/files/chancengleichheit.pdf

Phantastisch gute Analyse !

Kalle, Friday, 18.01.2002, 11:13 (vor 8725 Tagen) @ point / Thomas

Als Antwort auf: Eine Landesregierung schreibt... von point / Thomas am 18. Januar 2002 04:53:13:

Die Kritik ist hervorragend, auf höchstem Niveau !
Deshalb, weil Du das wirlich vorbildlich gemacht hast, und ich mich dadurch ein wenig entlastet fühle, laß ich jetzt mal die Sau raus:

Dieses verlogene, heuchlerische Geschwätz, die erzieherische Attitüde, die totalitäre Grundhaltung, die Tendenz zur Erziehungsdiktatur, nach der Devise: "Der Staat sagt dem einzelnen, wie er zu denken und zu fühlen hat !" Unglaublich ! Ich glaub, ich kotze ! Wenn das so weitergeht, wird das Gewaltthema wirklich noch aktuell ! Wo ist das ? In Sachsen-Anhalt ?
Ich glaub, ich wähl noch Stoiber ! So weit bringen sie mich noch, daß ich Stoiber wähle !

Re: Eine Landesregierung schreibt...

plupp, Friday, 18.01.2002, 12:46 (vor 8725 Tagen) @ point / Thomas

Als Antwort auf: Eine Landesregierung schreibt... von point / Thomas am 18. Januar 2002 04:53:13:

Das Programm zur Durchsetzung der Gleichberechtigung der Landesregierung Sachsen Anhalt habe ich zufällig gefunden (link siehe unten). Recht interessant, auch wenn ich einräume, daß ich es in seiner "Schärfe" nicht einzuordnen weiss. Mir ist die Thematik schlicht zu neu. Falls "sowas" also ein alter Hut sein sollte, bitte ich das zu entschuldigen... ich fand es "interessant" genug.
Auszüge:
...
Das Programm erweitert die bisherige reine Frauenförderpolitik zu einer umfassenderen Politik der Chancengleichheit, die Männer ausdrücklich einbezieht.
Das Programm ist daher von einem neuen strukturellen Ansatz geleitet. Dieser geht davon
aus, dass die überwiegende Zahl politischer Entscheidungen, Maßnahmen und Gesetze in
ihrer Wirkung nicht (geschlechts-)neutral ist, sondern Frauen und Männer unterschiedlich
betrifft. Diese Unterschiede sollen künftig bei allen Entscheidungen in allen Fachpolitiken
aller Fachressorts selbstverständlich und von vornherein berücksichtigt werden.
[Anmerkung in Klammern: Klingt ja noch gut. Besonders, da Männer ausdrücklich in die Chancengleichheit einbezogen werden sollen, nicht?]
...

lass dich da mal nicht täuschen. dieser satz beinhaltete bisher, dass männer ihre täterrolle angelernt bekommen. "mit einbeziehen" heisst: mann muss seine schuld erkennen. siehe die "ver(zer)mittlungsbüros" gegen männergewalt oder die gewaltpräventionsmassnahmen und alles sonstige. wenn da jemand von "miteinbeziehung der männer sprach", verhiess das niemals was gutes für die männer, sondern nur weitere, bzw life, direkt und "legitimiert" ausgeübte gewalt gegen männer. prävention durch erniedrigen, beleidigen, entwürdigen, reizen, beschimpfen, schlagen, treten, bespucken und vielen bodyguards dabei, die den mann im zaume halten und ihm zeigen, was passiert, wenn er, böse wie männer nun mal sind, dann zu schäumen beginnt.

die gewaltpräventiven massnahmen und schulungen, denen kleine jungens in der schule unterzogen werden, würden, wenn mann sie an mädchen ausführen würde zu lynchjustiz führen. so herum, da es ja nur die in die ideologische problematik der mädchen miteinbezogen jungens sind, wird es gepriesen und gefordert und gefördert.

das wird eine generation der opfer, die da herangezüchtet wird und dann später mit ihren daraus entstehenden schädigungen als bestätigung dienen sollen. freut euch drauf.

wie es bei deinem beispiel gemeint ist, sieht man ja im weiteren text.

gute arbeit.

plupp

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