Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

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An Arne Hoffmann

Jochen, Saturday, 08.12.2001, 03:09 (vor 8767 Tagen)

Hallo,

ich habe Ihr Buch gekauft und ich fand es sehr interessant.
Allerdings habe ich was zu kritisieren.
Ich hätte es zweckmäßiger gefunden, weniger Themen herauszugreifen, wirklich zentrale Themen, und dann wirklich äußert fundiert und schlüssig argumentiert. Denn so kommt mir manches doch etwas einseitig und halbseiden vor, trotz bzw. wegen der vielen Belege. (aus Zeitschriften, u.ä., oftmals polemische Meinungen extremer Feministinnen)
Manchmal hatte ich den Eindruck, daß auf beiden Fronten mit denselben Mitteln gekämpft wird... (Die Extreme müssen als Argumentationshilfe herhalten)
Das wiederum fände ich schade, weil schon die immer zurechtgedrehte feministische "Argumentationsweise" seit langem nervt und nie objektiv war und ist. Sie haben dem entgegengesetzt gute Ansätze gemacht, sehr gute, aber die Masse der Themen verwässert -meiner Meinung nach- etwas die Zielgerichtetheit und auch die Argumentation. (s.o.)
Ich fand, daß zuviel drin steckt, weniger wäre mehr gewesen.

Grüße,

Jochen

Re: An Arne Hoffmann

Arne Hoffmann, Saturday, 08.12.2001, 16:38 (vor 8766 Tagen) @ Jochen

Als Antwort auf: An Arne Hoffmann von Jochen am 08. Dezember 2001 01:09:10:

Hi Jochen,

zuerst mal ganz herzlichen Dank für die freundliche Rückmeldung! Wir können uns hier übrigens ruhig duzen.

Das Problem, das du mit meinem Buch hast, sehe ich auch und wurde mir auch durch andere Leser andeutungsweise zurückgemeldet. Ich reiße doch recht viele Themen an, könnte aber oft weit mehr in die Tiefe gehen und bestimmte Problematiken differenzierter diskutieren. Stattdessen habe ich versucht, viele verschiedene Felder abzudecken, möglichereise zuviele.

Mein Vorgehen ergab sich zu einem großen Teil aus der Situation heraus. Feminismuskritische Bücher dürfen/können hierzulande kaum veröffentlicht werden, und es gibt etliche Themen, die in der Geschlechterdiskussion tabu zu sein scheinen. Wie du ja gelesen hast, musste ich schon für dieses Buch über 80 Verlage abklappern. Ich hatte keine große Lust, dieses zeitlich, nervlich und finanziell sehr belastende Unterfangen mit beispielsweise sechs Büchern nacheinander anzugehen, also einem zur häuslichen Gewalt, einem zu sexuellem Missbrauch etc. Ein Bekannter von mir hat zum Beispiel ein Buch geschrieben, das sich allein mit sexuellem Missbrauch durch Frauen beschäftigt, findet dafür auch keinen Verleger und muss es jetzt in einem Druckostenzuschussverlag herausbringen. Ich hatte den Eindruck, dass ich so schnell wieder keine zweite Chance bekommen würde - außerdem hätte ich nicht gewusst, welche Opfergruppe ich erst mal hätte unter den Tisch fallen lassen sollen (männliche Opfer häuslicher Gewalt oder sexueller Übergriffe oder Kindsmissbrauchs oder entsorgte Väter ..?) Insofern war es mir wichtig, all diese unterschiedlichen Themen erst einmal aufs Tapet zu bringen und eine Disksussion überhaupt erst anzustoßen, die dann natürlich vertiefter und differenzierter geführt werden sollte. Vergiss auch bitte nicht, dass ich massenweise Literatur- und Internethinweise mitgeliefert habe, so dass jeder, der sich die Mühe machen möchte, eingehender mit bestimmten Gebieten seines Interesses beschäftigen kann. Beispielsweise entspricht allein der Umfang der von mir angegebenen Website zur häuslichen Gewalt mit männlichen Opfern (www.dvmen.org) mittlerweile über 600 Druckseiten, da hast du lange dran zu lesen.

Einen Vorteil bei meinem Buch sehe ich auch darin, dass Leuten, die sich bisher vor allem auf ein Gebiet konzentriert haben, etwa Vaterrechtler oder Zensurgegner, so auch einmal nahegebracht wird, mit welchen Problemen andere Menschen zu kämpfen haben, etwa männliche Missbrauchsopfer.

Denn so kommt mir manches doch etwas einseitig und halbseiden vor, trotz bzw. wegen der vielen Belege. (aus Zeitschriften, u.ä., oftmals polemische Meinungen extremer Feministinnen)

Das Problem dabei ist, dass diese extremen Feministinnen, von Alice Schwarzer bis Andrea Dworkin oder Catherine McKinnon, meinungsbildend bis in die Gesetzgebung hinein sind.

Ich nehme deine Ansicht sehr gerne in meinen Fundus an Rückmeldungen auf, den ich vor einem möglichen Nachfolgeprojekt zu Rate ziehe. Tatsache ist aber, dass es ein zweites Buch, das wie "Sind Frauen bessere Menschen?" angelegt wäre, ohnehin nicht geben wird und auch nicht geben kann. Dieses Buch basiert darauf, dass vieles angesprochen wird, was bisher unausgesprochen war. Der nächste Schritt bestünde meiner Einschätzung nach darin, möglichst unterschiedliche und neue Gedanken zu den wichtigsten Themen zu entwickeln und so die Debatte voranzubringen. Dazu wäre aber eine Öffnung des Buchmarkts auch für männliche Opfer und Feminismuskritik günstig, so dass man nicht wieder zig Themen in einen einzigen Band stopfen muss.

Herzlichen Dank noch mal,

Arne

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