Re: "Die heutigen Männer sind ganz arme Schweine!"

Maesi, Wednesday, 12.10.2005, 23:59 (vor 7360 Tagen) @ scipio africanus

Als Antwort auf: Re: "Die heutigen Männer sind ganz arme Schweine!" von scipio africanus am 11. Oktober 2005 11:22:

Hallo scipio

Ältere Frauen sehen den Unterschied zwischen sich selbst und der heutigen,
ewig wehleidigen und nörgelnden Frauengeneration.[...]

Eine interessante Tatsache dazu : Während Jahrzehnten "kämpften" in der Schweiz FeministInnen für die sogenannte Mutterschaftsversicherung, welche erwerbstätigen Frauen bezahlten Mutterschaftsurlaub ermöglicht (ich nehme an, in der BRD schon lange Realität). Nach mehreren gescheiterten Anläufen (Volksinitiativen), die von einer Mehrheit der Stimmenden abgelehnt wurde, klappte es dann endlich beim ich glaube vierten Anlauf. Die Initiative fand eine Mehrheit, aber, und jetzt kommts (!)...

Zunaechst ein paar Hintergrundinformationen:

Der Auftrag zur Realisierung einer Mutterschaftsversicherung stand schon seit Jahrzehnten in der Bundesverfassung, wurde aber immer wieder aufgeschoben. Zankapfel war demzufolge weniger die grundsaetzliche Zustimmung zur Mutterschaftsversicherung sondern eher deren konkrete Ausgestaltung, und da sah es manchmal eben ziemlich chaotisch aus.

Bei der vorletzten (damals noch gescheiterten) Vorlage einer Mutterschaftsversicherung handelte sich nicht um eine Volksinitiative sondern um eine IMHO durch den Bundesrat initiierte Bundesgesetzaenderung, die in den zustaendigen Kommissionen der eidgenoessischen Raete erst nach zaehen Verhandlungen abstimmungsreif wurde; sie war aus politischer Sicht schlichtweg eine Frechheit. Die Finanzierung war nur auf sehr kurze Zeit hinaus gesichert (durch Pluenderung der finanziell noch gutdotierten EO-Kasse), schon nach wenigen Jahren (vielleicht drei oder vier) haette der Stimmbuerger nochmals ueber die weitere Finanzierung abstimmen muessen - eine finanzierungstechnisch also sehr schlampig ausgearbeitete Vorlage, was alleine schon eine Ablehnung rechtfertigte. Frauen haetten 80% des Gehaltes bekommen, waehrend die aus demselben Sozialwerk (EO) fuer ihren Erwerbsausfall entschaedigten wehrdienstpflichtigen Soldaten weiterhin mit 65% abgespiesen worden waeren - eine klare Maennerdiskriminierung. Auch Frauen, die gar nie erwerbstaetig gewesen waren, waeren in den Genuss der als Erwerbsausfall angepriesenen Versicherungsleistungen gekommen - ein Unding.

Beim letzten erfolgreichen Vorstoss handelte es sich IMHO um eine durch einen FDP-Nationalrat vorgebrachte parlamentarische Einzelinitiative - also ebenfalls um keine Volksinitiative. Die vorherigen (gescheiterten) Vorlagen kenne ich im Detail nicht.

die absolute Mehrheit der Frauen LEHNTE AB !
die Initiative wurde durch die mehrheitliche Zustimmung der Männer angenommen !
Es waren vor allem, aber nicht nur ältere Frauen, welche;
die ewig fordernde Haltung der jüngeren Frauen ablehnten
- das zugrundeliegende Leitbild der erwerbstätigen Powertausendsassamutter (denn nur die profitieren) nicht verinnerlicht haben
- und eine Benachteiligung der Mütter wahrnahmen, die sich ausschliesslich um Haushalt und Kinder kümmern, also die traditionelle Rollenverteilung lebten
Es gibt also auch frauenfeindliche Frauen, in der Schweiz ist das offensichtlich eine Mehrheit :)

Inwieweit die Schweizer Frauen tatsaechlich 'frauenfeindlich' sind, ist anhand lediglich dieser einen Abstimmung latuernich nicht abzuschaetzen. Immerhin scheinen die Schweizer Frauen feministischen Anliegen eher reserviert gegenueberzustehen. Der etwa von diversen feministischen Organisationen vor ueber zehn Jahren organisierte Frauenstreik unter dem Motto 'Wenn frau will, steht alles still', fand beim weiblichen Teil der Bevoelkerung nur wenig Anklang; wenn nicht einige wenige Streikerinnen in Zuerich zeitweise gewisse Tramlinien blockiert haetten, um wenigstens so dem Motto gerecht zu werden ('wenn ich schon nicht arbeiten will, dann sollen es die anderen gefaelligst auch nicht tun duerfen'), haette man wohl kaum etwas davon gemerkt. Insgesamt war der Streik einfach eine riesige PR-Aktion ohne messbaren Erfolg.

Die einzige im Nationalrat vertretene, dezidiert feministische Partei in der Schweiz (die POCH) wurde schon vor Jahren aufgeloest; politisch spielte sie nie eine nennenswerte Rolle und deren Hoehepunkt lag in den 70er und 80er Jahren - eine jener typischen Nach68er-Parteien, die man im Sammelbecken der 'Neuen Linken' zuhauf fand.

Die 'Erfolge' des Feminismus sind in der Schweiz noch staerker als in anderen Laendern v.a. buerokratischer und propagandistischer Art (etwa in Form von diversen Gleichstellungsbueros auf allen politischen Stufen, finanziellen Zuwendungen an feministisch inspirierte Helfer- und Propagandaorganisationen etc.); nur in dieser Form koennen in der Schweiz die Feministen ohne direkte Legitimierung durch das Stimm- bzw. Wahlvolk agieren. Sobald jedoch feministisch inspirierte Vorlagen vors Volk kommen, was in der stark direktdemokratisch-organisierten Schweiz relativ schnell geschehen kann, haben sie einen aeusserst schweren Stand. Man erinnere sich etwa an die Streichung der Zuwendung an eine Frauenbibliothek (die natuerlich keine Maenner reinlaesst und somit eine sexistisch agierende Organisation darstellt) in der Stadt Zuerich. Vorausgegangen war eine geplante und vom Zuercher Stadtparlament bereits abgesegnete Erhoehung des staedtischen Beitrags an die Frauenbibliothek, der die Schweizerische Volkspartei (SVP) nicht bloss veranlasste, die Erhoehung selbst abzulehnen sondern gleich den ganzen Subventionsposten aus dem Budget zu kippen und darueber eine Volksabstimmung anzustrengen; das Stadtzuercher Stimmvolk billigte den SVP-Vorstoss, und die Frauenbibliothek bekam von der Stadt Zuerich fortan gar nichts mehr.

Gruss

Maesi