Und wieder mal: Prostitution
Die sonst nicht eben durch überkritische Haltung gegenüber Radabfems bekannte taz bringt zu meinem Erstaunen immer mal wieder Artikel, die nicht so recht ins feministische Weltbild passen wollen.
So auch im Berliner Lokalteil der heutigen Ausgabe zum Thema Prostitution. Ein paar Auszüge daraus (Hervorhebung von mir)
"Karolin Leppert steht am Lichtschalter. Sie trägt ein Sommerkleid. Den Märchen hat sie nie geglaubt und ist doch viele Jahre auf der Seite der braven Mädchen geblieben, bevor sie sich in den verbotenen Raum wagte. "Prostitution existiert nicht nur wegen der Macht der Männer in der Gesellschaft", sagt sie. "Zu allen Zeiten hat es Frauen gegeben, denen diese Arbeit Spaß macht."
(...)
Seit 2002 gibt es das Prostitutionsgesetz, nach dem Prostitution nicht mehr als sittenwidrig gilt. Das Gesetz ist maßgeblich auf das Engagement der Hydra-Frauen zurückzuführen. Sexarbeiterinnen haben jetzt Zugang zu den Sozialversicherungen. Sie können die Bezahlung ihrer Dienstleistungen gerichtlich einfordern. Wer eine exklusive, diskrete Atmosphäre in einem Bordell oder Club schafft und für gute hygienische Bedingungen sorgt, wird nicht mehr wegen "Förderung der Prostitution" bestraft."
Das war das ganz besonders perverse an der früheren Rechtslage, die Alice Schwarzer sich so sehnsüchtig zurückwünscht: man durfte zwar von der Arbeit von Prostuierten leben, etwa als Vermieter von Absteigen. Allerdings durfte man es den Frauen dabei nicht zu angenehm machen. Wer z.B. schmierige verdreckte Kabuffs zu weit überhöhten Preisen für 'gewerbsmäßige Unzucht' zur Verfügung stellte, befand sich in Übereinstimmung mit der Rechtsordnung. Wer aber menschenwürdige saubere Unterkünfte zu angemessenen Preisen anbot und dann gar noch so schreckliche Sachen wie Kondome bereitstellte, der konnt wegen "Förderung der Prostitution" bestraft werden.
"Ob eine Frau wie sie nicht lieber die Machtverhältnisse radikal ändern würde, statt an den Schwachstellen des Systems zu doktern? "Sehen Sie das Beispiel Schweden. In Schweden ist es seit einiger Zeit strafbar, eine Prostituierte zu kaufen. Bestraft wird also nicht die Sexarbeiterin, sondern der Freier. Das Gesetz hat zur Folge, dass sich die Szene völlig ins Dunkel zurückgezogen hat. Die Prostitution hat man aber nicht besiegt." Naheliegender also, die Spielregeln zu ändern, Prostitution nicht zu verdrängen und zu verbieten, sondern raus aus dem Sperrgebiet in den Mittelpunkt der Gesellschaft zu rücken."
Außer den Radabfems dürfte sich keiner so sehr über das 'schwedische Modell' freuen, wie Menschenhändler und Zuhälter.
"Prostitution kennt kein Sperrgebiet, nicht in Berlin, nicht bei Hydra, nirgendwo. Der Glaube an das Sperrgebiet ist so ignorant wie die Klischees von Anstand und Moral. "Ehe und Prostitution sehe ich als die zwei Seiten ein und derselben Medaille", sagt Karolin Leppert. Sie war selbst viele Jahre verheiratet. "In der Ehe gibt es Lügen und Leid und Machtmissbrauch - und doch hält die Gesellschaft am Bild der glücklichen Ehe fest. Die Prostitution hat schöne Momente und sie werden häufig in der Literatur beschrieben. Und doch wird Prostitution immer wieder in eine Ecke mit Machtmissbrauch und Kriminalität gedrängt. Als wäre die Gesellschaft nur in der Lage zu sehen, was sie sehen will."
Die Gesellschaft wahrscheinlich. Radabfems ganz bestimmt.
DaPis
Beelzebub

