Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

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Buchtipp

Odin, Sunday, 19.06.2005, 17:39 (vor 7477 Tagen)

Jeremy Golden und der Meister der Schatten

Angela Sommer-Bodenburg ist die Meisterin des kindlichen Grusels. Schon beim Kleinen Vampir einer der erfolgreichsten Kinderbuchreihen der letzten 25 Jahre, konnte man es sich genüsslich kühl den Rücken herunter laufen lassen, denn man wusste: wirklich gefährlich wird es nie, es wird immer gut ausgehen. Und die Accessoires des Genres genießen - Gruft, Grabsteine, Nebel, Vampierjäger -, während man schön eingekuschelt dem Söhnchen oder Töchterchen die neuesten Abenteuer von Rüdiger, Anna und Anton vorlas.
Auch Jeremy Golden ist so ein Genrestück - und wieder meisterlich entwickelt. Märchenhafte Anklänge bereits am Anfang: Jeremy leidet unter der Boshaftigkeit der Stiefmutter, die ihr eigenes Kind bevorzugt Der täglich sehnsüchtig erwartete Vater ist zu schwach, um sich da egen aufzulehnen, noch im Schmerz um den Tod seiner ersten Frau gefangen.
Das Leiden an der Welt schafft den Grund, sich in ein anderes Land zu sehnen. Es braucht eine Tür, um hinüber zu gelangen und selbstverständlich einen Führer. Und im anderen Land wartet eine Aufgabe auf den Helden. Der in der realen Welt versagt, ist in der Fantasywelt ein Auserwählter. Sein Job: dem grauen Reich die Farben wiederzu bringen. Dazu muss er die Prinzessin befreien und, klar, so ein bisschen Verlieben darf schon sein.

Ein echter Haudegen ist Jeremy bei weitem nicht. Aber er hat Mut, stellt sich immer wieder allen Schwierigkeiten. Seine Aufgabe bewältigt er nicht durch Säbelrasseln und heldenhafte Kämpfe, sondern durch das Entdecken weiblicher Qualitäten. So hilft er den Gorilla-Kräfte ihr Ei auszubrüten und ihr Baby zu verstehen.

Deshalb wird er nicht gefressen, sondern aufdie Insel "No Man's Land" gebracht, wo eine Gruppe von Arnazonen jedes männliche Wesen verfolgt und umbringt. Die Motivation hierfür ist die einzige Schwäche des Buches: es wird nur nebulös von schlechten Erfahrungen mit Männern berichtet, leichte Andeutungen von Vergewaltigung schimmern hindurch. Das hätte auch für zehnjährige Leser schon klarer ausgedrückt werden können, ohne sie zu verstören. Natürlich gelingt es, die dort festgehaltene Gefährtin zu befreien und in das Schloss des Bösen vorzudringen. Des Bösen? Auch hier wieder verkörpert eine Frau, auf s Hässlichste entstellt, die zerstörende Urkraft. Weil sie sich ausgestossen und ungeliebt wähnt, stiehlt sie die Farben und macht alle Wesen im Fantasyland unglücklich Verständnis für die Motive des Bösen durchzieht das Buch, nie jedoch führt das zu einer Rechtfertigung der Taten. Und deshalb muss auch - wie im Märchen - die böse Frau am Ende sterben.
Der Job ist erledigt, Jeremy schlüpft durch die Tür zurück in sein Zimmer - und man weiß, auch in der realen Welt muss sich etwas verändert haben, wenn irn Fantasyland wieder das Glück eingekehrt ist: Jeremys Vater schmeißt die Stiefmutter raus und ist wieder für seinen Sohn da.

Re: Buchtipp

ChrisTine, Sunday, 19.06.2005, 20:06 (vor 7477 Tagen) @ Odin

Als Antwort auf: Buchtipp von Odin am 19. Juni 2005 14:39:20:

Also ich würde dieses Buch meinem Kind nicht kaufen.
Es reicht doch schon, daß die Kinder bereits in der Schule intrumentalisiert werden, muß es da auch noch in Büchern sein? Wollen wir wirklich unsere Kinder bereits so jung in einen Geschlechterkrieg reinziehen? Wollen wir wirklich den Kindern über diesem Wege die Erfahrung zwar nicht weniger Männer, aber immhin nicht aller Männer eintrichtern? Frau = schlecht - Mann = gut?
Na ja, letztendlich entscheidet das sowieso jeder selbst, mein Ding ist das nicht.

Gruß - Christine

Re: Buchtipp

Silvain, Sunday, 19.06.2005, 22:59 (vor 7477 Tagen) @ ChrisTine

Als Antwort auf: Re: Buchtipp von ChrisTine am 19. Juni 2005 17:06:01:

Also ich würde dieses Buch meinem Kind nicht kaufen.
Es reicht doch schon, daß die Kinder bereits in der Schule intrumentalisiert werden, muß es da auch noch in Büchern sein? Wollen wir wirklich unsere Kinder bereits so jung in einen Geschlechterkrieg reinziehen? Wollen wir wirklich den Kindern über diesem Wege die Erfahrung zwar nicht weniger Männer, aber immhin nicht aller Männer eintrichtern? Frau = schlecht - Mann = gut?
Na ja, letztendlich entscheidet das sowieso jeder selbst, mein Ding ist das nicht.
Gruß - Christine

Hallo Christine,

Kinderbücher wurden schon immer dafür benutzt, eine bestimmte Ideologie zu transportieren. Das trifft natürlich nicht immer zu, aber doch oft genug. Und dies trifft ebenso für Geschlechterideologie als auch für politische Ideologien zu (Feivel). Als Kind nimmt man diese Unterschiede gar nicht wahr, erst später fällt es einem wie Schuppen von den Augen, was dort eigentlich transportiert wurde. Und nicht nur in Kinderbüchern, dies passiert tagtäglich in allen möglichen Büchern, Filmen, usw.

Ich würde meinen Kindern ein solches Buch allerdings auch nicht kaufen, sondern versuchen, etwas zu finden was möglichst ohne Stereotypen auskommt. Die Problematik des Geschlechterkrieges kann man den Kindern auch dann noch nahebringen, wenn sie alt genug sind, über dieses Thema selbständig nachzudenken.

Im Prinzip hat man zwei Möglichkeiten:
Entweder man versucht, die entsprechenden Manipulationsversuche der Feministen dadurch zu kontern, dass man mit der gleichen Taktik versucht, den Kindern ebenfalls stereotype Geschlechterbilder einzuhämmern, oder aber man versucht, den Kindern Literatur ohne Stereotypen angedeien zu lassen, dann aber auch auf die Barrikaden zu steigen, wenn man mitbekommt, dass dies in Kindergarten und Schule versucht wird.

Ich bin ehrlich gesagt für letztere Variante.

Gruß,
Silvain

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