Vafk-Demo Berlin (kurze Zusammenfassung)

Andreas (d.a.), Sunday, 19.06.2005, 00:16 (vor 7478 Tagen)

Erster kurzer Eindruck von der VafK-Demo in Berlin:

Der Zug begann um etwa 13 Uhr an den Hackeschen Höfen und ging zuerst zum BMFSFJ, wo Dietmar Nikolai Webel in einer ersten Ansprache einen "Nachruf" auf Kinder-, Sorge- und Umgangsrecht in Deutschland sprach, auf die Differenz zwischen den Kinderrechtskonventionen und der Situation in der bundesdeutschen Rechtspraxis einging und dabei eindeutige Worte an bestimmte Politiker addressierte. Der Zug folgte der weiteren Route und kurz nach 16 Uhr kam es zur angekündigten Kundgebung auf dem Gendarmenmarkt.

Armin Emrich sprach ziemlich emotional und wohl von persönlichen Erfahrungen geprägt; er gab einen kurzen Rückblick über die Entwicklung der Familienpolitik hin zur Gegenwart und lies deutlichste feminismuskritische Worte hören. Leider war seine Rede politisch etwas einseitig, da sie den Eindruck erweckte, den Grünen die alleinige Verantwortung für die miserable Familienpolitik zuschieben zu wollen (wobei er sich selbst etwas wiedersprach, da sein Überblick über die Entwicklungen bereits zu einer Zeit ansetzte, als Grün noch keine Partei war).

Es gab eine kurze unangekündigte Ansprache eines Franzosen (dessen Name mir leider entfallen ist), über die Situation und Probleme ausländischer Väter von nach Deutschland (und mit Hilfe der deutschen Justiz) entführten Kindern. Er betonte den übernationalen Charakter der Problematik und plädierte für verstärkte Zusammenarbeit auch über die Grenzen Deutschlands hinaus. Ebenso das kurze Statement von Franz Anthöfer, der seine Suche nach Vater und eigener Identität schilderte.

Die Rede von Marianne Heß von der Großelterninitiative war sehr persönlich und berührend. Sie machte auf den in der Diskussion häufig untergehenden Fakt aufmerksam, dass dieses Problem nicht nur eines der Väter und manchmal Mütter, sondern auch der Großeltern und Geschwister ist.

Der Vortrag von Bernd Wacker von terre des hommes war formal und inhaltlich der überzeugendste, wenn er auch nur am Rande das zentrale Thema der Demo betraf. Er sprach zum in Berlin wie auch in anderen deutschen Städten zunehmenden "Phänomen" der Babyklappe und anonymen Geburtskliniken und stellte dabei zentrale Behauptungen der Verfechter dieser Institution als fehlerhaft bloß:
a) Babyklappen retten keine Leben (die Psyche der Mutter, die ihr Kind nach der Geburt tötet, funktioniert nach anderen Regeln als wenn es sich um eine lange vorhergeplante Aussetzung handle), die Zahlen ausgesetzter oder getöteter Babys ist dadurch nicht rückläufig;
b) anonyme Geburt und Babyklappe nehmen dem Kind sein Menschenrecht auf Wissen über seine Abstammung (was ihm z.B. im Falle einer regulären Adoption erhalten bliebe);
c) anonyme Geburt und Babyklappe nehmen dem Vater jegliches Recht und Entscheidungsmöglichkeit (er kann sich z.B. nicht für sein Kind entscheiden, wenn die Mutter es einfach weggibt);
d) schließlich begünstigen anonyme Geburt und Babyklappe alle möglichen Formen des Unrechts, z.B. durch Übergehen des Vaters oder gar Verheimlichung der Schwangerschaft vor dem Vater, aber auch der Aussetzung durch den Mann, der das Kind nicht will, oder sogar eine um vieles erleichtertere Vertuschung der Folgen einer inzestuösen Schwangerschaft durch den Vater der Kindsmutter.
Abschließend rief er dazu auf, dieses Problem nicht aus dem Blickfeld geraten zu lassen und aufgrund des gewaltigen Schadens sich aktiv für eine Abschaffung dieser Institution einzusetzen.

Dietmar Webel hielt die abschließende Ansprache zur aktuellen Situation im "kinderunfreundlichen Deutschland", prangerte die einseitige Frauenförderungspolitik, die sich als Familienpolitik tarne und letztendlich niemandem nütze, an und sprach über die zu erwartenden Folgen.

In der 19:30-Abendschau des Regionalfernsehens (rbb) wurde die Zahl der Demonstranten mit etwa 150 angegeben. Ich würde die Zahl allerdings auf etwa 400 noch bei der ersten Ansprache schätzen; zur Abschlusskundgebung waren allerdings schon einige nicht mehr dabei. Insgesamt denke ich aber, dass der Zug, der teilweise schon recht lang war und durch am Samstag Nachmittag recht volle Straßen führte, einigen Eindruck bei den Passanten hinterlassen haben dürfte.

Interessant war auch eine Gegendemonstration (wenn man das so nennen kann): Eine Handvoll Gegendemonstrantinnen kam mit zwei Transparenten, auf denen sie forderten, "Männerbünde zu zerschlagen", da "Papa ein Schwein" oder so ähnlich war. (Ein Vater fragte eine wohl, ob sie überhaupt Kinder habe, worauf sie entgegnete, sie ließe sich nicht von jedem ansprechen; worauf er sie eine Schnepfe nannte und sie ihm eine Ohrfeige verpasste und sich dann hinter ihrem Transparent versteckte.) Ich denke, diese 5 oder 6 Leute sind durchaus ein positives Zeichen; zumindest spricht es dafür, dass gewisse Kreise die Sache als ernst ansehen (wenn auch ein größeres Echo in diesem Jahr noch ausblieb). - Nächster Termin ist der 17.6.2006. Und es werden immer mehr.

Andreas (d.a.)