Re: @Garfield, Re: Was ist das Wohl des Kindes? (lang)
Als Antwort auf: @Garfield, Re: Was ist das Wohl des Kindes? (lang) von Gast am 25. Mai 2005 00:01:
Hallo Gast!
Ich plädiere ja auch keineswegs für irgendeinen Zwang zu Kinderkrippe oder Kindergarten. Aber du schreibst immer wieder, daß so etwas unnatürlich wäre, und in letzter Konsequenz impliziert das ja ein Verbot von Kinderkrippe und Kindergarten. Und das halte ich eben auch für falsch.
Ich weiß nicht, ob es kleine Kinder gibt, die Phobien vor Menschengruppen haben. Ich kann es mir nicht so recht vorstellen, weil so eine Phobie ja einen realen Auslöser braucht. So kann ich mir beispielsweise vorstellen, daß ein Kind, das in der Schule ständig von den Mitschülern drangsaliert wird, deshalb so eine Gruppen-Phobie entwickelt, weil es eben lernt, daß eine Gruppe ihm immer feindlich gesinnt ist.
So gesehen dürfte man sich überhaupt nicht mehr in größeren Gruppen aufhalten.
Das ist aber nun einmal nicht praktikabel, genauso wie es für manche Eltern nicht praktikabel ist, das Kind ständig selbst zu Hause zu betreuen.
Außerdem glaube ich, daß das Risiko einer psychischen Fehlentwicklung noch höher ist, wenn das Kind kaum Kontakt zu anderen Menschen hat. Wie schon geschrieben kenne ich niemanden, dem der Aufenthalt in Kinderkrippe oder Kindergarten geschadet hätte. Ich kenne aber Menschen, denen es geschadet hat, daß sie in ihrer Kindheit zu wenig Kontakt zu anderen Kindern hatten.
Natürlich können diese persönlichen Erfahrungen keine Studie ersetzen, aber für mich sind sie ein Indiz, daß psychische Schäden durch zu wenig Kontakt zu anderen Kindern häufiger sind als psychische Schäden durch zuviel Kontakt zu anderen Kindern.
Dann hast du noch gefragt, wieso ein Kind denn unbedingt früh aufstehen muß. Ganz einfach: Weil es das lernen muß. Denn als Erwachsener wird dieser Mensch später auch immer wieder früh aufstehen müssen, auch wenn es ihm mal nicht gefällt. Dazu gehört Selbstdisziplin, und das können Kinder gar nicht früh genug lernen. Wenn man ihnen das nicht beibringt, dann werden sie es später als Erwachsene auch nie lernen und dadurch immer wieder Probleme haben.
Ich halte überhaupt nichts davon, die Kinder möglichst lange vom realen Leben fern zu halten und sie zu Hause bei Mutter zu verhätscheln. Das nutzt den Kindern zwar manchmal kurzfristig, aber langfristig richtet das häufig verheerende Schäden an. Das ist ja auch einer der Gründe, wieso die Kinder heute in den Schulen immer weniger lernen und wieso einige dann auch im Berufsleben nicht zurecht kommen. Rede mal mit Ausbildern in der Wirtschaft über Azubis. Die werden dir haarsträubende Geschichten erzählen. Z.B. von Azubis, die noch nicht einmal die Grundrechenarten beherrschen oder von solchen, die täglich zu spät kommen und/oder die Berufsschule schwänzen. Natürlich sind nicht alle so, aber es scheint immer mehr Jugendliche zu geben, die überhaupt keine Selbstdisziplin und kein Verantwortungsbewußtsein haben. Weil man ihnen das niemals beigebracht hat.
Und dann noch zu der Problematik mit den Einkommenseinbußen: Es geht da für immer mehr Menschen mittlerweile nicht mehr um Luxus. Gerade wenn man Kinder hat, dann braucht man ja auch eine relativ große Wohnung. Das kostet dann schonmal ordentlich Miete. Man kann sich natürlich auch ein Haus kaufen - aber dann muß man üblicherweise einen Kredit aufnehmen. Auch auf dem Land bekommt nicht jeder ein Haus in die Wiege gelegt. Oft haben dann zwar die Eltern ein Haus, und wenn man Glück hat, ist es vielleicht groß genug, um mit drin wohnen zu können. Aber soviel Glück hat eben nicht jedes Paar, manchmal gibt es auch Probleme mit den Eltern bzw. Schwiegereltern, und so müssen auch auf dem Land viele Paare entweder zur Miete wohnen oder eben ein Haus kaufen. Da Häuser samt Grundstücken heute üblicherweise sechsstellige Summen kosten, hat auch kaum jemand soviel Geld flüssig. Also muß man dann entweder hunderte Euro monatlich für Miete oder aber für einen Kredit zahlen. Dazu kommen noch die steigenden Kosten für Benzin, Heizöl oder Gas, Strom, Wasser... Gerade auf dem Land kommt man heute ohne Auto häufig gar nicht mehr aus. Und dann kommen noch die Lebensmittelpreise obendrauf. Die steigen im Moment zwar wohl kaum noch, was aber meist daran liegt, daß viele Unternehmen damals bei der Euro-Einführung die Preise saftig erhöht haben.
Diese Lebenshaltungskosten allein erfordern heute immer öfter, daß beide Partner erwerbstätig sind. Um Luxus geht es dabei für manche Leute sicher auch - aber das wird langsam aber sicher seltener. Die Einkommen steigen ja kaum noch. Oft sinken sie sogar, denn auch viele Unternehmen im Westen streichen jetzt Weihnachts- und Urlaubsgeld. (Im Osten wurde das häufig noch nie gezahlt.) Sehr beliebt sind mittlerweile auch Arbeitszeitverlängerungen ohne Lohnausgleich, weil sich so noch mehr Arbeitskräfte einsparen lassen. Die Massenerwerbslosigkeit wird von den Unternehmen zunehmend zur Lohndrückerei ausgenutzt, und die Politik fördert das noch. So klafft die Schere zwischen Einkommen und Lebenshaltungskosten immer weiter auseinander, und dieser Trend wird sich in Zukunft noch verstärken, vor allem, wenn nach der nächsten Bundestagswahl schwarz/gelb wieder ans Ruder kommt.
Freundliche Grüße
von Garfield
gesamter Thread:
- @Garfield, Re: Was ist das Wohl des Kindes? (lang) -
Gast,
25.05.2005, 03:01
- Re: @Garfield, Re: Was ist das Wohl des Kindes? (lang) -
Klinkenputzer,
25.05.2005, 13:15
- Ungeheuerlich! Kinderklau gegen Richterspruch durch Jugendamt. - Gast, 28.05.2005, 17:18
- Re: @Garfield, Re: Was ist das Wohl des Kindes? (lang) - Garfield, 25.05.2005, 15:19
- Re: @Garfield, Re: Was ist das Wohl des Kindes? (lang) -
Klinkenputzer,
25.05.2005, 13:15