Re: Was aus dem Artikel nicht hervorgeht
Als Antwort auf: Was aus dem Artikel nicht hervorgeht von Krischan am 08. Mai 2005 13:00:
1. Warum sind den Familien Söhne wichtiger als Töchter?
2. Was kann dagegen getan werden?
3. Warum werden diese beiden Aspekte nicht angeschnitten?
Krischan
z1) Hier muß man regional unterscheiden. In China ist die staatliche Geburtenkontrolle (Ein-Kind-Politik) verantwortlich. Vor allem in ländlichen Gebieten ist es immer noch Sache der Söhne die alten Eltern zu versorgen. Dies können Töchter nicht leisten da sie in der Ehe die Familie verlassen und seitens ihres Mannes weder Verpflichtung noch (meistens) die Möglichkeit besteht außer für die eigenen auch noch für die Schwiegereltern aufzukommen.
In Indien ist der Hauptgrund eher die exorbitante Höhe der Mitgiftzahlungen, ohne die Vielerorts kein Mädchen "an den Mann" zu bringen ist. Obwohl natürlich auch dort der Einfluss der Zuneigung auf dem Vormarsch ist, werden sogar in zivilisierten Umgebungen Ehen nach fiskalischen Gesichtspunkten von den Eltern knallhart ausgehandelt. Wer zwei Töchter hat kann dies selbst als Angehöriger der dortigen Mittelschicht oft nicht finanzieren.
Zusätzlich spielen natürlich überall auch traditionelle Sichtweisen eine Rolle. Ob durch staatlichen Eingriff oder aufgrund des technisch-zivilisatorischen Fortschritts sinken die Geburtenraten. WENN schon nur ein oder zwei Kinder soll wenigstens ein Junge (=Stammhalter) dabei sein. Da die Gleichstellung (oder sollen wir sagen "Vergötterung"?) der Frau dort noch längst nicht so weit fortgeschritten ist wie hierzulande, wird die Aufzucht eines Jungen allgemein als unkomplizierter empfunden. Auch dies legt den angehenden Eltern nahe diesbezüglich regelnd einzugreifen.
z2)In China wird zur Abmilderung der angesprochenen Tendenz neuerdings Eltern ein zweites Kind erlaubt wenn das erste ein Mädchen ist. Aber das mildert die Problematik wie gesagt nur ab und löst sie nicht.
Im Übrigen müßte mit uralten Traditionen (Mitgiftzahlung) gebrochen werden und die Kinder von der unmittelbaren Versorgerfunktion für ihre Eltern befreit werden. Auch müßte aus den Köpfen der patriarchalisch strukturierten Gesellschaften die Ansicht verschwinden Mädchen wären zweitklassige Nachkommen.
Alles in allem schwer zu bewerkstelligende Veränderungen. Auch die gesetzliche Regulierung greift nicht wirklich, da die Überwachung der Schwangerschaftsabbrüche kaum möglich ist und höchsten in eine große Zahl heimlicher Abtreibungen unter bedenklichen Bedingungen münden würde.
Da der Wert weiblicher Nachkommen mit deren reduzierter Zahl automatisch steigt wird vielleicht hierdurch ein Umdenken stattfinden. Dies aber sicher erst nach einer Zeit erheblicher sozialer Unruhen, denn von den schon jetzt zig Millionen junger Männer die nie eine Frau finden werden, geht ein nicht zu unterschätzendes Unzufriedenheitspotential aus.
z3)Wie üblich wenn Betroffenheit ausgelöst werden soll unterbleibt die sachliche Auseinandersetzung mit einem Thema zugunsten von ein wenig Polemik und Schlagwortdrescherei. Die erwünschte Reaktion auf den Artikel lautet "Ungeheuerlich! Da muß man doch sofort was gegen tun!" Eine Schilderung der Hintergründe würde diese Entrüstung untergraben, sobald die Leute erkennen welch komplexe Problematik dahinter steckt.
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- Wenns nicht so traurig wäre... -
ChrisTine,
08.05.2005, 03:06
- Was aus dem Artikel nicht hervorgeht -
Krischan,
08.05.2005, 16:00
- Re: Was aus dem Artikel nicht hervorgeht - Antwortenschreiber, 08.05.2005, 21:14
- Re: Was aus dem Artikel nicht hervorgeht - Der Antwortbär, 08.05.2005, 21:41
- Re: Wenns nicht so traurig wäre... - Antwortschreiber , 08.05.2005, 23:45
- Was aus dem Artikel nicht hervorgeht -
Krischan,
08.05.2005, 16:00