Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

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Rote Männer Info Nr 84

Odin, Tuesday, 03.05.2005, 17:09 (vor 7530 Tagen)

RoteMänner!
Niedere und Hohe Priester!
Schäfchen und Ziegen!

Auch wir sind jetzt Papst, jawohl. Und das, belehrte uns die Bildzeitung hufscharrend, sei eine Jahrtausendsensation. Mein Gott, welche Hypothek. Das Jahrtausend ist noch kaum fünf Jahre alt und hat schon eine prägende Sensation. Was machen wir jetzt mit den verbleibenden 995 Jahren? Man dürfte fast hoffen, dass es langweilig wird, müssten wir nicht weitere und immer noch gesteigerte Schreckensmeldungen über Männergewalt und Frauenunterdrückung erwarten.

Kommen wir also zum feministischen Alltag und unserem üblichen amüsanten Geplauder. Etliches ist wieder nicht fertig geworden für diese Ausgabe, trotz der längeren Pausen, die aufgrund unserer Altersbeschwerden immer notwendiger werden. Darum heute ein etwas unkonventionelleres Info mit einem langen Abspann zum politischen Selbst- und Fremdverständnis und ein paar kleinen Zugaben. Also bitte anschnallen und die Kippen aus!

„Das männliche Opfer stellt auch 2005 noch ein kulturelles Paradox dar. Würde man heute so etwas wie einen Männerbeauftragten für die Bundesregierung fordern, wäre das Gelächter all der angeblich so wunderbar aufgeklärten und emanzipierten Männer wahrscheinlich riesengroß.“ schrieb die „Süddeutsche“ am 24. März in einem Beitrag, der die Myriaden von Diagnosen über allgegenwärtige Männergewalt unter geflissentlicher Auslassung jeder Ursachenforschung auf subtile Weise karikiert. „Der nach eigenen Angaben ‚kritische Männerforscher’ Robert Connell gibt seinen Geschlechtsgenossen einfach mal an allem schuld: ‚Die neue Unternehmer-Männlichkeit will ihren Anteil am wachsenden internationalen Sex-Handel, hat mit der globalen Zerstörung der Wälder zu tun und führt einen Kampf gegen den Wohlfahrtsstaat.’ Es ist natürlich lobenswert, dass die Frauen weltweit auf Holzmöbel verzichten und allesamt in Sozialausschüssen ehrenamtlich tätig sind ... Für all diese Bücher trifft zu, was ein Kritiker nach dem Erscheinen von Susan Faludis Buch ‚Männer – das betrogene Geschlecht’ schrieb: ‚Nun ist es offiziell, Männer sind erbärmlich.’“ http://www.sueddeutsche.de/,tt5m3/kultur/artikel/10/49960/ Und dies zu wissen ist offenbar genau die zentrale Voraussetzung, damit manche Frauen der etwas anderen Art zu Lebenssinn, Selbstbewußtsein und Leichtigkeit finden.

Eine gute Übersicht zu den gängigen Opfermythen und der aktuellen Gender-Debatten lasen wir im März in einem schönen und informativen Beitrag von Ullrich Rothe: http://www.oppt.de/psk/rmo/rmo_content/powerslave,id,1300,nodeid,65.html
Das Gegenstück dazu fanden wir in der „taz“ http://www.taz.de/pt/2005/04/12/a0137.nf/text , die das Schicksal einer „Silvia Schumann“ zum Beleg für die auch sonst überall geschlagenen Frauen erklärt, sowie im Hamburger Abendblatt, das mal wieder das Klagelied über die immer und überall gequälten Frauen sang: „Zwangsheirat und Ehrenmorde sind aber nur ein Teil aus dem Gesamtspektrum von Gewalt gegen Frauen. Studien des Bundesfamilienministeriums dokumentieren, daß 42 Prozent aller Frauen in Deutschland Opfer von häuslicher Gewalt sind. Bei den EinwanderInnen aus der Türkei ist jede zweite Frau Gewalt im sozialen Nahraum ausgesetzt. Der Weiße Ring in Hamburg weist in einer kürzlich veröffentlichten Mitteilung darauf hin, daß im vergangenen Jahr 76,7 Prozent der Kriminalitätsopfer, die sie betreut haben, weiblich waren. Ferner stellt er fest, daß häusliche Gewalt insgesamt weiter zunimmt.“ http://www.abendblatt.de./daten/2005/04/02/416628.html

Irgendwann werden die „AutorInnen“ solcher Tatarenmeldungen an eine natürlich Grenze stoßen. Die Frage ist, ob sie das selbst merken. Vielleicht schreiben sie aber auch einfach unbekümmert weiter, etwa so: Drei von zwei Frauen inzwischen Opfer von täglicher, ach was: stündlicher Gewalt. Dass 100 Prozent alles sein soll, wird dann vermutlich als Einschränkung einer patriarchalischen Mathematik gegeisselt. Doch Millionen ungeprügelter Frauen werden sich fragen, wieso sie in diesen Statistiken nicht vorkommen – wo doch häusliche Gewalt „insgesamt weiter zunimmt“, je mehr solcher Jammertorten sich um ein Thema kümmern, das anscheinend nur bei immer neuen Katastrophenmeldungen ihre Stelle als Opferbeauftragte legitimiert.

Die Hysterie legt sogar nahe, dass die Zahlen der wirklichen Opfer rückgängig sind. Nur dass die WIRKLICHEN Opfer diese Damen längst nicht mehr interessieren! Denn die alleine können das Heer der Horrornachrichten produzierenden Berufsfrauen nicht mehr rechtfertigen. Darum muss ein Mangel beklagt werden, der tatsächlich längst ein Überfluss ist, wenn die einschlägigen Veröffentlichungen nicht völlig täuschen. Das hört sich dann so an: „In einer Metropole wie Hamburg mit einem MigrantInnenanteil von 15 Prozent fehlen die wichtigen Anlaufstellen und Wohnprojekte. Spezielle Einrichtungen, die in der Thematik ‚Zwangsehe und Gewalt in Einwandererfamilien’ spezialisiert sind, fehlen gänzlich.“

Eigentlich erstaunlich, wenn dann die Autorin selbst darauf hinweist, dass sich die meisten Migrantinnen in Deutschland sehr wohl fühlen. Aber Widersprüche scheinen in solchen eher von Reflexen beherrschten Köpfen nicht zu weiterem Nachdenken zu führen. Die zufriedenen Migrantinnen sind das Eine, Sozialpädagoginnen auf dem Weg zur Erhaltung ihrer einträglichen Planstelle im ideologischen Nahbereich das Andere!

Das Kreuz mit der Ehe im Falle der Scheidung. Darüber schrieb die Süddeutsche einen schönen Artikel: „Im besten Fall bringt Heiraten überhaupt nichts.“ Aber: „Wer sich gar scheiden lässt, erreicht nie wieder das Glücksgefühl aus Single-Zeiten.“ Andererseits sollen die kurzen ersten Jahre des unbändigen Eheglücks schon einen Unterschied machen, weshalb man auf die vielleicht doch nicht verzichten sollte. „Wer sich zum Heiraten entschließt, sollte also den Tag genießen, denn: Wie auch immer es ausgeht, so schön wird’s nie mehr.“ Wer jetzt nicht heiratet, verschenkt demnach „einige besonders gute Jahre“. Die Studie stammt aus Amerika, wo man offenbar noch nichts von analytischer Konsequenz gehört hat… http://www.sueddeutsche.de/,tt4m3/wissen/artikel/84/51033/

Männer sterben immer noch sechs Jahre früher als Frauen. Das ist bedauerlich, hat aber nicht nur negative Seiten, wie wir auch jetzt wieder den Veröffentlichungen des Statistischen Bundesamtes entnehmen konnten: Über zwei Drittel, nämlich 68 Prozent der Pflegefälle in Deutschland, sind Frauen. http://www.destatis.de/download/d/solei/bericht03deutschl.pdf Der Prozentsatz dürfte noch ein gutes Stück höher liegen, wenn nur die aufgrund altersbedingter Beeinträchtigungen Pflegebedürftigen aufgelistet würden. Es sollte uns aber nicht wundern, wenn dies von den üblichen Verdächtigen wieder als „besondere Benachteiligung von Frauen“ deklariert würde. Tatsächlich ist der hohe Prozentsatz Ausdruck eines Privilegs: Frauen bleibt mehr Gelegenheit zu klassischen Alterskrankheiten wie Parkinson und Alzheimer, weil sie aufgrund eines unbelasteteren Lebens länger leben. Das ist wahre Dialektik. Dem kommt man auch mit keiner Quote mehr bei!

Die Heinrich-Böll-Stiftung führt am 20./21.Mai 2005 am Hackeschen Markt in Berlin eine Tagung „Geschlecht oder gesund? Männer und Gesundheit“ durch. Informationen können bei Henning von Bargen angefordert werden: vonbargen@boellde

„Warum sollen nur die Männer von Nazizeit und Krieg deformiert worden sein, die Frauen aber nicht? Dafür spricht nichts - und die Zeit, da man Täterschaft pauschal den Männern und den Opferstatus den Frauen zuordnete, sollte vorbei sein. Stimmt schon: kalte, harte Frauen - das hat offensichtlich etwas Peinlichkeitsbesetztes. Man redet irgendwie nicht gern drüber. Vielleicht aber sollte man sich von diesen Abwehrreflexen nicht mehr leiten lassen.“ Fand Dirk Knipphals in einem „taz“-Beitrag am 13. April über „Frauen aus Kruppstahl“. http://www.taz.de/pt/2005/04/13/a0142.nf/text Auch die „Zeit“ stellt fest: „Fanatismus bis zur letzten Stunde war nicht bloß Männerwahn. Das Schicksal der jungen Clara S. in Stettin zeigt, wie auch manche Volksgenossin ihrem ‚Führer’ aus Überzeugung treu geblieben ist“ und beschreibt dies in einem ausführlichen Beitrag. http://www.zeit.de/2005/17/A-Stettin

Das muss auch unsere Bundesfrauenministerin Renate Schmidt bewegt haben, die uns im Gegensatz zu ihrer Vorgängerin immer mal wieder angenehm zu überraschen versteht. Zum 60. Jahrestag der Befreiung des Frauen-KZ Ravensbrück konnte man von ihr dies vernehmen: „Ein Ort, der gerade uns Frauen betrifft. Denn Frauen waren in Ravensbrück Opfer, aber sie waren auch Täterinnen. Der Nationalsozialismus wurde von Männern erdacht, von Männern geprägt, aber von Frauen mitgetragen - und das nicht nur am Rande. Frauen waren in der NS-Zeit nicht die besseren Menschen. Sie waren auch Täterinnen. Junge Frauen, die es reizte, dass sie endlich einmal etwas zu sagen hatten und dass sie gut verdienten. Sie waren Aufseherinnen und sie waren Kommandantinnen. Sie standen ihren männlichen Kollegen in Auschwitz, Birkenau, Dachau und Flossenbürg, um nur einige zu nennen, in puncto Grausamkeit und Menschenverachtung in nichts nach.“ http://www.bmfsfj.de/Kategorien/reden,did=27530.html

Wer weiß, wie groß der repressive Konformitätsdruck im frauenbewegten Aktivistinnenlager der SPD ist, der kann einer solchen Aussage einer sozialdemokratischen Ministerin nur größten Respekt zollen.

Eine neue – oder vielleicht doch eher alte – Denunziationskultur möchte das Antidiskriminierungsbüro Köln aufbauen: „Angesichts der Aktualität des Themas im Rahmen der Debatte über ein Antidiskriminierungsgesetz würden wir uns freuen, wenn Sie über alltägliche Diskriminierungserfahrungen berichten könnten.“ schreibt die Sprecherin dieses Büros Susanne Laaroussi in einer undatierten Pressemitteilung, die am 20. April die Runde machte. Diese „alltäglichen“ Erfahrungen fließen dann in Listen mit hohem Wallungsfaktor ein. Der jüngste Fall, von dem berichtet wird, ist der des Kölner SPD-Vorsitzenden Jochen Ott, des es gewagt hatte, in einem Interview mit dem Kölner Stadtanzeiger die Integrationspolitik „von Rot-Grün“ als „Multikulti-Trallalla-Politik“ zu bezeichnen. Schlimm! Auf der Homepage des Antidiskriminierungsbüros Köln findet sich unter anderem eine Liste, auf der ihr prüfen könnt, ob ihr diskriminiert werdet. Weil, manchmal merkt man das ja selbst gar nicht, gell? http://www.oegg.de/modules.php?name=Content&pa=showpage&pid=8&active=2

Ein sich zunehmend komplettierendes Desaster erlebt die deutsche Familiengerichtsbarkeit im OLG-Bezirk Naumburg im Fall von Kazim Görgülü: Beleg für eine Rechtsrealität, die in der Familienjustiz nicht mal den Mindestanforderungenen, sprich den Kriterien der Vereinbarkeit mit Menschenrechten, gerecht wird. Und für eine Sippschaft von „RichterInnen“, für die das Recht der scheinbar per Gruppenzugehörigkeit undiskriminierbaren Väter rein gar nichts gilt. Kurz: Drecksäcke! http://www.fr-aktuell.de/ressorts/nachrichten_und_politik/aus_aller_welt/?sid=88ae561c8...

Wer wissen will, welch ein Väter- und Männerbild (keineswegs nur) den Beschlüssen des Naumburger OLG zugrunde liegt, der hatte jüngst im Fernsehen mehrfach Gelegenheit, sich zu informieren. Im Oberschichtenfernsehen des Senders für den geschliffenen Feingeist „arte“ widmete man am 22. März einen ganzen Abend der unbekümmerten Denunzierung von Männern im Allgemeinen und Vätern im Besonderen. Wie eine letzte Zuckung des Radikalfeminismus. Wir haben dann lieber auf den Spielfilm „Eine Frage der Ehre“ umgeschaltet und ab und zu in den Werbepausen nachgesehen, ob's immer noch gruselte. Denn einen derartig einseitigen Scheiß, vor allem in der ersten Sendung über die armen Frauen, denen man zumutete (besonders „radikal“ in Frankreich), ihre Kinder auch ab und zu dem Vater zu überlassen, hätte man auch, wenn man wie wir viel gewöhnt ist, schlicht nicht für möglich gehalten. In der zweiten Sendung ein bisschen kakophoner: feminismuskritische und -apologetische Männer unkommentiert durcheinander, ohne jede Moderation oder Strukturierung. Da bekam man dann auch schon mal von einem kanadischen Frauenrechtler (alles Männer!) zu hören, dass Männer bei einer Scheidung die Geliebte, die Köchin, das Kindermädchen, die Putzfrau und gleich auch noch ihre Pflegekraft verlören und deswegen nach Trennungen immer aggressiv reagierten. Das Ganze sollte „ausgewogen“ scheinen, weil im ersten Teil nur Frauen, im zweiten aber nur Männer zu Wort kamen. Bloß dass die Frauen ausnahmslos zur Spezies Opfermutanten gehörten, während die Männer zu 50 Prozent mit selbstgeisslerischen Vollidioten durchmischt waren. Unglaublich, aber man ist ausnahmsweise mal erleichtert, dass nur so wenige diesen Kanal ansehen!
http://www.arte-tv.com/de/woche/244,broadcastingNum=455014,day=4,themaNumber=455014,wee...

Da ließ sich dann auch kurz darauf der WDR nicht lange bitten. Dort durften am 20. April unter dem Titel „Angst vor Papa“ ein paar paranoide Mütter demonstrieren, dass sie ganz furchtbare Angst haben, wenn die Kinder zu ihrem Vater „müssen“. Mit welcher Rücksichtslosigkeit Jugendämter und Familiengerichte das Umgangsrecht der Kinder durchsetzten, wurde uns in wort- und tränenreichen Schilderungen dargelegt. Ein kleiner Junge, der zwei Stunden betreuten (!) Umgang mit seinem Vater ertragen musste, habe geschrieen, während der Mutter angedroht worden sei, sie dürfe nicht intervenieren, sonst würde ihr der Junge weggenommen – erzählt diese Mutter einfach mal in die laufende Kamera. Als ihr Sohn wieder rausgekommen sei, habe er ausgesehen, „als wenn er aus der Hölle gekommen wäre“. Das ganze verlogene Gepladder ohne jeden kritischen Einwand oder Nachfragen wird bei WDR und dem produzierenden NDR einfach so stehen gelassen – und gesendet!

Leider entsprach das sowas von gar nicht den Realitäten im Familienrecht. (Fall Görgülü siehe oben!) Aber weil die Frauen „aus Angst“ Wert darauf legten, dass ihre Männer bzw. die Väter ihrer Kinder NICHT zu Wort kamen, blieb dieser gesamte westdeutsche Scheißdreck eine dreiviertel Stunde lang unwidersprochen. Als Ausgleich wurde irgendwann kurz im Untertitel angekündigt, dass auch der WDR demnächst den Film „Die Ohnmacht der Väter“ ausstrahlt. Das ist wahrer Pluralismus: Geisteskranke und vor Selbstgerechtigkeit schier platzende Mütter dürfen die Väter ihrer Kinder beleidigen und kriminalisieren, woraufhin diese dann gerade mal die Gelegenheit bekommen zu erläutern, wie dieses Denunziationssystem funktioniert und welche Auswirkungen es hat. Toller Journalismus, das!

DIE wissenschaftliche Erkenntnis für den Mai und die neue Biergartensaison: „Allein das Lesen von Begriffen wie Bier, Sekt oder Schnaps kann die männliche Lust auf Sex steigern, wie Psychologen jetzt herausgefunden haben.“ http://www.spiegel.de/wissenschaft/erde/0,1518,353990,00.html Fragt sich im Umkehrschluss, ob wir deswegen immer so durstig sind, weil wir so unsere Triebhaftigkeit schamhaft sublimieren.

Es gab aber noch einen Beitrag, der uns gefallen hat: „Warum dürfen Kinder nicht schon mit zwei Jahren in die Kita? Warum ist es unter Kollegen geradezu geächtet, dass Väter Elternzeit nehmen? Warum endet die Schule mittags? Warum müssen in Deutschland Zehnjährige die finale Entscheidung fürs Studium fällen? Warum kostet der Kindergarten viel Geld, die Uni dafür keinen Cent? Warum ist die Karrierefrau, die nach sechs Monaten in den Job zurückkehrt, eine Rabenmutter? Warum denunziert man unverheiratete Paare als ‚wilde Ehen’? Warum halten in solchen Beziehungen automatisch die Mütter das Sorgerecht? Nirgends ist die Rate an altbackenen Antworten und Beleidigungen von Lebensstilen so hoch wie bei ‚Familie’.“ http://www.taz.de/pt/2005/04/15/a0214.nf/text

Unser Info ist im Folgenden etwas anders, weil wir wenig gefunden haben, das eine ausführlichere Kritik gelohnt hätte – und die wir nicht schon längst fünfmal abgenudelt hätten. Heute also das:

1. Eine schöne Presseerklärung von MANNdat zum Girl’s Days.

2. Ijoma Mangold schrieb in der „Süddeutschen“ über ein paar Mythen der modernen Geschlechterbeziehungen – und demontierte sie auf ganz wunderbare Weise.

3. Fantasielose Zeitgeister halten „links“ und „feminismuskritisch“ für inkompatibel, weil sie politische Korrektheit für feministisch halten (da ist was dran) und obendrein für eine linke Erfindung (obwohl sie direkt aus dem Konservatismus herrührt.) In Zeiten der ideologischen Unübersichtlichkeiten, über die seit Mitte der Achtziger lamentiert wird, geht tatsächlich einiges, wenn auch nicht anything! Das mag nicht für alle Stammleser des RoteMännerInfos interessant sein. Sei’s drum!

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Girl’s Day 2005:
JUNGEN MÜSSEN WEITER DRAUSSEN BLEIBEN

Stuttgart, den 27.04.05: Nicht erst PISA 2000 hat gezeigt, dass Jungen die großen Verlierer der deutschen Bildungs- und Jugendpolitik sind. Die männliche Jugendarbeitslosenquote ist um über 40% höher als die weibliche. Die Bildungsbeteiligung der Jungen nimmt stetig ab. Trotzdem werden Jungen aus geschlechtsspezifischen bildungs- und jugendpolitischen Maßnahmen ausgegrenzt. Seit 2001 eröffnet der Girls` Day Mädchen, durch Einblicke in die konkrete berufliche Praxis, neue Chancen und Perspektiven für geschlechtsuntypische Wege. Doch bräuchten nicht alle Jugendlichen – Mädchen wie Jungen – neue Chancen und Perspektiven?

Das Bildung Forum, ein Gremium aus Bildungsfachleuten, hat schon kurz nach dem PISA-Schock die gleiche Teilhabe von Mädchen wie Jungen an Maßnahmen zur Erweiterung des Berufswahlspektrums auf geschlechtsuntypische Berufsbereiche empfohlen. Jungen wird außer in Brandenburg diese gleiche Teilhabe durch deren Ausgrenzung am Zukunftstag jedoch gezielt verwehrt.

Dr. Bruno Köhler von MANNdat e.V.: „Geschlechterpolitik erschöpft sich bislang leider mit der Frauenfrage. Doch eine glaubwürdige Geschlechterpolitik kann nicht dort aufhören, wo sie auch männlichen Mitbürger ansprechen muss. Wir appellieren an alle Politikerinnen und Politiker, die Jungen ausgrenzende Bildungs- und Jugendpolitik zu beenden und allen Jugendlichen neue Perspektiven zu geben – unabhängig vom Geschlecht.“

MANNdat e.V. ist ein gemeinnütziger, bundesweit tätiger Verein mit Sitz in Stuttgart, der Benachteiligungen von Jungen und Männern bekannt machen und beseitigen möchte.
Weitere Informationen: MANNdat e.V., E-Mail: info@manndatde, www.manndat.de

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DER KALTHERZIGE ERNÄHRER, DIE LIEBENDE VERLASSENE

„Vater, Mutter, Kind – herrlich als Familie. Aber wehe den Männern, wenn es zur Trennung kommt.“ Ihr versteht, dass ein so überschriebener Beitrag in der Süddeutschen uns neugierig machen muss. Dann aber war dieser Aufsatz von Ijoma Mangold so mitreißend, das wir nicht nur einen unserer beliebten Lesebefehle aussprechen, sondern euch auch gleich mit einem größeren Auszug überzeugen wollen:

„Als es noch das FAZ-Magazin und damit jenen Fragebogen gab, den Marcel Proust ‚gleich zweimal in seinem Leben’ ausfüllte, gab es zwei Fragen, die – egal ob von jung oder alt, Mann oder Frau, rechts oder links – zu achtzig Prozent in der selben Weise beantwortet wurden. Die erste lautete: Was ist ihr größter Fehler? Von fünf Befragten antworteten vier mit: Ungeduld. Die Erbärmlichkeit, nur das als Fehler einzugestehen, was die Leistungsgesellschaft in Wahrheit am höchsten prämiert – die immerwährende Produktivität, die schöpferische Rastlosigkeit, bei der die mittelmäßigeren Naturen einfach nicht mitkommen und so ins Visier der Ungeduld geraten –, diese Erbärmlichkeit schien den meisten überhaupt nicht bewusst zu sein.

Die zweite Frage lautete: Wer sind ihre Heldinnen in der Wirklichkeit? Da bekam man regelmäßig zu lesen: Alleinerziehende Mütter. Waren die, die so antworteten, vom soziologischen Typus her dieselben, die vor lauter beruflicher Ungeduld das traute Heim samt Kinderzimmer geflohen hatten und nun noch einmal aus der Ferne den Hut zogen vor denen, die sie alleinerziehend zurückgelassen hatten? So einfach ist es nicht. Denn diese Antwort wurde von Männern so selbstverständlich gegeben wie von Frauen. So viel Konsens sollte immer ein Anlass zu gesteigertem Misstrauen sein.
Alleinerziehende Mütter. Man muss das laut aussprechen, um das moralisch Trompetenhafte dieser Antwort zu erfassen. Und wenn man dann genau Acht gibt, hört man auch das Verblasene, ja Verlogene darin heraus. Wer so spricht, möchte die besondere Tiefenschärfe seiner Sensibilität ausstellen. Er möchte sich als progressiver Zeitgenosse empfehlen, der sich vom äußerlichen Ruhm der Manager-Etagen und Politbüros nicht beeindrucken lässt, sondern tiefer blickt, dahin, wo das unscheinbare, aber wahre Heldentum der Selbstaufopferung ohne große Worte zu finden ist. Der jene Anerkennung, die die Gesellschaft als ganze der alleinerziehenden Mutter schuldig geblieben ist, durch seinen individuellen Akt des Respekts wiedergutmacht.

So fortschrittlich und zeitkritisch sich diese Antwort dünkt, sie ist nicht nur von einer klebrigen Pastorenhaftigkeit, sie zementiert in Wahrheit die traditionellen Geschlechterrollen. Fast wie eine Pieta wird die Mutter hier imaginiert. Sie beweist Stärke und Beständigkeit im Verlassensein. Es ist die ins moderne Kostüm gekleidete Kriegerwitwe, die noch einmal aufscheint.

Sie ist die Verlassene, ja, die Sitzengelassene, die nicht verzagt und auch nicht den Kopf hängen lässt, sondern alles dafür tut, damit in dieser schwierigen Situation das Kind trotzdem pünktlich zum Klavierunterricht kommt. Dass Frauen möglicherweise alleinerziehende Mütter sind, weil sie es so und nicht anders wollen, kommt in diesem Denkhorizont nicht vor. Noch viel weniger, dass sie es möglicherweise sind, weil sie sich im Kampf ums Sorgerecht gerichtlich durchgesetzt haben. Ganz zu schweigen von der zugegeben zünftig-konservativen Überlegung, dass der Verbleib in der Institution Familie vielleicht die heroischere Leistung wäre.

Der französische Schriftsteller Charles Péguy sprach 1910 davon, der wahre Abenteurer der Zukunft sei der Familienvater. Nur er allein, heißt es in hochgemutem Ton, engagiere sich buchstäblich mit seiner ganzen Existenz. Verglichen mit ihm seien die anderen klassischen Vertreter des Abenteurertums – der Libertin, der Spieler, der Hochstapler – nur, wie soll man sagen, Leichtmatrosen, verantwortungslose Individualisten. Und das, meint Peguy, sei nicht eben viel. Der Familienvater hingegen muss sich in ungeheuren Weiten bewähren. Er gibt sich mit allen Gliedern hin, ja, seine Leidensfähigkeit geht über seinen eigenen Körper hinaus und erstreckt sich über seine Kinder und Kindeskinder in die Zukunft hinein. Indem er über seine Kinder ein Leben in voller Breite führt, bietet er auch mehr Angriffsflächen als der hasardeurhafte Abenteurer.

Und das heißt vor allem: Der Familienvater ist oft nur noch ein Vater. Aber was heißt hier nur? Was Péguy als die existentielle Erweiterung des Familienvaters auf seine Töchter und Söhne beschreibt, dieses sich über die eigene Person hinaus Auf-die-Welt-Einlassen, wird dadurch in nichts geschmälert.

Nur dass dem Vater dieses Abenteuer heute oft juristisch-gesellschaftlich verwehrt wird. Wer also das Geschlechterverhältnis für die Zukunft neu zu denken versucht, der sollte sich nicht mehr ausschließlich am Bild der alleinerziehenden Mutter orientieren, sondern auch den Vater als Abenteurer im Péguyschen Sinne miteinbeziehen. Ja, man könnte sich geradezu eine Männerbewegung vorstellen, die dieses Recht auf das volle Verantwortungs-Abenteuer einklagt.

Die offizielle gesellschaftliche Selbstverständigung führt zu einem Großteil eine Gespensterdebatte. Eine nämlich, deren Referenzgröße immer noch das ist, was man seit den siebziger Jahren – in stets leicht aktualisierter Modifikation – den neuen Mann nannte. Dieser war strukturell ein solcher, den man konditionieren musste, auch mal den Schnuller abzukochen und sich innerlich so locker zu machen, dass er ganz zart eine emotionale Beziehung zu seinem Kind aufbauen kann. Die Gewichte in der Kleinfamilie sollten ein bisschen verschoben werden, während jedoch die grundsätzliche Privilegierung der Mutter im Zugriff auf die Kinder eher noch zementiert wurde (das lässt sich heute wieder bei der Frage der Vaterschaftstests beobachten).

Es ist süß und ehrenvoll, Kinder aufzuziehen. Wenn dies im Rahmen einer intakten, konventionellen Familie geschieht, ist es schön. Dies tut es aber in immer mehr gesellschaftlich längst signifikanten Fällen nicht – und da wird dem Mann dann in kaltherzig-vorgestriger Weise die Teilhabe an dieser Süße und Ehre verweigert. Das Grundgesetz stellt „Familie und Ehe“ unter den Schutz des Staates. Es tut dies in einem Atemzug, weil es davon ausgeht, dass des Staates berechtigtes Interesse an Reproduktion und Aufzucht des Nachwuchses mehrheitlich in der Institution Ehe realisiert wird. Dies widerspricht – zumal in urbanen, akademisierten Milieus – schon lange der Norm. Familie und Ehe sind keineswegs die Einheit, als die sie das Grundgesetz auffasst. Gleichwohl schafft der Staat ein Anreizsystem vor allem durch Steuervorteile, das seine Bürger in den Hafen der Ehe lockt. Im Falle des Scheiterns aber, genau dann, wenn es wirklich teuer wird, entzieht er den Beteiligten die finanziellen Vorteile und privilegiert in eklatant einseitiger Weise die Mütter. (…)“

So, Freunde, eins ist gewiss: Ihr WERDET weiterlesen, nicht wahr? Hier findet ihr das komplette Teil, das schon am 19. Februar erschienen ist: http://www.sueddeutsche.de/kultur/artikel/922/49873/

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Häufig fragen die Leute uns, warum wir denn immer noch „links“ und „rot“ sein wollten, wo es doch so vieles gibt, was an den „Linken“ und den „Roten“ auszusetzen ist. Ich weiß, was diese Menschen denken. Und sie haben Recht. Ein bisschen! Trotzdem neigen wir dann immer wieder zur Zuflucht in kindlichen Unernst: Muss man sich im Ernst als Sozialdemokrat für „Linke“ rechtfertigen? Wer ist denn das? Wenn WIR das sind, finden wir es allerdings okay, da können wir euch nicht helfen. Und wir finden tatsächlich, dass wir das sind, weil man uns früher gesagt hat, die Linken, das sind die Guten. Heute sehen wir das differenzierter:

LINKS UND FEMINISMUSKRITISCH – SCHÖNER LEBEN MIT DEM TABUBRUCH

Seien wir mal vorneweg ein wenig pathetisch: Ein RoterMann zu sein heißt, Prinzipien nicht durch Dogmen, und schon gar nicht durch Autoritäten, zu ersetzen. Links sein heißt für uns kritisch zu bleiben, auch und gerade gegenüber dem scheinbar Selbstverständlichen – aber auch gegenüber denen, die gegen das bisher Selbstverständliche neue, andere Selbstverständlichkeiten etablieren wollen. Nichts ist selbstverständlich. Alles bedarf der Begründung und Legitimation. Außer der Natur und dem Menschen selbst. Folgerichtig sind wir auch der Ansicht, dass die GÄNGIGEN Auffassungen davon, was „links“ und „rot“ ist, tatsächlich nur einer landläufigen parlamentarischen Gesäßgeographie entsprechen, die analytisch ziemlich nichtssagend ist. Wir holen mal etwas weiter aus, bevor wir wieder zum Scherzen kommen:

So stellten sich kürzlich die „Freunde der offenen Gesellschaft“ vor: http://gesellschaftsfreunde.blogspot.com/2005/03/einladung-zu-einem-ersten-treffen-der.... Das sind Leute, die sich irgendwann mal selbst ziemlich links gefühlt haben. Obwohl sie heute die (scheinbar linke) politische Romantik kritisieren, waren sie vermutlich ihrerseits eher aus romantischen Gründen „links“. (Romantik als ästhetisiertes Denken in Kategorien von Gut und Böse, Freund und Feind, Opfer und Täter.) Es geht um Leute, die zu ihrer eigenen Überraschung desillusioniert sind, vielleicht weil die historischen Notwendigkeiten nicht so gekommen sind, wie es die dogmatischen Marxologen vorausgesagt hatten. Das hat mit enttäuschter Liebe zu tun. Aber andererseits auch mit Lernfähigkeit, das sollte man nicht übersehen. Wenn wir lesen, was die bösen Linken ihnen früher alles ins Ohr geträufelt haben müssen, und womit sie heute nichts mehr zu tun haben wollen, dann amüsiert uns das klammheimlich ein wenig, konnten wir doch die Dogmatiker früherer Zeiten genauso wenig leiden wie die von heute. Erstaunlich nur, wenn deren Anhänger heute häufig entgegengesetzten Dogmen hinterherdackeln, hier und da ein Bein hebend, anstatt grundsätzliche Denkstrukturen zu prüfen. Romantiker sind sie nämlich, wie es scheint, immer noch.

Die ersten beiden Drittel des Gründungspapiers der o.a. „Freunde…“ sind – angesichts der konzedierten Jugendsünden – von einer Selbstgerechtigkeit, die schwer zu toppen ist. Das liest sich streckenweise schön und ist auch an einigen Punkten bedenkenswert. Aber Wertvorstellungen zu canceln, weil deren Realisierung misslungen ist und die Methoden verwerflich waren, ist ziemlich Banane. „Die Internationale erkämpfte das Menschenrecht“ – durch schlimmste Menschenrechtsverletzungen. Und das Leiden am Widerspruch gebiert manchen Unsinn. Sind die Menschenrechte jetzt ein Irrtum? Natürlich nicht! Sonst dürfte ich auch nie mehr Bratfisch essen, weil er doch beim ersten Mal Gräten hatte. Komischerweise dreht das ganze programmatische Papier im letzten Drittel auf wundersame Weise von einer zunächst erzkonservativen in eine eindeutig sozialliberale Richtung – und liegt dann gegen Ende voll auf unserer Linie. Merkwürdige Konsequenz!

Sympathischer hätten wir ein Plädoyer dafür gefunden, Weltbeglückerposen zu unterlassen. Aber nicht, nachdem man sein eigenes Weltbeglückertum erst mal über zehn Seiten breitgewalzt hat! Diese Haltung finden wir bei einer moralisch von sich selbst ganz begeisterten Linken ebenso wie bei einer penetrant auf der Unveränderbarkeit des Bestehenden beharrenden Rechten. Heute finden wir sie manchmal am aufdringlichsten bei denen, die sich selbst für die Liberalsten halten. Und in der offenbar in Mode kommenden Verabschiedung kritischen Denkens (und Kritischer Theorie) findet sich die Weltbeglückerpose nachhaltig.

Apart wird es, wenn gleich alle Spielarten dieses kritischen, aufgeklärten Denkens dafür in die Pflicht genommen werden, dass es heute einen antiemanzipatorischen Feminismus mit erheblichem Einfluss auf das staatliche Handeln gibt. Richtig ist: SPD und Grüne haben sich diesem antiemanzipatorischen Feminismus sehr bereitwillig als Wirtstiere angedient und sind heute nicht mehr in der Lage, sich wirksam dagegen zur Wehr zu setzen. (Der schulterzuckende Fatalismus, mit dem in der SPD die Eskapaden der Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Frauen ASF registriert werden, sind uns wohl vertraut!) Und weil die Linken früher dabei waren, mussten sich die Bürgerlichen mit Rita Süßmuth und Heiner Geissler zufrieden geben. Sie hätten aber schon gerne mehr partizipiert! Wenn also einige ihrer heutigen Apologeten denken, dort wäre alles besser, dann mögen sich selbst geistige Grobmotoriker von der CSU die Hände reiben, dass die Bündelung gegensätzlichster Interessen den Schwarzen so trefflich gelingt: Weiterhin das eine Geschlecht zu protektionieren und gleichzeitig das andere dazu zu bringen, dies trotzdem gut zu finden – das nötigt Respekt ab – rechts wie links.

„Jede (!) linke Theorie glaubt die Mechanismen der Unterdrückung vollkommen zu durchschauen.“ schreiben die „Freunde der offenen Gesellschaft“. Abgesehen davon dass alle politischen Theorien, auch die rechten, glauben, der Weisheit letzten Schluss erfunden zu haben, war es wohl vor allem die frühere linke Theorie dieser Geläuterten selbst, von der sie hier ausgehen. Die linken Debatten zwischen Reformisten, Antirevisionisten (Dogmatikern), Stalinisten, Eurokommunisten und Spontis haben sie offenbar übersehen. Und – natürlich – die Behauptung, „die“ Linke hätte den Stalinismus billigend in Kauf genommen (dessen erste Opfer Sozialdemokraten, Menschewiken, Trotzkisten waren). Man kann auch die eher pubertären Linksaktionisten („Globalisierungskritiker“) kritisieren – aber auch das ist nicht „die“ Linke.

Die Kritik bekehrter Liberaler und vieler Männerbewegter an den feministischen „Linken“ bleibt bis heute ein analysefreies Kratzen an Symptomen. Nicht zuletzt weil das, was ihnen vorgeworfen wird, von der anderen großen Volkspartei und den Pünktchen-Liberallas von der FDP nur weniger verbalradikal intoniert wird. Bleibt die Scheidungsrechtsreform der 70er Jahre: Die kann man der SPD wirklich vorwerfen. Und der FDP auch, denn damals wurde sie ja von einer sozialliberalen Koalition beschlossen. Die Steinalten und Beleseneren erinnern sich.

Leider haben die männerbewegten Kritiker der Linken es aber auch nicht fertig gebracht, mal zu sagen, was an dieser Scheidungsrechtsreform vor 30 Jahren falsch – und was richtig war. Und wieso die Fehler in 16 Jahren unter dem „Dicken“ nicht rückgängig gemacht worden sind. Auskunft würden wir uns darüber wünschen, ob es etwa ein Fehler des zweifellos „links“ beeinflussten Gesetzgebers war, dass Frauen irgendwann nach den 1950er Jahren auch dann eine Arbeit annehmen durften, wenn keine schriftliche Einwilligung ihres Ehemanns vorlag. Wer das heute wieder zurückdrehen will, sollte es offen sagen – und sich damit wunderbar blamieren. Oder seine Worte wägen!

Oder nehmen wir das sogenannte Gewaltschutzgesetz, das von unionsregierten Ländern mit derselben triumphalen Auflistung von tatsächlichen oder unterstellten Erfolgsfällen vollstreckt wird wie von den Rotgrünen, weil Männer a priori (und fast universell) den Rechten wie den Linken heute als Täter gelten. Prüfen kann man deren Verurteilung ja später.

Dass linke Politik ebenso wie die real existierende Sozialdemokratie durch den Verdammungsfeminismus (Amendt) diskreditiert wird, haben die RotenMänner in ihrem Manifest schon 2001 festgestellt. (Soviel Resolutionsexegese muss jetzt sein!) Dass die Feminismuskritik hier und da selbst durch reaktionäre Vorgestrige diskreditiert wird, steht allerdings ebenso außer Frage! Auffälligerweise sind hier und da offenbar auch wieder ein paar Romantiker am Werk, die es gerade schick finden, die Rechte der Männer für ganz andere Zwecke zu instrumentalisieren.

Eine manchmal witzige Gesamtkritik dessen, was in den letzten 40 Jahren als links galt, stammt von Michael Miersch und Dirk Maxeiner. http://www.maxeiner-miersch.de/ Und würden sie nicht am guten Schluss allzu oft ihr Bekenntnis zu George W. Bush abgelegen, man wäre ab und zu geneigt, es ein wenig intensiver wirken zu lassen. Zeit für eine solche Auseinandersetzung wäre es, nachdem die inneren Widersprüche und die vor-aufklärerischen Grundkonstellationen konservativen Denkens längst aufgedeckt wurden. Gerade erst hat sich Salman Rushdie noch einmal mit der Vorgestrigkeit einer irrationalen Religiosität in der anglo-amerikanischen Kultur beschäftigt. Rushdie sollte wissen, wovon er spricht – und für die Feindbildprojektionen jeglichen Fundamentalismus besonders sensibel sein. Man darf ihm das zutrauen! http://www.zeit.de/2005/14/Relig_Wahn Der Inder Amitav Ghosh liegt auch nicht völlig daneben, wenn er feststellt, dass Freiheit vor allem „ein altes imperiales Versprechen“ ist – weil sie als Heilsbotschaft zu allen Zeiten auf’s Übelste missbraucht worden ist. http://www.zeit.de/2005/18/Kapitalismus_2_2fGhosh Und Mariam Lau von der „Welt“, die wir kürzlich noch mit einem netten Abgesang auf den Feminismus zitierten, kriegt offenbar bei Papst Ratzinger die Krise, weil ihr der zu konservativ ist! Ist es nicht beruhigend, dass es zwischen den Varianten „doof links“ und „doof rechts“ noch Möglichkeiten für differenziertes Denken zu geben scheint? http://www.spiegel.de/politik/debatte/0,1518,352597,00.html Natürlich, das Moralisieren ist nervig, was Wiglaf Droste unnachahmlich böse auf den Punkt brachte: „Die Steigerung des Christen ist der kritische Christ: Anstatt den Kirchenunfug einfach liegen zu lassen, heult der Besserchrist sich über die Kirchenführung aus. Problematisch ist aber nicht Ratzinger oder ein anderer Kirchenführer, sondern jeder, der um den Preis seines Kopfes unbedingt glauben will. Wer Christa Nickels zuhört, ahnt, warum es Löwen gibt.“ http://www.taz.de/pt/2005/04/22/a0219.nf/text

Immerhin, von George W. Bush muss Salman Rushdie bisher noch keine neue Fatwa erwarten. Dergleichen müssen bislang nur amerikanische „Abtreibungsärzte“ von einigen der Wähler dieses amerikanischen Präsidenten fürchten. Ob das reicht, um sich für amerikanische Frömmler zu begeistern, zu deren festem Weltbild die Jungfrauengeburt ebenso gehört wie die entschiedene Verdammung der Evolutionstheorie, die in einigen amerikanischen Staaten inzwischen im Schulunterricht verboten ist? Es schafft Beklemmungen, wenn intelligente Menschen wie Maxeiner & Miersch solche zentralen Bekenntnisse zum intellektuellen Frühmittelalter bewußt und bedenkenlos in Kauf nehmen. Sie haben offenbar keine Probleme mehr mit gesellschaftlichen Gruppen, für die das Höchstmaß an statthaftem gesellschaftlichem Fortschritt vermutlich die Dreifelderwirtschaft ist. Dass diese Borniertheiten in den USA auf dem Vormarsch sind, stellen sie in Abrede, obwohl über die Hälfte der Amerikaner sich inzwischen selbst als „Fundamentalisten“ ansieht. Christliche natürlich, denn die Anderen sind schließlich die Achse des Bösen. Und gegen diese steht eben am konsequentesten jene Achse des Blöden, in die Maxeiner und Miersch sich gerne einreihen möchten.

Wie verabscheuungswürdig die „linke“ SPD ist, offenbarte exemplarisch ihre Berliner Gliederung, als sie einen obligatorischen Werte- und Ethikunterricht beschloss anstelle der bisher lediglich freiwilligen Teilnahme an dem Fach Religion. Wohlgemerkt: Religion soll als fakultatives Fach fortbestehen wie bisher, obwohl schon bisher kaum einer hinging. Nicht mal die Zuschüsse werden gekürzt. Nun soll ein obligatorischer Werteunterricht dazu kommen. Dass die christlichen Kirchen im Verein mit Angela Merkel das als Kampfansage interpretieren, spricht Bände. „Seelenlose Religionskunde könne den Religionsunterricht nicht ersetzen.“ zitiert die „Welt“ den evangelischen Bischof Huber. „Seelenlos“ – das kennzeichnet offenkundig das Zeitalter der Aufklärung, das trockene Rationalität gegen einen herzerwärmenden Aberglauben setzt. Sie verteidigen in einer multiethnischen und multireligiösen Stadt ihre Pfründe gegen das legitime Interesse der Gesellschaft, sich über soziale Orientierung religionsübergreifend zu verständigen. Leitkultur nennen bornierte Gipsköpfe das und nehmen den faktischen Ausschluss zehntausender Berliner Muslime aus dieser Diskussion billigend in Kauf. Um sich später maßlos zu wundern, dass deren Kinder nur die archaischen Werte kennen, die noch immer in vielen ihrer Familien gelten.

Bei Allem, was wir selbst inzwischen an manchem Kombattanten früherer (und auch heutiger) Zeit auszusetzen haben, lehnen wir Erkenntnisse nicht schon deswegen ab, weil irgendein Großmufti sie als „links“ oder „rechts“ enttarnt. Wenn einer sich dem Feminismus nahe wähnt, muss er deswegen noch nicht falsch liegen mit der Erkenntnis, dass der jüngste Irakkrieg a) durch Lügen legitimiert wurde und b) mit zigtausend zivilen und militärischen Opfern einen merkwürdigen Sinn für Preis und Leistung offenbart. Wessen Haltung wir in dieser Frage dagegen billigen, der muss deswegen nicht naturnotwendig auch in seiner China- und Russland-Politik Recht haben. Und schon gar nicht in seiner Geschlechterpolitik. Wir sehen uns urplötzlich mit unserer großen Sympathie für manche liberale CDU-Frau konfrontiert, während wir bei vielen rotgrünen Doppelnamen-Quarktaschen nur noch abkotzen möchten. So kompliziert kann das Leben sein! Für ein eiferndes Bekennertum eindeutig zu schwierig.

In den 80er Jahren waren es die dogmatischen Linken, die jede Ansicht für falsch erklärten, wenn bloß ein „Rechter“ sie teilte. Ein besonders strunzdummer Teil des Bürgertums andererseits verlangte, wir sollten „doch rübergehen“. In die DDR, ohne Rückfahrkarte. Heute sind viele der Pseudolinken von einst geläutert und saturiert, erklären uns aber mit derselben Verve und Dogmatik, warum einzig das Gegenteil von dem richtig ist, was sie vor 20 Jahren vertraten. Hütet euch vor diesen Schwätzern! Auch wenn sie vereinzelt mal was Schönes schreiben. Früher hielten die UNS für untragbar, weil wir zu „rechts“ waren. Heute finden sie uns daneben, weil wir zu „links“ sind. Tatsächlich waren wir wahrscheinlich weder gestern noch heute das Eine oder das Andere, so wie DIE es sich vorstellten. Und DAS können die Setzkasten-Erotiker am allerwenigsten ertragen!

Selbst, wenn einzelne ihrer Argumentationen den Unseren nicht unähnlich sind, so sind sie eben doch möglicherweise an einigen wenigen Stellen ein bisschen dick aufgetragen, zumal wenn die unerlässliche Ironie so vollständig fehlt wie hier: http://www.maxeiner-miersch.de/standp2005-02-09a.htm Die größten Kritiker der Elche waren früher selber welche. Diese Erkenntnis sollte Anlass genug sein, das selbstgerechte Salbader zurückhaltender, mit ein wenig mehr Selbstdistanz, zu intonieren. Ansonsten verspricht die Dabatte spannend zu werden. Und hoffentlich ein bisschen witzig.

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Diesen informativen Leserbrief geben wir gegen Ende gerne an euch weiter: „Hallo, ihr wackeren Kämpfer gegen die feministische Einäugigkeit der SPD. Wir, einige gleichgesinnte Männer, haben uns in ähnlich schonungsloser Weise wie ihr dem Thema zu nähern versucht und einen kleinen Verlag gegründet. Wir konnten als überzeugten Mitstreiter Dr. Heribert Mooslos, Leiter des renommierten "Weißglut-Instituts" gewinnen, der in einer eigenen Reihe Stellung bezieht zu drängenden Fragen unserer Zeit. Als zweiten Band hat er nun die "Studie" ‚Was Männern nach der Scheidung bleibt’ veröffentlicht. Gerne senden wir euch ein Exemplar dieses in seiner Klarheit einmaligen Werkes zu! Vielleicht könnt ihr ja über die "Roten Männer" und sonstige Kanäle zu einer raschen Verbreitung seiner Erkenntnisse beitragen. Schaut doch mal rein unter: www.edition-die-nische.de“

Nach Inaugenscheinnahme des genannten Werkes finden auch wir, dass das Buch ein wunderbares Geschenk für jeden Wahnsinnigen ist, der heiraten will. Wenigstens kann er einem später nicht vorwerfen, man hätte ihm nichts gesagt…

Abschließend ein wichtiges Problem, dem in unserer männerfeindlichen Welt zu wenig Beachtung zukommt: Frauen dürfen Handtaschen tragen. Nur für eine sehr kurze Zeit, im Jahrzehnt des schlechten Geschmacks, den 70er Jahren („Zeit“), gab es dergleichen für unsereinen. Und das, obwohl man damals noch gar nicht solche Probleme wie heute kannte, da neben Brieftasche und/oder Geldbeutel auch Kondome, Taschentelefone und diverse Ladegeräte ihren Platz fordern. Das Rauchen haben sich Viele von uns nur deswegen abgewöhnt, um eine Sakkotasche mehr frei zu haben für DAS Accessoire unserer Zeit, die Digitalkamera. Die Altmodischeren, die noch nicht auf MP3 umgestiegen sind, tragen außerdem ihren schweren alten Walkman auch schon ins 20. Jahr. Wo soll alles hin, wo doch ausgebeulte Hosen- und Jacketttaschen absolut unsexy sind, während Bauchtaschen und Rucksäcke nicht in jedem soziologischen Segment zulässig, ebenso wie die äußerst nützlichen Safariwesten. Rettung naht, das Herrenhandtäschchen kommt zurück, fanden jetzt einige Trendforscher in der „taz“ heraus. Wir fürchten aber, nach der „Rückkehr des Herrenhandtäschchens“ folgt unweigerlich der dritte Teil, die „Rache des Herrenhandtäschchens“ – wenn sich das Ding dann doch nach wenigen Wochen als mega-uncool herausstellt und umgehenden Sexentzug bedeutet. http://www.taz.de/pt/2005/04/20/a0193.nf/text

Okay, Freunde, das war’s, wir hoffen euch nicht gelangweilt zu haben. Oder vielleicht doch, dann könnten wir im Sommer unsere haarigen Bäuche bräunen und müssten nicht ständig recherchieren und schreiben, schreiben und recherchieren. Wie dem auch sei, und was immer ihr tut: Wenn ihr euch FÜR ein Handtäschchen entscheidet, dann seid bitte so gut und schlenkert nicht damit herum. Das würde vor allem am Vatertag kein gutes Licht auf die Männer werfen!

Weiß Euer RedManAlex
(03.05.05)


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