@Maesi
Hallo Maesi!
Leider bin ich in den letzten Tagen nicht zum Lesen und Posten gekommen, und Dir daher inzwischen schon etliche Antworten schuldig.
Inhaltlich ging es in erster Linie um den Arbeitsmarkt. Bei diesem Thema haben wir wohl sehr gegensätzliche Ansichten. Mein Eindruck ist, daß Du die Zustände so akzeptierst, wie sie sind. Der Sinn vieler Verhältnisse, z.B. der Anforderungen in vielen höherdotierten Jobs oder der Besser- oder Schlechterbezahlung in den verschiedenen Branchen wird von dir nicht hinterfragt, sondern als gegeben hingenommen. Ja, Du erklärst damit sogar die von mir angeprangerten Ungerechtigkeiten, als seien die Verhälntisse unveränderlich und unantastbar.
Da du als traditionell denkender Mann am wenigsten durch die Verhältnisse benachteiligt wirst, kann ich verstehen, wenn du an Veränderungen weniger interessiert bist als ich.
Nur wird bei so unterschiedlichen Prämissen eine Auseinandersetzung ziemlich fruchtlos. Denn ich finde die Verhältnisse alles andere als gut. Ich finde das ganze System total krank. Die Menschen werden immer mehr ihrer Natur entfremdet und flüchten sich zwangsläufig in immer mehr Süchte, um dies nicht wahrnehmen zu müssen. Und alle, die nicht nur an materiellem Wohlstand interessiert sind, werden dadurch benachteiligt. Alle, die andere Prioritäten setzen, z.B. ein Leben mit Kindern und vielleicht auch mit Alten zusammen genauso wichtig finden wie die Berufsarbeit, werden diskriminiert. Und das sind sehr viele Frauen und auch inzwischen etliche Männer. Durch die Geringerbewertung von Tätigkeiten, die am liebsten von Frauen ausgeführt werden, werden Frauen zusätzlich benachteiligt, und außerdem werden diejenigen Männer, die ebenfalls eine Neigung dazu haben und gerne darin arbeiten würden, davon abgehalten.
(Von der Ausbeutung der ärmeren Länder und der Zerstörung unserer Umwelt will ich gar nicht erst reden, das macht alles noch unendlich viel schlimmer, würde aber hier den Rahmen sprengen.)
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Das einzige Argument, das du gegen eine Teilzeitbeschäftigung von Männern vorgebracht hast, ist in meinen Augen keins: du meintest, daß bei einer Trennung auch ein teilzeitarbeitender Vater noch keine große Chance darauf hat, das Sorgerecht und Aufenthaltsbestimmungsrecht für die Kinder zugesprochen zu bekommen.
Dieses Argument macht deshalb keinen Sinn, weil der Grund für diese Praxis der Gerichte ja gerade darin liegt, daß aufgrund der bestehenden Verhältnisse in den Köpfen der Richter die entsprechenden Vorurteile herumspuken. Z.B. daß Männer für Kinderbetreuung und -erziehung viel schlechter geeignet sind.
Wenn man die Lage für getrennte Väter verbessern will, sollte man doch diese Vorurteile der Familienrichter abbauen! Und das geschieht wohl kaum, wenn man die derzeitigen Verhältnisse zementiert, sondern doch wohl am ehesten, wenn man sie verändert: Je mehr Väter die eigenen Kinder betreuen und zu ihnen ein intensives Verhältnis aufbauen, desto mehr Richter werden Vätern Erziehungskompetenzen zutrauen und desto mehr Väter werden nach der Trennung ihren Kinder erhalten bleiben. So herum macht es Sinn!
Bei meinem Plädoyer für Teilzeitbeschäftigung für Männer hatte ich übrigens nicht nur an Väter gedacht. Schließlich gibt es auch Singles und kinderlose Paare. Auch für die kann weniger zu arbeiten mehr Lebensqualität bringen. Das [link=http://work-changes-gender.org/" target="blank]internationale Forschungsprojekt "Work changes gender"[/link] beschäftigt sich mit der Neuorientierung männlicher Lebensweisen. Vielleicht magst du Dir ja mal den
[link=http://home.t-online.de/home/dissens/wcg/Broschuere%20WCG%20Internetversion021111.PDF" target="blank]Kurzbericht[/link] dazu durchlesen?
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Nun zu Deiner Frage nach der Einkommenssituation der Frauen und Männer und dem Ungleichbezahlung:
Es gibt eine Studie des Bundesfamilienministeriums, die man [link=http://www.bmfsfj.de/Anlage19919/Bericht_Kurzfassung.pdf" target="blank]hier[/link] als Kurzfassung in pdf- Format herunterladen kann. Ich zitiere mal einige Sätze aus Seite 10:
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"(3) Die Erwerbstätigkeit von Frauen konzentriert sich vorwiegend auf Wirtschaftszweige mit geringen Verdienstmöglichkeiten. Die Verdienste in typischen Frauenbranchen sind vergleichsweise niedrig, die in Männerbranchen dagegen vergleichsweise hoch. Außerdem spielen Zulagen
bei den Männerverdiensten eine größere Rolle als bei den Frauenverdiensten. Mehr Männer als Frauen erhalten Zulagen und diese machen bei ihnen einen größeren Teil des Einkommens aus.
(4) Neben Unterschieden in der Höhe des Tarifeinkommens in Männer- und Frauenbranchen tragen auch bestimmte strukturelle Merkmale, wie z.B. Berufs- und Tätigkeitspositionen, dazu bei, dass die Einkommen von Frauen geringer ausfallen. So kommt in Westdeutschland 1997 eine Meisterin nur auf knapp 57 % des Einkommens ihres männlichen Kollegen; eine westdeutsche Nichtfacharbeiterin auf fast 75 %. In Ostdeutschland entwickeln sich (mit Ausnahme der einfachen und qualifizierten Berufe im ArbeiterInnenbereich) die Einkommen von Frauen und Männern sogar wieder auseinander. Allerdings ist dort - auf niedrigerem Einkommensniveau - der Einkommensabstand der Geschlechter nicht so groß wie im Westen.
(5) Da Frauen in der Regel eine kürzere Dauer der Unternehmenszugehörigkeit aufweisen, wirkt sich dies auf das gesamte Berufsleben aus und schlägt sich in einem größer werdenden Einkommensabstand im Laufe des Erwerbslebens zwischen Frauen und Männern nieder. Mit der Größe des Unternehmens steigt - absolut betrachtet - der durchschnittliche Verdienst sowohl der weiblichen wie auch der männlichen Beschäftigten an.
(6) Je höher das Ausbildungsniveau, umso größer fällt der geschlechts- spezifische Einkommensabstand aus. Zwar steigt mit zunehmender Qualifikation das Einkommen bei Frauen und bei Männern an, aber wie der Geschlechtervergleich zeigt, führt eine hohe Ausbildung bei Frauen nicht automatisch auch zu einem gleich hohen Einkommen wie bei Männern. Die geschlechtsspezifische Verdienstrelation (Vollzeit) liegt in Westdeutschland beim Fachhochschulabschluss bei 69 % gegenüber 82 % bei Beschäftigten ohne Ausbildung. D.h. Qualifikationsanstrengungen,
Übernahme von Verantwortung usw. zahlen sich für Frauen im Westen relativ
weniger aus als für Männer. Ebenso gilt, je älter die Frauen sind, desto größer ist zudem der Abstand zum durchschnittlichen Einkommen der gleichaltrigen Männer. Junge Frauen (20 bis 24 Jahre) verdienen mit 95 % (West) bzw. 99 % (Ost) fast annähernd so viel wie die gleichaltrigen
Männer, wogegen ältere Frauen (60 Jahre und älter) noch nicht einmal 66 % (West) bzw. 77 % (Ost) des Einkommens ihrer Altersgenossen erreichen.
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Die Ursachen für diese Benachteiligungen sehe ich genau wie bei den Männern hauptsächlich in den traditionellen Geschlechterrollenbildern:
Die frauentypischen Berufe werden deshalb schlechter bezahlt, weil sie geringer eingeschätzt werden. Das liegt daran, daß viele Menschen leider nur bezahlte Arbeit hoch eingeschätzt haben und die ganze unbezahlte Arbeit geringer. Nun arbeiten aber hauptsächlich Frauen unbezahlt, Männer viel seltener. Die Geringerschätzung ihrer Arbeit wirkt sich selbst dann noch aus, wenn Frauen gegen Geld arbeiten. Es reicht eine Frau zu sein, und schon glauben viele, deren Arbeit sei weniger wertvoll. 
Das wirkt sich dann selbst dort aus, wo Frauen in eher männertypischen Berufen arbeiten wie im Handwerk und in Berufen mit Studium. Immer noch wird Männern offenbar mehr zugetraut, wird ihre Arbeit höher bewertet.
Wenn Frauen eine geringere Zugehörigkeit zum Betrieb haben, die sich nachteilig auswirkt, so liegt auch das an ihrem Frausein, denn durch die Geburt und Erziehung von Kindern haben sie gar keine Chance auf eine langfristige ununterbrochene Erwerbsbiographie.
Männer schaffen es, ihren Tätigkeiten viel mehr Gewicht zu verleihen und sich besser zu präsentieren. Sie sind von klein auf darauf geeicht, sich und ihre Arbeit gut zu "verkaufen", egal ob die Qualität wirklich danach ist oder nicht. Frauen dagegen fehlt es aufgrund der jahre- bis jahrhundertlangen Schlechterbewertung oft am nötigen Selbstbewußtsein, so daß selbst hochqualifzierte Frauen eher ihr Licht unter den Scheffel stellen und sich unnötig mit Selbstzweifeln herumplagen und so noch zusätzlich ihr eigenes Fortkommen behindern.
An all diesen Mißständen sind die alten Geschlechterrollen schuld.
Und deshalb liegt mir unendlich viel daran, diese endlich zu verändern!
so, genug für heute.
Ich wünsche dir ein schönes Wochenende. 
ciao
Beatrix
gesamter Thread:
- @Maesi -
Beatrix,
16.11.2002, 05:15
- Re: @Maesi - Stefan G., 16.11.2002, 13:17
- Re: Studie zu geschlechtsunterschiedlichen Loehnen (was: @Maesi) - Maesi, 17.11.2002, 13:32