Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

Archiv 1 - 20.06.2001 - 20.05.2006

67114 Postings in 8047 Threads

[Homepage] - [Archiv 1] - [Archiv 2] - [Forum]

An allererster Stelle steht noch immer die Gesundheit der Kinder

Joachim, Friday, 15.11.2002, 19:34 (vor 8429 Tagen)

Dr. Edgar Dahl von der JLU sprach über Probleme der vorgeburtlichen Geschlechtsauswahl

GIESSEN (fod). Bei dem Begriff Reproduktionsmedizin dürfte bei vielen sicherlich gleich der Gedanke an so genannte Designer-Babys aufkommen. An Eltern, die sich die Augen- und Haarfarbe ihres zukünftigen Kindes oder gar dessen Intelligenz ähnlich wie bei einem Einkauf in einem Supermarkt nach Wunsch zusammenstellen. Die Realität aber sieht vollkommen anders aus. „Mit diesen Gegenargumenten wird viel Schindluder getrieben“, stellte Dr. Edgar Dahl vom Zentrum für Dermatologie und Andrologie der JLU klar. Nicht nur, dass weniger als zwei Prozent aller Babys ihre Geburt der Reproduktionsmedizin verdanken. Auch für entsprechende Wünsche der Eltern sehe er in Deutschland nur ein sehr geringes Interesse. „Die Einwände richten sich alleine gegen die Konsequenzen, und diese sind utopisch“, sagte Dahl.
In seinem Vortrag auf Einladung der Medizinischen Gesellschaft Gießen beschäftigte er sich vor allem mit der vorgeburtlichen Geschlechtswahl, die gerade in Ländern wie Indien, China und Korea eine große Nachfrage erlebt. "Wie stark aber sind deutsche Eltern an einer solchen Möglichkeit interessiert?" Mangels repräsentativer Erhebungen könne man hierbei nur Umfragen aus dem europäischen Ausland zu Rate ziehen. So habe sich 1993 in Cambridge ergeben, dass nur jeweils sechs Prozent der Eltern unbedingt auf ein bestimmtes Geschlecht bestanden, der Rest jedoch kein bevorzugtes genannt habe. „Nach unserer Erfahrung überwiegt der Wunsch, eine kleine Familie mit jeweils einem Mädchen und einem Jungen zu bekommen. Die Gesundheit der Kinder steht dabei an allererster Stelle.“
Demzufolge bestehe auch keineswegs die Gefahr, dass es bei der Möglichkeit einer Geschlechtswahl zu einer befürchteten demographischen Verschiebung zu Gunsten von Mädchen kommen könnte. Anders sehe es dagegen in asiatischen Ländern aus. „In Indien beispielsweise werden eindeutig Jungen bevorzugt und Mädchen oftmals abgetrieben, nach der Geburt getötet oder grob vernachlässigt“, berichtete der Mediziner. Dies hätte zu Forderungen nach einem weltweiten Verbot so genannter „Gender Clinics“ geführt. Allein in Bombay gebe es knapp 600 solcher Einrichtungen, in denen sich Eltern gegen eine Bezahlung von 500 Rupien frühzeitig den Wunsch nach einem Jungen erfüllen ließen.
Eine ähnliche Einrichtung in Holland sei dagegen im vergangenen Jahr auf Grund fehlender Nachfrage geschlossen worden. Und auch in London, wo sich noch vor sieben Jahren 303 Paare einer Behandlung unterzogen, seien die Zahlen rückläufig. Dr. Dahl warnte aber davor, die Präimplantationsdiagnostik (PID) gänzlich zu verdammen. „Unser derzeitiges Embryonenschutzgesetz ist viel zu restriktiv.“ Er schlug deshalb ein neues nach dem Schadensprinzip ausgerichtete Gesetz vor. „Der Staat sollte nur solche Technologien und Handlungen verbieten dürfen, die einen Schaden gegen Dritte hervorrufen.“

Hier lesen!

powered by my little forum