Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

Archiv 1 - 20.06.2001 - 20.05.2006

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Hochintelligent oder dumm?

Beatrix, Saturday, 12.10.2002, 05:33 (vor 8461 Tagen)

Oder vielleicht doch beides zugleich?

wie sind wir Menschen?

Nachdem ich in letzter Zeit und natürlich auch von Berufs wegen eher auf die oft grenzenlose Dummheit der Menschen geschaut habe - habe übrigens kürzlich ein interessantes Buch von Esther Vilar erstanden mit dem Titel "der betörende Glanz der Dummheit" - stieß ich gerade auf einen Artikel mit einer sehr positiven Menschensicht:

" Die Gesellschaft ist hoch intelligent, und die Menschen lernen jeden Tag. Kollektive Lernprozesse finden heute in unglaublicher Geschwindigkeit statt. Wir benutzen zum Beispiel Technologien wie Internet und Handy wie selbstverständlich, obwohl wir sie erst wenige Jahre kennen. Genauso ist es mit neuen Verhaltensweisen. Die Politik läuft zwar immer ein bisschen hinterher, aber irgendwann gestaltet sie den Wandel dann auch mit. Ich bin aber überzeugt, dass vor allem Kinder diese neuen sozialen Muskeln entwickeln werden, wenn man ihnen den Wandel auch zumutet und sie nicht überbehütet...."

sagt Gisela Erler, Gründerin und Geschäftsführerin des "Familienservice".
Auch was die wachsende Bindungslosigkeit betrifft, wird das von der Autorin ganz anders gesehen:

"Erfordert das nicht aber eine Maß an Toleranz und Beziehungskompetenz, von dem wir heute noch weit entfernt sind?
Wir sind auf dem Weg dahin. In unserer flexiblen, mobilen und vernetzten Lebens- und Arbeitswelt werden diese Kompetenzen ständig trainiert. Wir müssen mit vielen unterschiedlichen Leuten kooperieren, wir müssen in wechselnden Teams arbeiten, und wir müssen auch viele Menschen einfach hinter uns lassen, weil wir uns häufiger verändern werden - beruflich und persönlich. Aber dieser ständige Wandel muss nicht notwendigerweise zu Bindungslosigkeit führen - im Gegenteil. Beziehungen werden zwar fragiler, aber auch subtiler, qualitativ anspruchsvoller und vielschichtiger - ob innerhalb der Familie oder bei Freunden, Kollegen, Geschäftspartnern. Natürlich werden wir auch künftig noch Kuchen füreinander backen, aber die materielle Versorgung spielt in Partnerschaften längst keine so bedeutende Rolle mehr, wie die psychischen und emotionalen Bedürfnisse. "

[link=http://www.changex.de/d_a00736print.html" target="blank]hier nachzulesen[/link]

ciao
Beatrix

Re: Hochintelligent oder dumm?

Bluebelle, Saturday, 12.10.2002, 12:44 (vor 8461 Tagen) @ Beatrix

Als Antwort auf: Hochintelligent oder dumm? von Beatrix am 12. Oktober 2002 02:33:54:

Donnerwetter, endlich mal eine positive Argumentation! Ich bin begeistert, auch von Beatrix sozialer Kompetenz, die sie diesen Beitrag hat posten lassen. Was mich betrifft, kommt sowas genau zur rechten Zeit, bevor ich zynisch und verbittert in die innere Emigration ausweiche. Dankeschön.

Dabei fällt mir auf, einige Forscher sind mittlerweile der Ansicht, unser Gehirn und Denken hätte sich weniger durch die Veränderung der Umweltbedingungen als vielmehr durch ständig erweiterte und komplizierter werdende soziale Beziehungen entwickelt. Diese erfordern ein weit höheres Maß an abstraktem Denken und verschiedenen Kommunikationsformen als irgendeine Anpassung. Ich finde, an der Theorie ist was dran und sie wird hier von ganz anderer Seite untemauert. Äußerst interessant.

B.

Re: Hochintelligent oder dumm?

Doc, Saturday, 12.10.2002, 14:50 (vor 8461 Tagen) @ Beatrix

Als Antwort auf: Hochintelligent oder dumm? von Beatrix am 12. Oktober 2002 02:33:54:

" Die Gesellschaft ist hoch intelligent, und die Menschen lernen jeden Tag. Kollektive Lernprozesse finden heute in unglaublicher Geschwindigkeit statt. Wir benutzen zum Beispiel Technologien wie Internet und Handy wie selbstverständlich, obwohl wir sie erst wenige Jahre kennen. Genauso ist es mit neuen Verhaltensweisen. Die Politik läuft zwar immer ein bisschen hinterher, aber irgendwann gestaltet sie den Wandel dann auch mit. Ich bin aber überzeugt, dass vor allem Kinder diese neuen sozialen Muskeln entwickeln werden, wenn man ihnen den Wandel auch zumutet und sie nicht überbehütet...."

Die Gesellschaft verändert sich. Im Grunde genommen verändert sie sich immer, insofern bin auch ich einer, der beim allgemeinen Pessimismus eher abwiegelnd eingestellt ist.

Eine konkrete statistische Vergleichbasis habe ich nicht, ich wüßte auch nicht, wie diese zu besorgen wäre, es bleibt lediglich der Eindruck, das Gefühl, daß der allgemeine Bildungsstand in diesem Land stark abgesunken ist. Aber das kann mit allem Möglichen "wegerklärt" werden, z.B. daß ich in einer kultivierten Stadt aufgewachsen bin, auf´s Gymnasium ging und meine Freunde entsprechend gewählt habe, deswegen die ganzen Idioten in Kindheit und Jugend nur nicht gesehen habe.

Internet gibt es übrigens schon lange, und benutzen tun es so viele Menschen erst, seitdem es extrem einfach geworden ist. Und was an der Benutzung von Handys so intelligent sein soll, muß mir auch erst erklärt werden, immerhin gibt es Telefone schon etwas länger.

Viel interessanter ist es, daß es Menschen gibt, die diese Handys und das Internet entworfen und gebaut haben. Und daß es zugleich Menschen gibt, die auf einer halbvegetativen Stufe leben, von Begrifflogik keine Ahnung haben, von vorgefaßten Meinungen beherrscht werden, etc.

Was tatsächlich und objektivierbar zuzunehmen scheint, ist die Zahl gescheiterter Ehen, bei denen Kinder im Spiel sind. Ich erlebe hier eine Generationen-Schere: der erdrückend überwiegende Teil geschiedener Ehen ist "neu", d.h. die Ehen, die vor einer Generation zuvor geschlossen wurden, sind auch heute noch genauso stabil. Nicht daß der Umgang miteinander sich wesentlich repsektvoller gestalten würde - zumindest nicht auf den ersten Blick.

Der Werteverfall ist nicht zu leugnen. Was ihn bewirkt, darüber darf diskutiert werden, seine Existenz jedoch ist Fakt. Verantwortung und Pflicht verkommen zu Unwörtern, die Zwang und Nötigung symbolisieren, denn freiwillig bzw. aus Überzeugung leistet kaum noch jemand etwas, zu dem er nicht gezwungen wird.

Wohin das führt? Keine Ahnung. Prophezeihungen sind immer schwierig, besonders, wenn sie die Zukunft betreffen.

Ich nehme es aber keinem übel, wenn er sich einredet, daß dochalles nicht so schlimm sei, und die Veränderungen nur deshalb negativ wirken, weil wir uns noch nicht an sie gewöhnt haben.

Doc

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