Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

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Zwischenspiel: Ein Barock-Gedicht zur kulturellen Erbauung

Arne Hoffmann, Sunday, 11.08.2002, 14:32 (vor 8523 Tagen)

DER WEIBER WOHLCANDIRTE PRIVILEGIA
In nachfolgende elende Reime gebracht durch den Ungebundenen von Bremen

Der Mann soll (wenn er will) gehorchen seinem Weibe
Und ihr mehr Gutes tun, als seinem eignen Leibe.

Er soll die Arbeit tun, zuhaus und auf dem Felde
Und ja den Schlüssel nicht begehren zu dem Gelde.

Der Mann soll (wenn sich´s schickt), so bald er wird erwachen,
Noch früh sein darauf bedacht, die Stube warm zu machen.

Das Wasser soll er bald ihr wärmen und ingleichen,
Wenn sie gewaschen ist, ein weißes Handtuch reichen.

Ein Schälchen von Confect soll er bei Handen haben,
Damit sie aus dem Schlaf sich wieder mög´ erlaben.

Wo etwas überbleibt, so kann er´s auch genießen,
Doch frag er wohl zuvor, er möchte sie sonst verdrießen.

Des Abends will dem Mann auch wiederum gebühren,
Sie (wenn es ihm beliebt) ins warme Bett zu führen.

Die Nestel überall gebührt ihm aufzubinden,
Doch dass sie solche früh auch möge wiederfinden.

Hierbei so wird der Mann sich auch bequemen müssen,
Zu wärmen allemal das Haupt- und Schulterkissen.

Den Wärmstein soll er fein auf ihre Seite bringen,
Und ihr, wenn sie es heißt, ein Wiegenliedlein singen.

Begehrt sie etwas mehr, so soll er sie versorgen
Zu Mitternacht sowohl als auch am lichten Morgen.

Will sie einmal zur Lust mit jemand ausspazieren,
So lass er, wen sie nennt, sie bei den Händen führen.

Bleibt sie auch über Nacht, so lass er´s auch geschehen,
Sie wird doch überall nach ihrem Nutzen sehen.

Beliebet Ihr, ein Spiel bisweilen auszustellen,
Es sei auch, wo es will, mit anderen Junggesellen.

So soll er sie darum nicht neiden oder hassen,
Vielmehr die Lust ihr herzlich gerne lassen.

Er soll (wo er nur kann) auch zu verschmerzen wissen,
Wenn sie auf ihren Mund ein guter freund will küssen.

Auch darf sie ohne Scheu mit guten freunden scherzen
Und, (wo sich´s schicken will), sich zehnmal herzen lassen.

Sollt´ auch der Mann nicht mehr ihr gönnen solche Freuden
Und (was nicht billig ist) noch länger können leiden,

So soll sie allerdings befugt sein, sich zu rächen,
Und (wie es ihm gefällt) das Urteil selbst zu sprechen.

Ihr soll vergönnet sein, ihn wirklich abzustrafen,
Und fortan keine Nacht ihn lassen bei sich schlafen.

Sie mag ihn auch bei Nacht zu viel nicht lassen rasten,
Und (wenn es ihm gefällt) drei ganzer Tage fasten.

Ist das Verbrechen groß, so nehme sie die Ruten,
Und streiche weidlich zu, bis er beginnt zu bluten.

Und spricht: Hör auf, mein Kind, lass dich doch wieder stillen,
Ich will nun frömmer sein und tun nach deinem Willen.

(Quelle: Heyne-Lyrik-Taschenbuch "Das Lustwäldchen/Galante Gedichte der Barockzeit")


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