Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

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Interwiew in der Zeitschrift "Facts" über häusliche Gewalt

Jolanda, Thursday, 04.07.2002, 13:42 (vor 8559 Tagen)

Hallo zusammen

In der Zeitschrift "Facts" wurde das Thema "häusliche Gewalt" auch aus der Sicht der Männer betrachtet, lest dazu das Interview mit Christian Engelhart. Ich finde solche Beiträge sehr wichtig:

Frauen-Gewalt wird bagatellisiert

2003 will Christian Engelhart, 40, in Zürich ein Männerhaus eröffnen. Der Initiant glaubt, dass Männer in Krisen vermehrt Hilfe in Anspruch nehmen wollen.

FACTS: Herr Engelhart, wieso braucht es ein Männerhaus?

Christian Engelhart: Das Bedürfnis danach ist gross. Es gibt überall Frauenhäuser, aber ein Pendant für Männer fehlt schlicht und einfach. Dabei ist es höchste Zeit, ein stationäres Hilfs- und Beratungszentrum für Männer einzurichten.

FACTS: Nehmen Männer Hilfe von aussen überhaupt an?

Engelhart: Tatsächlich sind wir Männer darauf programmiert, Krisen oder schwierige Lebenssituationen allein zu bewältigen. Wir sind nicht gewohnt, Hilfe zu suchen. Aber langsam tut sich etwas: Männer lernen allmählich, sich in einer Krise unterstützen zu lassen.

FACTS: Gelten männliche Opfer in unserer Gesellschaft als Waschlappen?

Engelhart: Das ist schon so. Vor allem unter heterosexuellen Männern gelten Geschlechtsgenossen, die nicht konstant Stärke markieren, schnell als Warmduscher. Selbst Frauen suchen primär die so genannte starke Schulter, obwohl sie oft das Gegenteil behaupten. Dabei ist es gerade ein Zeichen von Stärke, Schwäche zeigen zu können.

FACTS: Trotzdem herrscht das Klischee vor, Opfer seien immer weiblich und Täter männlich. Ist weibliche Gewalt ein Tabu?

Engelhart: In den letzten zehn bis fünfzehn Jahren waren in der öffentlichen Auseinandersetzung stets die Männer die Prügelknaben. Die meisten gehen mit dem Bewusstsein durchs Leben, die Bösen zu sein, die Täter. Darum würde ich eher be-haupten, dass männliche Opfer ein Tabu sind – sogar auf Bundesebene.

FACTS: Wieso?

Engelhart: Für nächstes Jahr ist eine nationale Kampagne gegen häusliche Gewalt geplant. Dabei wird aber nur von männlichen Tätern ausgegangen. Von Frauen verübte Gewalt wird nicht einmal in Betracht gezogen. Zudem weist auch die Gesetzgebung Lücken auf. Als unverheirateter Vater habe ich beispielsweise meiner Tochter gegenüber nur Pflichten, aber keinerlei Rechte.

FACTS: Wie drückt sich denn weibliche Gewalt aus?

Engelhart: Einerseits, in dem Frauen körperlich zuschlagen. Anderseits üben sie sehr häufig psychische Gewalt aus. Der Begriff Gewalt müsste genau definiert werden. Denn die psychische Form von Gewalt umfasst eine sehr breite Palette. Etwa gemeinsame Kinder, die von Frauen leider oft als Druckmittel eingesetzt werden. Das geht von der Verweigerung des Besuchsrechts bis zum Aufhetzen gegen den leiblichen Vater. Aber auch Denunziationen, Fertigmachen oder Verleumdung sind Mittel, die Frauen gerne anwenden.

FACTS: Dafür werden Männer öfter handgreiflich. Sind die Folgen von körperlicher und psychischer Gewalt dieselben?

Engelhart: Ich denke schon. Psychische Gewalt, die von Frauen ausgeht, wird tabuisiert oder stark bagatellisiert. Dabei können die Folgen gravierend sein. Etwa dreimal mehr Männer als Frauen bringen sich nach einer Trennung um. Viele Männer gleiten in den Alkoholismus ab, weil sie dem Druck nicht mehr standhalten. Lange war ich selbst überzeugt, Männer seien grundsätzlich die Täter und Frauen die Opfer. Seit ich mich aber intensiv mit Männern in Krisen beschäftige, habe ich meine Meinung geändert. Das Klischee vom Täter Mann und der Frau als Opfer stimmt einfach nicht.

FACTS: Trotzdem: Körperliche Gewalt wird mehrheitlich von Männern ausgeübt.

Engelhart: Neue Studien belegen, dass Gewalt in Beziehungen zu fast gleichen Teilen von Männern und Frauen ausgeht. Greifen Männer zu körperlicher Gewalt, ist das häufig ein Zeichen von Hilflosigkeit, weil sie überfordert sind und nicht mit einer Situation umgehen können. Was keinesfalls eine Entschuldigung sein soll. Wenn hingegen ein Mann von seiner Partnerin geschlagen wird, schämt er sich und behält es lieber für sich – daher gibt es auch kaum Zahlen und Angaben über geschlagene Männer.

FACTS: Körperlich ist ein Mann überlegen. Wieso lässt er sich dann schlagen?

Engelhart: Eine schwierige Frage. Die Gründe sind vielfältig und meistens psychosozial: Ohnmachtserlebnisse aus der Kindheit, Gefühle von Hilflosigkeit oder einfach das Unvermögen, sich einer Frau gegenüber adäquat zu wehren.

Es grüsst euch
Jolanda

Re: Interwiew in der Zeitschrift

Jörg, Thursday, 04.07.2002, 13:57 (vor 8559 Tagen) @ Jolanda

Als Antwort auf: Interwiew in der Zeitschrift von Jolanda am 04. Juli 2002 10:42:36:

Hallo Jolanda,

ein interessanter Artikel.

FACTS: Körperlich ist ein Mann überlegen. Wieso lässt er sich dann schlagen?

Engelhart: Eine schwierige Frage. Die Gründe sind vielfältig und meistens psychosozial: Ohnmachtserlebnisse aus der Kindheit, Gefühle von Hilflosigkeit oder einfach das Unvermögen, sich einer Frau gegenüber adäquat zu wehren.[/i]

Ich könnte mir vorstellen, daß auch Verlustängste dabei eine Rolle spielen.
Sprich: der Mann läßt sich lieber von seiner Partnerin verdreschen als sich
der Gefahr auszusetzen, völlig allein dazustehen.

Gruß, Jörg

Re: Interwiew in der Zeitschrift

Jolanda, Thursday, 04.07.2002, 14:15 (vor 8559 Tagen) @ Jörg

Als Antwort auf: Re: Interwiew in der Zeitschrift von Jörg am 04. Juli 2002 10:57:52:

Hallo Jolanda,
ein interessanter Artikel.
>FACTS: Körperlich ist ein Mann überlegen. Wieso lässt er sich dann schlagen?

Engelhart: Eine schwierige Frage. Die Gründe sind vielfältig und meistens psychosozial: Ohnmachtserlebnisse aus der Kindheit, Gefühle von Hilflosigkeit oder einfach das Unvermögen, sich einer Frau gegenüber adäquat zu wehren.[/i]

Ich könnte mir vorstellen, daß auch Verlustängste dabei eine Rolle spielen.
Sprich: der Mann läßt sich lieber von seiner Partnerin verdreschen als sich
der Gefahr auszusetzen, völlig allein dazustehen.
Gruß, Jörg

--Ja, darüber habe ich mir auch schon Gedanken gemacht.
Hat es vielleicht auch damit zu tun, dass körperliche Gewalt von Frauen einfach nicht ernst genommen wird. Ich meine damit, dass man dann sagt:" Ach was soll so eine Frau schon anrichten können, wenn sie mal die Hand erhebt, sie ist dem Mann doch körperlich fast immer unterlegen".

So das Bild der schwachen Frau und des starken Mannes, man muss ja immer damit rechnen, dass man(n) ausgelacht wird, wenn es heisst, meine Frau schlägt mich.

Und dann denke ich, dass viele Männer hier einfach auch noch eine anerzogene "Hemmschwelle" haben, man hat ihnen schon von klein auf "eingetrichtert" Frauen schlägt man nicht, Frauen sind gut und brav und da muss man immer Rücksicht nehmen und immer Verständnis haben.

Ich weiss es nicht, ich denke, dass alle diese Gründe da mitspielen.

Deshalb erachte ich es eben als so wichtig, dass man hier die Menschen sensibilisiert, ihnen vor Augen hält, wie es real eben oft aussieht.

Denn wenn wir schon immer davon reden, dass wir in erster Linie auch die Kinder schützen wollen, dann hilft es nichts, sie vor Gewalt von Männern zu schützen, aber die Gewalt, die von Frauen ausgeht einfach unter den Tisch zu kehren.

Das wäre ein trügerischer Schutz, der es erst recht erlauben würde, hier Missbrauch zu betreiben. Erst wenn wir klar erkennen, das häusliche Gewalt alle betrifft, das Täter/Opfer sowohl männlich wie auch weiblich sein können, erst dann werden wir in der Lage sein, Gesetze zu erschaffen, die allen dienen und die jedes Opfer schützen und unterstützen.

Es grüsst dich
Jolanda

Re: Interwiew in der Zeitschrift

Kenny, Thursday, 04.07.2002, 19:36 (vor 8559 Tagen) @ Jolanda

Als Antwort auf: Re: Interwiew in der Zeitschrift von Jolanda am 04. Juli 2002 11:15:17:

Hat es vielleicht auch damit zu tun, dass körperliche Gewalt
von Frauen einfach nicht ernst genommen wird. Ich meine damit,
dass man dann sagt:" Ach was soll so eine Frau schon anrichten
können, wenn sie mal die Hand erhebt, sie ist dem Mann doch
körperlich fast immer unterlegen".

Spiel das andere doch mal durch:

Mann wird von Frau geschlagen und wehrt sich.

Wem wird geglaubt, wenn nun beide behaupten "Der andere hat angefangen"?

- Kenny

Re: Interwiew in der Zeitschrift

Ferdi, Thursday, 04.07.2002, 21:51 (vor 8559 Tagen) @ Kenny

Als Antwort auf: Re: Interwiew in der Zeitschrift von Kenny am 04. Juli 2002 16:36:22:

Hat es vielleicht auch damit zu tun, dass körperliche Gewalt

von Frauen einfach nicht ernst genommen wird. Ich meine damit,
dass man dann sagt:" Ach was soll so eine Frau schon anrichten
können, wenn sie mal die Hand erhebt, sie ist dem Mann doch
körperlich fast immer unterlegen".

Spiel das andere doch mal durch:
Mann wird von Frau geschlagen und wehrt sich.
Wem wird geglaubt, wenn nun beide behaupten "Der andere hat angefangen"?
- Kenny

[/i]
Hierzu untenstehender Link.

Gruss,
Ferdi

So behandeln die Behörden geschlagene Männer

Re: Interwiew in der Zeitschrift

Odin, Thursday, 04.07.2002, 18:14 (vor 8559 Tagen) @ Jörg

Als Antwort auf: Re: Interwiew in der Zeitschrift von Jörg am 04. Juli 2002 10:57:52:

>FACTS: Körperlich ist ein Mann überlegen. Wieso lässt er sich dann schlagen?

Engelhart: Eine schwierige Frage. Die Gründe sind vielfältig und meistens psychosozial: Ohnmachtserlebnisse aus der Kindheit, Gefühle von Hilflosigkeit oder einfach das Unvermögen, sich einer Frau gegenüber adäquat zu wehren.[/i]

Ich könnte mir vorstellen, daß auch Verlustängste dabei eine Rolle spielen.
Sprich: der Mann läßt sich lieber von seiner Partnerin verdreschen als sich
der Gefahr auszusetzen, völlig allein dazustehen.
Gruß, Jörg

Ich vermute den Hauptgrund (sind ja sicher viele) in der Kindheit: Die erste Gewalterfahrung hat ein Mann mit einer Frau - sprich der eigenen Mutter. Diese antrainierte Ohnmachtserfahrung kann er später nicht einfach abschütteln. Ich denke, sie wird dann generell auf alle Frauen übertragen.

Odin

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