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Wieviel »Gleichberechtigung« verträgt das Land?

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"Mr. Duckwalk" Chuck Berry ist tot! (Männer)

Kurti ⌂ @, Wien, Sunday, 19.03.2017, 22:16 (vor 2587 Tagen)

Ein großartiger Rock'n-Roller ist von uns gegangen.

Gruß, Kurti

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Suchmaschinen-Tags: Gleichberechtigung, Geschlechtergerechtigkeit

Der Rattenfänger von St. Louis

Cardillac, Tuesday, 21.03.2017, 11:46 (vor 2586 Tagen) @ Kurti

Zu Chuck Berry wird man nun Vieles lesen können, aber wir probieren jetzt mal, etwas Maskulistisches in die Diskussion zu pfeffern; ganz im Sinne von Arne Hoffmann, der immer wieder versucht, das Topic „Maskulistische Filmkritik“ lebendig zu halten. (Mit einer gewissen Mühe…)

Das Gebilde „Rock’n Roll“ war durchaus morbide und zwiespältig. Einerseits gab es eine muskalisch-ästhetische Formensprache von einer speziellen Kohärenz. Die federleichten präzisen akustischen(!) Bässe und die mit Reißzwecken auf den Filzhämmern aufgepeppten Kneipenpianos mit ihrem scharfen, klirrendem Ton schufen einen akustischen Rahmen, in dem die Mittelstimmen verhältnismäßig leer blieben. Im den federnden, wippenden, durch Petticoats aufgestellten Röcken und Pferdeschwänzen der Mädchen findet sich die Energie und Leichtigkeit der Musik wieder. Mit zurückgekämmten, bei den Jungs auch durch kurze Haare freigemachten Gesicht wird die Selbstsicherheit unterstrichen, mit der die Könige-und-Königinnen-für-einen-Abend der Arbeiterklasse die Klubs und Tanzflächen betraten, um Elternhaus, Schule oder Fabrik für eine Nacht zu entfliehen. Chuck Berry hat diesem Szenario unvergleichliche Denkmäler in seinen Songtexten gesetzt (Queenie, Sweet little Sicteen, Carol, …)

War der dionysische Zauber des Abends vorbei, ging es wieder in den Stumpfsinn zurück, und zwar allein. Das Herzklopfen und die sehnsuchtsvollen Träumereien der schlaflosen Nächte danach kreisten bei den Mädchen wohl in erster Linie um jemand wie Elvis, mit dessen Fotos die Wand über dem Bett vollgepinnt waren. Chuck Berry war zu alt, er war schwarz (eigentlich eher Mulatte), er blieb distanzierter Beobachter, spielte als Auftragsmusiker der Gage wegen und zog wegen seiner ständigen Gefängnisaufenthalte Skepsis auf sich. Elvis, der den Rock’n Roll eigentlich verachtete (Kaugummimusik) und ihm kreativ-kompositorisch so gut wie nichts beitrug, wurde zum virtuellen Seelentröster unverstandener Mädchenherzen in einer durch exzessiven Kitsch, niveaulosesten Klatsch und Tratsch zur medialen Dauerpräsenz aufgeblasenen Kommerzkultur und entsprechend verramscht. Man holte ihn auch schnell in die Filmindustrie, denn die galt was im Gegensatz zum Rock’n Roll.

Alle Jungs wären – schon allein der Mädchen wegen – selber gerne wie Elvis gewesen, aber der war unerreichbar. Von Chuck Berry hingegen konnte man etwas real Umsetzbares lernen, und zwar die Art, wie er Gitarre spielte und damit die Kontrolle über die Musik und damit über alles Andere ausübte. Chuck Berry spielte die Gitarre ja nicht als ein Instrument unter anderen oder trat durch besondere eitle Vituosität hervor. Bei Chuck Berry kontrollierte die Gitarre den gesamten musikalischen Ablauf so total, dass er sich leisten konnte, ohne feste Band zu spielen und seine Begleitmusiker vor Ort zusammen zu mieten. Berrys Gitarrenspiel kontrolliert die harmonische und rhythmische Struktur seiner Songs in jeder Sekunde, oft unterstrichen durch Körpergesten hinreißender Eleganz. Er ist der Chef im Revier und es macht unheimlich Spaß dabei zu sein und mitzumachen, man kann nicht anders. Das was Berry macht, kann man aber lernen und dann tanzen die Mädchen bei dir und sehen in dir vielleicht einen Ersatzelvis. Einer, der dann abends wirklich Zeit hat.

So, und nun kommen wir auf das Maskulistische: Suchen wir nach einer Allegorie für Chuck Berry, so würde ich den Rattenfänger von Hameln nehmen. Auch der wurde reingelegt und rächte sich sehr subtil und mit unentrinnbarer Verführungskraft. Chuck führte die Jungs aus einer Welt stumpfsinniger Enge und abgedroschener musikalischer Formeln weg aus den Millieus ihrer Eltern. Bei Chuck Berry konnte man lernen etwas zu tun, bei Elvis konnte man sich nur ärgern, dass man niemals so sein würde wie er. Nur die Jungs sprangen darauf an! Die Mädchen wärmten nach wie vor ihre Herzen bei Elvis, wie das Schwein am Wärmestrahler. Schade um die hinreißenden Prinzessinnen der Arbeiterklasse, aber es gab für sie nichts zu tun nachdem sie keine 16 oder 17 mehr waren.

Angezogen von der Magie ihres Verführers zog auch bald diemännliche, bürgerliche Jugend nach. Bei dieser Aufnahme von den Rolling Stones eines Chuck-Berry-Songs aus dem Jahre 1969 stellen wir drei Sachen fest.

https://www.youtube.com/watch?v=YW0cVp0WWkk

1. MicJagger gibt den Elvis (widerlich). 2. KeithRichards versucht wie Chuck Berry zu spielen (ist Potential drin). 3. Die Musik dröhnt und wummert mit Elektrobässen und vielen Füllakorden. Die federnde Präzision des authentischen Rock’n Roll wird durch Lautstärke-Overkill zugekleistert. Keiner tanzt.

Aber so ist es, wenn Musik ihren sozialen Ort verrät/verliert/verkauft. Hier kann man eigentlich aufhören.

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