Wenn der Mensch zur MenschIn wird - oder:

Wieviel »Gleichberechtigung« verträgt das Land?

How much »equality« the country can stand?

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Liste Femanzen Dr. Kathrin Stainer-Hämmerle (Liste Femanzen)

Oberkellner @, Sunday, 13.03.2016, 15:22 (vor 2974 Tagen)
bearbeitet von Oberkellner, Sunday, 13.03.2016, 15:27

F459 Dr. Kathrin Stainer-Hämmerle – AUT - geboren 1969 in Hohenems (Österreich) – Studium der Politikwissenschaften in Innsbruck und Klagenfurt – seit 2009 Professorin für Politikwissenschaft an der Fachhochschule Kärnten- kathrin.stainer-haemmerle@aau.at - http://images.derstandard.at/t/12/2011/02/27/1297853690126.jpg

Die Politikwissenschafterin über unauflösbare ideologische Differenzen, die sich neben der Steuer- und Bildungspolitik auch in der Frauenpolitik zeigen
STANDARD: Gleichstellung per Gesetz durchzusetzen steht bei keiner Partei hoch im Kurs (Nachlese: Frauenpolitik 2015 - Gesund, informiert und ein bisschen gefördert). Ist dieses Vorgehen den Parteien zu kontrovers?
Kathrin Stainer-Hämmerle: Die gesetzliche Gleichstellung war vor allem ein Kampf der 1970er-Jahre. Daher gibt es heute gesetzlich verankerte Diskriminierung von Frauen nicht mehr. Heute geht es um eine Bevorzugung von Frauen per Gesetz durch positive Diskriminierung, etwa mit dem Instrument der Quote. Das ist weitaus schwieriger zu argumentieren.
STANDARD: Warum? Dass Frauen in verschiedenen Bereichen unterrepräsentiert sind, auch in der Politik, ist eine Tatsache.
Stainer-Hämmerle: Es gibt zwei Ansätze. Entweder fordere ich ein Ideal für beide Geschlechter, wie es zum Beispiel die SPÖ macht: Für sie heißt Gleichstellungspolitik Integration in den Arbeitsmarkt. Für eine traditionelle Arbeiterpartei ist ein erfülltes Leben nur mit einem Fulltimejob vorstellbar. ÖVP und auch FPÖ geht es hingegen darum, dass das Hausfrauen- und Mutterdasein den gleichen Stellenwert hat wie die männliche Erwerbsarbeit. Diese ideologische Differenz wird sich nie auflösen. Es kann daher keinen Konsens darüber geben, was überhaupt das Ziel der Gleichstellung sein soll.
Ein großes Problem liegt daher auch in der großen Koalition, die sich bei allen Themen blockiert, wo es Lösungsansätze gibt, die ideologisch begründet sind: bei der Steuerpolitik, der Frauenpolitik und der Bildungspolitik. Angesichts dieser Bereiche wäre eine Regierung links der Mitte oder rechts der Mitte sicher entscheidungs- und konsensfähiger, sowohl bei den Zielen als auch bei den Instrumenten.
STANDARD: Vereinbarkeit von Kindern und Beruf gilt als Frauensache. Ist das ein Teil des Problems?
Stainer-Hämmerle: Es fällt auf, dass Frauenpolitikerinnen oft familienpolitische Themen aufgreifen. Geht es um Elternschaft oder Familie, sollte das meines Erachtens nicht als Frauenpolitik verkauft werden. Das zeugt von einem bestimmten Verständnis: Frauen sind vor allem ein Teil der Familie und für Kinderbetreuung zuständig. Wenn in einem Parteiprogramm die Vereinbarkeit von Familie und Beruf unter "Frauen" angeführt ist, halte ich das für rückschrittlich.
STANDARD: Für welche Parteien gehören Familien- und Frauenpolitik noch zusammen?
Stainer-Hämmerle: Auf die Trennung dieser Bereiche achten vor allem die Grünen. Der SPÖ passiert es noch hin und wieder, dass Familie und Frauen in einen Topf geworfen werden, während das die FPÖ ganz bewusst macht. An dieser Verbindung lässt sich das in der Partei vorherrschende Frauenbild am raschesten erkennen.
STANDARD: Worauf muss eine Parteien achten, wenn sie Frauenpolitik konzipiert?
Stainer-Hämmerle: Eine Partei muss sich fragen, ob und welche Frauen in ihrer Wählerschaft eine Rolle spielen. Die FPÖ hat zum Beispiel einen deutlich geringeren Anteil an jungen Wählerinnen als etwa die Grünen. Für die Strategie sind neben der Altersgruppe die jeweiligen Lebensentwürfe entscheidend: Sie entsprechen eher der traditionellen Rollenzuschreibung oder einem emanzipierten Verständnis. Und schließlich hat Frauenpolitik nicht für alle Frauen einen wichtigen Stellenwert in der Wahlentscheidung.
STANDARD: Welche Instrumente erachten Sie für sinnvoll?
Stainer-Hämmerle: Die Quote ist sicher das stärkste Instrument, das die Politik zur Verfügung hat. Man kann aber ohne einen Bewusstseinswandel in der Bevölkerung nichts erzwingen. Die offensichtliche Behinderung und Ungleichbehandlung von Frauen ist vorbei, heute geht es eher um die weichen Faktoren, und die sind schwer in ein Gesetz zu gießen. Ein neues gesellschaftliches Bewusstsein lässt sich nicht gesetzlich verordnen.
STANDARD: Das heißt, dass die SPÖ mit ihren vielen Bewusstseinskampagnen, Stichwort "Frauen in die Technik", schon richtig liegt?
Stainer-Hämmerle: Ja – wobei ich auch warnen würde. Denn wenn man sagt: "Frauen in die Technik", heißt das so viel wie: Technik als männlich dominiertes Berufsfeld ist besser. Gleichstellung ist erst erreicht, wenn es heißt: junge Männer in die Kindergärten oder Volksschulen. Entscheidend ist, was als erstrebenswert dargestellt wird. Wenn das Männerkarrieren und Männerberufe sind, ist die Ungleichgewichtung von Frauen- und Männerberufen offenkundig noch vorhanden.
STANDARD: Deutschland tut sich mit der positiven Diskriminierung per Gesetz offenbar leichter. 2014 wurde eine Frauenquote für Aufsichtsräte beschlossen, jetzt spricht Frauenministerin Manuela Schwesig von einem "Entgeltgleichheitsgesetz".
Stainer-Hämmerle: Mit Angela Merkel hat die CDU bereits vor mehr als zehn Jahren die Kompetenz bei Frauenagenden der SPD weggenommen. Merkel kann überdies als Rolemodel Frauen ansprechen. Daher ist die CDU heute zu mehr Aktivität bereit als die ÖVP. Und Deutschland ist generell nicht so konservativ wie Österreich. Das zeigt sich an Frauen in Positionen wie Kanzlerin oder Verteidigungsministerin, an viel mehr Politikerinnen und Politikern mit Migrationshintergrund oder auch an einem homosexuellen Außenminister und Bürgermeistern, die es bereits gab. (Beate Hausbichler, DER STANDARD, 19.1.2015)
Kathrin Stainer-Hämmerle, geboren 1969 in Hohenems, ist Politik- und Rechtswissenschafterin. Seit 2009 ist sie Professorin für Politikwissenschaft an der Fachhochschule Kärnten.

http://diestandard.at/2000010483256/Ein-neues-Bewusstsein-laesst-sich-nicht-verordnen

119 Gemeinden, 117 Männer, zwei Frauen. Warum in Salzburgs Gemeindeämtern Frauen nichts zu reden haben, erklärt Demokratieforscherin Elisabeth Stainer-Hämmerle.

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Bild: SNSN: Frau Professor, Bürgermeister in einer Landgemeinde zu sein grenzt oft an Selbstausbeutung. Sind Frauen einfach klüger, weil sie sich das nicht antun wollen?
Stainer-Hämmerle: Ganz so würde ich es nicht sagen. Aber Politik ist einfach nicht familienfreundlich. Gerade in den Gemeinden. Vereinssitzungen und all diese informellen Netzwerke - auch der Gemeinderat: Das spielt sich alles am Abend ab. Da sind die Hindernisse für Frauen größer. Man unterstellt Frauen zudem ein geringeres Interesse an Parteipolitik.
SN: Vielleicht sind weibliche Egos oft nicht groß genug, um das Rampenlicht zu suchen.
Stainer-Hämmerle: Man muss mit Verallgemeinerungen immer aufpassen. Aber es kann durchaus sein, dass für viele Frauen das Prestige weniger Bedeutung hat. Politikerinnen geht es häufig eher um die Sache, sie drängen sich weniger auf Zeitungsfotos. Das ist in der Praxis ein Nachteil.
SN: Also zu wenig Drang zur Macht?
Stainer-Hämmerle: Es gibt durchaus machtbewusste Frauen. Aber: Macht ist nur bei Männern sexy. Bei Frauen bewirkt sie teils, dass einer Managerin oder Politikerin die Weiblichkeit abgesprochen wird. Außerdem stehen im Diskurs immer die "drei F" im Vordergrund: Familie, Figur, Frisur. Das ist der Unterschied. Schon Mädchen werden in der Schule so sozialisiert, dass sie gefallen wollen. Als Politiker aber muss man polarisieren.
SN: Heißt das, etliche Frauen sind zu konfliktscheu für die Gemeindepolitik?
Stainer-Hämmerle: Vielleicht ist es so, dass Politikerinnen bei gewissen Dingen empfindlicher reagieren. Etwa, wenn ihre Kinder in der Schule angesprochen werden, wenn die Familie ins Spiel kommt. Noch einmal: Man darf nicht in Stereotype abgleiten - aber manche Frauen haben da eine weniger dicke Haut.
SN: In Salzburg wie anderswo gibt es fast keine Bürgermeisterinnen. Ist das denn schlimm - wären Frauen die besseren Politiker?
Stainer-Hämmerle: Nein, aber Untersuchungen in Unternehmen und Organisationen zeigen: Wenn Männer und Frauen zusammen agieren, herrscht ein anderes Diskussionsklima. Und es ist schon im Interesse der repräsentativen Demokratie, dass alle Interessengruppen abgebildet werden.
SN: Sind nicht auch die politischen Parteien schuld? Sie könnten Frauen einfach mehr fördern, an wählbarer Stelle platzieren und so weiter.
Stainer-Hämmerle: Sicherlich. Aber hier gäbe es schon eine effektive Lösung.
SN: Ach ja? Welche denn?
Stainer-Hämmerle: Na, die Frauenquote. An sie könnte die Parteienförderung gebunden werden, dann wäre sie durchsetzbar. Die Hoffnung ist, dass es dann mehr Vorbilder für potenzielle Politikerinnen gibt, dass das Ganze schließlich zum Selbstläufer wird. Beispiele dafür, dass Frauen ganz normal an der Spitze von Kommunen und anderen Körperschaften stehen, die gibt es. Etwa in Skandinavien.
SN: Brauchen wir das wirklich?
Stainer-Hämmerle: Österreich ist nach wie vor ein sehr konservatives Land. Der Gedanke "Frauen können das nicht" wird zwar nicht mehr offen ausgesprochen. In den Köpfen sitzt er aber weiterhin.
SN: Sind Quoten-Frauen denn wirklich die Qualifiziertesten?
Stainer-Hämmerle: Sind denn die Männer, die derzeit die Ämter bekleiden, immer qualifiziert? Ein Problem ist ja auch, dass Frauen von ihren Parteien oft zu "weichen Themen" abgeschoben werden. Kindergärten und Altenbetreuung etwa. Dort, wo es wirklich ums Geld geht, da sitzen die Männer.
SN: Frauen haben aber auch das Problem, dass Frauen nicht solidarisch Frauen wählen.
Stainer-Hämmerle: Stimmt. Es gibt linke Frauen, rechte Frauen, konservative und liberale Frauen. Aber kaum weibliche Solidarität bei der Wahl.
SN: Sind beim Frauenthema alle Parteien gleich?
Steiner-Hämmerle: In der FPÖ gibt es traditionell die wenigsten weiblichen Chefs, bei den Grünen die meisten. SPÖ und ÖVP unterscheiden sich gerade auf dem Land kaum.
http://www.salzburg.com/nachrichten/spezial/gemeinderatswahl-salzburg/sn/artikel/buergermeisterinnen-macht-ist-nur-bei-maennern-sexy-99927/


Der Frauentag wurde heuer in Vorarlberg und Kärnten eine Woche verspätet gefeiert. Vergangenen Sonntag eroberten immerhin 13 Frauen den Bürgermeistersessel. Die nächsten fünf Jahre werden daher Dornbirn, die größte Stadt im Ländle, und Klagenfurt, die Landeshauptstadt im Süden, weiblich regiert. Leicht werden es Andrea Kaufmann und Maria Luise Mathiaschitz dabei nicht haben, denn beiden fehlt die absolute Mehrheit ihrer Partei im Gemeinderat und sie stehen unter besonderer Beobachtung.
Alle Hürden zu einer gleichberechtigten Vertretung der Geschlechter finden sich nur in unseren Köpfen.
Von 18 Bürgermeisterkandidatinnen in Vorarlberg konnten sich vier bei der Direktwahl durchsetzen. Wenn auch noch Annette Sohler in Lingenau und Theresia Handler in Egg von ihren Gemeindevertretern im Amt bestätigt werden, stellen Frauen sechs Dorferste. Bei 96 Gemeinden ist das ein Anteil von 6,25 Prozent. In Kärnten ist jedes 20. Gemeindeoberhaupt weiblich. Erhöhen könnten den Anteil noch zwei Gemeinden mit Mehrheitswahl. In Reuthe und Langenegg haben Frauen alle Männer hinter sich gelassen, unter anderem auch einen amtierenden Bürgermeister. Ob sie allerdings selbst Bürgermeisterinnen werden, entscheiden die Gemeindevertreter. Ansonsten zeigt sich auch bei der Mehrheitswahl das übliche Bild: Viele Männer und wenige Frauen auf den vorderen Plätzen.
Beinahe 100 Jahre nach der Einführung des Frauenwahlrechts schafften gerade 13 Frauen in 228 Gemeinden den Sprung an die Spitze. Kein Grund zum Jubeln, egal ob Frau oder Mann. Da gilt es weiterhin nach den Ursachen zu fragen, warum Frauen so schwer Zugang zur Macht finden, und welche Defizite dadurch der gesamten Gesellschaft entstehen, denn die Hürden zu einer gleichberechtigten Vertretung der Geschlechter finden sich nur in unseren Köpfen. Wir müssen lernen, Handeln und Argumente von Frauen und Männern gleich zu beurteilen.
Die Entscheidung, als Bürgermeisterin zu kandidieren, sei wohlüberlegt erfolgt, meinte die neue Bildsteiner Bürgermeisterin Judith Schilling-Grabher. Das ist gut so und gleichzeitig typisch. Als Pionierin steht sie noch viel stärker unter öffentlicher Beobachtung als Politiker generell. Aber Politiker sind keine besseren Menschen, vielmehr sollten Parlamente Abbilder unserer Gesellschaft sein. Das ist das Wesen einer repräsentativen Demokratie, und der Verzicht auf die weibliche Perspektive in einer Gemeinde wäre nicht nur ungerecht, sondern auch äußerst unklug. Viele Sichtweisen sorgen für eine ausgewogene Grundlage politischer Entscheidungen.
Doch Frauen sind keine besseren Politiker. Im Gegenteil: Sie müssen erst Führungsverhalten lernen und haben dafür bisher wenige Vorbilder. Dabei werden sie auch scheitern, doch die Begründung im Geschlecht ist trotzdem falsch. Wenn Bürgermeister einmal scheitern, lautet die Schlussfolgerung auch nicht, dass sie als Männer prinzipiell für diesen Job ungeeignet sind.

http://www.vorarlbergernachrichten.at/politik/2015/03/17/weibliche-macht.vn

Einen Tipp oder Tipps von der Expertin für Frauen, die in die Politik einsteigen wollen…
Stainer-Hämmerle: Sich ein Ziel setzen und es strategisch angehen. Den ersten Fehler, den Frauen machen, ist zu sagen, es geht mir um die Sache und nicht um meine Person. So wird Frau selten eine Position bekommen.
Noch ein Tipp?
Stainer-Hämmerle: Wenn Frau etwas angeboten bekommt, sofort Ja sagen und nicht schon bei der Antwort zögerlich sein. Männer sagen immer sofort Ja und überlegen dann erst, wie sie die Aufgabe angehen. Frauen müssen das genauso machen. Und eine dickere Haut müssen sie sich auch noch zulegen Frauen, die in der Öffentlichkeit stheen, werden oft über Äußerlichkeiten getroffen. Macht macht Männer sexy, attraktiv, aber nur ihn. Eine mächtige Frau verliert in der Betrachtung an Attraktivität. Frauen brauchen einen gesunden Zugang zur Macht. Macht ist nötig, wenn man etwas verändern will und man muss sie nicht zwangsläufigmisbrauchen.
(Tiroler Tageszeitung 27.03.2015)

DieStandard.at: Justizministerin Claudia Bandion-Ortner hat am Donnerstag den Gesetzesentwurf zur gemeinsamen automatischen Obsorge vorgelegt. Die Frauenministerin ist bezüglich der Automatik nach wie vor skeptisch. Wer wird sich durchsetzen? Kathrin Stainer-Hämmerle: Es ist für die SPÖ schwierig, dagegen zu argumentieren. Im Grund weist dieser Entwurf nämlich auf mehr Gleichberechtigung hin. Das Problem am Entwurf oder überhaupt bei konservativer Frauenpolitik ist, dass dieses Signal zwar richtig ist, aber die Signale in anderen Bereichen fehlen - zum Beispiel in Richtung mehr Gleichberechtigung in der Erwerbsarbeit, oder auch bei der Verteilung der Familienarbeit. Die ÖVP will den Individuen maximale Gestaltungsfreiheit für ihr eigenes Leben übertragen. Allerdings stehen sich die PartnerInnen nicht gleichberechtigt gegenüber. Das heißt, die PolitikerInnen vergessen darauf, das Machtgefälle in der Gesellschaft zu verändern. Die Obsorge-Debatte zeigt, dass es zu keinen substantiellen Veränderungen der Strukturen kommt, aber gleichzeitig auf Individualisierung der Verantwortung für Ungerechtigkeit gesetzt wird. dieStandard.at: Um Ungleichgewichte zu beseitigen, wird das staatliche Eingreifen in das Private aber nicht ausbleiben können, oder? Stainer-Hämmerle: Grundsätze der ÖVP-Politik sind einerseits die Wahlfreiheit und andererseits die Anforderungen des Marktes. Da merkt man auch die Zerrissenheit in der ÖVP. Interessanterweise sind gerade diejenigen, die sich etwa für eine Quote oder mehr Kinderbetreuung einsetzen, im Wirtschaftsflügel der ÖVP angesiedelt und widersprechen damit dem konservativen Frauenbild ihrer eigenen Partei. Das tun sie aber nicht, um Frauen gleichzustellen, sondern um Frauen als Reservoir für den Arbeitsmarkt bereit zu halten. Es geht also nicht um einen emanzipatorischen Ansatz im Sinne von Geschlechtergerechtigkeit, sondern um die Interessen der Wirtschaft. In der Obsorge-Debatte kann aber auch umgekehrt argumentiert werden. Der Staat oder die Gerichte können keine Einigkeit verordnen. Das bleibt den Individuen überlassen. Zudem war es auch bisher immer möglich, sich zu einigen. Das Problem ist, dass Signale in anderen wichtigen Bereichen fehlen. Und der SPÖ fehlt hier das Wording, um dagegen aufzutreten. dieStandard.at: Das Vokabular der Justizministerin lautet Herstellung des Naturzustands und Natürlichkeit. Ist das nicht problematisch? Stainer-Hämmerle: Diese Wortwahl ist gut überlegt. Dabei ist es aber besonders interessant, wie schnell hier Männerrechte oder Männerdiskriminierung aufgegriffen werden. Bei den Frauenrechten war die ÖVP nicht so schnell, wenn es um die Veränderungen von Strukturen ging. dieStandard.at: In Österreich wie in Deutschland ist die Frauenquote derzeit en vogue. Mitterlehner und Heinisch-Hosek scheinen sich auf eine 25-prozentige Frauenquote in staatsnahen Betrieben zu einigen. Wie sinnvoll sind solche Bekenntnisse, wenn die Reproduktions- und Versorgungsarbeit weiterhin den Frauen angelastet wird? Stainer-Hämmerle: Der Knackpunkt bei der Quote sind die fehlenden Sanktionen. Eine freiwillige Quote ist ein Lippenbekenntnis, und es ist auch schön, wenn der Wirtschaftsminister Ja dazu sagt. Aber wenn die Quote nicht verpflichtend - inklusive Sanktionen - ist, dann kann man viel fordern und wünschen. Aber das ist dann eben nur ein Wunsch an das Christkind. Um etwas zu verändern, muss auf etablierte Strukturen Druck ausgeübt werden, und das geht sicherlich nicht mit Freiwilligkeit. dieStandard.at: Sie haben es vorhin schon angesprochen: Familienpolitik wird meist zur Frauenpolitik gemacht und somit in einen Topf geworfen. Tatsächlich gibt es aber auch enormen Gestaltungsraum in diesem Bereich. Was also kann frau sich von der neuen Familienstaatssekretärin Verena Remler erwarten? Stainer-Hämmerle: Ich muss sagen, die erste mediale Aufmerksamkeit, die sie durch ihre Ernennung bekommen hat, hat sie leider sehr wenig genutzt. Das war schon enttäuschend. Es ist nicht deutlich geworden, was ihre Visionen, Ziele und Ideen sind. Der politische Kopf Verena Remler ist für mich bisher nicht sichtbar. Was aber auf keinen Fall den frauenfeindlichen Auftritt der anderen Parteien bei der Vorstellung Remlers entschuldigen darf. dieStandard.at: Die ÖVP hatte aber auch die erste Ministerin und die erste Landeshauptfrau. Stainer-Hämmerle: Ja, das sind aber Frauen gewesen, die sich nie über ihr soziales Geschlecht definiert haben oder sich selbst aufgrund des Frau-Seins diskriminiert fühlten. Zum Beispiel wünschte Waltraud Klasnic ausdrücklich als Frau Landeshauptmann angesprochen zu werden. Heute ist das Bewusstsein für Sprache und Symbolik auch bei der ÖVP ein anderes. Aber das Frauenbild der ÖVP ist heute eine hübsche, perfektionierte Dame, rechts das Laptop, links das Baby, High-Heels und Business-Kostüm unter dem Motto: "Seht her, ich werde nicht diskriminiert und ich schaffe alles". Da sind wir wieder bei der Individualisierung. Ganz selten werden in der konservativen Frauenpolitik die Strukturen und das Machtgefälle zwischen Männern und Frauen thematisiert. Der Begriff Wahlfreiheit steht genau dafür. dieStandard.at: Im Duktus einer konservativen Frauenpolitik bedeutet das konkret? Stainer-Hämmerle: Es gibt beispielsweise keine Strukturen für Kinderbetreuung, vor allem am Land, und somit besteht diese vielbeschworene Wahlfreiheit der ÖVP in der Realität nicht. Die Antwort der österreichischen Frauen darauf ist eine klare: Es werden immer weniger Kinder geboren, trotz höchster Familienförderung in Form von Geldleistungen in der EU. Was ich bei den ÖVP-Frauen vermisse, ist der Wille zur Veränderung der gesellschaftlichen Strukturen und des Bewusstseins. dieStandard.at: Der Staat zieht sich aber generell zurück, also ist diesbezüglich auch nicht viel zu erwarten, oder? Stainer-Hämmerle: Ja, er greift nirgends mehr ein. In der Wirtschaftskrise wurde das besonders deutlich, aber die Krise war nur der Gipfel einer Entwicklung, wo es auch ganz offensichtlich geworden ist, wer an den Machthebeln sitzt. Da hätte ich gehofft, dass es die Politik schafft - egal auf welcher Ebene -, neue Rahmenregelungen zu fixieren. Aber diese Chance wurde verpasst. Die Politik hat an Autorität verloren, und auch ihre eigene Visionsfähigkeit. Bei den größten Defiziten wird ein bisschen geflickt, aber Ideale und Zielvorstellungen fehlen. Zudem fehlt es unserer Gesellschaft an Solidarität, vor allem unter Frauen. Daran hat es Frauen schon immer gemangelt. dieStandard.at: Aber auch die SPÖ konnte ihre frauenpolitischen Agenden in den letzten 20 Jahren nicht wirklich nachjustieren. Stainer-Hämmerle: Auch bei der SPÖ sind Männerstrukturen am Werk. Zudem hat die SPÖ das Problem des Schrumpfens. Wenn der Kuchen kleiner wird, verlieren Frauen als erste. Den verbalen Bekundungen zur Gleichstellung innerhalb der SPÖ sind auch nur selten Taten gefolgt. Natürlich gab es in den 70er Jahren mit Johanna Dohnal viele wichtige Reformen. Aber wenn man das mit der europäischen Entwicklung vergleicht, war Österreich kein Vorreiter, denn diese Veränderungen gab es damals auch in vielen anderen Ländern. dieStandard.at: Was kann sich frau in dieser Legislaturperiode frauenpolitisch noch erwarten? Stainer-Hämmerle: Eigentlich glaube ich, dass man sich wenig erwarten kann. Richtige Frauenpolitik gibt es ja nicht mehr. Gerade jetzt, wo Väterrechte unter dem Thema Frauenpolitik diskutiert werden, sieht man, in welche Richtung die Sache läuft. Nachdem die Diskriminierung von Frauen gesetzlich verboten und damit eigentlich abgeschafft wurde, gleichzeitig auf Individualisierung gespielt wird, sind die großen Feindbilder verschwunden und scheint Gleichstellung kein Thema mehr zu sein. Für eine Veränderung der Situation wird die/der Einzelne verantwortlich gemacht, zugleich werden die diskriminierenden Strukturen komplexer und dadurch immer schwerer fassbar. Große frauenpolitische Fortschritte erwarte ich mir in nächster Zeit auch aufgrund der generellen Substanzlosigkeit dieser Großen Koalition nicht, vor allem nicht im Bewusstsein der Bevölkerung. Da bräuchte es eine andere Sicht auf die Gesellschaft und da ist Österreich noch hoffnungslos konservativ. (Die Fragen stellte Sandra Ernst Kaiser, dieStandard.at, 27.2.2011) - derstandard.at/1297819012463/dieStandardat-Interview-Rechts-das-Laptop-links-das-Baby

http://derstandard.at/1297819012463/dieStandardat-Interview-Rechts-das-Laptop-links-das-Baby

Frauen sind in Gemeindepolitik stark unterrepräsentiert. Wie das zu ändern ist, wollte die SPÖ von Politologin Stainer-Hämmerle wissen. Unter dem Motto "Regional, kommunal, feminin. Sieben Thesen zu einer weiblicheren Politik in Stadt und Land", präsentierte sie ihre Analysen und Anregungen.
„Gehen die qualifizierten Frauen, dann sind die Dörfer rasch leer“, stellt Politikwissenschaftlerin Kathrin Stainer-Hämmerle klar. Es ist daher wichtig Anreize zu schaffen, damit sie bleiben. Sie wertschätzend in Entscheidungsstrukturen einzubinden, ist einer davon. „Mehr Frauen in der Politik braucht es auch, weil gemischte Teams die Gesellschaft besser widerspiegeln und so bessere Entscheidungen treffen. Große Unternehmen haben das längst erkannt.“
„Frauen motivieren und bestärken, sich politisch zu engagieren und einzumischen, das ist ein wichtiges Ziel für uns“, schildert SPÖ-Landesfrauenvorsitzende Selma Yildirim. Gerade in der Kommunalpolitik gibt es aber immer noch viel zu wenige Frauen. Rund 16 % sind es in Tirol. Der Anteil der Bürgermeisterinnen liegt gar nur bei 3,9 % (11 von 279). „Am Land ist es für Frauen besonders schwierig. Hier gilt es gefestigte Rollen- und Gesellschaftsbilder aufzubrechen“, so Yildirim.
„Die Frauenförderung passiert in den Parteien halbherzig“, kritisiert Politikwissenschaftlerin Kathrin Stainer-Hämmerle. Frauenfeindliche, von Männern geschaffene Strukturen und die Zeitintensität – Stichwort Mehrfachbelastung – seien hinderlich. Viel werde beim „Bier nach der Sitzung“ besprochen und in diese informellen Strukturen sind Frauen oft nicht eingebunden. Auch subtile Diskriminierung sei an der Tagesordnung.
„Für Frauen gibt es in der Politik zwei Rollen: Die Landesmutter oder die Emanze. Viele Frauen identifizieren sich aber mit keiner davon. Macht macht sexy. Aber nur Männer“, so Stainer-Hämmerle.
Was Frauen laut Studien an der Politik nicht mögen: Die Profilierungssucht der Männer und die formalistischen Abläufe. Zudem würden Frauen häufig für ihr persönliches Lebensmodell kritisiert und es fehlt ihnen die Unterstützung aus dem Umfeld. Und nicht zuletzt: Man findet Frauen, wenn man will. Aber: Man muss aktiv auf sie zugehen. Ein Quotenmodell ist für die Politikwissenschaftlerin immer noch am effektivsten. „Die Parteienförderung an Quoten zu binden, das fuktioniert.“

http://www.spoe-tirol.at/artikel/regional-kommunal-feminin

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