Wenn der Mensch zur MenschIn wird - oder:

Wieviel »Gleichberechtigung« verträgt das Land?

How much »equality« the country can stand?

Homepage - Archiv 1 - Archiv 2 -- Hilfe - Regeln für dieses Forum - Kontakt - Über uns

125947 Einträge in 30833 Threads, 293 registrierte Benutzer, 286 Benutzer online (1 registrierte, 285 Gäste)

Entweder bist Du ein aktiver Teil der Lösung, oder ein Teil des Problems.
Es gibt keine unbeteiligten Zuschauer!

    WikiMANNia
    Femokratieblog

Was gilt in der Integrationspolitik: Emanzipation der Frau oder kulturelle Toleranz? (Gesellschaft)

Die Fluchbegleiterin @, Wednesday, 07.01.2015, 10:07 (vor 3399 Tagen)

Wer in Rotterdam, Berlin oder Kopenhagen verschleierten Frauen wie in Beirut oder Damaskus begegnete und vor allem wer mit fremdartigen Gewohnheiten im Bereich von Familie, Erziehung und Heirat konfrontiert wurde, die von einer islamischen Kultur geprägt waren und im Widerspruch zu den modernen europäischen Anschauungen standen, musste sich fragen, ob unbegrenzte Toleranz nicht in Verleugnung oder Aushöhlung der eigenen Werte und Kultur umschlagen kann. […] Jetzt, da in Europa in der Sexualität, im Verhältnis der Geschlechter und in der Erziehung frühere Tabus und Beschränkungen verschwunden waren, war der Kontrast zu den Sitten und der Denkweise von Menschen aus einer ganz andersartigen Kultur umso auffälliger. Angesichts des hohen Stellenwerts, den Toleranz, Antirassismus und die Emanzipation von Minderheiten im offiziellen Moralkodex seit den sechziger Jahren hatten […] verstrickte man sich hier in ein verzwicktes, paradoxes Problem. Gerade diejenigen, die sich mehr als andere und aus Prinzip für Emanzipation und Rechtsgleichheit stark machten, mussten die Ungleichheit (nach den eigenen Maßstäben also Diskriminierung), die untergeordnete Position der Frau und die ganze patriarchalische Familienstruktur in den islamischen Gemeinschaften verurteilen. Nach dem ebenso bedeutsamen Toleranzprinzip dagegen, das auf den Gedanken der Gleichwertigkeit der verschiedenen Religionen und Kulturen beruht, mussten sie all dies respektieren. Es ist nicht verwunderlich, dass Regierungen und Öffentlichkeit diese Grundsatzfragen am liebsten vor sich her schoben.
Hermann W. von der Dunk: Kulturgeschichte des 20. Jahrhunderts, Band II, München 2004 (Erstausgabe Amsterdam 2000), S. 516-517.
Anmerkung: Hermann W. von der Dunk, geboren 1926 in Bonn, seit 1937 in den Niederlanden lebend, war Professor für moderne Geschichte und Kulturgeschichte an den Universitäten Utrecht und Nijmegen.


Nachricht 1 / 2015
Muslime in Deutschland: Daten, Fakten - und Tabus?
„Islamkritiker“ versus Freunde der „bunten Republik“, Emotionalität und Bekenntnisdrang kennzeichnen nicht erst seit „PEGIDA“ die Debatten über „den Islam“ in Deutschland. Im Kern geht es dabei um die Integrationsbereitschaft und -fähigkeit muslimischer Zuwanderer. Über diese Muslime wiederum meint man schon Bescheid zu wissen, aus persönlichen Erfahrungen heraus oder auch nur vom Hörensagen. Wer sich auf die „Aufklärung“ beruft, wie dies in den Kontroversen oft beide Seiten tun, sollte sich mit empirischen Befunden der Sozialwissenschaften befassen, denn nur auf deren Grundlage lässt sich eine sachliche Diskussion führen. Solche Befunde gibt es, obwohl es nicht einfach ist, über muslimisches Leben zu forschen. Ein Grund dafür ist, dass der Islam im Unterschied zum Christentum keine Institution „Kirche“ kennt. Zwar gibt es inzwischen muslimische Verbände, die in der sogenannten „Islamkonferenz“ ihre Interessen vertreten, aber sie repräsentieren nur eine Minderheit der Muslime. Ein anderer wichtiger Grund ist, dass die unterschiedlichen Sprachen und kulturellen Prägungen muslimischen Lebens die Forschung erschweren.
Moslem ist, wer sich dazu bekennt. Ein solches Bekenntnis ist in Ländern wie dem Iran oder der Türkei in der Öffentlichkeit ein Muss. Von kleinen Minderheiten abgesehen sind dort offiziell fast alle Einwohner Muslime. Zuwanderer aus diesen Ländern gelten deshalb bei uns als „Muslime“, was sie aber nicht unbedingt sind, wie empirische Untersuchungen zeigen (1). Denn zum einen sind nicht-muslimische Minderheiten (Christen, Jesiden u. a.) unter Zuwanderern aus diesen Ländern überrepräsentiert, weil sie dort unter Verfolgung leiden (2). Zum anderen gibt es erstaunlich viele Zuwanderer aus „islamischen“ Ländern, die sich keiner Religion zugehörig fühlen. Der Anteil dieser „Agnostiker“ unterscheidet sich einschlägigen Studien zufolge je nach Herkunftsregion: Unter den Türken liegt er bei ca. 15%, unter Irakern bei ca. 17%, unter Nordafrikanern bei ca. 20% und sogar 22% unter den Syrern. Noch wesentlich höher ist er unter Migranten aus dem Iran – von ihnen fühlen sich fast 40% keiner Religion zugehörig (3). Und auch die „Muslime“ aus dem Iran sind ihrer Religion oft kaum verbunden, für drei Viertel der Iraner spielt Religion keine nennenswerte Rolle im Leben; sie sind damit noch säkularer eingestellt als die deutsche Bevölkerung insgesamt (4). Der Grund dafür ist evident: Es handelt sich oft um Gruppen, die nach der islamischen Revolution 1979 vor dem theokratischen Regime im Iran geflohen sind.
Für Muslime aus der Türkei, die das Gros der vier Millionen Muslime in Deutschland bilden, hat Religion einen wesentlich höheren Stellenwert, der sich vor allen an den Festtagen zeigt. Noch lebensprägender ist die Religion für Muslime aus dem Nahen Osten und Nordafrika (5). Damit verbunden ist oft ein Frauen- und Familienbild, das westlichen Gleichheitsnormen widerspricht. Auch Muslime, die wenig religiös sind, folgen hier „traditionellen“ Leitbildern, was sich zum Beispiel in einer geringeren Erwerbsbeteiligung von Frauen zeigt (6). Gleichzeitig sind oft auch die Arbeitsmarktchancen der Männer relativ schlecht, weil es an Qualifikationen fehlt. Das Problem der Bildungsdeprivation beschränkt sich aber nicht, wie manchmal unterstellt wird, vorwiegend auf „strenggläubige“ Muslime, die sich in „Parallelgesellschaften“ absondern. Davon betroffen sind auch eher säkulare und in ihren Sitten liberale Gruppen: So hat mehr als die Hälfte der Aleviten, deren Frauen bekanntlich kein Kopftuch tragen, keinen oder nur einen niedrigen Schulabschluss (7). Das ist bemerkenswert, denn in der öffentlichen Diskussion wird Liberalität/Freizügigkeit mit „Integration“ assoziiert. Für den sozialen Aufstieg bietet sie aber keine Gewähr, der hängt entscheidend an den Bildungsanstrengungen. Und umgekehrt ist (formale) Bildung auch keine Garantie für „Integration“, wie studierte Selbstmordattentäter zeigen. Das mögen Einzelfälle sein, die aber grundsätzliche Fragen nach dem Nährboden von religiösem Fanatismus und Gewalt im Koran und den Schriften des Islam aufwerfen. Hierüber weiß man immer noch zu wenig, hier wird immer noch zu wenig aufgeklärt (8). Ist das ein Tabu im öffentlichen Diskurs? Mehr Aufklärung auch in diesem Punkt würde die Diskussion relativieren und versachlichen. Denn hier dürfte einer der maßgeblichen Gründe liegen für das Unbehagen in Teilen der Bevölkerung gegenüber muslimischen Zuwanderern oder dem Islam allgemein.
(1) Dies ist eine wichtige, zu wenig beachtete Erkenntnis aus der einschlägigen Studie „Muslimisches Leben in Deutschland“ des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge im Auftrag der „Islamkonferenz“ (Sonja Haug/Stephanie Müssig/Anja Stichs: Muslimisches Leben in Deutschland, Nürnberg 2009).
(2) Etwa ein Fünftel der Migranten, die aus einem muslimisch geprägten Land stammen, gehören einer christlichen Konfession an. Sonja Haug et al.: Muslimisches Leben in Deutschland, a.a.O., S. 95.
(3) Vgl. ebd., S. 87.
(4) Vgl.: Yasemin El-Menouar/Inna Becher: Geschlechterrollen bei Deutschen und Zuwanderern christlicher und muslimischer Religionszugehörigkeit, Nürnberg 2014 (Forschungsbericht 21 des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge), S. 45.
(5) Sonja Haug et al.: Muslimisches Leben in Deutschland, a.a.O., S. 46. Zur Zahl der Muslime in Deutschland ebd., S. 11.
(6) Yasemin El-Menouar/Inna Becher: Geschlechterrollen bei Deutschen und Zuwanderern christlicher und muslimischer Religionszugehörigkeit, a.a.O, S. 152.
(7) Vgl.: Sonja Haug et al.: Muslimisches Leben in Deutschland, a.a.O., S. 315.
(8) Der Studie Muslimisches Leben in Deutschland zufolge sind 6% der Muslime „als fundamentalistisch im Sinne extremer Ausformungen“ einzustufen. Die Autoren wollen diesen Anteil aber nicht mit dem von „Islamisten“ gleichsetzen, der sich durch den „Primat der Religion gegenüber der Demokratie sowie der Distanzierung von demokratischen Rechtsauffassungen“ (Ebd., S. 28-29) auszeichne. Die Einstellungen zu Rechtsstaat, Demokratie und Gewalt untersuchen sie aber in ihrer Studie nicht, während das Tragen von Kopftüchern breiten Raum einnimmt. Ausgerechnet die wichtigsten Fragen bleiben so gänzlich unbeantwortet.


Kontoverbindung für Spenden:
Deutsche Bank Privat- und Geschäftskunden AG - Bonn-Beuel
BLZ 380 700 24
Kto.Nr. 0949 495
IBAN: DE 68380 700 24 009494 9500
Bankcode: DEUTDEDB 380
Selbstverständlich verbreiten wir den Newsletter auch weiterhin gratis.
Falls Sie nach Artikeln suchen möchten, die noch weiter zurück liegen als die auf der neuen Webseite verfügbaren (vor Juni 2012), so können Sie unsere alte Webseite durchstöbern, die zu diesem Zweck weiterhin unter der folgenden Adresse erreichbar ist: http://altewebsite.i-daf.org
Möchten Sie den Newsletter nicht (mehr) erhalten, können Sie ihn über den unten stehenden Link abbestellen. Eine ungefragte Weiterleitung des Newsletters ist uns jederzeit recht. Es gibt dahingehend keinerlei Beschränkungen.
Korrekturen und Verbesserungsvorschläge sind hochwillkommen.
Über das Institut selber unterrichtet die Homepage.
Hier finden Sie eine Druckversion des letters.
Wir wünschen eine spannende und interessierte Lektüre.
Herzliche Grüße
Jürgen Liminski Stefan Fuchs
(Geschäftsführer iDAF) (Wissenschaftlicher Leiter)
www.i-daf.org

Schöner Beitrag

Holger @, Wednesday, 07.01.2015, 11:36 (vor 3399 Tagen) @ Die Fluchbegleiterin

jedoch noch nicht weitblickend genug! Entscheidend ist, wie Religion das kulturelle Leben, die ethisch- moralischen Grundsätze und das Denken prägt- selbst der linkeste Agnostiker bei uns ist schlicht und ergreifend sozialisiert durch die jüdisch- christliche Religion, ob er nun will oder nicht, selbst wenn diese heute öffentlich kaum noch eine Rolle spielt- man denke nur an die Grundsätze der Rechtsordnung, die direkt auf das (christlich-)römische Recht rückführbar ist.
Um wieviel mehr erst ist dies in islamischen Staaten der Fall! Bekanntermaßen ist der Islam nun mal nicht nur Religion, sondern gleichzeitig politische, soziale und Rechtsordnung. Die linken Terroristen Arafats waren entschiedene Agnostiker und zeigten allesamt die Denke und das Verhalten schlimmster Gotteskrieger und unterscheiden sich in der Wahl ihrer Mittel von den Schlächtern des IS allenfalls graduell. Eben dieses läßt sich auch von Immigrantenhorden sagen, die bei uns die Knäste füllen. Von einem arabischen 'Christen' hat man nicht automatisch Besseres zu erwarten, als von einem arabischen Musel, der zu Hause seine Gebärmaschine windelweich klopft. Fasst man unter 'Integration' die Übernahme des Wertekanons des Gastlandes auf, so läßt sich diese für die aus islamischen Ländern des Mahgreb, des nahen und mittleren Ostens stammenden 'Neubürger' als gescheitert ansehen. Allahs Daumenschrauben sind die besseren...

powered by my little forum