Wenn der Mensch zur MenschIn wird - oder:

Wieviel »Gleichberechtigung« verträgt das Land?

How much »equality« the country can stand?

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Liste Femanzen Prof. Dr. Ruth Becker (Liste Femanzen)

Oberkellner @, Sunday, 21.12.2014, 16:33 (vor 3420 Tagen)

F305 Prof. Dr. Ruth Becker Studium der Volkswirtschaftslehre in Stuttgart, Hamburg, Tübingen und München - 1980-1993 freiberufliche Tätigkeit sowie Vertretungsprofessuren und Lehraufträge an den Universitäten Kassel, Stuttgart, Hamburg und Weimar, Promotion und Habilitation an der Universität Kassel, Fachbereich Stadtplanung, Landschaftsplanung - 1993-2009 Leiterin des Fachgebiet Frauenforschung und Wohnungswesen in der Raumplanung und der Koordinationsstelle Netzwerk Frauenforschung NRW - Mitautorin des Gender-Reports 2010 zur Geschlechtergerechtigkeit an nordrhein-westfälischen Hochschulen - Buchveröffentlichungen: Handbuch für Frauen- und Geschlechterforschung (mit Beate Kortendiek), (2006), Dynamik der Geschlechterkonstellationen (2009), Emanzipierte Wohnformen für Frauen (2007), Feministische Kritik an Stadt und Raum (2004) – aktive Mitarbeit in verschiedenen Projekten der autonomen Frauenbewegung – derzeit Vorstandsmitglied der Feministischen Organisation der Architektinnen und Planerinnen e.V. (FOPA) – Mitglied der Sektion Frauenforschung in der DGS – http://www.raumplanung.uni-dortmund.de/fwr - www.frauenwohnprojekte.de - ruth.becker@uni-dortmund.de – ruth.becker@tu-dortmund.de


http://www.netzwerk-fgf.nrw.de/fileadmin/media/media-fgf/download/publikationen/Journal-26_Netzwerk-FGF.pdf

Zu Anfang ihres Berichts beantwortete Frau Becker die Frage, was Wohnen "eigentlich" sei.
Wohnen beinhalte heutzutage Selbstverwirklichung. In der Wohnqualität stelle sich die Frage nach Wo, Wie und mit wem gewohnt wird. Und welche Entscheidungsmöglichkeiten des Zusammenwohnens überhaupt gegeben sind. Wohnen biete Raum für Privatheit und ist auch ein Ort sozialer Interaktion.

Wohnverhältnisse seien auch Spiegel für gesellschaftliche Verhältnisse. Sie zeigten, dass die Unterordnung von Frauen in der Gesellschaft das Wohnen von Frauen beeinflusste.

Beginen
Die Beginen im 13. Jh. erschufen eine mittelalterliche Wohnform, in der
Wohnen und Arbeiten miteinander verbunden waren. Die Wohnform entstand zu Zeiten der Kreuzzüge, was heißt die Männer waren weg. Viele Frauen konnten nicht heiraten. (Manche wollten vielleicht auch nicht. i.U.) Die einzige Alternative des Ohne-Mann-Lebens war das Kloster. Nur Vermögende oder die dort Dienst leistenden Frauen fanden sich dort ein. Das war für Frauen ohne Geld nicht attraktiv. Auch musste ein Gelübde abgelegt werden, das lebenslang an das Kloster und seine Regel band.
Im Gegensatz zum Kloster gab es keine lebenslange Bindung an den Beginenverbund. Eigenes, erwirtschaftetes Vermögen konnte mitgenommen werden.
Die Beginen waren eine Laienform der Klostergemeinschaft; eine Entwicklung außerhalb der kirchlichen Struktur. Die Kirche akzeptierte sie zwar hin und wieder, hatte aber grundsätzlich Schwierigkeiten mit dieser Form des Zusammenlebens von Frauen.
Erste Frauenbewegung
Am Ende des 19. Jahrhunderts - die Industrialisierung hatte schon unheimlichen Schwung genommen - gab es für Frauen mit neuen Berufen wie z.B. Lehrerin, Postbotin oder Eisenbahnerin Zugang zum Arbeitsmarkt, wenn auch nur mit bescheidenem Einkommen.
Eigenständig Wohnen hingegen war für unverheiratete Frauen ungleich schwerer. Während es für unverheiratete Männer die Möglichkeit zur Untermiete gab, war die Untervermietung an unverheiratete "Weibspersonen" nicht erlaubt.
Klausel, dass Untervermietung nur an "anständige Herren" gestattet und "weibliche Personen" ausdrücklich untersagt sei, so zumindest die Aussage eines 1911 in der Zeitschrift der ersten Frauenbewegung "Die Gleichheit" veröffentlichen Bericht über die Wohnungsnot berufstätiger Frauen. (...)

Quelle: Becker, Ruth (2009): Frauenwohnprojekte - keine Utopie. Ein Leitfaden zur Entwicklung autonomer Frauen(wohn)räume mit einer Dokumentation realisierter Projekte in Deutschland.
Studien Netzwerk Frauenforschung NRW Nr. 3, Seite 14
Frau Becker wies darauf hin, dass hier auch der Kuppelparagraph (§ 180 Reichsstrafgesetzbuch von 1871 (galt bis 1969) zum Tragen kam. Dieser Paragraph hatte übrigens Auswirkungen bis hinein in die 70er Jahre des vorherigen Jahrhunderts!
Das Leben der Frauen der Unterschicht im Arbeitermileu war etwas "freier" von dieser bürgerlichen Ordnung, dafür waren sie häufig sexueller Belästigung ausgesetzt.
Auch auf dem Land kam es zur sexuellen Ausbeutung der Dienstmädchen, die von ihrem Dienstherren nicht in Ruhe gelassen wurden.
Frauen hatten nun semiprofessionelle Berufe, waren gebildet und hatten keine Chance alleine zu wohnen. So schufen die Frauen der ersten Frauenbewegung Heime, Ledigenheime, Postbotinnenheime etc. Diese waren Häuser mit sehr kleinen Wohnungen. Auch wurde in der Frauenbewegung die Zentrale Versorgung diskutiert. Ruth Becker zitierte Hedwig Schwarz, die forderte, dass nach der Erwerbsarbeit Frauen nicht mehr noch kochen sollen müssen.
Die (teilweise genossenschaftlich organisierte) zentrale Hauswirtschaft und der Verzicht auf individuelle Küchen wurde dabei nicht als Notlösung verstanden, sondern als ein fortschrittliches Konzept, um berufstätige Frauen von der Hausarbeit zu befreien, da es, so Hedwig Schwarz, eine Zumutzung für berufstätige Frauen sei, "nach der Berufsarbeit noch zu kochen, waschen, scheuern und bügeln, statt wie der berufstätige Mann, die Freizeit ausschließlich der Erholung und der Weiterbildung zu widmen" (zitiert nach Terlinden u.a. 1999:20).

Quelle: Becker, Ruth (2009): Frauenwohnprojekte - keine Utopie. Ein Leitfaden zur Entwicklung autonomer Frauen(wohn)räume mit einer Dokumentation realisierter Projekte in Deutschland.
Studien Netzwerk Frauenforschung NRW Nr. 3, S. 15
Dieses Thema Zentrale Versorgung wurde vor allem von linken Frauen angegriffen, da sie da wieder die Unterdrückung der Arbeiterin sahen.
Nachkriegszeit bis zur zweiten Frauenbewegung
Ledige Frauen hatten von der Weimarer Republik bis in die 70er Jahre keinen Zugang zum sozialen Wohnungsbau.
Die Wohnungsnot von alleinstehenden Frauen nach dem Krieg brachte es mit sich, dass z.B. in Ulm auf Initiative von engagierten Frauen zwei Wohnhäuser mit 100 Wohnungen nur für Frauen gebaut und zur Verfügung gestellt wurden. Diese Wohnhäuser wurden landläufig "Drachenburg" bezeichnet, da in den 50er Jahre alleinstehende Frauen nicht in die Gesellschaft passten. Alleinstehende Frauen waren entweder unanständig oder langweilig.
In den 80er Jahre konnten diese Wohnhäuser schuldenfrei an die Stadt Ulm übergeben werden. Diese soll die Wohnungen immer noch nur an Frauen vermieten...
Zweite Frauenbewegung
In der 2. Frauenbewegung hatte das Thema Raum eine andere Bedeutung. Es ging vor allem um die Nutzung des öffentlichen Raums. Und so gründeten sich Frauencafés, Buchläden etc. Wohnen nahm eine geringere Rolle ein.
Aber es gab auch Kombinationen, so war das "Sarah" in Stuttgart ein 1978 von Frauen gemietetes Haus - ein ehemaliges Landeskriminalamt, in dem es ein Frauen-Café aber auch Wohnungen für Frauen gab. Dieses Frauenkulturzentrum besteht heute noch.
Hausbesetzerinnenbewegung
In Berlin entstanden aus der Hausbesetzerinnenbewegung die Schokofabrik in Kreuzberg und das Hexenhaus. Die Frauen gingen sehr ambitioniert an das Thema heran, so dass z.B. in der Schokofabrik die Toilette auch als Kompostierunganlage funktionieren sollte - was sie leider nicht tat.
Die Organisatorinnen hatten einen hohen Anspruch in bezug auf die ökologische Frage und auch die praktische Angelegenheit, indem die Häuser barrierefrei sein sollten. Gleichzeitig sollten die Häuser auch ein öffentlicher Raum für Frauen sein, in dem Frauenkultur stattfand.
Wohnungen in Frauenhand
Mit der Idee gemeinschaftliches Eigentum und antikapitalistischer Position wurde versucht Genossenschaften zu gründen. Wobei der Prozess und der Aufwand recht hoch ist. Die Münchnerinnen brauchten 14 Jahre, um die Genossenschaft umzusetzen.
Andere, der Bremer Beginenhof, hatte es in vier Jahre durchgezogen. Waren aber am Ende
bankrott, weil EU-Fördergelder ausblieben. Sie kämpfen immer noch mit diesen Altlasten.
In Frankfurt existiert aus dieser Bewegung (Gründung einer Genossenschaft) das Lila Luftschloss.
Frauen planten für andere "benachteiligte" Frauen Haus. Es gibt in diesen Häusern kaum noch WGs, eher mehrere Einzelwohnung.
Das Gelingen der gelebten Gemeinschaft ließe sich an der Finanzierung des Gemeinschaftsraum ausmachen: wird darin einen Sinn gesehen oder ist der Zusatzaufwand nur eine Last?
DISKUSSION
In der Diskussion höre ich das erste Mal vom Mietshäuser Syndikat. Frauen berichten von eigenen Erfahrungen mit besetzen Häusern und dem Wunsch in eine Bauwagensiedlung zu ziehen.
Für die Vergangenheit könne festgestellt werden, dass es problematisch sei, dass in den langen Prozessen immer wieder neue Frauen hinzugekommen waren, die ganz neu ihre Probleme anbrachten, so dass deshalb sich das Diskussionsniveau sich nicht änderte. Auf diese Weise hätte es kaum Chancen gegeben, auch Entscheidungen zu treffen. Für einige Frauen dauerte der Prozess zu lange, so dass viele nicht in das Projekt einzogen, die zu Beginn dabei waren.
So wie die Planungstheorie soziale Mischung wolle, die meist aber nicht menschlich sei, da sich Menschen andere Menschen nach Ähnlichkeiten, gemeinsame Regeln und gemeinsame Verhaltensweise aussuchten, sei es fast utopisch, die politische Ideologie der Frauen - "alle" Frauen "mitzunehmen" - zu leben.
Auf die Frage, welche Eigenschaften die Frau haben müsse, die im Projekt mitarbeite, teilte Frau Becker mit, dass diese am besten nicht bedürftig sei, heißt auf die Wohnungsgelegenheit angewiesen etc, sondern nur halt das Konzept umsetzen wolle.
Ob es günstige äußere Bedingungen, die ein Projekt fördern gibt - Ökonomie, Projektgröße - konnte nicht eindeutig beantwortet werden. Die hausbesetzten Häuser hätten funktioniert, weil die Zeit dafür "reif" gewesen wäre.
Auf die Frage warum sich Frauen zusammenschließen wollen, um zusammen zu wohnen, fand ich abschließend folgende Stelle in der Dokumentation "Becker, Ruth (2009): Frauenwohnprojekte - keine Utopie. Ein Leitfaden zur Entwicklung autonomer Frauen(wohn)räume mit einer Dokumentation realisierter Projekte in Deutschland.
Studien Netzwerk Frauenforschung NRW Nr. 3":
http://nur-ein.blog.de/2010/12/01/denkraeume-wohnen-vortrag-dr-ruth-becker-10096601/

Studien Netzwerk Frauenforschung NRW Nr. 3, Dortmund 2009, 10,00 €
Inhalt | Die Entwicklung neuer Wohnformen für Frauen war schon für die erste Frauenbewegung in Deutschland ein zentrales Anliegen. Sie gründete Frauenwohngenossenschaften, baute Wohnungen für berufstätige Frauen und gründete Banken, um diese Bautätigkeiten zu finanzieren. Auch für die zweite Frauenbewegung war die Schaffung autonomer Frauenräume ein Kernpunkt ihrer Aktivitäten, wobei es ihr allerdings vor allem um öffentliche Frauenräume ging. Doch bereits in den 1970er und vor allem in den 1980er Jahren entstanden erste Frauenwohnprojekte – meist in Kombination mit öffentlichen Frauenräumen. Inzwischen entstehen landauf, landab gemeinschaftliche Wohnprojekte mit unterschiedlichen Zielsetzungen. Frauen, insbesondere ältere Frauen „nach der Familienphase“ sind daran sehr aktiv beteiligt – nach Einschätzung mancher Kommunalpolitiker dominieren sie sogar in den Gruppen. Frauenwohnprojekte im engeren Sinn, d. h. Wohnprojekte, in denen das Zusammenleben von Frauen bzw. die baulich-räumlichen Kriterien umgesetzt werden, die im Zuge der feministischen Planungs- und Architekturkritik entwickelt wurden, sind jedoch selten. Um solche Projekte geht es in der Veröffentlichung von Ruth Becker. Nach einer kurzen Geschichte des emanzipatorischen Wohnens von Frauen werden in einer umfangreichen Dokumentation 78 sehr unterschiedliche Frauenwohnprojekte nach ihren Initiatorinnen und Zielsetzungen sowie ihren rechtlichen, finanziellen und baulichen Aspekten vorgestellt – als Anregungen für Nachahmerinnen. Unterschieden werden dabei fünf Projekttypen: • Autonome Frauenwohnprojekte, d. h. Projekte, die von Frauen initiiert und realisiert wurden, die sich explizit auf die autonome Frauenbewegung beziehen und/oder bei denen der „Autonomiegedanke“, also das Ziel, Wohnraum „in Frauenhand“ oder für das Leben in Frauenbezügen zu schaffen, im Vordergrund steht und die sich in ihrer Zielsetzung an Frauen und in unterschiedlichen Lebenssituationen beziehen. • Beginen-Projekte, die als eine Unter- oder Nachfolgegruppe der autonomen Projekte verstanden werden können, die sich explizit auf die Tradition der im Mittelalter entstandenen Beginen-Höfe bezieht. • Wohnprojekte für ältere/alte Frauen, d. h. Projekte, die sich explizit (nur) auf das Wohnen von Frauen im Alter beziehen, wobei einige der Projekte eine spezifische Form der autonomen Projekte darstellen, während bei anderen Projekten dieses Typs sich der ausschließliche Bezug auf Frauen „erst im Projektverlauf ergeben“ hat. • Wohnprojekte für allein erziehende Frauen, die in erster Linie die Verbesserung der Wohnungsversorgung allein erziehender Frauen zum Ziel haben und die zwar teilweise auch von Frauengruppen und -vereinen initiiert wurden, dann jedoch in einem institutionellen Rahmen realisiert wurden. • Projekte des frauengerechten Wohnungsbaus, deren primäres Ziel die Umsetzung der im Rahmen der feministischen Architektur- und Städtebaukritik entwickelten baulich-räumlichen Kriterien ist. Die dokumentierten Entwicklungsgeschichten dieser Projekte zeigen, welch mühsamer, langwieriger Weg oft zurückgelegt werden musste, bis die Projekte tatsächlich entstehen konnten. Um diesen Weg zu verkürzen enthält die Veröffentlichung einen ausführlichen Leitfaden zur Entwicklung eines Frauenwohnprojekts. In sechs dem Verlauf einer Projektentwicklung folgenden Kapiteln werden Hinweise zur Initiierung, zur Klärung grundlegender Fragen, zu den möglichen Rechtsformen, zur Finanzierung, zur Förderung, zur Realisierung und zur Bewirtschaftung eines Frauenwohnprojekts gegeben. Der Leitfaden kann zwar eine kompetente Beratung nicht völlig ersetzen, ermöglicht es aber allen Interessentinnen für ein Frauenwohnprojekt, gezielt Beratung einzuholen und Alternativen informiert in der Gruppe zu diskutieren. Die Dokumentation der Projekte wird ergänzt durch eine zusammenfassende Darstellung der Charakteristika der erfassten Projekte. Außerdem enthält die Veröffentlichung ein umfangreiches Adress- und Literaturverzeichnis. Für 10 € zu beziehen über: FG Frauenforschung und Wohnungswesen Fakultät Raumplanung, TU Dortmund, 44139 Dortmund, email fwr@post.tu-dortmund.de, Fax: +49 (0)231-755-5432

http://www.raumplanung.tu-dortmund.de/fwr/fwrpage/publ_neu.html

http://www.ssoar.info/ssoar/bitstream/handle/document/3835/ssoar-sub-2004-4-becker-feministische_kritik_an_stadt_und.pdf?sequence=1

Ruth Becker: Vorstellung der Studie zur Integration von Gender-Aspekten in
gestufte Studiengänge beim Akkreditierungsrat und bei den
Akkreditierungsagenturen
Die im Sommer letzten Jahres vorgelegte Studie der Koordinationsstelle "Gender-Aspekte bei der Einführung
und Akkreditierung gestufter Studiengänge - eine Handreichung"1 ist auf sehr großes Interesse gestoßen.
Die Studie wird bundesweit (und darüber hinaus) von Gleichstellungsbeauftragten, WissenschaftlerInnen
und Hochschulleitungen nachgefragt. Die zunächst gedruckten 1.100 Exemplare waren innerhalb
von vier Monaten vergriffen, ein erweiterter Nachdruck ist derzeit in Vorbereitung.
Interesse zeigten auch die für den Akkreditierungsprozess maßgeblichen Institutionen. Im November
2006 wurde Prof'in Dr. Ruth Becker eingeladen, um die Studie bei der Halbjahrestagung des Akkreditierungsrats
(dem wichtigsten Gremium im bundesdeutschen Akkreditierungssystem, das unter anderem die
Aufgabe hat, die Akkreditierungsagenturen zu akkreditieren) vorzustellen. Im Mai 2007 folgte eine entsprechende
Einladung zu einer gemeinsamen Sitzung der Akkreditierungsagenturen.
Die Diskussion in beiden Gremien war lebhaft und teilweise kontrovers. Breite Zustimmung fand, zumindest
im Akkreditierungsrat, die Zielsetzung der Studie, d. h. die Berücksichtigung von Gender-Aspekten
bei der Ein- und Durchführung gestufter Studiengänge. Kontrovers diskutiert wurde dagegen die Frage, in
welchem Maß der Akkreditierungsrat zur Umsetzung dieser Zielsetzung auch in den Fällen beitragen kann,
in denen von der die Akkreditierung beantragenden Hochschule dieser Aspekt nicht berücksichtigt wird.
Zwar ist den Akkreditierungsagenturen vom Akkreditierungsrat in dem im Herbst 2005 verabschiedeten
Kriterium 10.4 aufgegeben "die Umsetzung des Konzepts der Hochschule zur Förderung der Geschlechtergerechtigkeit
im gegebenen Studiengang" zu prüfen, doch entfällt diese Prüfung, wenn die Hochschule
hierzu kein Konzept vorlegt. Eine Verschärfung dieses Kriteriums, durch die die Agenturen verpflichtet
würden, ein solches Konzept einzufordern, scheint derzeit nicht in Sicht. Allerdings ist auch nicht erkennbar,
dass die Agenturen seitens des Akkreditierungsrats gehindert würden, die Berücksichtigung von Gen-
Kontakt und Information
Leiterinnen: Prof. Dr. Bettina
Hurrelmann und Prof. Dr. Gisela
Wilkending
Universität zu Köln
Arbeitsstelle für Leseforschung
und Kinder- und Jugendmedien
(ALEKI)
Bernhard-Feilchenfeld-Str. 11
D-50969 Köln
Tel: (0221) 470-4069
Fax: (0221) 470-5197
Bettina.Hurrelmann@unikoeln.
de

http://www.uni-koeln.de/philfak/
deutsch/aleki/index2.shtml

1 Ruth Becker, Bettina
Jansen-Schulz, Beate
Kortendiek, Gudrun Schäfer
(2006): Gender-Aspekte bei
der Einführung und
Akkreditierung gestufter
Studiengänge - eine
Handreichung. Studien
Netzwerk Frauenforschung
NRW Nr. 7, Dortmund, 320
Seiten. Siehe auch die
Kurzfassung im Journal
Netzwerk Frauenforschung
NRW Nr. 21, S. 21-32.
News
Journal Netzwerk Frauenforschung NRW Nr. 22/2007 15
der- Aspekten im Rahmen des Akkreditierungsverfahrens zum Prüfkriterium zu machen. Allerdings wurde
von einigen Teilnehmern in Frage gestellt, ob die Prüfung der in der Studie genannten Aspekte im Rahmen
eines Akkreditierungsverfahrens überhaupt möglich sei.
Um diesem Einwand zu begegnen, machte Prof'in Dr. Ruth Becker bei der Vorstellung der Studie auf der
gemeinsamen Sitzung der Akkreditierungsagenturen konkrete Vorschläge in Form von "Prüffragen" für
den Akkreditierungsprozess (siehe unten). Die Resonanz war dispers: Während einige Teilnehmer die Fragen
als hilfreich und anwendbar bezeichneten, wurde von anderen in Zweifel gezogen, ob "Gleichstellungsfragen
in einen Akkreditierungsprozess einbezogen werden sollen", da es dafür ja bereits Richtlinien
z. B. auf Fakultätsebene gäbe. Vor allem seien die Gender-Kriterien keine harten Kriterien, deren Nichterfüllung
zu einer Verweigerung der Akkreditierung führen könne. Andererseits wurde kritisiert, dass sich die
Fragen ausschließlich auf den Geschlechteraspekt beziehen, statt einen Diversity-Ansatz zu verfolgen.
Vorherrschend, wenn auch nicht einhellig, war zudem auch hier die Auffassung, man könne den Hochschulen
die Berücksichtigung dieser Aspekte nicht aufzwingen.
Insgesamt bestätigte sich die die bereits in der Studie dargestellte Erkenntnis, dass die Integration von
Gender-Aspekten in die Studiengänge primär in den Hochschulen durchgesetzt werden muss. Ein dorniger
Weg, wie wir alle wissen - aber auch ein Erfolg versprechender.
Integration von Gender-Aspekten in gestufte Studiengänge. Mögliche Prüffragen im Rahmen eines
Akkreditierungsverfahrens
1_ Prüffragen zur Geschlechtergerechtigkeit eines Studiengangs
1_1 Abbau von Geschlechterdisparitäten beim Zugang zum Studium
1_1.1 Gewinnung von Studierenden des unterrepräsentierten Geschlechts
Prüffragen:
• Sind im Antrag Daten zur Zusammensetzung der Studierenden und der Absolventinnen nach Geschlecht enthalten?
• Sind bei Disparitäten Maßnahmen zur Angleichung an die Parität vorgesehen?
Mögliche Maßnahmen sind:
Schnupperunis, Informationsveranstaltungen in Schulen, Sichtbarmachen der Offenheit des jeweiligen Studiengangs
für das unterrepräsentierte Geschlecht durch entsprechende Informationsmaterialien und Internetauftritte, geschlechtsneutrale
Formulierungen, Vermeidung von Geschlechtsstereotypen, Verweis auf Vorbilder des unterrepräsentierten Geschlechts,
die in der jeweiligen Disziplin erfolgreich sind, monogeschlechtliche Studiengänge.
1_1.2 Geschlechtergerechte Zulassungsverfahren und Aufnahmekriterien
Prüffragen:
• Werden bei Zulassungsverfahren geschlechtsneutrale Formulierungen verwendet und Geschlechtsstereotype vermieden?
• Wird geschlechtsspezifisches Vorwissen berücksichtigt?
• Sind geschlechtsdifferenzierende Auswertungen vorgesehen?
• Sind die Auswahlgremien geschlechtsparitätisch besetzt?
• Ist bei extremer Geschlechterdisparität eine Quotierung vorgesehen?
1_1.3 Auswirkungen von Studiengebühren auf den Zugang zum Studium
Prüffragen:
• Hat die Hochschule ein aussagefähiges Monitoring über die Entwicklung der fachspezifischen Studierendenzahlen
nach Geschlecht vor und nach Einführung der Studiengebühren?
• Sind im Fall der Verringerung der Frauenanteile Maßnahmen vorgesehen?
1_2 Studierbarkeit, zeitliche Organisation des Studiums und Vereinbarkeit von Familie, Studium und
Erwerbsarbeit
1_2.1 Unangemessen hohe Ansprüche in BA-Studiengängen
Prüffragen:
• Sind aussagefähige Befragungen von Studierenden zum workload vorgesehen?
News
16 Journal Netzwerk Frauenforschung NRW Nr. 22/2007
• Wie werden die so gewonnenen Ergebnisse bei der Fortschreibung der Studienpläne berücksichtigt?
• Ist eine geschlechtsdifferenzierende Auswertung vorgesehen?
Zu achten ist allerdings auch darauf, dass bei der realistischen Gestaltung der Curricula nicht die unter Gleichstellungsgesichtspunkten
besonders wichtigen Inhalte der Geschlechterforschung als „nicht zum Kernbereich gehörend" gestrichen
werden.
1_2.2 Vereinbarkeit von Studium und Elternschaft (Pflege, Erwerbstätigkeit)
Prüffragen:
• Sind Maßnahmen zur Vereinbarkeit von Studium und Elternschaft (Pflege) vorgesehen?
• Wird Elternschaft (Pflege) in irgendeiner Weise thematisiert?
• Gibt es spezielle Studien-/Prüfungsbedingungen für Eltern (Pflegende)?
• Sind die zeitlichen Strukturen des Studiums mit Elternschaft vereinbar?
• Gibt es ein Angebot für ein Teilzeitstudium?
Mögliche Maßnahmen:
• Flexible, hochschulnahe Kinderbetreuungsmöglichkeiten
• Sonderregelungen für Eltern bei der Studiendauer
• ein größerer zeitlicher Spielraum bei Prüfungen
• Pflichtveranstaltungen werden ausschließlich in einer Kernzeit angeboten, die mit angemessenen Betreuungszeiten
vereinbar sind
1_3 Hochschuldidaktik: Lehre, Betreuung, Beratung, Mentoring
1_3.1 Geschlechtergerechte Lehre
Prüffragen:
• Gibt es ein differenziertes Angebot an Lehrformen?
• Sind Elemente eines Projektstudiums integriert?
• Welchen Anteil haben kooperative Lehrformen?
• Ist das Lehrangebot hinreichend differenziert (Berücksichtigung unterschiedlicher Interessen der Studierenden)?
• Sind interdisziplinäre Ansätze im Studienangebot enthalten?
• Wird auf die Geschlechterdifferenzen in der Berufspraxis eingegangen?
• Wird bei der Geschichte des Fachs/der Lehrmeinungen auch auf weibliche Pionierinnen eingegangen?
• Wie ist das Geschlechterverhältnis bei den Lehrenden (Stichwort Vorbilder)?
• Gibt es Angebote zur Sensibilisierung der Lehrenden zur Umsetzung einer geschlechtergerechten/geschlechtersensiblenLehre?
1_3.2 Betreuung, Studienberatung, Mentoring
Prüffragen:
• Gibt es ein Weiterbildungsangebot für Lehrende zur Vermeidung impliziter Diskriminierung eines Geschlechts?
• Gibt es ein aussagekräftiges Evaluierungs- und Monitoring-System zur Beobachtung des Studienerfolgs und der
Abbruchquoten mit geschlechtsdifferenzierender Auswertung und formalisiertem Feedback-System?
• Gibt es Mentoring-Programme für das im jeweiligen Feld marginalisierte Geschlecht?
1_4 Übergang in Beruf und in MA
1_4.1 Berufsbefähigung, Übergang in den Arbeitsmarkt
Prüffragen
• Sind eine systematische, geschlechtsdifferenzierende Beobachtung des Arbeitsmarktes und eine Berücksichtigung
dieser Erkenntnisse sowohl bei der Studienberatung als auch bei der Ausgestaltung der Curricula etabliert?
• Wird die geschlechtersegregierende Struktur der einschlägigen Arbeitsmärkte in den Studienplänen berücksichtigt?
Besonders wichtig für traditionell männlich konnotierte Studiengänge.
1_4.2 Übergang zum MA - Vertikale Segregation
Prüffragen:
• Ist eine kontinuierliche geschlechtsdifferenzierende Erfassung und Analyse der Übergangsquoten vom BA zum MA
vorgesehen?
• Ist eine Befragung abgehender BA-Studierender vorgesehen?
• Sind Maßnahmen zur Erhöhung des Frauenanteils bei unterdurchschnittlicher Übergangsquote vorgesehen?
News
Journal Netzwerk Frauenforschung NRW Nr. 22/2007 17
Mögliche Maßnahmen:
• gezielte Förderprogramme, ähnlich der Promotions- und Habilitationsförderung
• spezifische Beratungsangebote, gezielte Ansprache qualifizierter Studentinnen
• Quotierung studentischer Hilfskraftstellen, die nicht selten am Beginn einer wissenschaftlichen Laufbahn stehen
• Quotierung der Zulassung zum MA
Besonders wichtig: Überprüfung der Daten bei der Reakkreditierung
1_5 Integration der Geschlechterforschung
Frauen- und Geschlechterforschung trägt zur Stärkung der Selbstreflexivität bei.
Die Berücksichtigung der sozialen Kategorie Geschlecht und der gesellschaftlichen Konstruktionsprozesse zur Herstellung
einer dualen (hierarchischen) Geschlechterordnung ist nicht nur in den Sozial- und Kulturwissenschaften, sondern
auch in den Technik- und Naturwissenschaften ein ganz zentrales Element wissenschaftlicher Erkenntnis.
Vielmehr gibt es Fragestellungen, die in allen Studiengängen relevant sind und die jeweils fachspezifisch in die Curricula
integriert werden sollten:
Dazu gehört insbesondere die Integration der Geschlechterperspektive
• in die Professionsaspekte (Geschichte, Beruf, Arbeitsmarkt),
• in die Wissenschaftskritik (Genderbias, Biografik, Sprache)
• in die Aspekte der Herstellung und Nutzung der Ergebnisse der Fachdisziplin.
2_ Prüffragen zum Organisationskonzept der Hochschulen
Die Integration von Gender-Aspekten in die neuen Studiengänge ist zweifellos vor allem Sache der Hochschulleitungen.
Ihnen kommt bei der Integration von Gender-Aspekten in die Entwicklung und Durchführung gestufter Studiengänge
eine Schlüsselrolle zu.
Deshalb sollte im Akkreditierungsverfahren anhand der im Folgenden dargestellten Prüffragen geprüft werden, welche
Maßnahmen die Hochschulleitung ergriffen hat, um die Integration von Gender-Aspekten bei der Entwicklung und
Durchführung gestufter Studiengänge sicher zu stellen.
Die Fragen sind insbesondere für die Systemakkreditierung geeignet, doch können einige Fragen u. E. auch in die
Prüfung einzelner Studiengänge integriert werden.
Prüffragen:
• Hat die Hochschule Kriterien entwickelt, an denen nach dem Verständnis der Hochschule "Geschlechtergerechtigkeit"
zu messen ist (als Vorgabe für die Fakultäten)?
• Hat die Hochschule ein Organisationskonzept, wie die Berücksichtigung dieser Kriterien bei der Entwicklung von
Studiengängen in den Fachbereichen und Fakultäten sicher gestellt wird?
• Hat die Hochschule ein Konzept zur Information, Beratung und Weiterbildung aller an der Entwicklung, Akkreditierung
und Durchführung von Studiengängen auf Hochschulseite Beteiligten (Vermittlung von Gender-Kompetenz)?
• Hat die Hochschule ein Konzept zur Sicherstellung der notwendigen fachlichen Kompetenzen (Geschlechterforschung,
Gender Studies)?
• Hat die Hochschule ein Konzept zur nachhaltigen Qualitätssicherung (Evaluation, Monitoring und Controlling)?
• Werden die notwendigen Ressourcen dauerhaft zur Verfügung gestellt?
Datenbank Gender in die Akkreditierung
Im Juni 2007 geht die Datenbank www.gender-in-gestufte-studiengaenge.de, die aus der vor genannten
Studie hervorgeht, ans Netz. Sie bietet:
1_zu den meisten Studienfächern Curriculavorschläge für die Integration von Gender-Aspekten in die Lehre,
2_einen Pool von ExpertInnen, die in diesen Fächern für ihre Gender-Kompetenz ausgewiesen sind,
3_Maßnahmen, die von Hochschulen in Deutschland und den europäischen Nachbarländern zur Integration
von Gender ergriffen werden sowie 4_Gender Studies und -professuren an diesen Hochschulen.
Die Datenbank soll kontinuierlich ergänzt und erweitert werden, wozu auch Informationen seitens der
Hochschulen und NutzerInnen gefragt sind.

http://www.netzwerk-fgf.nrw.de/fileadmin/media/media-fgf/download/publikationen/Journal-22_Netzwerk-FGF.pdf

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