Wenn der Mensch zur MenschIn wird - oder:

Wieviel »Gleichberechtigung« verträgt das Land?

How much »equality« the country can stand?

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Liste Femanzen Katja Leyrer (Liste Femanzen)

Oberkellner @, Wednesday, 14.05.2014, 09:52 (vor 3824 Tagen)

F 195 Katja Leyrer Katja Leyrer wird als eines von sechs Kindern in der DDR geboren, wächst seit ihrem 10. Lebensjahr in Kassel auf, haut mit 19 von zu Hause ab und geht nach Hamburg. Beruflich läuft es mehr als holprig: abgebrochene Ausbildung als Krankenschwester, Jobs als Bürokraft, Verkäuferin, Putzfrau und Tagesmutter. Als Ehefrau eines angehenden Lehrers erlebt sie die Ausläufer der Studentenbewegung mit. Mit ihrem zweiten Mann, einem Hafenarbeiter, landet sie zuerst im Hausbesetzer-Milieu und dann als Hausfrau mit zwei "Lütten" im Alten Land. Mit Anfang dreißig lässt sie sich scheiden, geht nach Hamburg zurück und fängt noch einmal neu an: Sie studiert Politikwissenschaft, legt das Diplom ab und wird freie Journalistin und Buchautorin. Von einer vorübergehenden großen Liebe bekommt sie noch ein drittes Kind. Ihre Veröffentlichungen zum Thema "Emanzipation und (Raben-)Mutterschaft" machen Schlagzeilen.

Und trotzdem: Wir müssen den Söhnen die Privilegien nehmen! Wir können nicht Männermacht bekämpfen und die Augen vor den eigenen Söhnen verschließen. Wir haben keine neutralen Wesen an unseren alternativen Busen genährt, sondern die Patriarchen von morgen, wenn wir ihnen diese Sicherheit nicht rauben – ganz persönlich. Wir müssen unseren männlichen Kindern etwas wegnehmen, sie unterdrücken. […] Praktisch heißt das zum Beispiel, solange es also die Mutter entsetzt ablehnt, ihrem Sohn die Nachthemden der älteren Schwester anzuziehen, obwohl sie ja noch so schön sind, wird sich bei den Männern nichts ändern. […]
Ich vermute, dass ich – Feministin hin oder her – dennoch nicht in der Lage wäre, die Entwicklung meines Sohnes zu einem Versager in der Männerwelt tagtäglich zu beobachten – wenn ich nicht zwei Töchter hätte. Das macht es leichter.”*

(Auszug aus Buch Hilfe, mein Sohn wird ein Macker!)


Gespräch mit Stefanie Montag vom Frauenbuchladen Hamburg

Interview: Katja Leyrer


Seit wann gibt es den Frauenbuchladen in Hamburg?

Seit Mai 1978, also seit bald 20 Jahren. Er wurde von einem Kollektiv gegründet mit dem Ziel, daß Frauenliteratur vertrieben und überhaupt sichtbar gemacht werden sollte. Es sollte ein Markt dafür geschaffen, auch Druck auf die Verlage ausgeübt werden. Ein zweiter Schwerpunkt sollte sein, den Buchladen als Treffpunkt für Frauen und Lesben zu nutzen - und Arbeitsplätze für Lesben zu schaffen. Dieses erste Kollektiv bestand acht Jahre lang.

1986 schien die Lesbenbewegung das Projekt nicht mehr zu tragen und auch die Frauenbewegung nicht. Der Laden wurde an eine einzelne Frau verkauft, die sich dann aber relativ schnell wieder Verstärkung suchte. Daraus ist dann wieder ein neues Kollektiv entstanden, das den Laden 1991 auch finanziell übernahm. Seit 1992 wird er wieder von einem Lesbenkollektiv geführt.

Was war und ist die Zielsetzung des Frauenbuchladens?

Neben dem Angebot an Frauenliteratur, Frauenbüchern, auch, daß nur Frauen im Laden einkaufen und arbeiten - in vielen Frauenbuchläden sind ja auch Männer zugelassen.

Wie groß ist der Laden?

Es müssen zwischen siebeneinhalb und achttausend Bücher sein.

Nur Bücher, die von Frauen geschrieben wurden?

Mittlerweile sind fast alle Bücher von Autorinnen. Wir machen Ausnahmen bei Herausgeberschaften. Aber auch dann achten wir darauf, daß - auch wenn Männer die Herausgeber sind - mehr als die Hälfte der Autorinnen Frauen sind.

Als die Frauenbuchläden entstanden, herrschte auf dem Buchmarkt eine Situation, die gekennzeichnet davon war, daß es Frauenliteratur so gut wie nicht gab und nicht ernst genommen wurde. Das hat sich verändert. Ist das positiv oder negativ einzuschätzen?

Zur gleichen Zeit, also Ende der siebziger Jahre, gründeten sich die Frauenbuchverlage und bewiesen, daß es da eine Marktlücke gab. Später haben auch die bürgerlichen Verlage nachgezogen. Um 1990 herum gab es auch in bürgerlichen Buchhandlungen viel Literatur von Frauen, da standen dort gut sortierte Regale mit Frauenliteratur. Heutzutage ist das wieder rückläufig. Die Verlage bringen weniger und weniger gute Frauenbücher heraus, Sachbuch wie Belletristik. Und auch in den bürgerlichen Buchhandlungen ist die Frauenecke heute bestimmt von - wirklich - Schundliteratur, Groschenromanen. Sachbücher kommen da schon gar nicht mehr vor, ganz zu schweigen von feministischer Wissenschaft. Früher führten auch diese Buchhandlungen wenigstens ein paar Titel von Orlanda oder Frauenoffensive oder vielleicht noch ein paar Bücher von Christa Wolf - das ist nicht mehr so.

Es gibt meiner Meinung nach auch noch eine andere Strömung, die bedenklich ist. Unter dem Motto feministische Literatur oder "freches Frauenbuch" werden hohe Auflagen mit Büchern erzielt, die eine tabubrecherische Menschenverachtung ausstrahlen. Das Geleitwort eines dieser Romane, die ich meine, ist zum Beispiel: "Was ist ein Mann in Salzsäure? - Ein gelöstes Problem."

Heutzutage wird eine Menge unter dem Deckmäntelchen von Feminismus oder Frauenliteratur verkauft. Da gilt es dann, genau hinzugucken. Feminismus ist heute sehr viel Unterschiedliches, der Feminismus ist bunter geworden.

"Bunter" klingt sehr positiv.

Soll einfach nur heißen: der Feminismus ist vielfältiger geworden. Das hat positive und negative Aspekte.

Was hat sich in den elf Jahren, seit du im Frauenbuchladen arbeitest, inhaltlich geändert? Hat sich das Publikum geändert? Das Angebot?

Die Ansprüche haben sich verändert, sowohl bei den Kundinnen als auch bei uns im Laden. Auf beiden Seiten sind die Ansprüche an Ästhetik gestiegen. Ein Buch mit Knickecken wird heute nicht mehr gekauft, und Bücher im Selbstverlag gehen auch schlecht. Es muß schon alles gut aussehen - das hat ebenfalls Vor- und Nachteile. Auch die Ansprüche an Professionalität sind gestiegen. Sowohl bei Kundinnen als auch den Verkäuferinnen. Mittlerweile haben wir uns spezialisiert, wollen und können bessere Arbeit machen als zu Beginn.

War denn die Arbeit vor zehn, fünfzehn Jahren schlecht?

Nein, diesen Eindruck will ich auf keinen Fall erwecken. Es hat Verlagerungen des Arbeitsschwerpunktes gegeben. Wir stellen heute zum Beispiel Bibliographien zusammen und machen weniger Büchertische auf Veranstaltungen. Das hat aber auch mit den Anforderungen zu tun. Auch spielen wirtschaftliche Gesichtspunkte eine größere Rolle als damals.

Der Hamburger Frauenbuchladen hat früher sehr viele politische Veranstaltungen durchgeführt.

Das ist auch immer noch so. Es handelt sich in der Hauptsache um Lesbenveranstaltungen, weil das auch das Publikum ist, das die Angebote annimmt. Ansonsten sind die Schwerpunkte Sexuelle Gewalt, Rassismus und im weitesten Sinne Faschismus. Zum Beispiel hatten wir eine Veranstaltungen über deutsche Exil-Literatinnen.

Hat sich auch im Frauenbuchladen das Angebot verändert? Was wird heute verkauft?

Es hat eine Polarisierung auch bei unserem Publikum stattgefunden. Wir leben mittlerweile auch stärker von Frauen, die im Viertel wohnen, weil andere Buchhandlungen zugemacht haben. Wir bestellen also auch nach der Spiegel-Bestsellerliste. Auf der anderen Seite gibt es unser Stammpublikum, Frauen, die extra in den Buchladen kommen, weil es der Frauenbuchladen als Raum für Frauen und mit seinem Angebot ist. Uni-Frauen kommen gar nicht. Und Feministische Theorie verkaufen wir nur noch an Bibliotheken und Frauenprojekte.

Wir arbeiten heute produktiver und wirtschaftlicher, weil wir zum größeren Teil davon leben und alles teurer geworden ist. Seit gut zwei Jahren haben wir eine Musikabteilung eingerichtet, eine Frauen-Musik-CD-Abteilung mit Hörbar. In der Hauptsache bieten wir dort nicht die gängigen Popsachen an, sondern Frauenmusik aus anderen Ländern. Es gibt aber auch noch ein verkleinertes Café - Kaffee und Getränke und zwei Tische, wo auch Unterschriftenlisten ausliegen. Und die Infobörse ist auch noch da, wo zum Beispiel die Programme der Frauenferienhäuser aushängen.

Wagst du eine Einschätzung über den Stand, die Zukunft der Frauenbewegung?

Ein einfaches Urteil gibt es nicht. Die Frauenbewegung ist nicht tot. Ich würde sagen: es gibt heute überall Frauen, die ein ganz klares Bewußtsein davon haben, daß sie einen Wert haben, daß sie Ziele haben und diese auch verwirklichen wollen, die stark sind und auch ihre Sache umsetzen. Dann hat es die vielen Kämpferinnen gegeben, die auch strukturell etwas verändert haben. Es sind heute Räume da für Frauen. Das hat durchaus einen gesellschaftsverändernden Aspekt. Wie weit das aber noch als "Bewegung" passiert - da bin ich eher skeptisch ...

Stefanie Montag ist Buchhändlerin im Hamburger Frauenbuchladenkollektiv Frauenbuchladen, Bismarckstr. 98, 20253 Hamburg, Tel./Fax 040 / 420 47 48

http://jungle-world.com/artikel/1998/10/36796.html

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