Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

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Demokratiekritik

Mus Lim ⌂, Friday, 02.03.2012, 15:48 (vor 4440 Tagen)

Demokratie ist eine Schönwetter-Regierungsform und funktioniert nur in Ländern mit Wohlstand.

Schon Aristoteles zählte die Demokratie zu einer der drei entarteten Verfassungen, in denen die Regierenden (hier also: das Volk) nur ihrem Eigennutz dienen:
Die Demokratie ist eine Herrschaft der vielen Freien und Armen zur Lasten der Tüchtigen und Wohlhabenden, da die ersteren aufgrund ihrer Mehrheit die Politik bestimmen.
Was schon der alte Grieche Aristoteles erkannt hat, wollen die aktuellen Politfiguren (G. Schramm) nicht zugeben.

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Demokratiekritik

Royal Bavarian, St. Toterlestupfing, Friday, 02.03.2012, 16:57 (vor 4440 Tagen) @ Mus Lim

Die Demokratie ist eine Herrschaft der vielen Freien und Armen zu
Lasten der Tüchtigen und Wohlhabenden, da die ersteren aufgrund ihrer
Mehrheit die Politik bestimmen.

... nach dem vierten Bier hatte Aristotel es von mir.

Hatte es von ihm - Royal Bavarian

Demokratiekritik

bberlin, Friday, 02.03.2012, 17:17 (vor 4440 Tagen) @ Mus Lim

Dazu ein lesenswerter Artikel

Die Macht der Masse
Von Hannes Stein

In der Demokratie herrschen alle über alle. Was aber, wenn eine Minderheit nicht mit dem Willen aller übereinstimmt? Dann gibt es mehr zu beklagen als nur einen logischen Widerspruch
Vor der Demokratie zu warnen hat in der abendländischen Philosophiegeschichte eine lange Tradition. Der Historiker Polybios schrieb, dass die Demokratie eine Neigung habe, zur Ochlokratie zu verkommen, zur Herrschaft des Pöbels - in der Pöbelherrschaft aber warte immer schon ein Tyrann hinter den Kulissen, der dann im Namen des Volkes den Laden übernimmt. (Ein Beispiel für diese These, von dem Polybios allerdings noch nichts wissen konnte: Napoleon.) Immanuel Kant stand im 18. Jahrhundert mit beiden Beinen fest in dieser philosophischen Tradition. In seiner Schrift "Zum ewigen Frieden" bestimmte er, die Demokratie sei "im eigentlichen Verstande des Wortes notwendig ein Despotism, weil sie eine exekutive Gewalt gründet, da alle über und allenfalls auch wider Einen (der also nicht mit einstimmt), mithin alle, die doch nicht alle sind, beschließen; welches ein Widerspruch des allgemeinen Willens mit sich selbst und mit der Freiheit ist." Wir kommen noch darauf, was diese hellsichtigen Worte bedeuten.
Die amerikanischen Gründungsväter hatten ihre alten Griechen gelesen; sie waren ebenfalls keine Demokraten. Eine Republik wollten Jefferson, Madison und Hamilton wohl - also: Gewaltenteilung, Religionsfreiheit, einen Katalog von Grundrechten -, aber einen Staat, in dem jeder Trottel wählen darf, unabhängig vom Stand, vom Besitz, vom Bildungsgrad? Eines Tages wurde allerdings doch die Demokratie in Amerika eingeführt, und zwar von Andrew Jackson. In seiner Regierungszeit - 1829 bis 1837 - setzte dieser Präsident durch, dass mit der revolutionären Parole "one man, one vote" voller Ernst gemacht wurde. Jedenfalls beinahe. Jeder noch so arme Schlucker, jeder Analphabet durfte danach wählen, vorausgesetzt, dass seine Epidermis weiß war. (Frauen erhielten das Wahlrecht in der gesamten Union freilich erst 1920.) Andrew Jackson war ein radikaler Populist, der unter anderem die zweite Zentralbank der amerikanischen Republik zerstörte, weil er sie für das Zentrum einer kapitalistischen Verschwörung hielt.
Jackson war darum der Held aller europäischen Linken. Gleichzeitig fiel in seine Präsidentschaft die Deportation der "fünf zivilisierten Indianernationen" - der Cherokee, Chickasaw, Choctaw, Creek und Seminolen -, die mit vorgehaltener Waffe in das "Indianerterritorium" westlich des Mississippi (also ins heutige Oklahoma) gezwungen wurden. In die Geschichte der Cherokee ist diese Episode als "Zug der Tränen" eingegangen. Der weite Weg nach Westen kostete einem Viertel des Stammes, vor allem Alten und Kindern, das Leben. In den Geschichtsbüchern wird dies meist als "einerseits - andererseits" dargestellt. Also: Einerseits müsse Andrew Jackson als progressiver Präsident bezeichnet werden, weil er die Demokratie in Amerika einführte; andererseits sei da diese unschöne Sache mit den Indianern gewesen. In Wahrheit gehören beide Seiten zusammen: Andrew Jackson ließ die Indianer deportieren, nicht obwohl, sondern weil er Demokrat war. Er beging diesen genozidalen Akt als Volkstribun; er vollstreckte den Willen der Armen und Unterdrückten, denen er zum Wahlrecht verholfen hatte.
Schauen wir uns daraufhin nun noch einmal den Satz von Immanuel Kant an: In der Demokratie, sagt dieser Philosoph, herrschen alle über alle. Was aber, wenn eine Minderheit - und sie muss nur aus einem Individuum bestehen - nicht mit dem Willen aller übereinstimmt? Dann haben wir erstens einen logischen Widerspruch (es kann sich ja nicht mehr um die Herrschaft aller handeln); zweitens werden die Rechte dessen, der nicht übereinstimmt, mit Füßen getreten. Und das, so Kant, sei "notwendig ein Despotism". In der Tat, fragen Sie die Cherokee. Wenn Freiheitsfreunde sagen, sie seien für die Demokratie, dann meinen sie etwas ganz anderes; sie wollen damit eigentlich und genauer sagen, dass sie für die liberale Demokratie sind. Dabei wird übersehen, dass der ganze Zauber im Adjektiv steckt, nicht im Substantiv.
"Demokratie" heißt einfach nur, dass gewählt wird und die Mehrheit entscheidet - auch wenn es sich bei jener Mehrheit um einen Haufen abergläubischer Bauern mit Fackeln und Mistgabeln handelt. "Liberal" bedeutet dagegen, dass es Rechte gibt, die auch von den Bauern mit ihren Fackeln und Mistgabeln nicht ausgehebelt werden können: das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit, das Recht auf Eigentum, das Recht, eine Religion auszuüben (auch eine Religion, die den anderen verhasst ist), das Recht, Atheist zu sein, das Recht, seine Meinung zu äußern - auch dann, wenn diese Meinung falsch, töricht oder verwerflich sein sollte. Der Demokratie geht es letztlich nur um ein mathematisches Verhältnis: Wähler werden als Gleiche betrachtet (die sie nicht sind) und anschließend zusammengezählt. Dem Liberalismus geht es stattdessen um das Recht des einzigartigen, unverwechselbaren Individuums; ein Recht, das durch kein Zahlenverhältnis ausgedrückt werden kann.
Viele meinen nun, dass das Adjektiv und das Substantiv - also "liberal" und "Demokratie" - urwüchsig zusammengehören, dass diese beiden Dinge nicht voneinander getrennt werden können. Ein historischer Irrtum. Großbritannien war liberal, lange bevor es demokratisch wurde. Schon im 17. Jahrhundert galten dort die Habeas-Corpus-Akte (die den Einzelnen vor willkürlichen Verhaftungen schützt) und der schöne Brauch, dass Zeitungen nicht der Zensur unterlagen. Es muss demnach als Zufall verbucht werden, dass Demokratie und Liberalismus heute in den westlichen Ländern stets als Paar auftreten; und es könnte gut sein, dass sich diese Koppelung eines Tages wieder auflöst. Tatsächlich geschieht diese Auflösung längst vor unseren Augen: Das Ergebnis des viel besungenen "arabischen Frühlings" werden aller menschlichen Voraussicht nach unliberale, ja, antiliberale Demokratien sein. Quasi im Umkehrschluss könnte auch der Westen auf die Idee verfallen, das Junktim zwischen Demokratie und Liberalismus aufzukündigen.
In diesem Fall gälte es, sich auf das zu besinnen, was wichtig ist und mit Zähnen und Klauen verteidigt werden muss. Nicht die Demokratie, denn die verträgt sich hervorragend mit Nationalismus, Rassismus, Völkermord und finsterster Intoleranz. Verteidigt werden müssen vielmehr die Rechte des Individuums - notfalls gegen die Masse, den demokratischen Mob.

Eine blendende Idee, Bernhard!

Holger, Saturday, 03.03.2012, 06:57 (vor 4439 Tagen) @ bberlin

"Demokratie" heißt einfach nur, dass gewählt wird und die Mehrheit entscheidet - auch wenn es sich bei jener Mehrheit um einen Haufen abergläubischer Bauern mit Fackeln und Mistgabeln handelt."Liberal" bedeutet dagegen, dass es Rechte gibt, die auch von den Bauern mit ihren Fackeln und Mistgabeln nicht ausgehebelt werden können"

Besser hätte der Unterschied zwischen den Demokratten und Liberalen gar nicht dargestellt werden können!
Und mit Verlaub gesagt, wieviele Leser hier können mit dem Begriff 'liberal' überhaupt noch was anfangen?

"Nicht die Demokratie, denn die verträgt sich hervorragend mit Nationalismus, Rassismus, Völkermord und finsterster Intoleranz. Verteidigt werden müssen vielmehr die Rechte des Individuums - notfalls gegen die Masse, den demokratischen Mob."

Zu meiner Zeit lernte man sowas als Basiswissen in der Schule, da stand sogar Hobbes noch auf dem Lehrplan!
Aber nach 40 Jahren sozialdemokratistischer Hirnwäsche verbinden fast alle das Wort 'liberal' mit Manchester- Kapitalismus und verknüpfen es auch noch mit der bedrohlichen Vorsilbe 'Neo', alldieweil 'sozial' und 'gerecht' inzwischen als das Zwillingspärchen 'soziale Gerechtigkeit' allgemeine Hochachtung genießen und jegliche Schandtat gegen Eigentums- und Persönlichkeitsrechte wie Enteignung und Quotenwahn rechtfertigen, also nahezu ins Gegenteil ihrer Wortbedeutungen verkehrt wurden.
Der Dekonstruktivist und überzeugte Kommunist Derrida hat ganze Arbeit geleistet!

Holger,
liberalkonservativer Antidemokrat

Eine blendende Idee, Bernhard!

DvB, Saturday, 03.03.2012, 07:05 (vor 4439 Tagen) @ Holger

Und mit Verlaub gesagt, wieviele Leser hier können mit dem Begriff
'liberal' überhaupt noch was anfangen?

Es bedeutet ungefähr dasselbe wie 'anarchisch'.

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Eine blendende Idee, Bernhard!

Holger, Saturday, 03.03.2012, 07:20 (vor 4439 Tagen) @ DvB

einfach mal googeln

Idiotiekritik

DvB, Saturday, 03.03.2012, 07:01 (vor 4439 Tagen) @ bberlin

Wenn Freiheitsfreunde sagen, sie seien für
die Demokratie, dann meinen sie etwas ganz anderes; sie wollen damit
eigentlich und genauer sagen, dass sie für die liberale Demokratie sind.
Dabei wird übersehen, dass der ganze Zauber im Adjektiv steckt, nicht im
Substantiv.

Nee, wenn Freiheitsfreunde sagen, sie seien für die Demokratie, dann meinen sie, daß sie einen Dachschaden haben. Und wenn sie sagen, sie seien für Liberalismus, meinen sie dasselbe. Die beiden Begriffe passen sehr wohl zusammen, wie der Arsch auf den Eimer. Genauso wie ein ganzes Sortiment weiterer Idiotenvokabeln, unter denen jeder verstehen kann und soll, was er lustig ist. Wirklich ausgelegt werden sie von den Machthaber letztendlich als das gerade Gegenteil dessen, was sie etymologisch bedeuten oder zumindest propagierungsmäßig bedeuten sollen.

"Demokratie" heißt einfach nur, dass gewählt wird und die Mehrheit
entscheidet

Soso, "heißt" es das? Tatsächlich ist noch nicht einmal so klar, ob der Begriff von deme oder deme stammt. Die Betonung entscheidet dann so ungefähr, ob Gebiet oder Abschaum gemeint ist. (Volk heißt laos.)

"Liberal"
bedeutet dagegen, dass es Rechte gibt, die auch von den Bauern mit ihren
Fackeln und Mistgabeln nicht ausgehebelt werden können

Das würd ich doch mal für frei erfunden halten. Oder 'liberal erfunden'.
Liberalismus bedeutet gewöhnlich Narrenfreiheit. Zumindest für die Gleicheren.

Idiotiekritik

Holger, Saturday, 03.03.2012, 07:17 (vor 4439 Tagen) @ DvB

Liberalismus bedeutet gewöhnlich Narrenfreiheit. Zumindest für die
Gleicheren.

Nö. Es heißt das, was da steht.

Idiotiekritik

DvB, Saturday, 03.03.2012, 11:04 (vor 4439 Tagen) @ Holger

Nö. Es heißt das, was da steht.

Papier ist geduldig. Und als was eine Sache von der Masse betrachtet wird, hat nix mit zu tun, was da einer irgendwo hingeschrieben hat. Da hast Du quasi Glück, wenn Du einen erwischst, der überhaupt lesen kann.

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Eine Lanze für die Demokratie

Manifold ⌂, Saturday, 03.03.2012, 20:26 (vor 4438 Tagen) @ Mus Lim

Demokratie ist eine
Schönwetter-Regierungsform und funktioniert nur in Ländern mit
Wohlstand.

Logisch. Nur in wohlhabenden Gesellschaften können genügend Menschen genügend gebildet werden, so dass sie für Populismus einigermassen unempfänglich werden und sich rational eine eigene Meinung bilden können - eine Grundvoraussetzung für eine funktionierende Demokratie. Denn eine nichtfunktionierende Demokratie degeneriert zur Pöbelherrschaft - davor hatten Plato und Aristoteles Angst.

Ausserdem führt Wohlstand auch dazu, dass mehr Menschen stakeholders sind und somit ein Interesse daran haben, dass die Gesellschaft prosperiert - nur in einer Demokratie kann Besitz für eine Mehrheit tatsächlich rechtlich garantiert und geschützt werden.

Schon Aristoteles zählte die Demokratie zu einer der drei entarteten
Verfassungen, in denen die Regierenden (hier also: das Volk) nur ihrem
Eigennutz dienen:

Aristoteles war auch ein sklavereibeführwortender, intellektueller Elitarist, der Abtreibung und Infantizid als legitim betrachtete. Heisst das jetzt, dass Sklavenhaltung, intellektueller Totalitarismus und Abtreibung/Infantizid mit dem Hinweis auf Aristoteles rechtfertigbar sind?

Die Demokratie ist eine Herrschaft der vielen Freien und Armen zur
Lasten der Tüchtigen und Wohlhabenden, da die ersteren aufgrund ihrer
Mehrheit die Politik bestimmen.

Was schon der alte Grieche Aristoteles erkannt hat, wollen die aktuellen
Politfiguren (G. Schramm) nicht zugeben.

Wenn dem so wäre, dann hätte der allgemeine Wohlstand im Westen in den letzten 200 Jahren nicht so massiv zugenommen - denn gleichzeitig fand die grösste Ausdehnung demokratischer Werte weltweit statt ...

Nur eine Demokratie ermöglicht den Menschen die Freiheit und den Rechtsschutz und die Möglichkeit zur Mitbestimmung, so dass sich der allgemeine Wohlstand und Wohlbefinden hebt.

Es gibt dazu für Europa keine tauglichen Alternativen.

--
"Zur Durchführung seines Zieles erachtet der Maskulismus [...] als aufrichtig und sinnvoll: [...] das ursprüngliche Anliegen einer wirklichen Gleichberechtigung beider Geschlechter." - Michail A. Savvakis

Eine Lanze für die Demokratie

DvB, Saturday, 03.03.2012, 21:21 (vor 4438 Tagen) @ Manifold

Denn eine nichtfunktionierende Demokratie degeneriert zur Pöbelherrschaft
- davor hatten Plato und Aristoteles Angst.

Aha, sie waren also demokrattophob. (Was anderes war ja nicht zu erwarten...) xD

Und ich dachte schon fast, sie waren einfach nur sauer, daß die Demokratten ihren geliebten Sokrates umgelegt hatten.

Aristoteles war auch ein sklavereibeführwortender, intellektueller
Elitarist, der Abtreibung und Infantizid als legitim betrachtete. Heisst
das jetzt, dass Sklavenhaltung, intellektueller Totalitarismus und
Abtreibung/Infantizid mit dem Hinweis auf Aristoteles rechtfertigbar sind?

Ja. Aber ich sehe nicht, was das zur Sache tut. Ich meine, die attische Demokrattie hatte schließlich auch keinerlei Probleme mit all dem. In Attika waren die Sklaven den Wahlberechtigten mengenmäßig ungefähr 15:1 überlegen. In Ammihausen war das anfangs auch noch üblich. George Washington hatte z.B. über 400 Sklaven in seinem persönlichen Eigentum. Aber mit der Zeit entwickelt sich die Entartung bei einer Demokratie halt erst so richtig.

Es gibt dazu für Europa keine tauglichen Alternativen.

Nur solange die Ammis in der Lage sind, ihre schwule Demokratten-Ideologie überall wie üblich herbeizubomben. Aber der Zug ist bald durch.

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Hast Du im Körper Demokratie, da hast Du Krebs (k.T)

Rosi, Sunday, 04.03.2012, 17:54 (vor 4438 Tagen) @ Mus Lim

- kein Text -

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