Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

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Kommentar von 1984 zum neuen Scheidungsrecht

Rainer ⌂, Tuesday, 17.05.2011, 12:08 (vor 4731 Tagen)

FAZ 1. September 1984
Kommentar zum neuen Scheidungsgesetz

(Zitat)
Nach Karl Marx galt es, die Familie "praktisch und theoretisch zu vernichten", wie Professor Konrad Löw berichtete.[11] Bewusst oder unbewusst gelang es mit dem Familienrechts-Reformgesetz von 1977 (1.EheRG) diese Zielsetzung rechtsförmig zu organisieren. Das als "Jahrhundertwerk" gepriesne Reformgesetz erwies sich als Plagiat des russischen Gesetzesvorbilds aus der Revolution von 1917.[12]

Zu diesem Gesetz schrieb Professor Dr. jur. Detlef Liebs: Die Liberalen brachten das Weglauf-Prinzip ins neue Scheidungsrecht ein, das freilich ursprünglich auch keinen Geschiedenenunterhalt vorsah. Die Sozialdemokraten fügten das nacheheliche Versorgungs-Prinzip hinzu, allerdings in maßvoller Höhe. Und die christlichen Demokraten mit ihrer Sperrmehrheit im Bundesrat pfropften darauf das Mutti-Prinzip, das besagt: Wer den Trauschein geschafft hat, darf sich für sein weiteres Leben aus Sofa legen, und zwar ein Sofa nach den Verhältnissen des oder auch der Angetrauten....Die erzielte Mischung fordert geradezu dazu auf, sich zum Schmarotzer zu entwickeln. Schönredner der jeweiligen Regierung sagen dazu, der Staat ziehe sich aus einem ehedem geübten Sittenrichteramt zurück, idem er die Beurteilung des privaten Ehelebens den Beteiligten überlasse; dadurch gebe er den Bürgern ein Stück Freiheit zurück. Das Gegenteil stimmt. Nie waren Richter in Ehesachen so mächtig wie heute, und natürlich möchten sie diese Macht behalten, mit der sie Männer und Frauen jeder Couleur wirtschaftlich verkümmern oder blühen lassen können. Hoch und niedrig ist ihnen ausgeliefert. Nie waren ihrem Ermessen so weitreichende Entscheidungen anvertraut; nie auch dauerte eine Scheidung, zermürbend vor allem für den, der eine Ehe ernst nahm, so endlos lang, konnte sie einseitig so unabsehbar in die Länge gezogen werden. Vaterschaftsprozesse und höchst ungerechte Kindesunterhaltsansprüche sind die Folge.

Das Schlimmste an der geltenden Regelung ist aber, dass sie dazu verführt, die nächste Generation dem besseren Heuchler zu überantworten. Großzügig belohnt wird, wer am gewissenlosesten Kindeswohl vormachen kann; wer sich nicht scheut, Kinder gegen den anderen Elternteil aufzuhetzen. Oder brauchen Kinder vor allem selbstsüchtige Erzieher? Wie un-gerecht die geltende Regelung mit ihren Treubruchsprämien empfunden wird, enthüllen doch wohl die in den letzten Jahren immer häufiger gewordenen Gewaltlösungen, die oft ganze Familien auslöschen. Es sind wohl Taten am Recht Verzweifelnder in einem Bereich, wo die Empfindungen ohnehin leicht überschäumen“ (Süddeutsche Zeitung vom 5. April 1984).

Die Desinformationsstrategie der classe politique zum Anpreisen des „Jahrhundertwerks“ (1.EheRG) lässt sich bis in die sprachliche Formulierung erkennen, wie Professor Dr. Horst Albert Glaser unter der Überschrift aufzeigte: „Erschleichung von Folgerungen aus logisch falschen Begriffen“. Zu der sprachlich missglückten Eherechtsreform von 1977 sagte Hans Albert Glaser: „Die Ehescheidungsreform ist ja neben der Hochschulreform eine jener epochalen Taten, auf die sich Sozialdemokraten und Freidemokraten noch heute einiges zugute halten. Beide aber – darüber dürfte kein Zweifel bestehen – sind gründlich missglückt. Es gehört wohl zum Schicksal von Reformen in Deutschland, dass es um die reformierte Sache nachher schlimmer bestellt ist als vorher... (Folgerichtig) überrascht es einen Sprachwissenschaftler zu lesen, wie zwittrig und schillernd die Begriffe sind, mit denen von Verfechtern des geltenden Scheidungsfolgenrechts argumentiert wird. Lebenslänglicher Geschiedenenunterhalt wird verteidigt, indem auf die forthaftende Solidarität etwa der geschiedenen Ehegatten oder geschiedenen Partner füreinander verwiesen wird. Nun ist der Begriff des geschiedenen Ehegatten, der freilich schon im Gesetz steht, ein klassisches Oxymoron – ein Widerspruch in sich. Ein Geschiedener ist kein Ehegatte mehr und ein geschiedener Partner kein Partner. Es kann infolgedessen und logischerweise nicht erlaubt sein, eine forthaftende Solidarität für geschiedene "Ehegatten" zu folgern. In der Logik nennt man solches Schlussverfahren eine Subreption – die Erschleichung von Folgerungen aus logisch falschen Prämissen oder Begriffen. Der "Ehegatte nach der Scheidung", wie er in Paragraph 1569 des Bürgerlichen Gesetzbuches auftaucht, ist nicht viel mehr als eine juristische Kunstfigur, die es in Wirklichkeit nicht gibt. In Wirklichkeit kann der "Ehegatte nach der Scheidung" bereits wieder verheirateter Ehegatte sein – verheiratet freilich mit einem anderen Ehegatten als demjenigen, für den er Ehegattenunterhalt zahlen muss.

Eine ähnliche Kunstfigur stellt der Begriff der "Folgelast gescheiterter Ehen" dar, von der Familienrichterinnen gern sprechen. Die Bedürftigkeit, in die geschiedene Frauen und Männer geraten können, ist nicht eo ipso eine Folgelast ihrer gescheiterten Ehe. Haben sie die Ehe aus freien Stücken (etwa zum Zwecke der Selbstverwirklichung) verlassen, so ist ihre Bedürftigkeit auf die eigene Tat, aber nicht auf die Ehe zurückzuführen. An dieser Stelle – wie es getan wurde und wird – von Folgelasten oder gar von Solidarität der "Ehegatten" zu sprechen, ergibt Nonsens. Wer die Solidargemeinschaft der Ehegatten zerstört, kann sie nicht nachher für sein Schicksal verantwortlich machen. Es gibt sie nicht mehr, so wenig wie den "Ehegatten nach der Scheidung". Allfällige Unterhaltsklagen wären demgemäss als "unzustellbar" zu behandeln.

(FAZ vom 1. September 1984).

Rainer

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Kazet heißt nach GULAG jetzt Guantánamo

Kommentar von 1984 zum neuen Scheidungsrecht

Flint ⌂, Tuesday, 17.05.2011, 12:26 (vor 4730 Tagen) @ Rainer

Sehr guter Text. Bei dieser klaren Vernunft geht einem das Herz auf.

Der sollte an vielen Stellen verlinkt sein!

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Der Maskulist
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Familienpolitik

Kommentar von 1984 zum neuen Scheidungsrecht

rexxer, Tuesday, 17.05.2011, 13:06 (vor 4730 Tagen) @ Rainer

Ja, der Text ist gut. Und man sieht vor allem wie geschichtsbewusst und fundiert die Kritik selbst in den Mainstream Medien an der gesellschafftlichen Selbstauflösung damals offenbar noch gewesen ist.

Doch das ist zugleich das Traurige. Denn es zeigt eben, wie sehr die gesellschaftliche Dynamik inzwischen von der Masse der kleinbürgerlichen Wichtigtuer und ihren proletarischen Steigbügelhaltern dominiert wird.

Schon damals sah man was kommt. Und hoffte sicherlich auf eine Trendwende. Eben darauf, das sich Vernunft und Verantwortung wieder durchsetzt.

Heute sehen wir nur, wie naiv dieses Hoffen ist.

Sehenden Auges nahm und nimmt die kulturelle Katastrophe ihren Lauf. Ob man es wahr haben will oder nicht. Nein - es ist noch lange nicht vorbei...

rexxer

Leitfaden auch im Familien(un)recht!

FEMhunter, Tuesday, 17.05.2011, 13:25 (vor 4730 Tagen) @ Rainer

Man scheint viel in das neue Familien(un)recht übernommen zu haben. Vor allem das hier scheint irgendwie dauerhaft zwischen den § verankert zu sein und entspricht der gelebten Praxis vieler PAS-Mütter und Familiengerichte:

"Das Schlimmste an der geltenden Regelung ist aber, dass sie dazu verführt, die nächste Generation dem besseren Heuchler zu überantworten. Großzügig belohnt wird, wer am gewissenlosesten Kindeswohl vormachen kann; wer sich nicht scheut, Kinder gegen den anderen Elternteil aufzuhetzen."

Wie wahr, es ist der "Leitfaden" meiner Ex, ihrer anwaltlichen Vertretung und wird durch die Ignoranz von Justiz und Behörden fest, gegen das Wohl der betroffenen Kinder, verankert. Es erschließt sich mir nicht, wie diese Leute mit solch einem Wissen noch ruhig leben können ............

Kommentar von 1984 zum neuen Scheidungsrecht

Holger, Tuesday, 17.05.2011, 14:19 (vor 4730 Tagen) @ Rainer

Meine Fresse!

Früher wußte das, was ich in mühsamster Arbeit vor einiger Zeit dargelegt habe, anscheinend jeder.
Es ist unfaßlich, wie sich im Femifaschismus ein Oxymoron hält

Kommentar von 1984 zum neuen Scheidungsrecht

Metropolis, Tuesday, 17.05.2011, 18:10 (vor 4730 Tagen) @ Holger

Meine Fresse!
Früher wußte das, was ich in mühsamster Arbeit vor einiger Zeit
dargelegt habe, anscheinend jeder.
Es ist unfaßlich, wie sich im Femifaschismus ein Oxymoron hält.

Leider ist fast jeder von der Gehirnwäsche mehr oder weniger betroffen. Und die FAZ würde so einen Text heute garantiert nicht mehr veröffentlichen

Kommentar von 1984 zum neuen Scheidungsrecht

Holger, Tuesday, 17.05.2011, 19:10 (vor 4730 Tagen) @ Metropolis

Leider ist fast jeder von der Gehirnwäsche mehr oder weniger betroffen.
Und die FAZ würde so einen Text heute garantiert nicht mehr
veröffentlichen

Davon muß man leider ausgehen.
Selbst bei den Juristen fehlt inzwischen der globale Überblick über diesen Molloch. Die grundlegenden Fehler werden von vielen gar nicht mehr erkannt, wie ich bei meiner Recherche feststellen mußte.
Jedoch wird in der laufenden Rechtssprechung das Wahnsinnskonstrukt von der 'nachehelichen Verantwortung' verschwiegen, ist ihnen wohl zu peinlich.
Die neue Nummer heißt 'ehebedingte Nachteile' und läßt sich genauso universell einsetzen.

Es wurde von den Politos eine umfassende Verschleierungstaktik betrieben, so wurde z.B. 1982 eine bis dahin geführte Unterhaltsstatistik nach Urteilen kurz vor der Abwahl der Roten noch abgeschossen und trotz vieler Kritik vom schwarzen Fettsack auch nicht wieder installiert.
Ihre Existenz wurde vollständig aus dem Gedächnis des Internets getilgt. Einen Hinweis hatte ich vor ca 13 Jahren auf den Seiten des Justizministeriums entdeckt und nachgefragt. Mir wurde mitgeteilt, daß die Publikation vergriffen sei.
Das kennen wir: Bd. 102 der Berichte des nieders. Ministeriums über die Gewaltverteilung in Beziehungen ist ebenfalls seit ihrem Erscheinen vergriffen, wird aber immerhin noch gelistet.

Die größte Schande für dieses Land aber war das Durchwinken des Männer-zahlen-immer- Prinzips durch das BVerfG.
Dessen Präsident war ein Schwarzer. Das Kriechen in linke After fing bei der CDU schon früh an

Kommentar von 1984 zum neuen Scheidungsrecht

Metropolis, Tuesday, 17.05.2011, 18:07 (vor 4730 Tagen) @ Rainer

Wahnsinn. Hätte ich niemals besser ausdrücken können. Immer wieder froh, wenn mir ein Lichtchen mehr aufgeht.

Metropolis

Prophetische Worte, geschrieben vor 37(!) Jahren

Info, Tuesday, 17.05.2011, 22:03 (vor 4730 Tagen) @ Rainer

Danke @Rainer für das Einstellen.

Leider dürfte man solche Texte auch in der FAZ heute wohl nicht mehr finden. 37 Jahre Unterhaltsterror und Vätervernichtung.

Man muss sich das mal vor Augen halten. Und die Saat in Form missbrauchter Kinderseelen geht mittlerweile in der zweiten Generation Menschen auf.

Wohl bekommts - und wie erbärmlich für dieses Land

27 / k.T.

promovierter Mathematiker, Wednesday, 18.05.2011, 01:08 (vor 4730 Tagen) @ Info

- kein Text -

Danke, 27 natürlich

Info, Wednesday, 18.05.2011, 09:16 (vor 4730 Tagen) @ promovierter Mathematiker

- kein Text -

Nicht heiraten, nicht Vater werden - das schützt! k.T.

Roslin, Wednesday, 18.05.2011, 03:22 (vor 4730 Tagen) @ Rainer

- kein Text -

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