Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

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Stalking

Rainer ⌂, Friday, 20.01.2012, 04:35 (vor 4452 Tagen)

Ich habe die Scans aus dem Buch "Talking statt Stalking" in Text übersetzt: (Hier auch als Pdf)

9.3 Frauen als Stalkerinnen

In der Öffentlichkeit wird vornehmlich das Bild des weiblichen Stalkingopfers gezeigt, dass einem beinahe übermächtigen und gewalttätigen Mann ausgeliefert ist. Gestalkte Männer scheinen in der Minderheit zu sein. Dem widerspricht das empirische Ergebnis, aus dem hervorgeht, dass 53% Frauen und 47% Männer in der Umfrage erklärt haben, Stalker/Stalkerin zu sein. Über die von ihnen gestalkten Personen geben sie an, dass 60% weiblich und 40% männlich ist.

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Daraus folgt, dass tatsächlich mehr Männer Stalking ausgesetzt sind und sich unter den Frauen mehr Stalkerinnen befinden, als die bisherige Forschung bestätigenkonnte.
Einen ähnlichen Ansatz vertritt auch der Sozialwissenschaftler und Gestalttherapeut Hans - Joachim Lenz über eine vorsätzliche Wahrnehmungslücke viktimologisch kriminologischen Forschung durchlaufen“:
„Gewalt gegen Männer ist ein weit verbreitetes und zugleich kulturell weitgehend ignoriertes Phänomen. Es wird von vielen Betroffenen verleugnet und gesellschaftlich bislang so gut wie nicht als soziales Problem wahrgenommen. Die Datenlage über die Gewalt, die Männer erleiden, ist völlig unzureichend. Es gibt weder originäre Empire noch eine Theoriebildung dazu. Die diesbezüglich unzureichenden Forschungsbemühungen sind ein Ausdruck der Verdrängung der Problematik in Gesellschaft und Wissenschaft.“ 116

Entgegen der oben festgestellten Zahlen zeigen die nachfolgenden Grafiken, aus den hervorgeht, dass 87% Frauen und 12% Männer gestalkt werden. Über das Geschlecht ihrer Stalker / Stalkerinnen befragt geben sie an, dass 24% Frauen und 74% Männer sind.

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Trotzdem fällt auf, dass beinahe ein Viertel der von den Gestalkten bezeichneten Stalker Frauen (im Gegensatz zu 12% gestalkten Männern) sind. Ein möglicher Grund, warum nur 12% Männer sich als Gestalt fühlen könnte in dem Ansatz von Hans - Joachim Lenz begründet sein: „Verletzbarkeit wird als weiblich (im Originaltext kursiv) kolportiert, während die Männer zugefügten Verletzungen in einer fantasieren männlichen Stärke verschwinden.“117 weiters zitiert er die kritisch - ironische Ursula Enders wie folgt: „Jungen sind keine Opfer! Opfer sind weiblich!“ 118 Ob darin auch begründbar ist, dass es zwar für Frauen und Mädchenhilfseinrichtungen bei Gewalterfahrung gibt, dies aber für junge Männer fehlen, kann nicht abgeleitet werden. Des Weiteren meint Hans Joachim Lenz:

„Während die Frauenbewegung die individuelle Opfererfahrung von Frauen aufgriff, dieses skandalisierte und daraus ihre Kraft als gesellschaftliche Bewegung mit politischem Auftrag entfaltete, fehlt bislang eine Unterstützung für misshandelte oder vergewaltigte männliche Opfer. Während der Mädchen Schutzräume von engagierten Frauen erkämpft wurden, gibt es für hilfsbedürftige vergewaltigte Jungen oder Männer keine Orte. Eine analoge gesellschaftliche Kraft, die den Skandal männlicher Opfererfahrung als soziales Problem identifiziert und daraus gesellschaftspolitische Folgerungen ableiten könnte, ist weit und breit nicht in Sicht.“ 119

Dass Männer mit Gewalterfahrungen anders als Frauen umgehen, konnte auch in diversen Gesprächen mit gestalkten Männern zu dieser Arbeit festgestellt werden. So werden Männer, die sich dazu bekennen gestalkt zu werden, häufig nicht nur von Frauen sondern auch von Männern belächelt und das Problem nicht ernst genommen. Zur Untermauerung dieser Feststellung wird die Aussage eines gestalkten Mannes angeführt:

„Verschlechtert hat sich die Situation dadurch, dass sich sämtliche Ämter auf ihre Seite stellten. Man glaubte mir nicht beziehungsweise tat meine Beweise lange Zeit als harmlos ab. Es gilt bei den diversen Ämtern generell der Grundsatz, die Männer sind an allem schuld und die Frauen sind die Armen. Oder Frauen machen kein Stalking, und wenn sie es tun ist es führ Männer nichts Schlimmes, beziehungsweise sind diese selber schuld, den sie müssen die arme Frau ja dazu provoziert haben. Ich hatte einen jahrelangen Kampf bis mir die Behörden endlich anfingen zu glauben. Nach einem von mir verlangten Gutachten entzog man nun dieser Frau gar die Obhut der Kinder, das Gutachten gab mir auf der ganzen Linie recht. Hätten aber die Behörden früher auf mich gehört, so wäre vieles zu vermeiden gewesen. Sie sollten auch Männer / Väter ernst nehmen und Glauben schenken. Man sollte vom Grundsatz weg kommen, dass Männer immer die Bösen sind und Frauen immer die Guten sind. Warnungen auch von Vätern ernst nehmen. Diese Stellen sind der Meinung die Männer sind nur die Schuld und Stalking von Frauen gibt es nicht.“ 120

9.2 Betreuung der Stalker / Stalkerinnen

Durch den Kontakt zu Stalkern und Stalkerinnen stellte sich heraus, dass, für 58% der Befragten die Stalkingsituation vollkommen abgeschlossen ist. 74% führten an, dass sie die Auswirkungen der Situation noch immer belasten. Lediglich 5% erklären, dass sie ihre momentane Stimmungslage als gut bezeichnen würden. Entgegen Selbsthilfegruppen von Gestalkten ist das Unterstützungsangebot bei den Stalkern / Stalkerinnen unter Umständen nicht groß genug, um sich tatsächlich auf das Befinden auswirken zu können.

Rainer

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Kazet heißt nach GULAG jetzt Guantánamo


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