Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

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Genderqueere Sprachkritik

susu, Thursday, 20.02.2003, 23:27 (vor 7739 Tagen)

Sehr geehrte Damen und Herren!

Moment mal. Was ist mit dem Rest der Menschheit? OK, Momentan sind wir noch damit beschäftigt dringender Probleme zu bewältigen als das Thomas G. uns Samstagabends nicht begrüßt (obwohl er sich die Zeit nimmt Zuschaueris aus der Schweiz und auch die Ötereichis zu begrüßen, als wären das nicht auch zum größten Teil Weiber und Kerle), aber wartet nur ab. Seit Frauen immer explizit mitgenannt werden kann sich kein Mensch mehr auf geschlechtsneutral rausreden, ein/e PhysikerIn ist entweder männlich oder weiblich, kann sich dieses genderqueere PhysikstudentIn irgenwann mal auf eine solche Anzeige melden? Neulich wurde eine Bekanter mal gefragt, was ich denn so sei. "Simon (Krächtslaut) E ist Bassist (Krächtslaut) In." war die Antwort. Ich will hier nicht rumkrächtsen, denn das ist nicht gut für meine Stimme...

Apropos Stimme, die gibt´s irgendwie gar nicht. Ist auch nicht leicht etwas zu sagen, wenn eine Sprache gar keine Worte beinhaltet, mit denen mensch sinnvoll uber sich selbst sprechen könnte. Und damit kommen wir auch schon zum Zentralen Punkt, die Konstruktion von Geschlecht funktioniert zum Großteil über die Sprache. Da gibt´s dann Artikel in denen Transmänner durchgehend mit sie bezeichnet werden u.ä. "You don´t have a pronoun for me yet." sagt eine Genderqueere Person in R.A.Wilchins "Read my Lips". Sollte dieser Zustand nicht mal enden? Sprache ist ein wichtiger Punkt, wenn wir Geschlecht betrachten und nirgends ist es so einfach an die Grenzen der Sprache zu stoßen, wie wenn es um Geschlecht geht.

susu

Re: Genderqueere Sprachkritik

Arne Hoffmann, Thursday, 20.02.2003, 23:48 (vor 7739 Tagen) @ susu

Als Antwort auf: Genderqueere Sprachkritik von susu am 20. Februar 2003 21:27:12:

Hi Susu,

du weißt ja vermutlich, dass die Konzepte von queer nation, Pansexualität etc. meine grundsätzliche Unterstützung haben.

Hier muss ich aber mal kurz nachfragen: Was ist denn überhaupt - für dich -das Ziel der genderqueeren Sprachkritik? Geht es dabei darum, per Dekonstruktion etc. (Derrida und Co. kennst du vermutlich besser als ich) überhaupt erst auf Transgender aufmerksam zu machen und die bipolare Aufteilung Männer/Frauen auch in den Köpfen der Leute zu durchbrechen? Oder würdest du Ausdrücke wie "Zuschaueris" tatsächlich gerne verpflichtend durchsetzen wollen, wenn das möglich wäre?
(Wobei ich es offen gesagt kaum für realistisch halte, dass eine letztlich doch relativ kleine gesellschaftliche Gruppe wie die Transgender die Sprache bis in die Pronomina hinein verändern könnte.)

Herzlicher Gruß

Arne

Re: Genderqueere Sprachkritik

susu, Friday, 21.02.2003, 01:35 (vor 7739 Tagen) @ Arne Hoffmann

Als Antwort auf: Re: Genderqueere Sprachkritik von Arne Hoffmann am 20. Februar 2003 21:48:57:

Hallo Arne

du weißt ja vermutlich, dass die Konzepte von queer nation, Pansexualität etc. meine grundsätzliche Unterstützung haben.

Ja. Wobei ich mitlerweile davon ausgehe, daß es irgendeinen Zusammenhang zwischen Trans* und BDSM gibt. Zumindest wurde mir eins deiner Bücher bei Amazon deswegen empfohlen, weil ich bereits Bücher von Sandi Stone und R.A.Wilchins bestellt hatte... Überhaupt, die ganzen wichtigen Autoren von Trans-Relevanter Queer-Theory, fast alle SMleri, Focault, Wilchins, Stone... Meine kleine Theorie ist ja, daß es damit zu tun hat, daß SM ganz gut ohne gender funktioniert und außerdem die Retextualisierung von Handlungen als sexuell, die zwangsweise zu der Konstruktion von einer geschlechtslosen, d.h. nicht genitalbezogenen, Sexualität dazugehört mit den theoretischen Methoden aus dem BDSM Bereich durchführbar ist. Am Anfang steht die Dekonstruktion!

Hier muss ich aber mal kurz nachfragen: Was ist denn überhaupt - für dich -das Ziel der genderqueeren Sprachkritik? Geht es dabei darum, per Dekonstruktion etc. (Derrida und Co. kennst du vermutlich besser als ich) überhaupt erst auf Transgender aufmerksam zu machen und die bipolare Aufteilung Männer/Frauen auch in den Köpfen der Leute zu durchbrechen? Oder würdest du Ausdrücke wie "Zuschaueris" tatsächlich gerne verpflichtend durchsetzen wollen, wenn das möglich wäre?

Es geht um Aufmerksamkeit, ganz klar. Es geht darum einen Denkprozess anzustoßen, der die Leute dazu bringt darüber nachzudenken was Geschlecht bedeutet und was es bedeuten kann. Wenn mich jemand fragt, ob ich schwul oder lesbisch sei, ist das ja mal eine interessante Frage, weil sie vorraussetzt, daß ich sowohl Mann als auch Frau sein könnte. Oder was wäre, wenn ich mit einem anderen genderqueeren Menschen eine Beziehung habe? Sind wir dann weder schwul, noch lesbisch, aber trotzdem homosexuell? Die Mehrzahl der Texte nach Butler stellt nur noch Fragen, anstatt Ergebnisse zu liefern. Ich finde das ist eine gute Methode zum Weiterdenken anzuregen. Sehr Neo-Sokratisch :)

(Wobei ich es offen gesagt kaum für realistisch halte, dass eine letztlich doch relativ kleine gesellschaftliche Gruppe wie die Transgender die Sprache bis in die Pronomina hinein verändern könnte.)

Stimmt.

Grüß dich.
susu

Re: Genderqueere Sprachkritik

Arne Hoffmann, Friday, 21.02.2003, 11:24 (vor 7738 Tagen) @ susu

Als Antwort auf: Re: Genderqueere Sprachkritik von susu am 20. Februar 2003 23:35:16:

Hi Susu,

Ja. Wobei ich mitlerweile davon ausgehe, daß es irgendeinen Zusammenhang zwischen Trans* und BDSM gibt. Zumindest wurde mir eins deiner Bücher bei Amazon deswegen empfohlen, weil ich bereits Bücher von Sandi Stone und R.A.Wilchins bestellt hatte ...

Eine letztgültige Antwort, woran das liegt, habe ich aus dem Stand auch nicht. Aber ich weiß natürlich, warum ich z. B. in mein SM-Lexikon auch die Begriffe "genderflux" und "Gender-Play" hineingenommen habe. Es ist Bestandteil vieler erotischer Unterwerfungsspiele, dass dabei durch Cross-Dressing etc. die Geschlechterrollen getauscht werden. Entsprechende Tipps und Erläuterungen findest du in zahlreichen US-amerikanischen SM-Ratgebern für Paare. Auch in deutschen SM-Erzählungen findest du Transgender-Elemente, beispielsweise in Rüdigers "Ins Röckchen gezwungen". Da geht BDSM und Transgender ja schon im Titel ineinander über.

Solche Dinge widersprechen allerdings den klassisch-hegemonialen Vorstellungen davon, wie Sexualität "sein sollte". Nicht umsonst werden sowohl Transgender als auch Sadomasochisten vom reaktionären Teil des Bürgertums als "Perverse" abgelehnt. In den USA hat sich daraufhin eine pansexuelle Bewegung gebildet, weil ihre Mitglieder es als sinnvoll ansehen, in einer starken, einigen Front gegen gesellschaftliche Diskriminierungen anzugehen, Klischees zu zerstören und Aufklärung zu betreiben. Aus demselben Grund findet man Transgender vermutlich sowohl in der Frauen- als auch in der Männerbewegung. Das hat dann wieder Einfluss auf die Buchveröffentlichungen: In meinem "Lexikon der Tabubrüche" gibt es nicht umsonst Einträge zu Transgender, Homosexualität und Sadomasochismus gleichermaßen (und zu noch ein paar Spielarten mehr). All das wird halt auch auf einer höheren philosophischen Ebene reflektiert: die ganzen Poststrukturalisten und ihre Nachfolger eben.

Ein sehr hübsches US-amerikanisches Buch ist in diesem Zusammenhang das Benimmbuch (!) "The Bride Wore Black Leather ... and He Looked Fabulous! An Etiquette Guide for the Rest of Us" von Drew Campbell und Donna Barr, erschienen 2000 bei Greenery Press. Es widmet sich dem korrekten Umgang mit den Angehörigen der verschiedensten sexuellen Minderheiten und beantwortet Fragen wie "Wie schreibt man Einladungen an Dreierbeziehungen?", "Wie stellt man seinen Sexsklaven dem Chef vor?"; "Wie reagiert man höflich, wenn man für das falsche Geschlecht gehalten wird?", "Darf man andere Menschen direkt nach ihrer sexuellen Orientierung fragen?" und viele andere. Ich finde das ein sehr deutliches Zeichen dafür, dass hier in den letzten Jahren immer mehr Grenzen verwischen und nach einer neuen Orientierung gesucht wird.

... außerdem die Retextualisierung von Handlungen als sexuell, die zwangsweise zu der Konstruktion von einer geschlechtslosen, d.h. nicht genitalbezogenen, Sexualität dazugehört mit den theoretischen Methoden aus dem BDSM Bereich durchführbar ist.

Hui, das ist ein heftiger Satz, aber beim dritten Lesen habe ich ihn verstanden. :-) Zustimmung. BDSM kommt halt z. B. ohne penetrativen Sex aus und ist trotzdem lustvoll. (Vgl. dazu Catherine Breillats "Romance".)

Es geht um Aufmerksamkeit, ganz klar. Es geht darum einen Denkprozess anzustoßen, der die Leute dazu bringt darüber nachzudenken was Geschlecht bedeutet und was es bedeuten kann.

Das finde ich schon mal sehr gut. Gegen den Dekonstruktions-Gedanken hätte ich übrigens auch bei der feministischen Sprachkritik nie etwas einzuwenden gehabt. Was mich nervt, sind verbindliche (politisch korrekte) Sprachvorschriften.

Wenn mich jemand fragt, ob ich schwul oder lesbisch sei, ist das ja mal eine interessante Frage, weil sie vorraussetzt, daß ich sowohl Mann als auch Frau sein könnte. Oder was wäre, wenn ich mit einem anderen genderqueeren Menschen eine Beziehung habe? Sind wir dann weder schwul, noch lesbisch, aber trotzdem homosexuell? Die Mehrzahl der Texte nach Butler stellt nur noch Fragen, anstatt Ergebnisse zu liefern. Ich finde das ist eine gute Methode zum Weiterdenken anzuregen. Sehr Neo-Sokratisch :)

Ja, wobei ... Wenn ich selber Transgender wäre, wäre ich vermutlich etwas unbefriedigt, wenn ich nur Fragen hätte und noch keinen Entwurf eines funktionierenden Modells. Aber so etwas zu erstellen wäre vermutlich enorm schwierig. Ich hätte auch keine Ahnung, wo man da ansetzen könnte.

Herzlicher Gruß

Arne

Re: Genderqueere Sprachkritik

susu, Saturday, 22.02.2003, 19:32 (vor 7737 Tagen) @ Arne Hoffmann

Als Antwort auf: Re: Genderqueere Sprachkritik von Arne Hoffmann am 21. Februar 2003 09:24:16:

Hallo Arne.
Ich wollte eigentlich schon gestern antworten, aber ein grippaler Infekt stieg mir in die Nebenhöhlen und beeinträchtigte mein Denkvermögen (heftigste Kopfschmerzen).

>Ja. Wobei ich mitlerweile davon ausgehe, daß es irgendeinen Zusammenhang zwischen Trans* und BDSM gibt. Zumindest wurde mir eins deiner Bücher bei Amazon deswegen empfohlen, weil ich bereits Bücher von Sandi Stone und R.A.Wilchins bestellt hatte ...<<

Eine letztgültige Antwort, woran das liegt, habe ich aus dem Stand auch nicht. Aber ich weiß natürlich, warum ich z. B. in mein SM-Lexikon auch die Begriffe "genderflux" und "Gender-Play" hineingenommen habe. Es ist Bestandteil vieler erotischer Unterwerfungsspiele, dass dabei durch Cross-Dressing etc. die Geschlechterrollen getauscht werden. Entsprechende Tipps und Erläuterungen findest du in zahlreichen US-amerikanischen SM-Ratgebern für Paare. Auch in deutschen SM-Erzählungen findest du Transgender-Elemente, beispielsweise in Rüdigers "Ins Röckchen gezwungen". Da geht BDSM und Transgender ja schon im Titel ineinander über.[/i]

Sehe ich nicht so. Gender-Play funktioniert in diesem Sinne im Transgender Kontext eher schlecht, wenn sowiso jedes zweite Beinbekleidungsstück in meinem Schrank ein Rock ist, und ich damit auch auf die Straße gehe, gibt es da wenig Möglichkeiten, das im SM-Sinn zu sexualisieren. Schon die Männerrock-Männer müßten, wenn sie SM betrieben ja eher ins Höschen gezwungen werden :)

Solche Dinge widersprechen allerdings den klassisch-hegemonialen Vorstellungen davon, wie Sexualität "sein sollte". Nicht umsonst werden sowohl Transgender als auch Sadomasochisten vom reaktionären Teil des Bürgertums als "Perverse" abgelehnt. In den USA hat sich daraufhin eine pansexuelle Bewegung gebildet, weil ihre Mitglieder es als sinnvoll ansehen, in einer starken, einigen Front gegen gesellschaftliche Diskriminierungen anzugehen, Klischees zu zerstören und Aufklärung zu betreiben. Aus demselben Grund findet man Transgender vermutlich sowohl in der Frauen- als auch in der Männerbewegung. Das hat dann wieder Einfluss auf die Buchveröffentlichungen: In meinem "Lexikon der Tabubrüche" gibt es nicht umsonst Einträge zu Transgender, Homosexualität und Sadomasochismus gleichermaßen (und zu noch ein paar Spielarten mehr). All das wird halt auch auf einer höheren philosophischen Ebene reflektiert: die ganzen Poststrukturalisten und ihre Nachfolger eben.

Ich kann mich daran erinnern, daß die Veranstalter des CSD in Hamburg letztes Jahr laut überlegt haben, ihren Begriff von Queer auch auf SM im heterosexuellen Kontext auszuweiten. Interessant auch, daß das LFT sich zeitgleich für Transfrauen und lebsche SMlerinnen geöffnet hat. Die Argumentation, mit dem sich bestimmte Strömungen des Feminismus gegen Trans* und BDSM einsetzen, sind außerdem fast identisch. Die Zeichenkette mit der die Queerbewegung sich selbst beschreibt, wird derweil immer länger (hast du eine Ahnung was das zweite Q, daß letztens oftmals drin ist bedeutet?)

Ein sehr hübsches US-amerikanisches Buch ist in diesem Zusammenhang das Benimmbuch (!) "The Bride Wore Black Leather ... and He Looked Fabulous! An Etiquette Guide for the Rest of Us" von Drew Campbell und Donna Barr, erschienen 2000 bei Greenery Press. Es widmet sich dem korrekten Umgang mit den Angehörigen der verschiedensten sexuellen Minderheiten und beantwortet Fragen wie "Wie schreibt man Einladungen an Dreierbeziehungen?", "Wie stellt man seinen Sexsklaven dem Chef vor?"; "Wie reagiert man höflich, wenn man für das falsche Geschlecht gehalten wird?", "Darf man andere Menschen direkt nach ihrer sexuellen Orientierung fragen?" und viele andere. Ich finde das ein sehr deutliches Zeichen dafür, dass hier in den letzten Jahren immer mehr Grenzen verwischen und nach einer neuen Orientierung gesucht wird.

Das Buch merke ich mir mal direkt vor. Hört sich Klasse an.

>... außerdem die Retextualisierung von Handlungen als sexuell, die zwangsweise zu der Konstruktion von einer geschlechtslosen, d.h. nicht genitalbezogenen, Sexualität dazugehört mit den theoretischen Methoden aus dem BDSM Bereich durchführbar ist.<<

Hui, das ist ein heftiger Satz, aber beim dritten Lesen habe ich ihn verstanden. :-) Zustimmung. BDSM kommt halt z. B. ohne penetrativen Sex aus und ist trotzdem lustvoll. (Vgl. dazu Catherine Breillats "Romance".)[/i]

Genau.

Das finde ich schon mal sehr gut. Gegen den Dekonstruktions-Gedanken hätte ich übrigens auch bei der feministischen Sprachkritik nie etwas einzuwenden gehabt. Was mich nervt, sind verbindliche (politisch korrekte) Sprachvorschriften.

Zustimmung. Es geht bei P.C. zu oft um die Form anstelle des Inhalts.

Ja, wobei ... Wenn ich selber Transgender wäre, wäre ich vermutlich etwas unbefriedigt, wenn ich nur Fragen hätte und noch keinen Entwurf eines funktionierenden Modells. Aber so etwas zu erstellen wäre vermutlich enorm schwierig. Ich hätte auch keine Ahnung, wo man da ansetzen könnte.

Es gibt schon Antworten auf diese Fragen, nur lassen die sich nicht so leicht verbalisieren.

susu

Re: Genderqueere Sprachkritik

Arne Hoffmann, Saturday, 22.02.2003, 20:06 (vor 7737 Tagen) @ susu

Als Antwort auf: Re: Genderqueere Sprachkritik von susu am 22. Februar 2003 17:32:19:

Hi Susu,

Ich wollte eigentlich schon gestern antworten, aber ein grippaler Infekt stieg mir in die Nebenhöhlen und beeinträchtigte mein Denkvermögen (heftigste Kopfschmerzen).

Hoppla! Ich hoffe, das Schlimmste ist wirklich vorüber, und wünsche dir weiterhin gute Besserung!

Witzigerweise wird gerade in den aktuellen "Schlagzeilen" (Deuschlands größte SM-Zeitschrift), die ich heute im Briefkasten hatte, in den Buchrezensionen "(K)ein Geschlecht oder viele? Transgender in politischer Perspektive" gleich als erstes besonders empfohlen. Der Übergang scheint also tatsächlich vorhanden zu sein.

Sehe ich nicht so. Gender-Play funktioniert in diesem Sinne im Transgender Kontext eher schlecht, wenn sowiso jedes zweite Beinbekleidungsstück in meinem Schrank ein Rock ist, und ich damit auch auf die Straße gehe, gibt es da wenig Möglichkeiten, das im SM-Sinn zu sexualisieren. Schon die Männerrock-Männer müßten, wenn sie SM betrieben ja eher ins Höschen gezwungen werden :)

Hmm, ja, ich sehe, was du meinst, aber auch da sind doch die Grenzen fließender. Bei Unterwerfungsspielen ist es ja oft so, dass man zu etwas "gezwungen" werden möchte, was man eigentlich gerne von sich aus tun möchte, was man sich aber nicht traut, weil es z. B. gegen die sozialen Normen verstößt. Mit dem Umweg des Zwangs kann man sich aber selber austricksen. Manche SM-Transgender wären dann eben Transgender, die (innerlich oder nach außen) nicht dazu stehen. Andere SM-Transgender tragen bei ihren Rollenspielen eben gern "freiwillig" die Klamotten des jeweils anderen Geschlechts, und es kommen außerdem SM-Elemente dazu.

Ich kann mich daran erinnern, daß die Veranstalter des CSD in Hamburg letztes Jahr laut überlegt haben, ihren Begriff von Queer auch auf SM im heterosexuellen Kontext auszuweiten.

Fände ich persönlich gut und sinnvoll.

Interessant auch, daß das LFT sich zeitgleich für Transfrauen und lebsche SMlerinnen geöffnet hat.

Das "LFT" ist ..? Ich kann die Abkürzung momentan nicht zuordnen.

Die Argumentation, mit dem sich bestimmte Strömungen des Feminismus gegen Trans* und BDSM einsetzen, sind außerdem fast identisch.

Welche Strömungen und welche Argumente sind das?

Die Zeichenkette mit der die Queerbewegung sich selbst beschreibt, wird derweil immer länger (hast du eine Ahnung was das zweite Q, daß letztens oftmals drin ist bedeutet?)

Sorry, ich hab zum dritten Mal hintereinander keine Ahnung. Ist aber auch schwierig so ganz ohne Publikumsjoker ... wir sind hier schließlich mindestens im 64.000-Euro Bereich ...

Das Buch merke ich mir mal direkt vor. Hört sich Klasse an.

MIR hat es zumindest sehr gefallen. :-)

Herzlicher Gruß

Arne

Re: Genderqueere Sprachkritik

susu, Sunday, 23.02.2003, 01:12 (vor 7737 Tagen) @ Arne Hoffmann

Als Antwort auf: Re: Genderqueere Sprachkritik von Arne Hoffmann am 22. Februar 2003 18:06:51:

Hallo Arne.

Hoppla! Ich hoffe, das Schlimmste ist wirklich vorüber, und wünsche dir weiterhin gute Besserung!

Ja, es geht schon wieder besser. Unser Mutter sagt "Ja, ja, über mangelnde medizinische Versorgung Dank männlicher Sozialisation klagen, aber dann selber nicht zum Arzt gehen." Ich eine AC10 aufgelöst und gesagt "Was schleimlösendes und spätestens übermorgen ist das weitestgehend ausgestanden." (Wofür habe ich eigentlich zweieinhalb Jahre Pflegeerfahrung?)

Witzigerweise wird gerade in den aktuellen "Schlagzeilen" (Deuschlands größte SM-Zeitschrift), die ich heute im Briefkasten hatte, in den Buchrezensionen "(K)ein Geschlecht oder viele? Transgender in politischer Perspektive" gleich als erstes besonders empfohlen. Der Übergang scheint also tatsächlich vorhanden zu sein.

Hab ich noch nicht, ist mir aber schon haufiger ans Herz gelegt worden. Die meisten fanden "Looking Queer" aber besser, daß noch weiter über den Tellerrand schaut (Sind zwar auch ein oder zwei wirklich schlechte Artikel drin, besonders der von A.Dworkins langjährigem Lebensgefährten gefiel mir außerordentlich wenig, aber die Mehrheit war überdurchschnittlich). Die Tage laß ich auch einen Bericht eines radikalen religiösen Rechten aus den USA, der einen überaus böswilligen Bericht über eine Transgender Veranstaltung verfasst hatte. Am Ende des Artikels merkt er an, daß ihm vom Dia-Vortrag "Phaloplasty - New Options" so schlecht geworden sei, daß er sich dann nicht mehr in den "Introduction to SM"-Workshop getraut habe...

Hmm, ja, ich sehe, was du meinst, aber auch da sind doch die Grenzen fließender. Bei Unterwerfungsspielen ist es ja oft so, dass man zu etwas "gezwungen" werden möchte, was man eigentlich gerne von sich aus tun möchte, was man sich aber nicht traut, weil es z. B. gegen die sozialen Normen verstößt. Mit dem Umweg des Zwangs kann man sich aber selber austricksen. Manche SM-Transgender wären dann eben Transgender, die (innerlich oder nach außen) nicht dazu stehen. Andere SM-Transgender tragen bei ihren Rollenspielen eben gern "freiwillig" die Klamotten des jeweils anderen Geschlechts, und es kommen außerdem SM-Elemente dazu.

OK, wobei sich diejenigen, die sich zwingen lassen wollen, wahrscheinlich nicht selbst als Transgender bezeichnet wissen wollen. Aber du hast Recht, die Grenzen sind da sicher fließend.
ll.

>Interessant auch, daß das LFT sich zeitgleich für Transfrauen und lebsche SMlerinnen geöffnet hat.<<

Das "LFT" ist ..? Ich kann die Abkürzung momentan nicht zuordnen.[/i]

Das "Lesbenfrühlingstreffen". Bin ich jetzt schon von mehreren zu eingeladen worden (u.a. auf Kims Forum...).

>Die Argumentation, mit dem sich bestimmte Strömungen des Feminismus gegen Trans* und BDSM einsetzen, sind außerdem fast identisch.<<

Welche Strömungen und welche Argumente sind das?[/i]

Das was sich selbst als "second wave" bezeichnet und irgendwann in den späten 70ern mit dem weiterdenken aufgehört hat. Die Anti-SM Argumentation geht: SM ist ein symbolischer Vergewaltigungsakt. (diese Argumentation hat ja z.B. auch A.S. Punk übernommen) Die Anti-Trans* Argumentation geht: Trans* ist ein Aneignungsakt der Körper von Frauen (FzMs werden entweder als nicht-existent angesehen, oder gelten als dumme Helferlein des Patriarchats, die Argumentation dazu habe ich nie ganz verstanden) und damit einer Vergewaltigung gleichzusetzen. Kurz: Trans* und BDSM sind einfach genau dasselbe wie Vergewaltigungen, nur noch schlimmer, weil nicht eine Frau, sondern ALLE Frauen auf einmal vergewaltigt werden. Dabei ist es letztendlich völlig egal, wer in welche Richtung transitioniert, oder wer Dom, bzw. Sub ist. Auch schwule Lederkerle vergewaltigen symbolisch die Frau als solche. Gehört argumentativ zu den blödesten Theoriebildungen die überhaupt in der Geschlechterforschung aufgestellt wurden und ist teilweise völlig unverständliches Kaudawelsch (bei den Poststrukturalistis reicht ja wenigstens ein Fremdwörterlexikon und ein Schrank voll Sekundärliteratur um so halbwegs die Stoßrichtung der Argumentation zu begreifen, aber diese Literatur verzichtet auf großartige Zitate und ist sprachlich simpel gehalten).

>Die Zeichenkette mit der die Queerbewegung sich selbst beschreibt, wird derweil immer länger (hast du eine Ahnung was das zweite Q, daß letztens oftmals drin ist bedeutet?)<<

Sorry, ich hab zum dritten Mal hintereinander keine Ahnung. Ist aber auch schwierig so ganz ohne Publikumsjoker ... wir sind hier schließlich mindestens im 64.000-Euro Bereich ...[/i]

Früher hieß es ja nur GLB (gays, lesbians and bisexuals) dann kam das Trans T dazu, mitlerweile auch mal ein I, oder H, je nachdem welchen Term die dem Autor am nächsten stehende Intersexuellen/Hermaphroditen Organisation bevorzugt. Dann folgte auch noch ein TS, für die Two-Spirit people diverser Amerikanischer Indianer-Stämme und ein Q für den Rest, damit laß sich das dann GLBTTSIQ. Seit kurzem taucht immer mal wieder ein zweites Q auf, und ab und ann wird auch noch die kompletter BDSM Zeichenkette hineingefügt:
GLBTBDSMTSIQQ. Das ist zwar nicht mehr so eine tolle Abkürzung, aber wir wollen ja niemanden ausschließen, auch jene mysteriöse Gruppe nicht, die sich hiter dem zweiten Q verbirgt.

susu

Re: Genderqueere Sprachkritik

Arne Hoffmann, Sunday, 23.02.2003, 02:41 (vor 7737 Tagen) @ susu

Als Antwort auf: Re: Genderqueere Sprachkritik von susu am 22. Februar 2003 23:12:04:

Hi Susu,

Hab ich noch nicht, ist mir aber schon haufiger ans Herz gelegt worden. Die meisten fanden "Looking Queer" aber besser, daß noch weiter über den Tellerrand schaut (Sind zwar auch ein oder zwei wirklich schlechte Artikel drin, besonders der von A.Dworkins langjährigem Lebensgefährten gefiel mir außerordentlich wenig, aber die Mehrheit war überdurchschnittlich).

Ja, Dworkins Partner muss wirklich einigermaßen meschugge sein, nach allem, was man so hört.

Am Ende des Artikels merkt er an, daß ihm vom Dia-Vortrag "Phaloplasty - New Options" so schlecht geworden sei, daß er sich dann nicht mehr in den "Introduction to SM"-Workshop getraut habe ...

Na super. Wahrscheinlich hätten sie da bestenfalls ein paar Fesseltechniken gezeigt und erklärt, dass man mit der Peitsche nicht auf die Nieren hauen sollte - platt gesagt.

OK, wobei sich diejenigen, die sich zwingen lassen wollen, wahrscheinlich nicht selbst als Transgender bezeichnet wissen wollen.

Vermutlich nicht. Aber da müsste sich eigentlich mal Rüdiger zu äußern.

Das "Lesbenfrühlingstreffen". Bin ich jetzt schon von mehreren zu eingeladen worden (u.a. auf Kims Forum ...).

Ah. War dann eines der Postings dort, die ich nicht gelesen habe. :-)

Das was sich selbst als "second wave" bezeichnet und irgendwann in den späten 70ern mit dem weiterdenken aufgehört hat. Die Anti-SM Argumentation geht: SM ist ein symbolischer Vergewaltigungsakt. (diese Argumentation hat ja z.B. auch A.S. Punk übernommen) Die Anti-Trans* Argumentation geht: Trans* ist ein Aneignungsakt der Körper von Frauen (FzMs werden entweder als nicht-existent angesehen ...

Klar. Genauso wie die weiblichen Sadisten ignoriert werden, die masochistische Männer quälen. Alles was in die Theorie nicht passt, wird ausgeblendet.
Über die These vom "Aneignungsakt" will ich mich erst gar nicht weiter auslassen. Obwohl manche Repliken auf der Hand liegen: Zum Beispiel hatten die Feministinnen ja nie Probleme damit, sich männliche Rollen und Domänen anzueignen. (Wäre ja auch noch schöner, davon abgesehen.)

oder gelten als dumme Helferlein des Patriarchats ...

Wie die masochistischen/devoten Frauen.

die Argumentation dazu habe ich nie ganz verstanden) und damit einer Vergewaltigung gleichzusetzen. Kurz: Trans* und BDSM sind einfach genau dasselbe wie Vergewaltigungen, nur noch schlimmer, weil nicht eine Frau, sondern ALLE Frauen auf einmal vergewaltigt werden.

Was in der feministischen Weltanschauung bei einer Vergewaltigung an sich ja auch schon der Fall ist. "Wenn EIN Mann EINE Frau vergewaltigt, bedeutet das, dass ALLE Männer so ALLE Frauen in Angst und Schrecken halten." Da wird ein ganz merkwürdiger "Komplex Mann" bzw. "Komplex Frau" aufgebaut.

Dabei ist es letztendlich völlig egal, wer in welche Richtung transitioniert, oder wer Dom, bzw. Sub ist. Auch schwule Lederkerle vergewaltigen symbolisch die Frau als solche. Gehört argumentativ zu den blödesten Theoriebildungen die überhaupt in der Geschlechterforschung aufgestellt wurden und ist teilweise völlig unverständliches Kaudawelsch (bei den Poststrukturalistis reicht ja wenigstens ein Fremdwörterlexikon und ein Schrank voll Sekundärliteratur um so halbwegs die Stoßrichtung der Argumentation zu begreifen, aber diese Literatur verzichtet auf großartige Zitate und ist sprachlich simpel gehalten).

Ja, hab ich ja selber gelesen, was SM angeht. Mir war nur schleierhaft, was Feministinnen gegen Transgender haben sollten. Auf das mit dem Aneignungsakt wäre ich nicht gekommen.

GLBTBDSMTSIQQ. Das ist zwar nicht mehr so eine tolle Abkürzung, aber wir wollen ja niemanden ausschließen, auch jene mysteriöse Gruppe nicht, die sich hiter dem zweiten Q verbirgt.

Das müsste sich doch irgendwie ergooglen lassen. Nur bin ich dafür momentan zu faul. :-)

Herzlicher Gruß

Arne

Re: Genderqueere Sprachkritik

susu, Sunday, 23.02.2003, 18:44 (vor 7736 Tagen) @ Arne Hoffmann

Als Antwort auf: Re: Genderqueere Sprachkritik von Arne Hoffmann am 23. Februar 2003 00:41:18:

Hi Arne.

>Am Ende des Artikels merkt er an, daß ihm vom Dia-Vortrag "Phaloplasty - New Options" so schlecht geworden sei, daß er sich dann nicht mehr in den "Introduction to SM"-Workshop getraut habe ...

Na super. Wahrscheinlich hätten sie da bestenfalls ein paar Fesseltechniken gezeigt und erklärt, dass man mit der Peitsche nicht auf die Nieren hauen sollte - platt gesagt.[/i]

Na ja, es gab wohl auch Fortgeschrittene-Kurse und eine entsprechende Afterparty. Komisch daß grade so ein religiöser Hardliner damit Probleme hat, gibt es etwas härteres als den Kreuzweg (OK, die Antwort ist ja, aber was soll´s?).

Über die These vom "Aneignungsakt" will ich mich erst gar nicht weiter auslassen. Obwohl manche Repliken auf der Hand liegen: Zum Beispiel hatten die Feministinnen ja nie Probleme damit, sich männliche Rollen und Domänen anzueignen. (Wäre ja auch noch schöner, davon abgesehen.)

Wobei FzM dann schon wieder zu weit geht (das ist jetzt eher eine neue Strömung, die das Rheinland in Angst und Schrecken versetzt), denn FzMs sind nur darauf aus sich die männlichen Privelegien zuzulegen, anstelle sie abzubauen. Ein Transmann den ich kenne zu einer Frauengruppe in der er war: "Ich ging zum ersten mal zum Therapeuten und schon war ICH das Patriarchat." Die Aneignungsakt-These wird da besonders perfide, vergewaltigen FzMs symbolisch den Mann als solchen? Ist Brandon Teena nicht Opfer sondern Täter? Stell so eine Frage in dem Kontext und du wirst erstaunlich unzusammenhängendes Gestammel vernehmen.

Was in der feministischen Weltanschauung bei einer Vergewaltigung an sich ja auch schon der Fall ist. "Wenn EIN Mann EINE Frau vergewaltigt, bedeutet das, dass ALLE Männer so ALLE Frauen in Angst und Schrecken halten." Da wird ein ganz merkwürdiger "Komplex Mann" bzw. "Komplex Frau" aufgebaut.

Wobei ich die Idee von sexueller Gewalt als hate-crime für zumindest überdenkenswert halte, speziell bei sexualisierter Gewalt gegen Männer wird das sehr deutlich, weil es besonders ein Problem von Minoritäten ist. Das Problem ist hier die Gleichsetzung eines Abstraktums mit einer konkreten Gruppe, etwa so, wie wenn Antisemitismus heute mit Deutschen geleichgesetzt würde.

Ja, hab ich ja selber gelesen, was SM angeht. Mir war nur schleierhaft, was Feministinnen gegen Transgender haben sollten. Auf das mit dem Aneignungsakt wäre ich nicht gekommen.

Ist ja auch absolut abstrus. Truth ist oft stranger als fiction. Seit ich die Focus-Studie "Hassgruppen in Deutschland" gelesen habe und darin die Stelle fand die besagt, daß 46% der Westdeutschen die nach eigener Aussage "Eine starke Abneigung gegen sexuelle Minoritäten z.B. Lesben/Schwule" haben, sie deshalb haben weil sie "hierhinkommen und den Deutschen die Arbeitsplätze wegnehmen", traue ich den Menschen auf diesem Erdenball wirklich jede verschrobene Meinung zu.

Das müsste sich doch irgendwie ergooglen lassen. Nur bin ich dafür momentan zu faul. :-)

Ich hab´s schon versucht. Ich bin schon dreimal darauf aufmerksam gemacht worden, daß der Terminus ohne das zweite Q nicht P.C. sei, allerdings wuste keiner derer, die mir das sagten, wofür das zweite Q überhaupt steht...

susu (könnte ein kollektiver Tippfehler sein, irgendjemand hält das Q zu lange gedrückt und alle schreiben es ab...)

Re: Genderqueere Sprachkritik

Arne Hoffmann, Sunday, 23.02.2003, 21:25 (vor 7736 Tagen) @ susu

Als Antwort auf: Re: Genderqueere Sprachkritik von susu am 23. Februar 2003 16:44:50:

Hi Susu,

Die Aneignungsakt-These wird da besonders perfide, vergewaltigen FzMs symbolisch den Mann als solchen? Ist Brandon Teena nicht Opfer sondern Täter?

Also gerade bei Brandon Teena wäre da wirklich das Opfer zum Täter gemacht. Natürlich kann man sowas nicht mehr mit einer zusammenhängenden Argumentation vertreten.

Wobei ich die Idee von sexueller Gewalt als hate-crime für zumindest überdenkenswert halte, speziell bei sexualisierter Gewalt gegen Männer wird das sehr deutlich, weil es besonders ein Problem von Minoritäten ist.

Du sprichst jetzt von Häftlingen?

Ist ja auch absolut abstrus. Truth ist oft stranger als fiction. Seit ich die Focus-Studie "Hassgruppen in Deutschland" gelesen habe und darin die Stelle fand die besagt, daß 46% der Westdeutschen die nach eigener Aussage "Eine starke Abneigung gegen sexuelle Minoritäten z.B. Lesben/Schwule" haben, sie deshalb haben weil sie "hierhinkommen und den Deutschen die Arbeitsplätze wegnehmen", traue ich den Menschen auf diesem Erdenball wirklich jede verschrobene Meinung zu.

Das ist so absurd, dass ich wirklich Schwierigkeiten habe, das zu glauben. Sind die von der Focus-Studie da nicht nur in der Zeile verrutscht? Ich meine: 46 Prozent? Allerdings fand ich das schon schockierend genug, dass laut einer Studi der Uni Eichstätt volle 28,4 Prozent der bayrischen Schüler Homosexuelle "abstoßend und pervers" finden.

Herzlicher Gruß

Arne

Re: Genderqueere Sprachkritik

susu, Monday, 24.02.2003, 01:41 (vor 7736 Tagen) @ Arne Hoffmann

Als Antwort auf: Re: Genderqueere Sprachkritik von Arne Hoffmann am 23. Februar 2003 19:25:11:

Hallo Arne.

>Wobei ich die Idee von sexueller Gewalt als hate-crime für zumindest überdenkenswert halte, speziell bei sexualisierter Gewalt gegen Männer wird das sehr deutlich, weil es besonders ein Problem von Minoritäten ist.

Du sprichst jetzt von Häftlingen?[/i]

Nicht nur. Auch sexuelle und ethnische Minoritäten, sowie soziale Minderheiten (z.B. Obdachlose) tragen ein erhöhtes Risiko, daß statistisch Recht gut mit der Ablehnungshaltung der Gesellschaft korelliert. Dazu kommt, daß zusätzlich zu den normalen Problemen damit, sich zu melden weitere Gründe für Schweigen anzutreffen sind (Angst sich zu Outen, Angst vor Diskriminierungen durch die Polizei, nicht gemeldet zu sein, etc.). D.h. obwohl Statistiken soweit vorhanden schon auf höhere Zahlen hindeuten, gibt es Grund zur Annahme, daß hier eine höhere Dunkelziffer vorliegt, als beim Bevölkerungsschnitt.

>Ist ja auch absolut abstrus. Truth ist oft stranger als fiction. Seit ich die Focus-Studie "Hassgruppen in Deutschland" gelesen habe und darin die Stelle fand die besagt, daß 46% der Westdeutschen die nach eigener Aussage "Eine starke Abneigung gegen sexuelle Minoritäten z.B. Lesben/Schwule" haben, sie deshalb haben weil sie "hierhinkommen und den Deutschen die Arbeitsplätze wegnehmen", traue ich den Menschen auf diesem Erdenball wirklich jede verschrobene Meinung zu.

Das ist so absurd, dass ich wirklich Schwierigkeiten habe, das zu glauben. Sind die von der Focus-Studie da nicht nur in der Zeile verrutscht? Ich meine: 46 Prozent? Allerdings fand ich das schon schockierend genug, dass laut einer Studi der Uni Eichstätt volle 28,4 Prozent der bayrischen Schüler Homosexuelle "abstoßend und pervers" finden.[/i]

Der Anteil derer, die eine starke Abneigung hatten, lag irgendwo zwischen 10 und 15%. Von diesen gaben allerdings 46% diese Begründung für ihre Abneigung an. War die Top-Antwort. Im Osten lagen mit "sind zu viele" und "mag ich einfach nicht" wenigstens Gründe vor, die gar nicht nachvollzogen werden sollen. Die Studie ist somit nicht so beunruhigend wie die Bayrische, aber dafür macht sie eine ziemlich deutliche Aussage über die durschnittliche Intelligenz westdeutscher homophober Leute :)

susu

Re: Genderqueere Sprachkritik

Rüdiger, Tuesday, 25.02.2003, 01:52 (vor 7735 Tagen) @ Arne Hoffmann

Als Antwort auf: Re: Genderqueere Sprachkritik von Arne Hoffmann am 23. Februar 2003 00:41:18:

OK, wobei sich diejenigen, die sich zwingen lassen wollen, wahrscheinlich nicht selbst als Transgender bezeichnet wissen wollen.

Vermutlich nicht. Aber da müsste sich eigentlich mal Rüdiger zu äußern.

Also diese Benamsungsdebatte löst bei mir nur Kopfschütteln aus - auch die SCHLAGZEILEN ergingen sich gerade im neuesten Heft darin, diese ganzen albernen kleinen Abgrenzungen ad absurdum zu führen. "GLBTBDSMTSIQQ"? Also mit Verlaub, das ist doch Realsatire, ein gefundenes Fressen für jeden außenstehenden Spötter! Wenn die sonst keine Sorgen haben .....;-)

Es ist mir schnurz, ob ich ein Crossdresser oder Changer oder TV oder was auch immer bin, solang's nicht beleidigend gemeint ist und ich mich dabei gut fühle.

Auch die These, die "Gezwungenen" wollten sich deshalb zwingen lassen, weil sie nicht den Mut hätten, so was freiwillig zu machen, finde ich aufgesetzt, akademisch, realitätsfern. Man stelle sich vor, eine Domina wirft ein Kleidchen auf einen Schemel und sagt: "Das kannst du anziehen oder auch nicht; ist mir im Grund scheißegal, ob du's tust!" Wo soll da die Geilheit für einen Devoten sein? Der muß doch schon "zu etwas gezwungen werden", um es geil zu finden, auch wenn er's im Grunde gern macht. Aber ohne die Vorstellung, gezwungen zu werden, findet er's meist reizlos ...

Gruß, Rüdiger

Re: Genderqueere Sprachkritik

susu, Tuesday, 25.02.2003, 13:18 (vor 7734 Tagen) @ Rüdiger

Als Antwort auf: Re: Genderqueere Sprachkritik von Rüdiger am 24. Februar 2003 23:52:00:

Hallo Rüdiger.

Also diese Benamsungsdebatte löst bei mir nur Kopfschütteln aus - auch die SCHLAGZEILEN ergingen sich gerade im neuesten Heft darin, diese ganzen albernen kleinen Abgrenzungen ad absurdum zu führen. "GLBTBDSMTSIQQ"? Also mit Verlaub, das ist doch Realsatire, ein gefundenes Fressen für jeden außenstehenden Spötter! Wenn die sonst keine Sorgen haben .....;-)

Nimmt auch kaum jemand mehr ernst, "queer" ist kürzer, leichter zu merken und zu sprechen und wird deshalb fast universell eingesetzt.

Es ist mir schnurz, ob ich ein Crossdresser oder Changer oder TV oder was auch immer bin, solang's nicht beleidigend gemeint ist und ich mich dabei gut fühle.

Guter Punkt. Aber woher weist du im Einzelfall, ob es beleidigend gemeint ist oder nicht?

susu

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