Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

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Gentests - ohne Kommentar

Odin, Tuesday, 18.02.2003, 14:43 (vor 7741 Tagen)

Massen-Gentest nach Babymord war unzulässig
Gericht gibt Frauen Recht, die Teilnahme verweigert hatten

Regensburg (lb).

Die zwangsweise Untersuchung von Frauen im Rahmen eines Massen-Gentests
während der Ermittlungen zu einem Babymord war unzulässig. Das hat das
Landgericht Regensburg entschieden. Damit brauchen zwölf Frauen, die
eine Teilnahme an der polizeilichen Reihenuntersuchung verweigert
hatten, keine Speichelproben für eine DNA-Analyse abgeben. Das
Landgericht habe bemängelt, dass es keinen Anfangsverdacht gegen die
Frauen gebe, sagte ein Gerichtssprecher am Freitag.

Mit dem Reihen-Gentest wollten die Ermittler der Mordkommission das an
einem Neugeborenen begangene Verbrechen vom Sommer 2000 aufklären.
Damals war die Leiche eines Säuglings im Main-Donau-Kanal beim
niederbayerischen Essing entdeckt worden. Das kleine Mädchen war laut
der Obduktion kurz nach der Geburt getötet worden.

Rund 1300 junge Frauen, die nach den Recherchen der Ermittler als
Mutter des Säuglings in Betracht kamen, wurden deshalb im Frühjahr 2002
zu einem aufsehenerregenden Massen-Gentest geladen. Dies war die erste
kriminalistische DNA-Reihenuntersuchung an Frauen in Deutschland.

Die Mehrzahl der geladenen Frauen beteiligte sich freiwillig an der
Untersuchung. Die Tat konnte dadurch allerdings nicht aufgeklärt
werden.

Gegen ein Dutzend Frauen, die nicht am Gentest teilnehmen wollten,
erwirkte die Staatsanwaltschaft Regensburg beim Amtsgericht
Zwangsbeschlüsse. Dagegen legten drei Frauen beim Landgericht
erfolgreich Beschwerde ein. Nach Ansicht des Gerichts reicht es für
einen Anfangsverdacht nicht aus, dass die Frauen in einem bestimmten
Alter sind und zum Tatzeitpunkt in der Nähe des Fundortes der
Babyleiche wohnten.

Laut Attest noch Jungfrau

Zudem konnten die Frauen weitere Unterlagen vorlegen, die gegen eine
Täterschaft sprachen. So ist eine der Frauen, die den Gentest
verweigerten, laut einem ärztlichen Attest noch Jungfrau.

Wegen der anhängigen Beschwerde der drei Frauen beim Landgericht hatte
die Staatsanwaltschaft auch die Beschlüsse gegen die neun anderen
Frauen nicht vollstreckt.

Die Ermittler gehen nun davon aus, dass das Verbrechen an dem Baby
möglicherweise niemals aufgeklärt werden kann.

Re: Gentests - ohne Kommentar

Jörg, Tuesday, 18.02.2003, 16:21 (vor 7741 Tagen) @ Odin

Als Antwort auf: Gentests - ohne Kommentar von Odin am 18. Februar 2003 12:43:41:

Hallo Odin,

Justitia ist bekanntlich nicht nur weiblich, sondern zudem auch noch
blind.

Massen-Gentests sind selbstverständlich nur zulässig, wenn es die "bösen
Männer" betrifft. Ich hoffe, daß die Richtigkeit einer solchen Herangehens-
weise hier niemand auch nur anzuzweifeln gewagt hat. ;-)

Einen kleinen Vorteil sehe ich bei diesem Urteil allerdings schon:
Immerhin kann man nun versuchen, sich als Mann auf diesen Fall zu berufen,
wenn es mal wieder einen an Männern vorgenommenen Massen-Gentest geben
soll.

Denn anscheinend ist noch niemandem aufgefallen, daß es auch bei x-Tausend
Männern, die z. B. eine Speichelprobe abgeben sollen, keinerlei Anfangs-
verdacht für ihre Täterschaft gibt - die Eigenschaft Mann reicht in
solchen Fällen offenbar aus um einen hinreichenden Verdacht zu begründen.

"All animals are equal but some animals are more equal than others."
(George Orwell in "Animal farm")

Gruß, Jörg

Re: Gentests - ohne Kommentar

Ferdi, Tuesday, 18.02.2003, 17:00 (vor 7741 Tagen) @ Jörg

Als Antwort auf: Re: Gentests - ohne Kommentar von Jörg am 18. Februar 2003 14:21:50:

Hallo Jörg!

Einen kleinen Vorteil sehe ich bei diesem Urteil allerdings schon:
[quote]Immerhin kann man nun versuchen, sich als Mann auf diesen Fall zu berufen,
wenn es mal wieder einen an Männern vorgenommenen Massen-Gentest geben
soll.
[/quote]

Ich bin davon überzeugt, dass ein Beschwerdeführer in einem solchen Falle Recht bekäme. Ein Gericht, das einen so begründeten Einspruch ablehnt, brächte sich in einen sehr unangenehmen Argumentationsnotstand. Dieses von Odin erwähnte Urteil sollte auf allen fachrelevanten Webseiten stehen, damit in Zukunft von solchen Gentests betroffene Männer davon Kenntnis haben. Treffen könnte es ja jeden, wenn irgendwo was passiert. Dabei käme es mir (sollte ich mal davon betroffen sein) nicht darauf an, mich vor dem Test zu drücken (warum auch, habe ja nichts getan), sondern es käme mir darauf an, hierdurch für jeden sichtbar darzulegen, mit welch zweierlei Mass hier die Geschlechter behandelt werden. Da sich die Presse mit Sicherheit da draufstürzen würde, bekäme das Faktum der Ungleichbehandlung und Diskriminierung der Männer endlich mal einen diesem Problem angemessenen Aufmerksamkeitsgrad.

@ Odin: Kannst Du das Aktenzeichen dieses Urteils angeben?

Gruss,
Ferdi

Re: Gentests - ohne Kommentar

Odin, Thursday, 20.02.2003, 01:21 (vor 7739 Tagen) @ Ferdi

Als Antwort auf: Re: Gentests - ohne Kommentar von Ferdi am 18. Februar 2003 15:00:36:

Hallo Jörg!
Einen kleinen Vorteil sehe ich bei diesem Urteil allerdings schon:

Immerhin kann man nun versuchen, sich als Mann auf diesen Fall zu berufen,
wenn es mal wieder einen an Männern vorgenommenen Massen-Gentest geben
soll.[/i]

Ich bin davon überzeugt, dass ein Beschwerdeführer in einem solchen Falle Recht bekäme. Ein Gericht, das einen so begründeten Einspruch ablehnt, brächte sich in einen sehr unangenehmen Argumentationsnotstand. Dieses von Odin erwähnte Urteil sollte auf allen fachrelevanten Webseiten stehen, damit in Zukunft von solchen Gentests betroffene Männer davon Kenntnis haben. Treffen könnte es ja jeden, wenn irgendwo was passiert. Dabei käme es mir (sollte ich mal davon betroffen sein) nicht darauf an, mich vor dem Test zu drücken (warum auch, habe ja nichts getan), sondern es käme mir darauf an, hierdurch für jeden sichtbar darzulegen, mit welch zweierlei Mass hier die Geschlechter behandelt werden. Da sich die Presse mit Sicherheit da draufstürzen würde, bekäme das Faktum der Ungleichbehandlung und Diskriminierung der Männer endlich mal einen diesem Problem angemessenen Aufmerksamkeitsgrad.
@ Odin: Kannst Du das Aktenzeichen dieses Urteils angeben?
Gruss,
Ferdi

Hi Ferdi,
Gott sei Dank hat schon jemand anders die Quelle angegeben. Bin im Moment auf dem Kriegsfuß mit meinem Computer (dreimal Festplatte formatiert in dieser Woche).
Bei der Nachricht ging mir auch erstmal der Hut hoch, bis ich daran dachte, daß das Urteil eigentlich genau meine Meinung wiedergibt - wenn sie denn auch für Männer gelten sollte!
Allein das Geschlecht und vielleicht noch das ungefähr genau passende Alter darf niemals der Grund für einen Gentest (oder zwangsweise Fingerabdruch-abgabe o.ä.) sein!

Odin

Re: Quelle

Joachim, Tuesday, 18.02.2003, 17:22 (vor 7741 Tagen) @ Odin

Als Antwort auf: Gentests - ohne Kommentar von Odin am 18. Februar 2003 12:43:41:

Macht mit bei der Lesermeinung, ich finde, dass dieses Urteil jetzt auch für alle Männer gelten muss, alles andere ist meiner Meinung nach sonst massive Diskriminierung und Sexismus wenn nur Männer zu Gentests gezwungen werden dürfen und dagegen Frauen wieder einmal Narrenfreiheit besitzen!

Hier lesen!

Re: Quelle

Jens, Wednesday, 19.02.2003, 01:13 (vor 7740 Tagen) @ Joachim

Als Antwort auf: Re: Quelle von Joachim am 18. Februar 2003 15:22:51:

Macht mit bei der Lesermeinung, ich finde, dass dieses Urteil jetzt auch für alle Männer gelten muss, alles andere ist meiner Meinung nach sonst massive Diskriminierung und Sexismus wenn nur Männer zu Gentests gezwungen werden dürfen und dagegen Frauen wieder einmal Narrenfreiheit besitzen!

So weit ich weiß, kann niemand zu einem Gentest gezwungen werden - außerdem wäre erwähnter Fall ein Präzidenzfall, auf den man sich im Notfall berufen kann.

Jens

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