Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

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Frauen- und Männerfeindlichkeit

Arne Hoffmann, Saturday, 23.06.2001, 21:48 (vor 8314 Tagen) @ Donna

Als Antwort auf: Re: Das habe ich noch nicht ganz verstanden von Donna am 22. Juni 2001 15:26:25:

Ich muß allerdings einräumen, daß es nicht leicht fällt, sich da durch zu kämpfen, weil man als Frau per se zunächst einmal mit Kübeln von Dreck überschüttet wird.

Das durchblicke ich noch nicht so ganz. Was liest du? Schopenhauer und Nietzsche? Vielleicht lese ich zu selektiv, aber ich habe auf dem heutigen Buchmarkt eher umgekehrte Erfahrungen gemacht.

Ester Vilar
Matthias Mattusek
Brigitte Krichelsdorf
Arne Hoffmann

Hm. Also wenn du mich provozieren willst ... dann ist dir das aber voll gelungen!

Zunächst mal zu deiner Auflistung: Das sind volle vier Autoren, die sich der Einseitigkeit in der Geschlechterdebatte widersetzen. Davon eine Autorin aus den Siebzigern, eine Autorin, die ihr Buch nur in einem Druckkostenzuschussverlag weitgehend unter dem Ausschluss der Öffentlichkeit herausbringen konnte, und ein hoffnungsvoller Nachwuchsautor, der 80 Verlage abklappern musste, weil er auf sein Manuskript Antworten erhielt wie "zu brisant" (Piper), "zu polarisierend" (Heyne) und "zur Feminismuskritik dürfen bei uns nur weibliche Autoren veröffentlichen" (Eichborn).

Wollen wir uns mal ein paar der Titel anschauen, mit denen Männer heutzutage auch in großen und bekannten Verlagen so bedacht werden:

Gaby Hauptmann: Nur ein toter Mann ist ein guter Mann
Wilfried Wieck: Männer lassen lieben
Steven Carter und Julia Sokel: Warum der Mann nicht lieben kann
Yvonne Kroonenberg: Sie liebt ihn, er sich auch
Susan Forward: Liebe als Leid. Warum Männer ihre Frauen hassen und Frauen gerade diese Männer lieben
Dan Kiley: Wenn Männer sich nicht ändern wollen
Christiane Tramitz: Irren ist männlich
Ina Paul: Lieber einen Mann als gar kein Unglück
Dan Kiley: Das Peter-Pan-Syndrom. Männer, die nie erwachsen werden
Peter Lauster: Die sieben Irrtümer der Männer. Der Mann muss zur Besinnung kommen (Es gibt natürlich kein Gegenstück über die Irrtümer der Frauen; Lauster will Bücher verkaufen)
Claudia Pinl: Das faule Geschlecht. Wie Männer es schaffen, Frauen für sich arbeiten zu lassen
Yvonne Kroonenberg: Man gewöhnt sich an alles, nur nicht an einen Mann
Saskia Schlesinger: Blöde Männer
Dieter Otten: Männer versagen
Nancy Gray: Männer sind doof
Willy Breinholst: Männer taugen zu nichts
Helene von Druskowitz: Der Mann als logische und sittliche Unmöglichkeit und als Fluch der Welt
Jenneke A. Oosterhoff: Die Männer sind infam, solange sie Männer sind
Dory Hollander: Die Lügen der Männer
Alex Shearer: Wenn Männer zu oft lügen
Jane Heller: Trau niemals einem Mann
Christine Eifler: Ein bisschen Männerhass steht jeder Frau
Konrad Sprai: Liebe, Lust, Frust. Über die Unfähigkeit der Männer, Frauen glücklich zu machen
Dietmar Friedmann: Wie ändere ich meinen Mann?
Nancy Winters: Wie erziehe ich meinen Mann? Vom Streuner zum treuen Begleiter
Michele Weiner-Davis: Jetzt ändere ich meinen Mann. Wie sie ihn einfach umkrempeln, ohne dass er es merkt (Das Werbelogo auf dem Cover zeigt einen Hund und trägt die Unterzeile "Dog-Training")

Nein, ich habe wirklich nicht den Eindruck, dass es die FRAUEN sind, die hierzulande kübelweise mit Jauche begossen werden, wie du so schön schreibst.

Deine eigenen Schriften kennst du, und weißt daher, daß auch sie nicht grade von einer wohlwollenden Haltung gegen Frauen geprägt sind.

Soll das mal eine Anschuldigung werden, wenn es groß ist? Ein Minimum an Fairness würde ja doch bedeuten, dass solche herben Vorwürfe wenigstens an Beispielen konkretisiert werden. Wenn ich den politischen Gegner diskreditieren will, kann ich natürlich mit kühnen Allgemeinplätzen um mich werfen wie "bekanntlich hat XY ein komplett faschistoides Politikverständnis", aber intellektuell redlich ist das nicht. Ich wüsste wirklich gerne, von welchen Passagen meiner Texte du dich konkret als Frau angegriffen fühlst.

Vor ein paar Wochen fragte mich einmal eine "Nina" in einem anderen Forum, welche Verhaltensänderungen wir Männerrechtler von "den Frauen" denn erwarten würden – so wie die Feministinnen ja auch bestimmte Verhaltensänderungen von den Männern eingefordert hatten. Ich postete eine Liste mit den Grundanliegen der Männerbewegung (Jörg ist gerade dabei, sie hier herüberzuschaffen). Nina kam zu dem Schluss, dass sie a) bei fast allem zustimmte und b) sich die Forderungen der Männerbewegung weniger an das weibliche Geschlecht richteten als an die Gesamtgesellschaft. Ich habe nie etwas anderes behauptet. Allerdings kann die Männerbewegung sehr wohl das Verhalten von bestimmten Frauen oder Frauengruppen auf den Prüfstand stellen, in genau umrissenen Einzelfällen auch der Mehrheit aller Frauen.

Möglicherweise verwechselst du den Hinweis auf konkrete Formen von Missständen oder von weiblichem Fehlverhalten mit einer generellen Frauenfeindlichkeit. Dieser Gedanke ist mir selbst auch nicht fremd. Ich habe ja mehrere Jahre Geisteswissenschaft studiert und bin dabei auch durch die übliche feministische Indoktrination gegangen. Insofern hat auch bei mir selbst anfangs dieser Mechanismus gegriffen, dass man Frauen gefälligst nicht kritisiert, weil das ja frauenfeindlich wäre. Das ist natürlich purer Sexismus: Warum sollte man Männer für ihr Verhalten kritisieren dürfen und Frauen nicht? Ich halte wenig davon, Frauen und Engel miteinander zu verwechseln. Außerdem glaube ich nicht, dass man Frauen in ihrer Gesamtheit wirklich hilft, wenn man Themen wie etwa sexuellen Missbrauch durch weibliche Täter weiter stillschweigend übergeht.

Trotzdem habe ich mich diesem psychologischen Mechanismus anfangs nur schwer entziehen können. Aus diesem Grund habe ich großen Wert darauf gelegt, soviele Frauen wie möglich unter meinen Test- und Gegenleserinnen zu haben und von ihnen Rückmeldung zu erhalten: "Findet ihr, das ist frauenfeindlich oder macht das Sinn?" Wie du dich erinnerst, habe ich auch bei dir selbst deswegen anfragen lassen. Daraus wurde leider nichts, aber insgesamt war gerade die Unterstützung, die ich von den verschiedensten Frauen erhalten habe, sehr groß und nachhaltig. Ohne die ständigen Ermunterungen und aktiven Unterstützungen , die ich besonders von weiblicher Seite erhalten habe, wäre mein Buch nie zustande gekommen. Die Haltung dieser Frauen war aber sehr deutlich: "Ja, wir müssen uns endlich auch mit den Schattenseiten unseres Geschlechtes auseinandersetzen, wie das von Männern schon seit Jahrzehnten verlangt wird!"

Ich habe es gerade spaßeshalber noch einmal durchgezählt: Tatsächlich sind in meinem "Netzwerk" aus Testlesern meines Buches und Erst-Empfängern meines Zines etwa 60 Prozent weiblich. Zu meiner großen Freude durfte ich dabei feststellen, dass gerade bei der jungen Generation das Kritikverbot an Frauen kaum noch existiert.

Die Frauen, die sich ein solches Kritikverbot sehr wohl noch wünschen, tun dies in der Regel jedoch außerordentlich massiv. In meinem kommenden Buch "Sind Frauen bessere Menschen?" ist ein umfangreiches Kapitel darüber enthalten, wie Kritiker und Kritikerinnen der Frauenbewegung durch zahlreiche terroristische und totalitäre Methoden davon abgehalten werden sollten, ihre Meinung zu äußern. Ob Esther Vilar, Neil Lyndon, Katharina Rutschky, Karin Jäckel oder andere: Sie alle mussten von Verleumdungen über Morddrohungen und tätliche Angriffe bis zu den verschiedensten Akten der Zensur alle möglichen Strategien überstehen, mit denen sie unhörbar gemacht werden sollten. Selbst Erin Pizzey, die Mitbegründerin der internationalen Frauenschutzbewegung und des ersten Frauenhauses der Neuzeit, brauchte schließlich Polizeischutz, sobald sie ihre Erkenntnisse veröffentlichte, dass häusliche Gewalt ihren Erfahrungen nach von beiden Geschlechtern gleichermaßen ausging. Beispielsweise schoss jemand auf ihr Haus in den Vereinigten Staaten, und in London wurde sie von einem wütenden Mob bedroht. All dieser Terror war ja auch erfolgreich. Dass du nur vier weitgehend marginalisierte AutorInnen aufführen konntest, die sich mit ihrer Gegenposition halbwegs Gehör verschaffen konnten, ist das direkte Ergebnis solcher radikalen Vorgehensweisen.

Gerade heute Morgen habe ich für die INVISIBLE MEN einen Artikel über das Schicksal des frühen Männerrechtlers Neil Lyndon aufgespürt. Lange vor Matussek und noch vor Farrell machte er auf die Benachteiligung von Männern im Gesundheitssystem, Vätern im Scheidungsprozess oder von Jungen in der Schule aufmerksam. Heute, zehn Jahre später, haben solche Erkenntnisse selbst die Seiten von SPIEGEL, FOCUS und STERN erreicht. Lyndon berichtet über die damaligen Reaktionen auf sein Buch "No More Sex War": Eine Sichtung von 100 Rezension hatte ergeben, dass sich lediglich drei davon mit dem Inhalt seines Buches auseinandergesetzt hatten. Die Regel waren persönliche Vorwürfe gegen ihn oder Unterstellungen, er sei beziehungsunfähig, habe Angst vor Frauen, wünsche sich insgeheim, eine Frau zu sein, oder sei geisteskrank. In einer Sendung unterhielten sich zwei Journalistinnen darüber, ob er einen zu kleinen Schwanz in der Hose habe. Feministinnen forderten auf, ihn zu erschießen und seine Bücher zu verbrennen. Im Endeffekt kostete Lyndon diese Rufmordkampagne für lange Jahre sein berufliches und privates Glück. Anderen Männerrechtlern wie Warren Farrell ging es nicht anders: Solange er noch als einziger Mann jahrelang im Vorstand der US-Frauenbewegung NOW saß, machte er fett die Kohle und wurde in jede Talkshow eingeladen. Aber sobald er sich hinterfragte "Moment mal, was rede ich da eigentlich für ein Zeug?" und begann, auf die Probleme von Männern hinzuweisen, wurde er zur gesellschaftlichen Unperson. Seine Finanzen brachen komplett ein, und er konnte sich nur dank der Ersparnisse aus seiner feministischen Phase noch über Wasser halten. Man kann hier zahlreiche weitere Beispiele anführen.

Während heutzutage insbesondere in Deutschland selbst bloße Kritik an dem Verhalten bestimmter Frauen noch mit dem Bannstrahl belegt ist, ist Männerfeindlichkeit brüllender Alltag. Aber in den nächsten Jahren werden sich auch die Empfindlicheren unter den Damen mit kritischen Positionen auseinandersetzen müssen, ohne sie gleich als "frauenfeindlich" und deshalb diskussionsunwürdig abwatschen zu können. SO einfach hatten sie es dreißig Jahre lang.


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