Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

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Beschneidung

Arne Hoffmann, Tuesday, 30.03.2004, 13:25 (vor 7343 Tagen) @ Norbert

Als Antwort auf: Re: Link dazu: Invisible-Men 8 von Norbert am 30. März 2004 09:08:31:

Link zum Thema:
Zwangsverstümmelung auch bei Jungen
Im Text nach Beschneidung suchen.

Einen etwas kürzeren Text dazu habe ich auch in meinem "Lexikon der Tabubrüche" veröffentlicht. Wenn ihr das Thema eh anschneiden wollt, kann ich ihn ja auch gleich hier reinstellen:

--- BESCHNEIDUNG
Der Brauch der Genitalbeschneidung von Mädchen, der vor allem in Afrika, Asien und dem Nahen Osten ausgeübt wird, hat in der letzten Zeit auch hierzulande zu erhitzten Diskussionen geführt. Mehrere prominente Frauen, darunter die Unicef-Botschafterin Sabine Christiansen sowie die Wirtschaftsexpertin Christa Müller (die Lebenspartnerin Oskar Lafontaines) haben auf dieses Problem aufmerksam gemacht, Top-Model und UNO-Sonderbotschafterin Waris Dirie hat ihre eigenen Erlebnisse in ihrer Autobiographie "Wüstenblume" verarbeitet. Darin vertritt sie Thesen wie dass die Beschneidung längst abgeschafft wäre, wenn davon statt Frauen Männer betroffen seien, und verkündet: "Vielleicht sollten die Frauen den Männern die Eier abschneiden, damit auf der Erde wieder ein Paradies entstehen kann." Das Buch wurde weltweit zum Bestseller.

Bezeichnenderweise erstreckt sich der Tabubruch noch heute allein auf die weiblichen Opfer. Beschnittene Jungen und Männer kommen in der öffentlichen Diskussion durchgehend nicht vor. Auch die Beschneidung von Knaben wird in Ländern der Dritten Welt (speziell Afrika, Vorderasien, Indonesien und Teilen Australiens) nicht unter Narkose und mit sterilisierten chirurgischen Instrumenten, sondern mit sehr primitivem Werkzeug vorgenommen. Kritiker sprechen von einem kulturell legitimierten gewaltsamen Übergriff auf Jungen und einer planmäßigen Desensibilisierung eines höchst empfindlichen und lustspendenden Organs des Mannes.

Mitte August 2001 kritisierten Menschenrechtsorganisationen erstmals die Vereinten Nationen wegen der Tabuisierung männlicher Opfer, wenn es um Beschneidungen geht. Die "National Organization of Circumcision Information Resource Centers" (Nationale Organisation des Datenzentrums zu Informationen über Beschneidung) sowie die "Attorneys for the Rights of the Child" (Anwälte der Kindesrechte) beschuldigten die UNO, mit zweierlei Maß zu messen: Während sie der Klitorisbeschneidung bei Mädchen recht aggressiv den Kampf angesagt habe, widme sie ähnlich schwerwiegenden Eingriffen bei männlichen Kindern nicht einmal ihre Aufmerksamkeit. Steven Svoboda, ein an der Elite-Universität Harvard ausgebildeter Anwalt für Menschenrechte, wies darauf hin, dass die Beschneidung von Jungen überall dort vorkomme, wo auch die Beschneidung von Mädchen stattfinde - nur sechsmal so häufig! Svoboda: "Eines Tages werden wir die fehlgeleitete Natur unserer Versuche verstehen, gewaltsame Eingriffe bei weiblichen Genitalien als kriminell zu bezeichnen, während vergleichbar ernstzunehmende, außerordentlich schmerzhafte und verstümmelnde Eingriffe bei männlichen Genitalien erlaubt sind."

Auch andere Aktivisten und Aktivistinnen, so etwa Jacqueline Smith, Professorin am niederländischen Institut für Menschenrechte, sprechen sich dafür aus, die Beschneidung bei Jungen ebenso zu bekämpfen wie bei Mädchen. Svoboda verwies auch auf einen Artikel der New York Times vom 1. August 2001, dem zufolge in diesem Jahr allein in Südafrika 35 Jungen an den Folgen ihrer Beschneidung zu Tode kamen. Zehn Prozent oder mehr aller Jungen überstanden diesen aus medizinischer Sicht völlig unnötigen Eingriff nur entweder ganz ohne Penis oder lediglich mit einem entstellten Stummel. ---

Ansonsten mag sich vielleicht susu noch mal dazu äußern; er/sie kennst sich bei diesem Thema wohl noch mal um einiges besser aus als ich.

Herzlicher Gruß

Arne


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