Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

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Ich mach schon mal die Kiste mit den Dauerlutschern auf

Kurti, Wien, Friday, 06.01.2012, 15:38 (vor 5101 Tagen) @ Marlow

Die Schmerzensmänner

Ich bin auch ein Schmerzensmann. Weil die stupide Seichtheit solcher Gefühlchens-Befindlichkeiten-Artikel nämlich weh tut.

Heute tragen die jungen Männer Bärte und spielen Gitarre.

Und ich hatte schon mal gehört, das wäre beides machohaft?
Einfach nur unterirdisch, dieses Niveau …

Sie sind lieb, melancholisch und sehr mit sich selbst beschäftigt.

Auf irgendwelche empirischen Beweise hofft man wie gewohnt vergebens. Wieder einmal ein Artikel, bei dem eine persönliche, SELBST EINGEREDETE Sinnkrise auf die Allgemeinheit projiziert wird.

Für die Frauen wird das zum Problem.

Gott sei Dank. Denn wenn Frauen mal keine "Probleme" haben, werden sie krank.

Es könnte alles so einfach sein.

Vor allem ohne solche überflüssigen Artikel. D'accord.

Verkopft, gehemmt, unsicher, nervös und ängstlich ist er, melancholisch und ratlos. Er hat seine Rolle verloren.

Wie schon gesagt: DIE ZUTIEFST EIGENE missliche Lage wird auf andere projiziert.

Schuld an seiner jungmännlichen Identitätskrise

Wieder einmal das Phantom der Männerkrise, bei der es sich so verhält wie beim Weihnachtsmann. Jeder hat schon mal davon gehört – und aber noch nie hat sie jemand persönlich zu Gesicht bekommen.

ist, wie immer, die Gesellschaft. Sie war es schließlich, die verlangte, dass sich der Mann (natürlich der junge) verstärkt neue Attribute zulegen sollte. Einfühlsam, reflektiert, rücksichtsvoll und bedacht, gerne auch einmal: schwach sollte er sein.

Ausnahmsweise mal etwas Realitätssinn.

Doch was als eine begrüßenswerte Mentalitätsreform des alten Männerbildes begann, hat inzwischen groteske Züge angenommen. Das eigene Leben reflektierend und ständig bemüht, sein Handeln und Fühlen sensibel wahrzunehmen, nach außen zu kehren und zu optimieren, hat er sich auf einer ewigen Metaebene verheddert, von der er nicht wieder herunterkommt.

Auch auf die Gefahr hin, mich zu wiederholen: Die eigenen Pseudo-Problemchen … Nach dem Motto: Idioten sind alle Anderen.

Denn auf die junge Frau wirkt die neue männliche Innerlichkeit, das subtile Nachhorchen in die tiefsten Windungen der Gefühlsregungen schrecklich kompliziert. Und auf die Dauer furchtbar unsexy.

Mal davon abgesehen, dass diese angebliche "neue männliche Innerlichkeit" nur in der kranken Phantasie dieser übersättigten Wohlstandsdame existiert – jetzt merkt sie mal, wie es uns mit hysterischen Prinzesschens geht.

Doch genau an diesem letzten Punkt ist der junge Mann falsch abgebogen. Er weiß nicht mehr, wann es Zeit ist zu kommen. Statt fordernd zu flirten, gibt er sich als einfühlsamer Freund. Schüchtern in einer Baumwollstrickjacke hinter einer Hornbrille versteckt, steht er in dunklen Großstadtbars und hält sich an einem Bier fest. Als Gefährte ist er vielleicht ein bisschen grüblerisch, aber man kann gut mit ihm reden.

Auf Deutsch übersetzt: Ich habe keinen Begatter abbekommen – darum sind alle Männer Scheiße!

Er achtet auf sich, ist höflich, lieb, immer gepflegt und gewaschen, benutzt Parfums und Cremes, macht Diäten und hört wunderbar melancholische Mädchenmusik.

Den Schwachsinn vom metrosexuellen Mann haben RedakteurINNEN aus Frauenzeitschriften verbreitet.

Nur wenn der entscheidende move gefragt ist, er sich herüberbeugen und die junge Frau endlich küssen sollte, fängt sein Kopfkino an. Vielleicht möchte die junge Frau gar nicht geküsst werden? Vielleicht würde sie sonst selber den ersten Schritt tun? Vielleicht sollte man die Beziehung lieber doch nicht auf die gefährliche Ebene der Erotik ziehen, sondern platonisch belassen? >Ich gebe zu, dass ich dich mag«, singt es schließlich vom Mixtape, das er seiner Angebeteten aufnimmt, anstatt den ersten Schritt zu wagen. Schön klingt es, ungelenk kommt es an.

Weil wir keinen Bock drauf haben, vergekachelt zu werden, du Nuss!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!

Die junge Frau fühlt sich ungewollt.

Hier, hast'n Dauerlutscher!

Auch sie schmeißt ihr legendär destruktives Kopfkino an,

Da sind sie groß drin, die Damen.

Der junge Mann spricht nur nachts, betrunken, direkt zu ihr.

Weil der Anblick mancher westlicher Wohlstandsdamen nur im Dunkeln und betrunken zu ertragen ist.

Er sei verletzt worden in der Vergangenheit, er wolle seinerseits nicht verletzen, erklärt er mit ernstem Blick. Und schafft es danach schließlich doch noch, die junge Frau kurz zu küssen, nur um sich danach sofort für seine plumpe Hemmungslosigkeit zu entschuldigen. Die nächsten Treffen werden verkrampft. Spiegeln gleich stehen sich die Geschlechter gegenüber und hyperreflektieren ihre Beziehung zu Tode, bevor sie überhaupt angefangen hat. Die Körper haben keine Chance gegen ihre Köpfe, die junge Frau geht. Du machst alles richtig, murmelt sie traurig, sie meint den liebenswerten Gefährten. Du machst alles falsch, denkt sie und meint den gehemmten Liebhaber. >Vielleicht bin ich beziehungsunfähig?«, fragt der junge Mann entschuldigend.
Statt seinen Stolz zu nehmen und nach einem letzten romantisch-heroischen Versuch einzusehen, dass es richtig wäre aufzugeben, trauert er, wochen-, monatelang. Er weiß nicht mehr, wann es Zeit ist zu gehen. Reden will er, immer wieder, besprechen, woran es lag, wie man seine Unsicherheit therapieren könnte. Er brennt neue Mixtapes, diesmal englischsprachige, von Bands, die Iron & Wine oder The Weepies heißen. Er denkt und fühlt und leidet. In stiller Melancholie, in modernem Werthertum singt er mit Bon Iver, einem bärtigen Barden in Holzfällerhemd und Kastratenstimme zur Akustikgitarre hymnisch seine Gefühle hinaus, wie er zieht er sich innerlich in eine Hütte im Wald zurück, um seine Trauer zu verstehen und zu artikulieren.

Wie gesagt: Sie heult sich hier über ihr eigenes, verkorkstes Leben aus.

Auf die überfordernde Doppelbotschaft, in der Partnerschaft ebenbürtig, im Geschlechterspiel selbstbewusst zu sein, kann er nur mit noch mehr Reflektion antworten.

Auf solche grenzdebilen Wohlstands-Sorgen gibt es ein wirksames Heilmittel: Vier Wochen Sozialarbeit in einem indischen Slum!

Sie lässt ihn zurückkippen, jahrhunderteweit. >Du weißt ja, eigentlich mag ich dich sehr gerne / Doch du zerredest mich so lang, bis ich nicht mehr weiß, wo ich bin und was ich will /

Und was tut sie hier den ganzen Artikel lang? Projektion, nichts als Projektion …

Die junge Frau indes schimpft vor ihren Freundinnen, die böse Waschlappen-Metapher fällt.

Ja, ja, die Männer sind alle so was von Scheiße … Wir können's schon singen …

Als der junge Mann bei ihr klingelt, ihr ein letztes Tape mit seiner Bardenmusik übergibt und sie hoffnungsvoll um eine neue Chance bittet,

Was für ein böser, böser Stalker …

Gruß, Kurti – heute ebenfalls wieder mal ziemlich böse.


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