http://www.vaeter-aktuell.de/haeusliche_gewalt/Gewaltschutzgesetz_Erste_Lesung_2001_Kommentar.pdf

Kommentar zur ersten Lesung des
Gewaltschutzgesetzes am 8. März 2001
Vernunft - ein patriarchalisches Konstrukt?

In den Gender-Diskussionen der letzten Jahre kam das Wort von der "Rationalität als patriarchalischem Konstrukt" auf. Beim Thema Gewaltschutz hat eine solche Sichtweise fatale Folgen.

Eine durch Unvernunft entstandene Fehlentwicklung ist, dass bei den derzeitigen Maßnahmen gegen häusliche Gewalt nicht gegen menschliche Aggressivität, sondern nur gegen Männergewalt vorgegangen wird. Folge ist zum einen, dass dadurch die auf Männergewalt und Frauengewalt basierenden Eskalationsprozesse bei häuslicher Gewalt nicht durchbrochen werden können und dadurch die gefährlichere Wirkung männlicher Gewalt nicht ursächlich angegangen wird.

Viel tragischer jedoch ist, dass Kinder, die bedingt durch die gesellschaftliche Rollenverteilung öfter an Misshandlungen durch Mütter als durch Väter leiden, auch in Zukunft weitgehend schutzlos bleiben werden. In der Ersten Lesung des Gewaltschutzgesetzes wurde zwar angesprochen, dass die derzeitigen Mittel zum Schutz von Kindern nicht justiziabel sind und das Ansätze zu einem Antragsrecht für Kinder zurückgewiesen wurden - aber weiter wurde dieser gravierende Mangel nicht behandelt.

Mit weniger als einem Prozent der Debattenzeit wurde das Thema "Gewalt gegen Kinder", dass eigentlich an erster Stelle stehen müsste, zu den Akten gelegt. Der Rest der Zeit wurde den opportuneren Themen "Männer als Täter" und "Frauen als Opfer" gewidmet. Mit anderen Worten: Wieder einmal wurden Kinder, die Opfer auch weiblicher Gewalt sind, aufgrund von Tabus ignoriert. Mit noch deutlicheren Worten: Kindern gegenüber wird erforderliche Hilfeleistung unterlassen.

Bevor ich mein Resümee zu der eigentlich erforderlichen Vorgehensweise ziehe, möchte ich anhand des Plenarprotokolles vom 8. März 2001 meinen Appell zu mehr Vernunft beim Gewaltschutz begründen. Ich habe dazu Redeauszüge der folgenden PolitikerInnen kommentiert:

  • Dr. Herta Däubler-Gmelin, Bundesministerin der Justiz

  • Irmgard Schewe-Gerigk (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

  • Ina Lenke (F.D.P.)

  • Petra Bläss (PDS)

  • Dr. Christine Bergmann, Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend

  • Ingrid Fischbach (CDU/CSU)

  • Karin Schubert, Justizministerin (Sachsen-Anhalt)

  • Ilse Falk (CDU/CSU)

  • Anni Brandt-Elsweier (SPD)


 

ZITATE VON FRAUENPOLITIKERINNEN FAMILIENPOLITISCHE ERWIDERUNGEN
Herta Däubler-Gmelin, Justizministerin

Kommentar

1. Zitat: Wir alle wissen, liebe Kolleginnen und Kollegen, dass genau das [Gewaltschutzgesetz] erforderlich ist; denn jedes Jahr - man höre und staune -müssen in unserem Land, das sich so viel darauf einbildet, etwas für Frauen zu tun, etwa 45.000 Frauen mit ihren Kindern Zuflucht im Frauenhaus suchen. Die Zahl 45.000 ist eine Übertreibung, denn wie der TAZ-Artikel "Wir wollen keine Kontrolle Dritter" vom 6. Januar 2000 zeigt, hatten die Frauenhäuser bisher weder die Pflicht noch den Willen, ihre Belegungszahlen offenzulegen, denn nur so können sie oft einer Schließung entgehen.
Darüber hinaus ist ein Fall, bei dem eine Frau Zuflucht in einem Frauenhaus sucht, noch kein Beweis, dass sie geschlagen wurde. Möglich ist auch, das sie ihren Partner damit nur als Gewalttäter stigmatisieren will.
2. Zitat: Deswegen legen wir diesen Gesetzentwurf vor, der nach dem Motto verfährt: Der Schläger geht und die Geschlagene bleibt. Man fühlt sich an das Zitat aus "Animal Farm" von George Orwell erinnert: "Manche Tiere sind gleicher als andere". Bei Familienkonflikten kann doch nicht einfach nur von männlichen Tätern und weiblichen Opfern gesprochen werden. Ausgerechnet die Justizministerin ignoriert den Grundsatz der Unschuldsvermutung und stellt sich mit ihren Äußerungen gegen Artikel 3 des Grundgesetzes:
  1. Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

  2. Männer und Frauen sind gleichberechtigt

  3. Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden.

3. Zitat: Ich bin meiner Kollegin Bergmann sehr dankbar, dass sie mithilfe eines Gutachtens versuchen will, diese Dunkelziffer deutlich zu machen und die Grauzone weiter aufzuhellen. Hier zeigt sich der Wissensstand von Justiz- und Familienministerium. Wie eine Antwort des BMFSFJ auf eine Anfrage der CDU/CSU zeigt, kennen die Ministerinnen Däubler-Gmelin und Bergmann überhaupt keine Fakten und wollen auch in Zukunft nur die eine Hälfte des Problems aufhellen. Die andere - unter Frauengewalt leidende Männer - soll im Dunkeln bleiben.
Irmgard Schewe-Gerigk, Bündnis 90/Die Grünen

Kommentar

1. Zitat: Frauen, die in ihrem engsten Umfeld in einer Machtbeziehung leben, erfahren eine systematische Zerstörung ihres Selbstwertgefühls. Durch Misshandlungen und Demütigungen, die sie oft über Jahre hinweg erleben müssen, beschränken sich ihre Handlungs- und Abwehrmöglichkeiten deutlich. Nicht nur Frauen können unter einer Machtbeziehung leiden. Jeder weiß, dass es auch viele Beziehungen zwischen mental starken Frauen und mental schwächeren Männern gibt. Jeder kennt in seiner Verwandtschaft und Bekanntschaft Männer, die unter der Rücksichtslosigkeit ihrer Partnerinnen leiden.
2. Zitat: Nicht der dunkle U-Bahn-Schacht oder ein unbeleuchteter Park sind für Frauen die gefährlichsten Orte. Nein, es sind die eigenen vier Wände. Auch für Männer sind die eigenen vier Wände der gefährlichste Ort, wie eine vom BMFSFJ publizierte Studie zeigt: In etwa gleich viele Männer wie Frauen sind Opfer häuslicher Gewalt. Dies ist in über 100 internationalen Studien bestätigt. Darüber hinaus stellen Männer zwei Drittel der Opfer "öffentlicher Gewalt", wie die Statistik des Bundeskriminalamtes zeigt.
3. Zitat: Die körperliche Unversehrtheit von Frauen ist ein hohes Gut, das wir mit diesem Gesetz schützen. Ich erwarte davon nicht nur einen Bewusstseinswandel, sondern auch eine Veränderung der Beziehungsstruktur zwischen den Geschlechtern. Denn - gibt es ein besseres Fazit für den heutigen Tag? -: Frauenrechte sind Menschenrechte. Das moderne frauenpolitische Verständnis der Gleichberechtigung sieht offensichtlich die Festschreibung eines grundsätzlichen Unterschieds zwischen Mann und Frau vor: exklusives Recht auf die Opferrolle hat die Frau. Ein solcher Bewußtseinswandel wird nicht die Gewalt aus dem Haus beseitigen, sondern die Männer. Die daraus resultierende Ein­Eltern-Familie wird dann wohl der zukünftige Ort privater Gewalt sein. Gewalt von Frauen gegen Kinder ist bereits vom BMFSFJ dokumentiert und von mir in einem Brief an MdB aufgearbeitet worden.
4. Zitat: Es war die Frauenbewegung, die mit ihrem Slogan "Das Private ist politisch" die Gewalt in der Familie öffentlich machte. Das ist ein Verdienst der 68erinnen. Während die Minister Fischer und Trittin sich gegen ihre 68er Vergangenheit verteidigen müssen, lobt man sich in der Frauenpolitik dafür. Ist vergessen, dass 68 mit Frauen wie Ulrike Meinhof, Gudrun Ensslin und Astrid Proll einen bis dahin völlig unbekannten Gewalttätertyp hervorgebracht hat? Ist nicht eine der Folgen von 68, dass heute in den Städten bereits jedes dritte Kind ohne Vater aufwächst?
Ina Lenke, FDP

Kommentar

1. Zitat: Dass der Frauenhandel blüht, ist oftmals in der schlechten sozialen und wirtschaftlichen Situation der Frauen begründet. Frauen sind zunehmend Opfer des international organisierten Menschenhandels. Das ist, wie wir alle wissen, die moderne Form der Sklaverei. (...)Da die gehandelten Frauen in Deutschland häufig zur Prostitution gezwungen werden, ist - was wir alle wollen, was aber bisher, glaube ich, niemand parlamentarisch initiiert hat - eine gesetzliche Regelung zur Prostitution dringend notwendig. (...)Denn wenn es jeden Tag millionenfach in Deutschland passiert, dann weiß ich nicht, ob man als Gesetzgeber die per Gesetz verankerte Sittenwidrigkeit aufrechter halten kann. In ein und derselben Rede wird einerseits das Bemühen von Frauen nach Verbesserung ihrer wirtschaftlichen Lage und andererseits die Versklavung von Frauen als Erklärung für das gleiche Phänomen herangezogen: die Immigration nach Deutschland. In einer Legislaturperiode, in der die Prostitution vom Vorwurf der Sittenwidrigkeit befreit und die Sozialversicherung für Prostituierte eingeführt werden soll, liegt der Gedanke für die Frauenpolitik immer noch Lichtjahre entfernt, dass eine Gruppe von Frauen Prostitution nicht als Sklaverei, sondern schlicht als Geschäft sieht.
2. Zitat: Ich möchte noch deutlich auf etwas hinweisen, was mir aufgefallen ist: Dieses Konzept stärkt auch Kinder. Kinder lernen, dass Gewalt nicht siegt, sondern der schwache Partner Rechte hat und Rechte erhält. Kinder erfahren, dass der Schwächere dem Starken nicht schutzlos ausgeliefert ist und dass der Staat sichtlich Schutz gewährt. Diese Darstellung entbehrt nicht eines beträchtlichen Maßes an Verdrängung. Es ist unseren Frauenpolitikerinnen bekannt und mir schriftlich von Hildegard Wester, der Vorsitzenden des Familienausschusses der SPD, mitgeteilt worden, "dass Kindesmisshandlung kein Delikt ist, das überwiegend den Vätern zuzuordnen ist" - also vor allem von Müttern ausgeht!
3. Zitat: Ich bin der Meinung, dass wir die Frauenhäuser natürlich brauchen. Es wird immer Frauen geben, die sich unterschiedlich entscheiden. Wenn wir jetzt zwei Optionen haben, ist das umso besser. Ich denke, dass es gerade für Kinder besser ist, im häuslichen Umfeld -in der Schule und in der Wohnung -verbleiben zu können, wenn der Täter aus diesem verwiesen wird.

Die Unlogik wird zur Methode: Zwar solle es besser sein, wenn Frau und Kinder in der Wohnung verbleiben, aber die Option Frauenhaus wäre trotzdem weiterhin notwendig.
Hier spielt wohl eine Rolle, dass die Frauenhäuser im vom BMFSFJ geförderten "Fund Raising für die Frauenpolitik" eine enorme Rolle spielen. Die Gelder für die Frauenhäuser sind ein wichtiger Pfeiler der Frauenpolitik.

Petra Bläss, PDS

Kommentar

1. Zitat: Es gibt keine oder kaum gesicherte Zahlen. Aber die verschiedensten Studien gehen davon aus, dass hierzulande mindestens jede fünfte, möglicher weise sogar jede dritte Frau in ihrem Leben sexualisierte Gewalt erfahren hat.

Bedauerlicherweise wird mit Zahlen manipuliert, um frauenpolitische (besser "feministische") Ziele zu unterstützen:

  • Bereits die vom BMFSFJ publizierte Zahl, nach der jede siebte Frau Opfer sexueller Gewalt sei, ist auf fehlerhafte statistische Auswertung zurückzuführen. Die Korrektur ergab eine halb so hohe Opferzahl.

  • Die Zahl, dass jede fünfte Frau Opfer sexueller Gewalt sei, ist einfach nur Ergebnis unseriöser Wissenschaft

  • Die Zahl, nach der jede dritte Frau sexualisierte Gewalt erfahren hat, ist offensichtlich der Weg zu der in den USA inzwischen schon publizierten Ansicht, dass Sexualität gleichbedeutend mit Gewalt ist.

2. Zitat: Gewalt gegen Frauen und Kinder darf nicht länger ein Tabuthema sein und als privates Schicksal verstanden werden. Diese Tabuiesierung gilt genauso für
Gewalt von Frauen gegen Männer
und
Gewalt von Frauen gegen Kinder.
Hoffentlich macht sich die Frauenpolitik dies bald bewußt.
3. Zitat: Wir wollen, dass Beraterinnen in Notrufen, Beratungsstellen und Frauenhäusern ein vertrauensvolles Verhältnis zu den Opfern von Gewalttaten aufbauen können. Dazu brauchen wir ein Zeugnisverweigerungsrecht für Beraterinnen analog dem für Ärztinnen und Ärzte. Konflikte zwischen Männern und Frauen sind keine Krankheiten - sondern eben Konflikte. Bei nebenstehendem Zitat läßt sich der Eindruck nicht vermeiden, dass die Erfassung von Mitschuld von Frauen an Gewalthandlungen durch "Verplappern" verhindert werden soll.
4. Zitat: Auch ältere und insbesondere pflegebedürftige Frauen, die in Familien und Heimen Gewalt ausgesetzt sind, benötigen mehr Schutz. Der Schutz von alten Männern vor Gewalt scheint für unnötig gehalten zu werden. Frauen bringen schon ihren Söhnen bei, dass ein Mann keinen Schmerz kennt -und von einem Greis fordern sie es immer noch.
Dr. Christine Bergmann, Bundesfrauenministerin

Kommentar

Zitat: Auch ich will eine Zahl nennen: Wenn wir uns vor Augen halten, dass schätzungsweise jede dritte Frau in Deutschland - man will das immer nicht glauben, aber so sind die Zahlen - von häuslicher Gewalt betroffen ist, dann müssen wir alles dafür tun, dass Täter künftig konsequenter zur Rechenschaft gezogen werden und dass Opfer besser geschützt werden. Die Einseitigkeit dieser Darstellung ist nicht zu übertreffen. Immerhin hat selbst das Familienministerium in Band 105 seiner Schriftenreihe veröffentlicht, dass ähnlich viele Männer Opfer häuslicher Gewalt wie Frauen sind: Auf Seite 163 heißt es: "...Werden für die Gesamtschätzung erneut nur die unteren Grenzen der Schätzintervalle verwendet, so ergibt sich, daß 1991 in der BRD mindestens 246.000 Frauen zwischen 20 und 59 Jahren sowie mindestens ca. 214.000 Männer dieser Altersgruppe Opfer schwerer Gewalthandlungen in engen sozialen Beziehungen wurden..."
Ingrid Fischbach, CDU/CSU

Kommentar

1. Zitat: Ging es früher darum - das dürfen wir uns ruhig noch einmal in Erinnerung rufen -, die Zuchtgewalt des Hausherrn gegenüber Frau und Kind zu begründen, aber auch zu begrenzen, sehen sich heute die Familienmitglieder als Träger der Menschenrechte mit gleichem Recht auf physische und psychische Unversehrtheit. Es gab tatsächlich die Zeit des Preußischen Landrechts, das Männern das Recht der Züchtigung ihrer Ehefrauen zugestand. Eine andere Frage ist aber, ob in dieser Zeit mehr Frauen unter der Züchtigung durch ihren Ehemann oder mehr Männer unter der Dominanz ihrer Ehefrau gelitten haben. Ich selbst habe noch unter dem Züchtigungsrecht von LehrerInnen gelitten, das noch Ende der sechziger Jahre zuließ, dass eine LehrereIn Schläge zur Disziplinierung ihrer Schüler einsetzen konnte.
2. Zitat: Natürlich sind ebenfalls Männer betroffen. Auch Männer werden geschlagen und misshandelt. Die Erfahrungen in Österreich, auf die wir heute schon mehrfach zurückgegriffen haben, gehen von circa 10 Prozent aus. Bei Männern ist die Scham, sich zu "outen" immer noch viel größer als bei Frauen. Befragungen repräsentiver Stichproben der Bevölkerung unter Wahrung der Anonymität haben aber gezeigt, dass Männer genau so oft Opfer von Partnergewalt werden, wie umgekehrt (Band 105 der Schriftenreihe des BMFSFJ)
3. Zitat: Viele Opfer scheuen aus Scham die Öffentlichkeit.
4. Zitat: Durch die erweiterten Möglichkeiten, den Kontakt des Täters mit dem Opfer zu unterbinden, erfährt das Opfer eine deutliche psychische Entlastung und eine erhöhte Sicherheit. Nicht wenige Frauen werden diese Kontaktsperremittel auch dazu einsetzen, die bereits heute in großem Umfang praktizierte Entfremdung der Kinder vom Vater mit staatlicher Unterstützung abzusichern. Diese Form von seelischer Gewalt wird bereits seit einigen Jahren unter dem Begriff Parental Alienation Syndrome wissenschaftlich aufgearbeitet.
5. Zitat: Der staatliche Schutz von Frauen muss auf die realen Lebensverhältnisse einwirken und die Entwicklung der Maßnahmen auf einer sorgfältigen Tatsachenermittlung zu häuslicher Gewalt beruhen. Leider ist sorgfältige Tatsachenermittlung gerade NICHT Ziel des Familienministeriums. Die geplante Studie zur Gewalt gegen Frauen soll exakt nur die Hälfte der Problematik häuslicher Gewalt beleuchten. Männer als Opfer und Frauen als Täter will man nicht wahrnehmen.
6. Zitat: Gewalt beginnt in den Köpfen; daher können auch nur psychologische Begleitmaßnahmen in den Köpfen der gewaltbereiten Männer etwas ändern. Das Unrechtsbewusstsein der Täter muss geweckt werden. Ein Verhaltenstrainingskonzept für gewalttätige Männer gehört für mich in ein solches Gesamtkonzept. Was nutzt ein Deeskalationstraining für Männer, wenn eskalierendes Verhalten von Frauen weiterhin als "Gefühlsausbruch" oder "Überlastungsreaktion" interpretiert wird? Häuslicher Gewalt muß durch Konfliktlösungsstrategien begegnet werden, die beide Seiten angeht.
7. Zitat: Meine Damen und Herren, besondere Hilfen benötigen vor allem die Opfer. Die wenigsten Frauen wissen von ihren rechtlichen Möglichkeiten. Männer wissen nicht nur kaum etwas über den hohen Anteil von Männern an den Opferm häuslicher Gewalt, sie finden auch so gut wie keine öffentliche Unterstützung, wenn sie unter einer gewalttätigen Partnerin leiden.
8. Zitat: Ich kann es für meine Person nicht verantworten, Kindern und Jugendlichen einen Rechtsanspruch vorzugaukeln, der überhaupt nicht justiziabel ist. Sie haben praktisch kein Recht. Nicht justiziables Recht ist wohl nötig, nämlich für den Täterinnenschutz. Kindesmisshandlung ist nach Angaben des Deutschen Kinderschutzbundes ein Delikt, das nicht überwiegend den Vätern zuzuordnen ist. Vor diesem Hintergrund muß diese rechtliche Regelung wohl gesehen werden. Und es geht bei Gewalt von Frauen gegen Kinder um mehr als nur um Ohrfeigen.
Karin Schubert, Justizministerin Sachsen-Anhalt

Kommentar

1. Zitat: Meine Herren, ich denke, Rosen sind gut, aber schenken Sie uns nicht nur Rosen, schenken Sie uns auch ein gewaltfreies Frauenleben. Männer stellen nach Zahlen des BKA zu zwei Dritteln die Opfer außerhäuslicher Gewalt und nach Zahlen des BMFSFJ zur Hälfte die Opfer häuslicher Gewalt. Während Männer nach Daten des Statistischen Bundesamtes eine 7 Jahre kürzere Lebenserwartung als Frauen haben, wird im Bundestag ein frauenspezifisches Gesundheitswesen gefordert (Anträge von SPD und Bündnis 90/Die Grünen (14/3858) und der CDU/CSU (14/4381)). Hier stimmt doch etwas nicht!
2. Zitat: ... die Ausübung von Gewalt, insbesondere gegenüber Frauen und Kindern, stellt ein allgegenwärtiges gesellschaftliches Phänomen dar, ein Problem, das konsequent angegangen werden muss und das nicht verschwiegen werden darf. Gewalt gegen Kinder geht überwiegend von Müttern aus. Weil aber Frauengewalt in unserem Staat ein Tabu ist, werden Kinderweiterhin ihrem Schicksal überlassen bleiben. Wer diese entsetzliche Tatsache aushalten kann, der sollte sich Fälle von Kindesmisshandlung einmal genau ansehen.
3. Zitat: Es ist von einer hohen Dunkelziffer auszugehen; sie liegt bei fast 90 Prozent. Familiäre Gewalt wird noch heute häufig als Privatsache zwischen Eheleuten bzw. Partnern angesehen, so dass misshandelte Frauen oft auf eine Strafanzeige verzichten. Auch männliche Opfer von Frauengewalt verzichten meist auf eine Anzeige. Die Tatsache, das ein großer Teil der Frauen in Frauenhäusern später wieder zu ihren Partnern zurückkehrt, zeigt, dass sie dem Mann nicht die alleinige Schuld geben. Die Gründerin eines der ersten Frauenhäuser Großbritanniens, Erin Pizzey, hat die Erfahrung gemacht, dass über 60 % der Frauen im Frauenhaus selbst gewalttätig sind.
4. Zitat: ...jede siebte Frau ist mindestens einmal in ihrem Leben Opfer einer Vergewaltigung oder Nötigung geworden. Diese Zahl ist, wie oben schon angesprochen, Ergebnis einer fehlerhaften Datenauswertung, wird aber trotzdem weiter verbreitet, um Männer zu diffamieren.
5. Zitat: Gewalt im familiären Bereich bezieht sich nicht nur auf Frauen. Eine gewalttätige Atmosphäre in der Familie hat auch erhebliche Auswirkungen auf die Kinder. Gewalt gegen Kinder gehört leider noch in vielen Familien zum Erziehungsalltag. Etwa 80 Prozent der Kinder und Jugendlichen in Deutschland erfahren in unterschiedlichem Ausmaß Gewalt in der Erziehung. Die häusliche Gewalt, die Kinder erfahren, führt nach wissenschaftlichen Erkenntnissen oft dazu, dass sie in ihrem späteren Leben auch wieder Gewalttäter werden (Coporal punishment by mothers and child's cognitive develoment). Darum ist es umso wichtiger, die Gewaltschutzmaßnahmen auf Frauen als Täter auszudehnen.
6. Zitat: Sachsen-Anhalt hatte deswegen den Vorschlag unterbreitet, den minderjährigen Kindern ein eigenes Antragsrecht einzuräumen. Diese Anregung ist in den Gesetzentwurf bedauerlicherweise nicht aufgenommen worden. An den Gedanken, dass ein Kind die Wegweisung seiner Mutter beantragen könnte, wird sich die derzeitige Generation der Frauenpolitikerinnen nur schwer gewöhnen können.
Ilse Falk, CDU/CSU

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1. Zitat: Solange aber psychische, körperliche und sexuelle Gewalt gegen Frauen und Kinder ein bedrückendes Phänomen unserer Gesellschaft ist, so lange dürfen wir dieses Thema weder ins Lächerliche ziehen noch es herab spielen und auch nicht davon ablenken. Von der Gewalt von Frauen gegen Kinder wird abgelenkt, indem wie vom Tonband immer nur der Satz "Gewalt gegen Frauen und Kinder" abgespult wird. Schon die Reihenfolge zeigt, welche Gewichtung hier vorliegt. Kinder sind die wehrlosesten und schützenswertesten Mitglieder unserer Gesellschaft. Gewaltschutz muß sich von der Reihenfolge her auf Kinder, Frauen und Männer beziehen.
2. Zitat: Kinder lernen Gewalt von Eltern, erfahren Gewalt und üben dann oft selbst Gewalt aus. Eltern, Erzieherinnen und Erzieher sowie Lehrerinnen und Lehrer müssen hier zusammenwirken. Darum werden die derzeitigen Maßnahmen das Gewaltproblem auch nicht lösen. Gewalt ist ein gesellschaftliches Problem, dass man icht einfach durch eine Schuldzuweisung an Männer beheben kann.
3. Zitat: Ich will den Blick nicht auf den Täter lenken, etwa um ihn zu entschuldigen oder zu verharmlosen; denn damit würde das Opfer ein zweites Mal gedemütigt und verhöhnt, wie die Leiterin eines Frauenhauses zu Recht sagt. Aber erstens frage ich Sie: Birgt nicht jede Gewalt ein Element von Verzweiflung, wie schon Thomas Mann bemerkte, der wir nachgehen müssen? Zweitens. Machen wir uns doch nichts vor: Irgendwann muss auch an dieser Stelle die Spirale der Gewalt durchbrochen werden. Sonst wird neben aller Angst über einen viel zu langen Zeitraum Schutz nötig sein. Ich bin Frau Falk sehr dankbar, dass sie am Ende ihrer Rede wenigstens ein klein wenig Licht auf die tieferen Ursachen von Gewalt warf. Frauen und Männer sind Menschen, und ein einziges von 46 Chromosomen bewirkt keinen grundsätzlichen Unterschied der Geschlechter. Ich halte als notwendige Grundlage für eine ursächliche Lösung des Gewaltproblems einen Ansatz für erforderlich, der weibliche Gewalt als Teil des Problems mitberücksichtigt. Das dies bisher nicht der Fall ist, hat eher historische und psychologische Gründe, die die Verdrängung eines Teils weiblicher Identität bewirken.
Anni Brandt-Elsweier, SPD

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1. Zitat: Noch im Allgemeinen Preußischen Landrecht von 1774 war das "Recht der mäßigen Züchtigung" des Ehemannes gegenüber seiner Ehefrau festgeschrieben. Das Preußische Landrecht wird immer wieder als Beleg dafür angeführt, das Frauen von Männern mit Gewalt unterdrückt wurden. Wahr ist hingegen, dass es zu allen Zeiten aggressive Frauen gegeben hat, die ihre Männer geschlagen haben. Kürzlich hat der Kriminologe Prof. Bock in der FAZ dazu den Artikel "Wider die Nudelholzwitze" publiziert.
2. Zitat: Gerade die Ehe und die Familie, die der Hort der Geborgenheit und des Schutzes sein sollten, stellen sich immer häufiger als Ort des Schreckens und der Gewalt dar. Die häusliche Gewalt ist in der Tat eines der größten Probleme der Gewaltkriminalität überhaupt. Die überwiegende Zahl der Opfer sind Frauen. Hier kommt die Perspektive der 68er voll zur Geltung. Die schon von Marx und Engels als Ausbeutungssystem abgewertete Familie wird angeprangert. Konsequent zu Ende gedacht, müßte der Bundestag über die Abschaffung dieser Institution sprechen.
3. Zitat: All diese Gewaltformen haben letzten Endes die gleiche Ursache. Sie beruhen auf dem Abhängigkeitsverhältnis, das in unserer Gesellschaft großen teils immer noch die Beziehung zwischen Mann und Frau beherrscht. Zum Schluß ist dies ein schönes Beispiel, wie das Ignorieren des patriarchalischen Konstruktes "Vernunft" die Wirklichkeitswahrnehmung prägt. Wenn Abhängigkeit der Grund für Gewalt wäre, dann würde es außerhäusliche Gewalt gar nicht geben. Gewalt hat vor allem mit einem zu tun: Mit der allen Menschen eigenen

Ich habe meine eigene Position zum Schutz gegen häusliche Gewalt in einer Stellungnahme definiert, aus der ich zum Schluß die wichtigsten Punkte zusammenfasse:

Maßnahmen zum Schutz vor häuslicher Gewalt müssen von den Prioritäten her in der folgenden Reihenfolge ergriffen werden:

  • 1. Kinder müssen vor der Gewalt von Müttern und Vätern geschützt werden

  • 2. Frauen müssen vor der Gewalt von Männern geschützt werden

  • 3. Männer müssen vor der Gewalt von Frauen geschützt werden

Gerade der wichtige erste Punkt wird durch die gegenwärtigen Maßnahmen nicht angegangen und wurde zu Recht in der Debatte beanstandet. Weitere Maßnahmen dazu wurden aber von keiner RednerIn angekündigt.

Männergewalt ist gefährlicher als Frauengewalt. Der Schutz von Frauen vor Männergewalt kann aber oft nur effektiv sein, wenn die häufig auftretenden Konflikteskalationen durchbrochen werden. Auch deshalb müssen sich politische Maßnahmen zum Gewaltschutz auch gegen Frauengewalt richten. Doch es muß auch einen Schutz von Männern vor Frauengewalt geben. Manche Frauen sind gewalttätig, ob nun wegen psychischer Erkrankung, Alkoholismus oder Veranlagung. Die meisten Männer wollen aber Frauen nicht schlagen, auch nicht, um sich zu wehren. Dieser Sachverhalt erklärt einen beträchtlichen Teil der Fälle, in denen Männer unter häuslicher Gewalt leiden.

Wenn Sie mehr zu den aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen über häusliche Gewalt wissen wollen, empfehle ich Ihnen, meine Zusammenfassung des diesbezüglichen Schriftwechsels zwischen der Staatssekrätärin im BMFSFJ, Edith Niehuis, und mir zu lesen.

Die von Feministinnen leidenschaftlich gehaßte Australierin Babette Francis hat sehr klar aufgezeigt, wie die Frauenbewegung versucht, Vernunft zu einem "patriarchalischen Konstrukt" zu machen und damit eine der wesentlichsten Errungenschaften unserer Kultur beschädigt.

Es würde mich freuen, wenn Sie sich dafür einsetzen würden, dass wieder Vernunft in die Familienpolitik und den Gesetzgebungsprozeß dazu einfließt.

Joachim Müller